geben, hatte der Schwindler, ehe er den Streich in Billensbach ausführte, noch eine Zigeunerbande, die dort war, kontrolliert, war aber nicht gegen sie eingeschritten, die Zigeuner waren eben echter als er.

X Ravensburg, 2. Septe Wie jetzt erst be­kannt wird, sind vor mehreren Tagen als der letzte Zug von Aulendors auf der hiesigen Sta­tion einfuhr, die Hinteren vier Personenwagen, die zum Teil gut besetzt waren, wahrscheinlich durch zu spätes Stellen der Weiche entgleist. Die Insassen wurden durcheinander geworfen. Es soll ein Materialschaden von 4000 Mk. entstanden sein. Wenn der Wärter nicht noch im letzten Moment sich bewußt worden wäre, daß der Schnellzug noch ausstehe, wäre dieser noch in den entgleisten hal­ben Zug hineingesahren.

20. Württembergischer Fischereitag in Oehringen.

Waren schon am Samstag zahlreiche Fremde zu der Eröffnung der Fischereiausstellung einge­troffen, so hatten sich am Sonntag bei dem aus­nahmsweise schönen Wetter der Zustrom zu dem hier tagenden Fischereitag verdoppelt. Um 11 Uhr vormittags begannen die geschäftlichen Verhand­lungen, die von Oberstudienrat Lampert eröffnet und geleitet wurden. Zunächst überbrachte er dem Hohenloheschen Fischereiverein die Glückwünsche des Landesfischereivereins und hieß in dessen Namen alle Erschienenen mit Petri Heil herzlich willkom­men. Ihm schlossen sich mit ihren Glückwünschen die Vertreter der Regierung, der Kreisregierung, der Zentralstelle, der Städte, sowie einzelner Ver­eine an. Vorstand Griesinger dankte für alle gu­ten Wünsche im Namen des festgebenden Vereins und schloß ein launiges, den Fischerberus sehr hoch- schätzendes Gedicht an. An den hohen Protektor des Landesfischereivereins, den König, sowie an den Ehrenpräsidenten Frhr. v. Plato wurden Huldig­ungstelegramme abgesandt. Eine ganze Reihe von Auszeichnungen durch Medaillen und Ehrenkunden (von den ersteren seien besonders die an die Her­ren Hosrat Hinderer, Prof. Dr. Sieglin, Oberstudien­rat Dr. Lampert, Privatier C. F. Dorn, Oberver­waltungsgerichtsrat Dr. Haller, Schultheiß Willauer- Zwiesaltendorf, Oberamtspfleger Steinhardt-Ell- wangen, Oberförster Krauß-Hall genannt), wurde sodann bekannt gegeben und von den Geehrten der Dank entgegengenommen. Dem Hohenloheschen Fischereiverein wurde anläßlich seines 25jährigen Bestehens die silberne Ehrenmünze des Landesfi­schereivereins verliehen. Besonders rühmend er­wähnt wurde vom Vorsitzenden der vom Vorstand Griesinger komponierteFischereifestmarsch", dessen Widmung der König entgegengenommen hat. Im weiteren Verlaufe der Verhandlungen wurde der Jahres- und Kassenbericht von 1911 r tragen und verschiedene, die Fischerei betreffenden Fra­gen, wie Frachtermäßigung für Bodensee- und Süßwasserfische, Uebergang der Verwaltung der staatlichen Fischwasser an die K. Forstämter, Fisch- kartensporteln, höhere Bestrafung von Fischfrevlern und die Furunkulose der Salmoniden behandelt. Ten Ort der nächsten Tagung des Landessischerei­vereins bestimmt der Ausschuß im Dezember. Ge­gen 2 Uhr konnte der Vorsitzende die Versamm­lung schließen, worauf sich die Festteilnehmer zum Mittagsmahl begaben. Der Nachmittag galt der Ausstellung und der Stadt und abends vereinigte

ein Bankett, das Im prächtig geschmückten Eisen­bahnsaal einen abwechslungsreichen Abend mit Re­den, Musik und Gesang, mit turnerischen Vor-i sührungen und Theater bildete, Gäste und Ein­heimische. Das schöne Fest fand am Montag durch die Besichtigung des Neuensteiner Schlosses seine Fortsetzung und im herrlich gelegenen Friedrichs­ruh seinen Abschluß. Unter die Aussteller, wurden zwei 1., vier 2^, vier 3. und drei 4. Preise und ein Anerkennungsdiplom verteilt.

Zur Landtagswahl.

ss Herrerlberg, 2. Sepfi Wie der Gäu- und Ammertalbote erfährt, nimmt Schultheiß Gärtt- ner unter keinen Umständen eine Landtagskandida­tur an.

* Neuenbürg, 1. Sept. Dem Wahlabkommen der liberalen Parteien für die Landtagswahlen gemäß ist der Oberamtsbezirk Neuenbürg der Na­tionalliberalen (Deutschen) Partei überlassen wor­den. Eine heute in Calmbach stattgefundene Ber- trauensmännerversammlung beschloß einstimmig, den Fabrikanten und Holzhändler Carl Cornrne- rell in Höfen um die Annahme der Kandidatur zu bitten. Commerell hat sich eine 3tägige Be- denksrist erbeten.

Tie Viehseuchennot.

js Stuttgart, 2. Sept. Das K. Medizinalkolle­gium hat nach den Berichten der beamteten Tier­ärzte über die Maul- und Klauenseuche, die Schweineseuche und die Schweinepest festgestellt, daß im Neckarkreis von der Maul- und Klauen­seuche im Oberamt Maulbronn 1 Gemeinde und 2 Gehöften, an der Schweineseuche und an der Schweinepest im Oberamt Brackenheim 1 Gemeinde und 9 Gehöfte, im Oberamt Heilbronn 1 bezw. 1, Ludwigsburg 2 bezw. 4, Marbach 1 bezw. 1, Waib­lingen 1 bezw. 1 verseucht sind- Im Schwarz­waldkreis herrscht die Maul- und Klauenseuche im Oberamt Tuttlingen in 1 Gemeinde und 3 Ge­höften, die Schweineseuche im Oberamt Nagold in 1 Gemeinde und 3 Gehöften. Im Jagstkreis sind von der ersteren Seuche im Oberamt Gerabronn 1 Gemeinde und 3 Gehöfte befallen, von der letz­teren im Oberamr Gmünd 1 Gemeinde und 1 Gehöft, in Schorndorf 3 Gemeinden und 18 Ge­höfte. Am stärksten von den Seuchen heimgesucht ist noch der Donaukreis. Dort herrscht die Maul­und Klauenseuche im Oberamt Biberach in 1 Ge­meinde und 6 Gehöften, im Oberamt Laupheim in 1 Gemeinde und 1 Gehöft, im Oberamt Leut- kirch in 3 Gemeinden und 4 Gehöften, im Ober­ami Tettnang in 2 Gemeinden und 2 Gehöften, im Oberamt Waldsee in 2 Gemeinden und 5 Ge­höften und im Oberamt Wangen in 1 Gemeinde und 1 Gehöft. Die Schweineseuche und -Pest herrscht im Oberamt Blaubeuren in 1 Gemeinde und 1 Gehöft, im Oberamt Göppingen in 5 Ge­meinden und 8 Gehöften. Die Influenza'bei den Pferden (Pserdestaupe) tritt im Oberamt Laup­heim in 1 Gemeinde und 1 Gehöft auf. Die Rin­derpest, Wild- und Rinderseuche, Tollwut, Rotz, Lungenseuche, Schaspockenseuche und Beschälseuche sind nicht ausgetreten. Die obigen Angaben bedeu­ten den Seuchenstand am 31. August dieses Jah­res. Inzwischen ist die Maul- und Klauenseuche in Unterweiler 'Oberamt Laupheim erloschen.

Lus dem Reiche.

fs Berlin, 2. Sept. Heute abend fand als Ab­schluß der S ed ansseierlichffeiten der große Zapfenstreich des Gardekorps und des 3. Armee­korps statt. Nachdem unter klingendem Spiel der Anmarsch der Kapellen und ihre Aufstellung vor dem Schloß von statten gegangen war, erschien aus dem Balkon der Kaiser, nach ihm die Prin­zen und die fürstlichen Gäste. Darauf begann ungezählter Magnesiumsackeln die Mu- irkausführung, die mit dem großen Zapfenstreich schloß. Eine vieltausendköpfige Menschenmenge wohnte der überwältigenden Feier bei.

* Berlin, 2. Sept.. Heute vormittag begann ber günstigem Wetter die Parade über das Garde­korps und das 3. Armeekorps. Der Kaiser nahm den Frontrapport entgegen und ritt die Front ab. Mit dem Kaiser ritten verschiedene Fürstlichkeiten, die Militärbevollmächtigten sowie die sremdherr- lichen Offiziere. Die Kaiserin folgte mit den Schwestern des Kaisers. Um 8.45 Uhr begann ein einmaliger Vorbeimarsch für die Fußtruppen in Regimentskolonnen, der Kavallerie in Eskadron­fronten. Der Vorbeimarsch endete 10.45 Uhr. Der Kaiser setzte sich nach der Kritik an die Spitze der Feldzeichen und führte diese ins Schloß. Er nahm dann militärische Meldungen und die Rap­porte der Leibregimenter entgegen und hielt Be­sprechungen mit den Schiedsrichtern für das Kai­sermanöver ab.

ff Berlin, 2. Sept.. Heute! abend fand im Weißen Saale des K. Schlosses Paradetasel statt, wobei der Kaiser die Kaiserin führte. Im Verlaufe des Mahles brachte der Kaiser folgenden Trink­spruch aus:Ich spreche den beiden Armeekorps zu dem heutigen Paradetag meine vollste Aner­kennung aus. Es ist das erste Mal, daß ein Li- nien-Armeekorps gemeinsam mit der Garde vor seinem obersten Kriegsherrn defiliert hat und ich sage dem braven 3. Korps meine Freude nnd dankbare Zufriedenheit, daß es in dieser hervor­ragenden Weise neben der Garde bestanden hat. Die Märker haben eine gute militärische Geschichte hinter sich und sie find im Lause der Zeiten mit der Geschichte des Königshauses und mit ihren Königen zusammengewachsen. Hat das Leibgrena- dierregiment sich durch Tapferkeit seinen Titel u. Nomen erworben, so grüßte derEiserne Jork" dasselbe durch Entblößen seines Hauptes, als es nach Wartenburg an ihm vorüberzog. Seit dem 16. Aug. des Jahres 1870 kann vor jedem mär­kischen Regiment der Helm gezogen werden. Und so wünsche ich dem 3. Armeekorps und meiner Armee stets solche Regimenter und einen solchen Geist, der sich bei Mars la Tour bewährte, und solche Führer wie Konstantin v. Alvensleben es war. Es lebe das 3. Armeekorps! Hurrah, hurrah, hurrah!" Die Musik (gestellt vom Leibgrenadier- regiment spielte den Hohensriedberger Marsch. Nach der Tafel hielten die Majestäten in der Bildergalerie Cercle ab.

Tie Schweizerreise des Kaisers.

ff Berlin, 2. SepH Der Kaiser ist heute abend um 10.30 Uhr im Sonderzug vom Pots­damer Bahnhof nach der Schweiz abg ereilst. Mit dem Kaiser fuhren: der Fürst zu Fürsten­berg. Generaloberst von Plessen und Oberhosmar-

sich jedes Geräusch natürlich und einfach zu erklären. Es war doch ganz selbstverständlich, daß hier Mäuse oder Ratten in dem zerfallenen Gemäuer hausten, die im Dunkel auf Nahrungs­suche gingen. Warum sich vor diesen harmlosen Geschöpfen, die keinem Menschen etwas zu Leide tun, fürchten? Unter solchen Gedanken beruhigte sie sich auch bald wieder und schlief dann ein.

Aber auch dieser Schlaf sollte nicht von langer Dauer sein. Plötzlich fuhr sie in die Höhe, ein schauerlicher, langgezogener Ton durchhallte die Nacht. Jede Täuschung war ausgeschlossen, das war kein Traumgebilde ihrer erregten Phantasie. Woher kam dieses grauenhafte Geschrei? War es hier im Zimmer? Draußen im Gang? Vor dem Fenster? Da tönte es wieder, laut, entsetzlich, es erfüllte die Luft mit Grausen. Binchen wagte kaum zu atmen, jeder Nerv an ihr bebte. Solche Töne mochte der Wahnsinn haben, oder ein Schuldbeladener, Ver­fluchter, der keine Ruhe findet auf Erden und zur mitternäch­tigen Stunde seine Qual hinausheult in den düstern Wald.

Als aber wieder der gräßliche, dumpfe Ton sich markerschütternd hören ließ, stieß sie einen lauten Schrei aus und stürzte zur Türe. Fort wollte sie um jeden Preis, fort zu Menschen.

Sie riß den Riegel zurück und tappte auf den dunklen Gang hinaus. Aber schreckensbleich lehnte sie sich an die Mauer, als sie plötzlich merkte, daß vor ihr ein großes, leben­des Wesen stand. Unfähig, nur einen Ton hervorzubringen, preßte sie krampfhaft die Hand aufs Herz.

»Ist Ihnen etwas Böses begegnet, Fräulein/ fragte da eine wohllautende Stimme dicht vor ihr. Als aber der Frager ihren keuchenden Atem bemerkte, den auch ein gröberes Ohr hätte hören können, fuhr er mit noch größerer Milde im Ton­fall der Stimme fort:Sie brauchen sich nicht zu fürchten.

M L«sesrrrcht. M>

Lrne mäßig stets begehren. Schränke deiue Wünsche ein; Lern' genießen, lern' entbehren, Willst du froh und glücklich sein.

Um ri« Erbe.

Familienroman von Karl Meisner. (Fortsetzung) Nachdruck verkoken.

Als MsiMed fort.',eg'.ng.-u war, blickte sich Brüchen mit -earesichche,' r Magier in dem Zimmer um. Tie Decke war hoch- gewölbr. der Raum an sich nicht gerade breit, aber ziemlich lang. In der Mitte stand ein dicker Pfeiler, der den Raum sozusagen in zwei Hälften schied. Diejenige, in der sie stand, hatte kein Fenster, nur oberhalb der Türe ein Loch in der Mauer, das durch eine Klappe, die jetzt offen stand, verschließ­bar war. An der einen Längswand stand ein roh gezimmertes Holzgesiell, mir einigen Decken versehen. Das mochte wohl das Bett sein. Fast in der Mitte des Raumes stand ein schwerer Tff.h, davor ein Sessel, dem man es ansah, daß ihn ein Torf- s -reiner gezimmert hatte. Auf dem Tisch stand eine hohe Lampe mit einem grünen Schirm, daneben lag Feuerzeug.

In der andern Zimmerhälfte befand sich in der dicken Mauer ein Fenster aus grünlichem Glase. Davor stand wieder eiu Tisch, mit allerlei seltsamen Gerätschaften und Büchern v weckt. Doch wagte Binchen nicht, einstweilen auch diesen Raum zu betreten. Sie zündete die Lampe an und setzte sich in. den Sessel. Nachdem sie dort einige Augenblicke gesessen hatte, holte sie ihre Handtasche herbei und entnahm derselben

die vom Kronenwirl ihr fürsorglich milgegebenen Butterbrote. Trotz ihres gesunden Appetits konnte sie dieselben doch nicht alle bewältigen.Dann habe-ich morgen früh gleich mein Frühstück," dachte sie und wickelte den Rest des Brotes wieder ein. Sie riegelte die Türe zu, lockerte die engen Reisekleider etwas und setzte sich recht bequem im Sessel zurecht. Es dauerte auch nicht lange, da umfing sie nach den Anstrengungen und Aufregungen des Tages der Schlaf.

Allein derselbe war weder von langer Dauer noch tief, aber von unruhigen Träumen belebt. Plötzlich fuhr sie in die Höhe, ein raschelndes Geräusch hatte sie geweckt. Erst mußte sie ihre Gedanken sammeln und sich darauf besinnen, wo sie überhaupt war. Die Lampe flackerte und knisterte, als ob sie bald verlöschen wolle. Durch das Fenster sah sie nur einen matten Schimmer, der sich schwach von der Tunkelyeit im Zinrmer abhob, es mußte also schon spät in der Nacht sein. Das Rascheln wiederholte sich, offenbar verursacht durch eine Maus, die nach Brotkrumen suchte. Als Binchen sich bewegte, huschte sie eiligst davon. Die Lampe brannte nicht mehr, nur der Docht glühte noch und verbreitete einen unangenehmen Geruch. Ainchen wurde es nun doch unheimlich zumute. Mit angestrengten Sinnen lauschte sie. Der Regen mußte nachgelassen haben, aber gleichmäßig fiel irgendwo ein dicker Tropfen klatschend nieder. So geringfügig dieses Geräusch an sich war, regte es doch durch die regelmäßige Wiederkehr die Lauscherin auf, die ihm unwillkürlich ihre Aufmerksamkeit widmete. Das monotone Einerlei griff auf die Dauer ihre Nerven an. Es war ihr, als hörte sie draußen leise, leise Schritte, als schleiche jemand an die Türe. Je leiser dies Geräusch war, desio unheimlicher war es. Nun hörte es ganz auf. Luch der Tropfeufall wurde immer seltener. Da schalt sich Binchen slbst aus ob ihrer kindischen Furcht. Mit Gewalt zwang sie sich zur Ruhe und ries ihre Vernunft zu Hilfe, um