st Zuffenhausen, 8. Aug. Ein hiesiger Familienvater nt seit einigen Tagen verschwunden. Er hat seine Frau und eine Anzahl schulpflichtige Kinder im Stich gelassen, um sein Olück im Auslande zu suchen. Um es desto sicherer dort zu finden, hat er gleich seine unverheiratete Schwägerin mitgenommen.
st Eßlingen, 8. Aug. Die Getreideernte erleidet durch das unbeständige Wetter eine unliebsame und nachteilige Störung. Durch das Legen der Frucht ist das Schneiden erschwert und sowohl Stroh als Körner leiden unter der nassen Witterung.
st Mühlacker, 8. Aug.! Die von der Postver- wactnng eingerichtete Automobillinie von hier nach Sternensels und von hier nach Wurmüerg wird am 20. August in Betrieb genommen. Es verkehren täglich drei Omnibusse auf beiden Strecken je hin und zurück.
st Ehingen «. T., 8. Aug. (E ineRaben mutte r.t Das Schöffengericht hat die Witwe des Bierbrauereibesitzers Blersch in Oepfingen zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt, weil sie ihr einziges Kind, ein 9 Jahre altes Mädchen, furchtbar mißhandelte, mit Totschlägen bedroht und sogar auf- gesordert hat, es möge ins Wasser gehen, alles weil die Frau vom Vormundschaftsgericht veranlaßt worden war, das Vatepgut des Kindes festzustellen. Da die Frau noch mehr auf dem Kerbholz hatte, wurde sie gleich in Haft genommen.
Ein sonderbarer Lehrerersatz.
Der Beobachter schreibt: Daß in Schwaben manches Unmögliche möglich ist, wußten wir schon lange, was uns aber da kürzlich mitgeteilt worben ist, will uns nicht recht in den Kopf hinein. In einem Orte des Schulbezirks Ludwigsburg wurde ein Unterlehrer angestellt, der keiner ist, denn er hat die erste Anstellungsprüfung - in K. nicht bestanden. Nach einiger Zeit wurde er versetzt und zwar als Amtsverweser in demselben Bezirk. Wir fragen nun an: Seit wann ist es in Württemberg Brauch, daß ein junger Mann ohne Erstehung einer Prüfung mit dem gesetzlichen 'Gehalt von 3 Mk. Taggeld und der eigenen Verantwortung für seine Klasse angestellt wird? Dies der erste Fall. Der zweite folgt sogleich. Fühlte da um Ludwigsburg herum ein aufgeweckter Schuh- machergeselle, der aber offenbar den Rappen nicht vertragen konnte, das Verlangen in sich, Volksschullehrer zu werden. Er meldet sich beim Evangi! Obersümlrat und — wird, damit er sich aufs erste Dienstexamen vorbereiten kann ('), als Unterlehrer in einer Gemeinde des Bezirks Ludwigsüurg angestellt. Ob der Mann jetzt die Prüfung besteht, weiß man beim Oberschulrat natürlich nicht — wie sich kürzlich ein Herr daselbst einem anderen jungen Mann (Kaufmann) gegenüber, der auch um eine Stelle im Schuldienst nachsltchte, ausdrückte. Wir stellen daher die zweite Frage: Seit wann ist es in Württemberg bräuchlich, daß junge Hand- werksleute (auch wenn sie noch so intelligent sind) ohne jegliche fachmännische Vorbereitung in den Lehrerberus ausgenommen werden? und drittens stellen wir die Frage: Ist der jeweilige Ortsschulrat darüber benachrichtigt worden, daß ein Seminarist und ein Schuhmacher die Lehrer der Kinder des Ortes sind?
^ L-sefxrrcht. M-
Dinge, die an sich so bekannt sind, daß man zu ihrer Erklärung klare Ausdrücke nicht finden kann, darf man nicht definieren wollen. — Ausdrücke, die nur im geringsten dunkel und zweideutig sind, darf man nicht ohne Definition lassen.
B. Pascal.
Urkraft der Klebe.
Roman von Karl Engelhardt.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
Ringsum war es still. Nur das Wasser klatschte und plätscherte geschwätzig am Bug, wenn es schäumend und perlend emporstieg. Leise ächzte der Mast, wenn das Segel sich blähte. Sonst kein Laut. Und kein Mensch weil und breit. Verlassen lag die weite, schillernde, atmende Fläche.
Endlich vermochte sie sich zu beherrschen. Und weich wie man es an ihr nicht gewohnt war, sagte sie:
„Herr Lichten — ich weiß nicht, wie ich's sagen soll — ich möchte Ihnen nicht weh.tun —"
„Karla," rief er erschreckt.
Es zuckte schmerzlich um ihre Mundwinkel.
„Ich kann nicht, Herr Lichten —sagte sie gepreßt, „ich kann Ihnen nicht sein, was Sie wollen."
„Und warum nicht?" fragte er hastig.
„Erlassen Sie mir die Antwort. Bitte!"
„Fräulein Karla-es gibt nur einen Grund, der mir
alle Hoffnungen nehmen könnte. Karla — seien Sie offen — lieben Sie mich nicht?"
Das war das Äußerste. „Auch das noch — auch das
Aus dem Reiche.
Ein Disziplinarverfahren gegen Freiherr v. Wächter.
ff Berlin, 8. Augst Die Norbd. Allg. Ztg< schreibt: Der Regierungsrat und Referent beim kaiserlichen Couvernement von Deutsch-Ostafrikch,. Freiherr v. Wächter, wurde, wie erinnerlich, am 18. Februar ds. Js, durch Urteil des Obergerichts in Dares-Salam von der gegen ihn erhobenen Anklage des Meineides mangels an Beweisen freigesprochen. Nachdem inzwischen das Urteil des Kaiserlichen Ooergerichts hier eingetroffen ist, hat sich das Reichskvlonialamt entschlossen, gegen Freiherrn v. Wächter das förmliche Disziplinarverfahren zu eröffnen.
Eiie SchlMeM-Wlosii» in Noch«.
Bochum, 8. Aug. (Tel.) Bei einer Schlagwetterexplosion auf der Zeche Lothringen wurden 40 Bergleute getötet, 20 verletzt.
js Bochum, 8. Aug. Ueber die Ursache der Explosion hat die Verwaltung der Zeche bisher noch keine genaue Auskunft gegeben, da sie erst den Bericht der augenblicklich noch im Schacht befindlichen Rettungsmannschaften abwarlet. Von den benachbarten Zechen sind zahlreiche Rettungsmannschaften herbeigeeilt. Der Zecheneingang wird von Hunderten von Menschen, darunter sehr viele Frauen, belagert.
js Bochum, 8. Aug. Ununterbrochen bringt der Förderkorb Leute zu Tage, die vollständig verkohlt und schwer zu rekognoszieren sind. Die Menschenmassen vor der Zeche haben abgenommen, da ein heftiger Regen niederging. Der Berghauptmann und mehrere Vertreter der Bergbehörde, sowie der Leiter des Rettungswesens des Oberbergamtsbezirks Dortmund, Ortmann, und der von dem Bergwerksunglück in Couriers her bekannte Bergwerksdirektor Koch sind anwesend. Die Belegschaften sind zur Mittagsschicht nicht eingefahren. Die Ursache der Schlagwetter-Explosion isi vermutlich darin zu suchen, daß Gase, die in Felsspalten angesammelt waren, ducch einen Sprengschuß wieder frei wurden und sich entzündeten.
ff Bochum, 8. Aug. Bei den Rettungsarbeiten ist es gelungen, mehrere Betäubte im Schacht durch Behandlung mit Sauerstoff wieder zum Bewußtsein zu bringen. Vermutlich ist die Explosion an 2 verschiedenen Stellen entstanden Mehrere kleine Brände wurden nach verhältnismäßig kurzer Zeit gelöscht. Die Zerstörung in der Grube ist nur gering. Die Bergungsarbeiten sind in sofern schwierig, als die Unglücksstelle etwa 2 Kilometer vom Schacht entfernt liegt. Unrer den Getöteten befinden sich die Steiger Middelmann und Passmann. In den beiden Bezirken arbeiten etwa 12V Mann, von denen sich eine Anzahl rechtzeitig rettete. — Der Kaiser wurde von dem Unglück sofort unterrichtet.
103 Bergleute getötet.
ff Bochum, 8. Aug. (Amtlich.) Bei der Schlagwetterexplosion auf der Zeche „Lothringen" sind 103 Bergleute ums Leben gekommen.
ff Bochum, 8. Aug. (Amtlich.) Heute vormittag ereignete sich auf der Zeche Lothringen ! u. II eine Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosion, der 103 Tote, darunter 2 Steiger, 2 Schwerverletzte und 3 Leichtverletzte zum Opfer fielen. Handelsminister Sydow und der Oberpräsident von Westfalen, in Begleitung des Berghauptmanns, haben die Grube besucht und im besonderen Aufträge des Kaisers der Werksverwaltung, den Angehörigen und den Ueberlebenden das Beileid des Kaisers ausgedrückt.
noch!" zuckte es durch ihre Seele. Wenn er geahnt hätte, was er ihr mit dieser Frage antat. Das Wörtchen wollte nicht über ihre Lippen. Sie fühlte fast physischen Widerstand. Ob sie ihn liebte? Sie — ihn — liebte —?
„Fräulein Karla, antworten Sie!" drängte er.
„Ich sagte es Ihnen. Ich kann Ihnen nicht sein, was Sie erhoffen."
„Also — Sie lieben mich nicht — ?"
„N — Nein —-!"
Da — nun war es gesagt. Sie liebte ihn nicht-!
Unbeweglich saßen die beiden Menschen einander gegenüber. Kein Glied rührte sich an ihnen. Wie gelähmt. Wie rin vernichtender Blitzstrahl hatte das Wort gewirkt. Hüben Und Drüben. Der Atem ging schwer und stockend.
Die Sonnenlandschaft ringsum versank. In trübe Schleier hüllte sich das Meer. Für zwei Augenpaare.
Walter reckte sich und griff langsam zur Segelleine.
„Wir wollen heimkehren-l"
„Ja-1"
Ruhig drehte sich das Boot. Und dann glitt es zurück, heimwärts. Hinter ihm zog eine glänzende Bahn.
Die beiden sprachen kein Wort.
Karla waren die Tränen nahe. Nun war alles zu Ende. Auch ihr Aufenthalt hier. Die letzte Gnadenfrist, die sie sich bewilligt. Jetzt mußte sie fort. Unter allen Umständen. Und sah ihn nie wieder. — Rasch und verstohlen blickte sie ihn an. Und dann durchgellte es sie aufs neue: nie wieder!
Ihn aber schmetterte die Gewißheit nieder. Das Unab« wendbare. Unabänderliche. Gegen das man mit dem Kopfe anrennen möchte. — Sie liebte ihn nicht. Dagegen gab es kein Wenn und kein Aber. Das mußte hingenommen werden, als unumstößliche Tatsache. Mit diesem Bewußtsein konnte er all seine Hoffnungen begraben.
Sie Houdertjührseitt der Sims KriW.
Essen a. d. Ruhr, 8. Aug. Der Kaiser mit Gefolge ist im Sonderzug um 8 Uhr 55 Min. auf der Station Hügel eingetroffen. Er wurde von Legationsrat Dr. Krupp von Bohlen und Halbach und Gemahlin, Frau Geheimrat Margarete Krupp und Frhr. v. Wilmowski mit Gemahlin empfangen. Der Kaiser fuhr nach der Villa Hügel, woselbst er Wohnung nahm. Unmittelbar nach der Ankunft verlieh der Kaiser dem Legationsrat Dr. Krupp von Bohlen und Halbach den Rang eines außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers und gleichzeitig der Frau Bertha Krupp von Bohlen und Halbach den Luisenorden zweiter Klasse. Auch Prinz Heinrich von Preußen ist hier eingetroffen, ebenso der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg. Beide haben aus der Villa Hügel Wohnung genommen.
Um 10.20 Uhr begab sich der Kaiser mit Herrn Krupp v. Bohlen und Halbach und mit dem Gefolge im Automobil nach Essen, von einem Spalier von Schulkindern, Vereinen, Bergleuten, Pfadfindern, Kriegervereinen usw. und einer vieltausendköpfigen Menge stürmisch bejubelt. Vor dem Gebäude des Bergbaulichen Vereins wurde der Kaiser durch die Vertreter der Stadt Essen begrüßt. Die Tochter des Oberbürgermeisters überreichte dem Kaiser einen Blumenstrauß. Die Essener Männergesangvereine trugen den Chor: „Heil Dir, edler Zollernsohn" vor. Oberbürgermeister Holle hielt die Ansprache, in der er den Kaiser namens der Stadt und der Bürgerschaft im Lande des Eisens und der Kohle herzlich willkommen hieß. Unter preußischer Regierung sei Essen emporgeblüht. Redner schloß mit dem Kaiserhoch. Die Ehrengäste, die Vertreter der Stadt auf den Tribünen und das Publikum stimmten begeistert ein. Der Kaiser erwiderte mit freundlichen Worten des Dankes und reichte dem Oberbürgermeister wiederholt die Hand. Die Nationalhymne erklang und unter erneuten Hochrufen fuhr der Kaiser weiter zum Hauptverwaltungsgebäude der Firma Krupp, wo im Lichthof der Festakt begann. Mit dem Kaiser erschienen Prinz Heinrich und die Herren der Umgebung. Außer Krupp v. Bohlen und Halbach und Gemahlin, Frau Margarethe Krupp und den anderen Angehörigen der Familie Krupp versammeiren sich im Lichthofe der Reichskanzler, die Minister v. Breitenbach, Dr. Delbrück, v. Heeringen, Dr. Sydow, von Tirpitz und andere hervorragende Persönlichkeilen, die Spitzen der Behörden, viele Venreter der Wissenschaft und der Industrie, der Aufsichtsrat, die Direktoren und die Beamten der Firma Krupp, Arbeiter, Aufseher, Meister, Obersteiger, Steiger und zahlreiche Vertreter der Presse.
Ter Festakt im Lichthofe des Hauptverwaltungs- Gebäudes der Firma Krupp wurde mit dem Vorspiel zur Oper „Rienzi" eröffnet. Alsdann begrüßte Herr Krupp v. Bohlen und Halbach den Kaiser und drückte im Namen aller Werkangehörigen den Dank und die Freude über das Erscheinen des Monarchen aus. Er begrüßte auch die anderen Ehrengäste und sprach dann über die Entwicklung des Krupp'schen Unternehmens. Tie Rede schloß mit einem Kaiserhoch. Hierauf bestieg der Kaiser die Rednertribüne und hielt eine längere Ansprache, die mit einem dreimaligen Hurra für die Jubelfirma schloß. Nachdem sodann Wagners „Kaisermarsch" verklungen war, hielt der Vorsitzende des Direktoriums, Geh. Finanzrat Hugenberg, die Festrede. Ein Huldigungsmarsch beschloß die Feier.
Nach dem Festakt besichtigte der Kaiser die aus Anlaß des Jubiläums errichtete Ehrenhalle und nahm dann an dem Frühstück in dem Hauptverwaltungsgebäude teil.
Krupp sche Stiftungen.
Die Firma Krupp gibt folgendes bekannt: Aus Anlaß der Hundertjahrfeier der Gußstahlfabrik und des Hundersten
Er knirschte mit den Zähnen in ohnmächtiger Wut gegen das blinde Walten des Schicksals.
Sie liebte ihn nicht! Und da kroch plötzlich wieder der andere Gedanke hervor. Wenn sie einen andern liebte! Wenn sie-l
Und peinigender als je quälte ihn diese Vermutung. Und toller als zuvor drehten sich in seinem Kopfe die Kombinationen, die Möglichkeiten.
Als sie auf dem Strande standen, reichte Karla ihm die Hand:
„Seien Sie mir nicht böse, Herr Lichten. Bei Gott — ich konnte nicht anders." ^
Stumm drückte er ihre Hand.
„Adieu. Grüßen Sie, bitte, Maja und ihren Mann!" fuhr sie fort.
„Sie wollen nicht mitkommen?" fragte er ruhig, eintönig, wie teilnahmslos.
„Nein. Ich gehe gleich nach Lause."
„Leben Sie wohl!"
Er dachte nicht daran zu fragen, ob und wann sie wiederkommen würde. Eine öde Leere gähnte in seinem Kopfe. Die Gewißheit, die ihm alles nahm, hatte gewirkt wie ein Hammerschlag.
Stumm gingen sie auseinander.
Karla schritt nach links. Er wandte sich nach rechts gegen das Haus Throndhjems.
Und langsam setzten sie Fuß vor Fuß. Mechanisch. Mit gesenktem Kopse. Und keines sah sich um.-
XI.
, Maja sah ihrem Bruder das Resultat der Unterredung sofort vom Gesichte ab.
„Nicht — ?" fragte sie, während sie ihm die Hand reichte.
»Nein," erwiderte er ruhig.