masens verlegte, um dort, weniger beachtet ^von dem französischen Nachbar, seiner Vorliebe für Soldaten und Exerzieren leben zu können. Die „langen Kerls", die er dort im Dienste Friedrichs des Großen nach dem Muster Friedrich Wilhelm I. von Preußen im Fahre 1740 bis 1790 drillte, leben noch im Gedächtnis der Pfälzer, von denen hochgewachsene Leute noch heutzutage gerne „Pirma- senier" genannt werden. Der sorgsame Landesvater erlaubte oder befahl nämlich seinen Soldaten, den „Vertrauten", das .Heiraten, aber nur dann, wenn die Kandidatinnen ebenfalls eine stattliche Höhe aufwiesen. 1789 zählte die Stadt über 9000 Einwohner; da aber hiervon mehr als 2400 Mann Grenadiere waren, die zumeist einen Hausstand hatten, so bestand die Bevölkerung wesentlich aus den Familien der Soldaten und Hofbe- diensteten. Die schmale Löhnung reichte zum Leben nicht aus, mit dem Fldbau ist in der zum Teil felsigen Gegend nicht viel zu machen, und so warfen sich die Soldatenfrauen auf eine Arbeit, die ihnen nahe lag: sie strickten und häkelten' wollene, gefütterte Schuhe, die sog. „Schlappen" für den Verkauf. Weiber und Mädchen, später auch Männer zogen mit der Ware, in großen Körben aui dem Kopfe, ins Land hinaus und fandet bald nicht nur im Umkreis von Pirmasens, sondern auch den Rhein entlang, in Holland und der Schweiz, ferner in Frankreich wegen oer Billigkeit der Schuhe guten Absatz. Auf dem Wege des Hausierhandels wurde der Vertrieb der in sehr kleinen Mengen erzeugten, aber durch die Zahl der Arbeitenden doch beträchtlich anwachsenden Warenmenge bewerkstelligt. Nach dem Tode des Landgrafen (1790) verlor Pirmasens Residenz, Militär und Hofhaltung. Die zurückgebliebenen Soldaten traten nun zum Teil ihren Familien in der Herstellung und dem Vertrieb der Schuhwaren zur Seite, da das Gewerbe bereits leidlich florierte, der gelegentliche oder notgedrungene Hausfleiß wurde zum berufsmäßigen Handwerksbetrieb. Die Söhne wurden Gehilfen und Lehrlinge, Arbeitskräfte auch von auswärts stellten sich ein, zumal als 1803 ein gewisser Joß auf den Gedanken kam, das zu dieser Zeit als Ersatz des teuren Saf- sianleders aufgekommene gefärbte Schasleder zu Hausschuhen zu verwenden.
So sah es an der Geburtsstätte der Pirma- fenfer Schuhfabrikation aus. Inzwischen kamen Dampf und Elektrizität und die wunderbaren Maschinen für die mechanische Herstellung von Schuhen. Unter den Maschinen gibt es solche, die
die Griffe der menschlichen Hand genau nachahmen. Die Manipulationen eines Arbeiters an den etwa 70 Maschinen, die ein Stiefel bis zu seiner Fertigstellung passiert, betragen vielfach nur Sekunden. Angesichts der enormen Leistungsfähigkeit der Produktion (bis 1500 Dutzend Paar Schuhe während der Woche in einer großen Fabrik) kann dem Laien der Gedanke» kommen, daß eigentlich der Preis für das Fabrikat viel niedriger sein müßte. Gelangt er aber in das Kalkulationsbureau, dann wird man ihm dort vorrechnen, daß infolge der Verteuerung des Leders und ferner weiter nach oben gerichteten Preistendenz im Gegenteil eine Erhöhung der Schuhwarenpreise notwendig llo Doch halt! Nun sind auch wir, wie dies selbst bei einem kurzen Aufenthalt in Pirmasens der Fall sein kann, schon mitten hrnern- gecaten ia die fachtechnischen Einzelheiten. Und die anderen Sehenswürdigkeiten in Pirmasens? Das ist die Herstellung von unzähligen Variationen von Schuhen und Stiefeln, die Fabrikation des Rohstoffes, des Leders und der Werkzeugmaschinen. Also doch: Pirmasens ist die Stadt des Leders und der Schuhe. L. B.
Vermischtes.
8 Tic moderne Tanzkunst bringt ihren Vertreterinnen in kurzer Zeit oft derartig große Vermögen, daß sie sich manchen Luxus leisten dürfen. So erwarb soeben die durch die Wiederbelebung der antiken Tänze bekannt gewordene Tänzerin Duncan das Schloß Bearn in Saint Cloud bei Paris für den Preis von 1 Million Franks. Schloß Bearn befand sich früher im Besitze des Kurfürsten Maximilian von Bayern, der sich zur Zeit Ludwigs 14. viel in Frankreich aufhielt. Daß dereinst eine Tänzerin seine Nachfolgerin als Schloßherrin sein würde, dürfte der Kurfürst wohl nie geahnt haben!
Z Das Kind und die Gewitterfvrcht. Die Furcht vor dem Gewitter ist lediglich eine Sache der Erziehung. Es wird schwer fallen, sich in späteren Jahren die Gewittersurcht abzugewöhnen, wenn man als Kind nicht dazu erzogen worden ist, ein Gewitter als das zu betrachten, was es ist, als ein erhabenes Schauspiel der Natur. Selbstbeherrschung vermag bei der grenzenlosen Gewitterfurcht viel auszurichten, aber sie muß frühzeitig einsehen, damit man sich später, als erwachsener Mensch nicht lächerlich macht mit einer unbegründeten und törichten Furcht. Schon in frühester Jugend, sobald das Kind Spuren von Gewitterfurcht zeigt, muß man ihm Mittel und Wege weisen, sie zu unterdrücken, sich be
herrschen zu lernen. Aber viele Eltern halten solche Anzeichen von Furcht für ganz unbedeutend. Mit der Zeit, wenn der Verstand kommt, wird sich das Kind von selber schon die dumme Angst abgewöhnen, meinen sie. Sie nehmen das Kind auf den Schoß, halten ihm Augen und Ohren zu, hätscheln es u. damit natürlich zugleich seine Furcht, oder sie lachen es einfach aus und bewirken nur, daß es sich künftig nicht wieder an sie wendet, wenn es von der Angst vor Blitz und Donner gefaßt wird. Es gibt leider auch unvernünftige Dienstboten genug, die ihre Freude an der Furcht der Kleinen haben, ihnen alle möglichen schaurigen Geschichten erzählen, Märchen aufbinden, wie: Der liebe Gott schiebe Kegel im Himmel, oder er sei wegen einer Unart entsetzlich böse auf das Kind. Natürlich steigert diese Vorstellung die Angst des Kindes. Dies alles ist nicht genug zu verwerfen. Man mache sich doch klar, welch gewaltigen Eindruck ein solches, oft mit elementarer Macht in die Erscheinung tretendes Naturereignis auf das Gemüt eines Kindes ausüben muß. Es kann nicht fassen, nicht verstehen, was da vorgeht. Es zittert wie das verängstigte Tier und denkt, sein letztes Stündlein hat geschlagen. Da sind selbstverständlich weder ein Verhätscheln, noch ein Auslachen oder gar Verhöhnen und Erschrecken die rechten Mittel zur Bekämpfung dieser einfachen, natürlichen Angst; da kann nur Aufklärung und vernünftiges Zureden helfen. Man erkläre dem Kinde das Gewitter. Man lehre es die erhabenen Schönheiten des grandiosen Naturschauspieles erkennen, lasse es den Blitz beobachtet»,' gus dem Getöse des Donnees hie Entfernung der Gewitterwolken erraten, verfolge mit ihm den interessanten Flug der Wolken, das Ringen zweier sich gegenüberstehender Gewitter miteinander, mache ihm klar, was Flächenblitze und Zickzackblitze sind usw. Man behandelt also das Gewitter als das, was es ist, eine einfache Naturerscheinung, die notwendig aus den Witterungsverhältnissen hervorgeht, schalte alles überflüssige Beiwerk aus, hüte sich, durch Blitzschlag entstandene Schäden aufzubauschen oder die durch Blitzschlag erfolgte Tötung eines Menschen vor den Ohren der Kinder ausführlich zu behandeln, ohne selbstverständlich die Gefahr des Gewitters an sich zu leugnen oder zu unterschätzen. Auf diese Weise gelangt das Kind allmählich zu einer ruhigen, leidenschaftlosen Auffassung dieses Naturereignisses.
Hamdel «n- Berkehr.
' Lauffea a. N., 7. August. Unsere Kartoffeln haben abermals im Preise abgeschlagen. Sie kosten nur noch 3 M. pro Ztr., etwa die Hälfte zu gleicher Zeit im Vorjahre. Bei der großen Ergiebigkeit ist ein weiterer Preisabschlag mit Sicherheit zu erwarten. — Der Gasthof zum Hirsch, der v or einigen Jahren zu 46 000 Mk. verkauft wurde, ging bei der Zwangsversteigerung um den Preis von 15000 M. in den Besitz eines hiesigen Weinhändlers über.
Verantwortlicher Redakteur: L Lauk, AltevMg.
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