X Newyork, 16. Juli. Die Stadt befindet sich in großer Aufregung über eine Mordtat, die sich heute früh ereignet hat. Hermann Rosenthal, der Hauptzeuge in einer schwebenden polizeilichen Untersuchung gegen Glückspiele und Diebstähle, die heute begann, ist von unbekannten Tätern ermordet worden. Rosenthal, der ein bekannter Spieler ist, beschuldigte Polizeioffiziere, an den Spielgewinnsten beteiligt gewesen zu sein. Er wurde heute früh aus dem Hotel, in welchem er wohnte, auf die Straße gerufen und dort durch Gewehrschüsse aus einem Automobil heraus getötet. In dem Automobil befanden sich nach Aussage von Augenzeugen 6 Personen, unter ihnen 2 Polizeibeamte. Die Mörder find entkommen.
Vermischtes.
Z Wem» das Kind plötzlich erkrankt. Schon jsrt Jahren ist die Säuglingssterblichkeit seitens der Gelehrten in eingehender Weise studiert und allerlei Untersuchungen angestellt worden, wie ihr zu steuern ist. Ist der eine der Gelehrten für ein möglichst gründliches Durchstochen der Milch, um sie von alleresckMlichen Keimen durch die Hitze zu befreien, so ist der andere ein entschiedener Gegner dieser Methode u. hält die völlig ungekochte Milch für die beste Nahrung des Säuglings, denn, so sagt z. B. Professor Schloßmann in Düsseldorf: „Wohl kann man durch Kochen oder Sterilisieren die Säurebildner der Milch vernitchen, aber dann bleibt sehr viel uibrig, was wir kennen, was gefährlich oder wahrscheinlich noch viel weht, was wir nicht kennen und was dann noch gefährlicher ist." Nach übereinstimmender Ansicht vieler Gelehrten wäre also die ungekochte Milch von gesunden Tieren der gekochten in jedem Falle vorzuziehen. Leider ist in größeren Städten eine solche ein recht rarer Artikel, denn dort ist die Regel, daß täglich nur einmal frische Milch zu erhalten ist. Wenn nun, entweder durch unzulängliche Nahrung oder durch sonstwelchen Anlaß .das Kind plötzlich erkrankt, so rufe man unverzüglich den Arzt zur Hilfe herbei; bis zu seinem Eintreffen sorge man für möglichst frische Lust im Zimmer und stelle event. Durchzug in demselben her. Wie wichtig die kühle Luft für einen plötzlich erkrankten Säugling ist, erhellt daraus, daß in der Münchener medizinischen Wochenschrift vor Jahresfrist ein Arzt allen Ernstes empfahl, das erkrankte Kind in den Keller zu stellen, damit es möglichst kühler Temperatur ausgesetzt sei. Nicht immer ist ja nur unzweckmäßige Ernährung die Ursache plötzlicher Erkrankung, ebenso leicht kann letztere durch unzweckmäßige, also zu dicke oder zu beengende Kleidung eintreten, welche dazu Anlaß gibt, daß sich die Wärme im Körper staut und die inneren Organe erhitzt. Diese innere Hitze muß aber durch entsprechende Körperpflege abgeleitet werden. Dazu tragen kühle Waschungen, beim Heißwerden zu wechselnde kühle Leibumschläge, Verabreichung frischen, klaren Wassers in kleinsten Dosen und laue Klystiere von 30 Gr. Celsius bei. Alle diese Maßnahmen nehme man sofort vor, wenn auch nur die geringste Störung im Befinden des Säuglings eintritt, der Arzt gibt dann den Ausschlag, wie weit dieselben fortgesetzt werden sollen. Oft machen sie sein weiteres Eingreifen völlig überflüssig. Dr. Schöner.
§ Russische Polizei-Anekdoten. Aus St. Petersburg wird geschrieben: In der Zeitschrift „Sow- remenny Mir" erzählt John Kennan, der noch vor der Einführung einer Verfassung in Rußland die Verbreitung des Sozialismus studierte und in persönliche Berührung mit den hervorragendsten Revolutionären kam, einige Anekdoten, die auf die Tätigkeit der russischen Polizei auch vor der Erfindung der Asewschen Methode ein eigentümliches Licht werfen. In Petersburg wurde einst ein Doktor Kadjan verhaftet und da die Polizei ihn für einen großen Revolutionär hielt, stellte sie in seiner Wohnung eine „Falle" auf, d. h. sie verhaftete jeden, der die Wohnung betreten wollte. Bei dem Verhafteten wohnte auch seine Schwester, die an einem unter dem Protektorat der Großfürstin Katherina Michailowna stehenden Mäd- chengymnasium als Lehrerin angestellt war. Der Zufall fügte es, daß am Tage der Verhaftung die alljährliche Schlußfeier dieser Schule stattfand, zu der auch die Protektorin erschien. Aber Fräulein Kadjan kam nicht, weil sie als erstes Opfer in die Falle gegangen war, als sie kurz vor Beginn des Festes sich zu Hause umziehen wolltet Der Schuldirektor sandte eine Schülerin zu ihr und als diese nicht zurückkehrte, eine zweite;. Schließlich ging die Schulvorsteherin selber hin. da sie sich das Ausbleiben von drei Personen nicht erklären konnte, aber auch sie wurde, wie die Schülerinnen, verhaftet. Dasselbe Schicksal ereilte d^n Schuldirektor, der die Festlichkeit absagen mußte und voller Entrüstung seinen verlorenen Schäfchen nachlief. Erst auf der Polizeiwache konnte -er sich legitimieren, worauf sich der ganze Irrtum aufklärte. Eine andere Falle, von der Kennan erzählt, hatte einen noch komischeren Erfolg. Als General Surow Polizeimeister von Petersburg war, wurde die Hauptstadt mit einer Flut anfrührischer Flugschriften überschwemmt, ohne daß es gelang,' die Geheimdruckerei zu finden, aus der die verbotene Literatur stammte. Surow kam schließlich ans den Gedanken, eine eigene Geheimdruckerei zu errichten, deren Werke er durch verkleidete Spitzel seiner Gendarmerie in den Fabriken verteilen ließ, um die Stimmung der Arbeiterschaft auszukundschaften. Der Chef der Stadt- polizer, General Dreute ln, der mit Surow verfeindet war, erfuhr von diesem Unternehmen nichts'. So kam es, daß seine Leute eines Tags die Geheimdruckerei Surows aufhoben und deren Setzer und Drucker verhafteten. Triumphierend meldete Drenteln dem Ministerium, ihm sei es gelungen, die Ausrührer ausfindig zu machen, die von der Gendarmerie, die eigentlich allein für solche politische Unternehmungen zuständig war, vergeblich gesucht worden seien. . . .
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II Dtnttgsrt, 16. Juli. (SchlachtoiehmarK.) ZugetrirL-» 236 Großvieh, 290 Kälber, 950 Schweine.
Erlös aus Vs Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, a) ausgemästete von 100 bis 108 Pfg., 3. Qual, d) fleischtz, und ältere von 88 bis 92 Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual. ») vollfleischige, von 90 bis 92 Pfg., 2. Qualität b) älter« und weniger fleischige von 88 bis 90 Pfg., Stiere und Jungrinderl. Qual, a) ausgemästete von 100 bis 104 Pf. 2. Qualität b) fleischige von 95 bis 99 Pfg., 3. Qualität o) geringer«von — bis — Pfg.; Kühe 1. Qual.») jung, gemästete von — bis — Mg., 3. Qualität d) älter» gemästete von 68 bis 78 Mg., 3. Qualität o) geringere von — bis — Pfg., Kälber: 1. Qualität») beste Saug» kälber von 99 bis 104 Pfg. 3. Qualität b) gute Saug, kälber von 91 bis 98 Pfg. 3. Qalität o) geringere Saug« kälber von 78 bis 90 Pfg., Schweine 1. Quell, a) jung« fleischige 82 bis 83 Pfg., 2. Qualität b) üngere fette von 80 bis 81 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 72 bis 75 Pfg.
Kurzer Getreide-Wochenbericht der PreiSberichtsßelle des dentfchen LandwirtschastSretS
vom 9. bis 15. Juli 1912.
ES stellten sich die Preise für inländisches Getreide am letzten Markttage in Mark pro 1000 Kg. je nach Qualität, wobei das Mehr (-j-) bezw. (—) Weniger gegenüber der Vorwoche in ( ) beigefügt ist, wie folgt:
Weizen
Frankfurt a. M.
Mannheim 242* A—)
Straßburg 245(—)
München 345(-s-2)
Roggen Hafer 200(—10) 215(—5) 203*/,(—2* 2) 330(—) 220 (—) 233(-s-2) 231(—)
Voraussichtliches Wetter
am Donnerstag, den 18. Juli: Zeitweise wolkig und gewitterschwül, noch keine ernstlichen Entladungen.
Beranttoortvcher Redakteur: L. Lauk, Altensteig.
Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei in Altenfteig.
vrffKtttichsr Eprechsaal.
Für Einsendungen unter dieser Rubrik übernimmt die Redaktion nur die pretzgesetzliche Verantwortung.)
Eingesandt.
In der gestrigen Nummer des Blattes wird vom evangelischen Stadtpfarramt zu einer Besprechung für das Zustandekommen eines Pflegerinnenkurses des Roten Kreuzes ins Stadtpfarrhaus eingeladen.
Bei dem ausdrücklich zu betonenden interkonfessionellen Charakter des Roten Kreuzes, bei der Stellungsnahme des derzeitigen Vertreters des hiesigen Pfarramts Andersdenkender gegenüber und mit Rücksicht darauf, daß ein Vorstand, dem es zugestanden hätte, die Einladung zu besorgen, schon vorhanden war, ist es unerfindlich, wie sich ausgerechnet das evangelische Pfarramt hat berufen fühlen können, ohne Auftrag, die Einladung ins Pfarrhaus ergehen zu lassen, wo es allerdings von Katholiken, Methodisten und persönlichen „Freunden* nicht gestört werden wird. Und dabei hatte die Stadt bereitwilligst ein neutrales Lokal zur Ver- fügung gestellt. I. A.
„Werden Sie nun längere Zeit in Königsberg bleiben, Fräulein Fannemor?" fragte Professor Lichten.
„Nein, ich wollte nur meinen alten Meister Wiedersehen.*
„Ich verwahre mich gegen das alt," warf er lachend ein.
„Also meinetwegen meinen jungen Meister. Und ich wollte mich mit ihm freuen."
„Selbstverständlich sind Sie doch bei der Hochzeitsfeier unser Gast," lud Frau Mathilde Lichten in liebenswürdigstem Tone ein.
„Aber natürlich, hätte ich beinahe gesagt," lachte Karl«. „Sehr gern, gnädige Frau. Denn — ich will offen sein — ich bin zum guten Teil deshalb hierher gekommen. Sie können sich nicht denken, wie sehr ich an meinem früheren Lehrer hänge. Natürlich unbeschadet Ihrer bräutlichen Rechte," scherzte sie, zu Maja gewandt.
„O bitte, bitte, ich fürchte durchaus nichts," erwiderte Maja lächelnd.
„Da haben Sie recht. Auch nach meinem Gefühl muß di« Liebe sieghast, zuversichtlich und — stark sein."
„Ist das Theorie oder Praxis?" fragte Walter.
„Natürlich nur Theorie. Wissen Sie, Mädchen meines Schlages, die sind bestimmt dazu, derlei Dinge nur theoretisch zu behandeln."
„Gezwungen?" fragte er erstaunt. »Da möchte ich aber doch —"
„Jawohl, gezwungen," fuhr sie fort. „Freilich gibt eS auch hier und da ein paar Ausnahmen. Aber im großen und ganzen hält man solche Frauenzimmer wie mich für über« spannt, emanzipiert, mehr Mann wie Weib. Und die will man nicht. So bleibt uns denn nichts übrig als zu spintisieren und stch in Gedanken all das möglichst schön zurecht zu legen, was man in der Praxis doch nie erlebt."
„Darf ich versuchen. Sie zu einer gegenteiligen Meinung zu bringen?" fragte Walter unternehmend.
Ein Schatten zuckte über ihr Gesicht. Dann wandte sie stch in komischer Verzweiflung an Frau Mathilde.
„Da sehen Sie doch nur, Frau Professor. Man darf noch so wenig begehrenswert sein und doch ist man nicht sicher vor den glatten Worten der Herren."
„Darf ich Sie versichern, daß es nicht nur Worte sind?" erwiderte er.
Sie sah auf den Professor, der lächelnd zuhörte.
„Es ist doch schrecklich, Herr Professor? Nicht wahr? Sogar in Ihrer Gegenwart."
„Hoffen Sie nicht auf Unterstützung bei mir. Fräulein Fannemor." entgegnete er gut gelaunt. „War selbst einmal
^"^Also nirgends Schutz? Dann bleibt mir nur noch die Flucht."
Und sie erhob stch.
„Aber Sie wollen doch noch nicht gehen?" riefen Maja und Walter gleichzeitig.
„Aber gewiß. Ich bin ja so schon vorschriftswidrig lange hier. Aber —' sie wandte sich verbindlich zu Frau Mathilde — „Sie haben mich sofort in einer Weise empfangen, die mich jede äußere Förmlichkeit vergessen ließ."
„Und die soll auch, hoffentlich, nie unfern Verkehr trüben." antwortete die alte Dame.
„Sie wollen wirklich nicht bleiben?" fragte Watt« in überredendem Tone.
„Nein. Ich muß gehen."
„Aber Sie kommen doch noch vor der Hochzeit wird«?"
„Ich muß leider wieder danken. In den letzten Tagen vor einer Hochzeit gibt es so viel zu tun, daß man nur störend wirken kann. Und übrigens möchte ich von hi« auch einige landschaftliche Reize mit mir nehmen."
„Aber da darf ich Sie doch begleiten?" beharrte «.
„Um Himmelswillen! Ich werde mir gleich den Kritik« mitnehmen! Nein, das wollen wir lieber lassen."
isr machte ein enttäuschtes Gesicht. Sie kam ab« seinen Protesten zuvor, indem sie stch verabschiedete.
Auch Throndhjem ging. „Habe ich Sie hergebracht, muß ich Sie auch wird« wegbringen," sagte «scherzend. Er schnitt damit jeden Eimvand von ihr ab.
Fortsetzung folgt.
Vermischtes.
§ Wie man die Schwägerin seiner Großmutter wird.
Die Frage, wie man sein eigener Großvater wird, soll vor vielen Jahren einmal durch eine verwickelte-Verwandtschafts- Ehe gelöst worden sein. Die Frage, wie man die Schwägerin seiner eigenen Großmutter wird, hat jüngst eine Französin in der Praxis gelöst. F:äulein Antoinette Groulliere (in Lunas in der Dordogue) hat sich jüngst mit ihrem eigenen Großonkel, dem Bruder ihrer Großmutter, verheiratet. Auf diese einfache Arl und Weise, die namentlich bei Erb- schastsstreitigkeiten erfreuliche Folgen zeitigen kann, ist sie Schwägerin ihrer Großmutter und damit natürlich die Tante ihrer eigenen Eltern geworden.
Billige Reise.
Ich geh in die Schweiz, und ich geh nach Tirol, Besuche auch Bayern und Baden Und werde mich aus ein Stündchen wohl Zu Gaste in Württemberg laden.
Ich brauch keine Koffer und brauch kein Gepäck,
Auch kann ich bei dieser Reis' sparen;
Denn sehn Sie, ich brauche zu diesem Zweck Nur rund um den Bodensee fahren.
C. A. Hennig.