r

!

!

Mvhol und Jugendpflege.

-i- Benthe«, 16. Juni. In Anlvesenheit von ZOO Delegierten aus allen Teilen des Reiches und unter Teilnahme von Vertretern der staatlichen und städtischen Behörden hat hier der Deutsche Ber ein gegen den Mißbrauch geiftigesr Ge­tränke seine 20. Jahresversammlung adgehalten. Geheimrat Prof. Pfeiffer (Breslau- sprach über Al­kohol und Jugendpflege. Er wies auf das Elend der Säuferfamilien hin und schilderte das Unqlüä einer solchen Ehe. Noch schlimmer aber feien die Kinder eines Säufers dran, die schon von vornherein zu allen Leiden auf Erden bestimmt find. Die Gelehrten aller Länder hätten an Men­schen und Tieren nach dieser Richtung hin Forschun­gen angestellt. Man habe die Lebensdauer der Nachkommenschaft einer mäßig lebenden Familie mit der einer Säuferfamilie verglichen. Dabei wurde festgestellt, daß in einer Säuferfamilie »2 Prozeni lebensunfähig sind und dahinsiechen, und nur 18 Prozent gesund bleiben, während bei einer mäßig lebenden Familie nur >8 Prozent ster­ben und 82 Prozent gesund bleiben. Bon den 10 000 Idioten in Deutschland find ungefähr 2,0 Prozent Trinker oder Nachkommen von Trinkern. Es' fei unbedingt notwendig., daß jeder Mensch, der eine Ehe eingehe, in der Zeit, in der Kinder zu erwarten feien, sich jeden Alkoholgenusses ent­halte. Das gelte auch besonders für die Frau, die, solange sie schwanger fei, nicht einen ein . zigen Trovfen Alkohol zu sich nehmen dürfe. Um die Jugend abstinent zu erhalten, müssen die die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen -und nirln nur durch Worte erzieherisch wirken (Beifall-. Oberlehrer Klose. (Ratiborj führt zahlreiche Bei­spiele an, wie er in seiner Tätigkeit den All kohol bekämpft habe. Ein gesunder Jüngling von ist bis 18 Jahren, der von gesunden Eltern stammt, habe gar kein Bedürfnis nach Bier. Fri­sches Quellwafser gebe es überall. Die Jünglinge müßten sich ein Stink Zitrone aus ihre Wanoer m,gen mitnehmen und keine Restauration aufsu- chen. Dringend notwendig sei vor allem, daß die Jugendbildner streng gegen sich selbst seien und ein gutes Vorbild gebest- Redner wandte sich mit scharfen Worten gegen die Studentenverbind­ungen, die dem Alkoholgenuß in geradezu erschrek- kender Weise frönen.

Ausländisches.

ss Paris, 17. Juni. Der französische Gesandte Lu Tanger, ReMault, ist in Paris eingetroffen».

* Fez, 16. Juni. Der deutsche Rechtsanwalt Wem- Iberger aus München, der Mitte Mai seinem Bruder zur Flucht aus der Fremdenlegion behilflich sein wollte und hierbei mit seinem Bruder gefangen genommen wurde, ist wegen Beihilfe zur Desertion zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Zur Eiseubahnkatastrophe i« Schwede«.

ss Berlin, 17 . Juni. Bezüglich des Eisenbahn- ungliÄs bei Linköpinz wird noch mitgeteilt, daß jetzt feststeht, daß von dem Unglück überhaupt nur Schlafwagen, die von Kopenhagen, Malmö und Karlskrona kamen, betroffen wurden. Die deut­schen Schlafwagen und die direkten Durchgangs­wagen 1.-3. Klasse,-die zwischen Berlin und Stock­holm verkehren, waren überhaupt nicht in dem

Unglückszug, da die Fähre Verspätung hatte und die deutschen Wagen, welche mittels Fähre befördert werden, den Anschluß nicht erreicht hatten.

Der itailienisch-türkische Krieg.

* Rom, 17. Juni. General Camerana meldet mittels Funkenspruch aus Mersa Busceisa vom 16. Juni: Nachdem wir um 6 Uhr früh Marabut und Sidi Busceisa besetzt und Truppen gelandet halten, besetzten wir sofort die benachbarte Oase und die Höhe von Cap Farrug. Beide Stellungen liegen an der Küste etwa zwölf Kilometer nördlich von Mis- rata. Bei unseren Bewegungen suchten uns nicht sehr zahl­reiche feindliche Abteilungen auszuhalten, wurdm aber bal­digst durch Schrffsartillerie und sväter durch das Gewehr­feuer der Matrosen und der gelandeten Truppen unter Zu­rücklassung einiger Toten zerstreut. Wir hatten keinerlei Verluste. Später zeigten sich diese zurückgeworfenen Abtei­lungen, die inzwischen Verstärkungen erhielten, auf der rechten Teste. Gegen Nachmittag gingen sie zu einem regelrechten Angriff vor, der von unseren Truppen abgewiesen wurde. Der Kampf dauerte bis gegen 6 Uhr. Dann wurden die Angreifer, die 50 Tote auf dem Schlachtfelde zurückließen, zum Rückzug gezwungen. Wir erbeuteten zahlreiche Waffen und Munition. Unsere Verluste waren zwei Tote und neun Verwundete, darunter ein Askari tot und zwei verwundet.

* Rom, 17. Juni, Das in Tripolis stationierte'Mili- tärlustschiff unternahm gestern eine Rekognoszierungsfahrt; als das Luftschiff über einer Abtestung feindlicher Truppen sich befand, setzte der Motor aus und das Luftschiff geriet in Gefahr, unter den feindlichen Truppen landen zu müssen. Es gelang glücklicherweise, den Motor notdürftig wieder in Gang zu bringen und abseits der feindlichen Stellung «ine Notlandung vorzunehmen. Mittels drahtloser Telegraphie wurde aus Tripolis Hilfe herbeigerufen.

Vermischtes.

Ls Ein Sondierballon in Meter Höh«.

Im Mai bs. Js. ist ein neuer Höhenrekord zur Kenntnis europäischer Fachkreise gelangt, der schon vor mehr als anderthalb Jahren von einem Sündierballon erzielt wurde. Diese Verspätung ist geradezu unerklärlich, da diese Höhe tatsächlich die äußerste, der Atmosphäre bezeichnete, bis zu der es bisher mit menschlichen Mitteln emporzudriugen ge­lungen ist, und ferner da er in Amerika erzielt wurde, das aufsehenerregenden Berichten, zumal sie die jüngste Nation mit Stolz zu erfüllen ge­eignet sind, nicht abhold zu sein pflegt- Am Nachmittage des 1. September 10 lO wurde vor, der Station Huron in Süd-Daeota düs, mit einem der, der aerologischen Sondierung dienenden Dop pelballons des U. S. Weather Bureaus die Höhe von 30 486 Meter erreicht. Der Himmel war lei­der von 1234 Metern an mit einer Stratusschicht verhüllt, so daß der größte Teil der interessan­ten Fahrt der direkten Beobachtung entzogen war. Soweit sie sichtbar war, führte sie zunächst nach N. W. Der Ballon ist dann vermutlich in einem Bogen nach mehr und mehr östlicher Richtung um gekehrt. Denn die Jnstrumentenbüchse wurde 105 Kilometer nordöstlich von Huron, bei Castlewood, wieder ausgefunden. Nachdem von dem Ballon- Paar der eine Ballon in der äußersten erreichten Höhe geplatzt ist, werden die Instrumente vom andern Ballon, dessen Tragkraft allein nicht mehr für den Hochflug ausreicht, wieder zur Erde her- abgeleitet. Diese Methode ist dem Straßburger Aerologen Geheimrat Hergesell zu danken; indirekt ist somit auch die deutsche Wissenschaft nicht unbe

teiligt an dem amerikanischen Erfolge. Die In­strumente, hatten außer dem Luftdruck, der die Höhenbestimmung gestattete, und natürlich der Zeit, noch die Temperatur und die Feuchtigkeit der Luft verzeichnet. Zwischen 12 000 und 16 000 Meter Höhe, in einer nicht weniger als vier Kilo­meter mächtigen Schicht, ließ der Thermograph die niedrigsten der erreichten Temperaturen er­kennen, rund 54 Centigrade (zwischen 53,9 und 54,9 Grad) Kälte. Unten, in 392 Meter Meeres­höhe. herrschten an jenem September-Nachmittag 20,4 Grad Wärme. Aber auch in der Höhe nahm die Temperatur wieder zu, sogar sehr erheblich. Die äußerste Höhe, 30 486 Meder, brachte nur 41 Grad, und bei 26 892 Meter waren sogar nur 39,6 Grad Kälte. Die Steigerung der Temperatur von 15 182 bis 26 892 Meter Höhe betrug nicht weniger als 14,7 Grad. Die Luftfeuchtigkeit, welche am Erdboden 7l Prozent, in der Wolkendecke 100 Prozent der von der jeweiligen Temperatur be­stimmten Sättigung betragen hatte, erreichte in der kältesten Vierkilometer-Schicht noch vier Pro­zent nud nahm von da an, bis zur größten Höhe, ziemlich gleichmäßig auf zwei Prozent M Dieser Rekordslug ist dadurch noch besonders bemerkenswert, daß er das wärmere, überaus trok- keneobere Stockwerk" der Atmosphäre, die soge­nannte Stratosphäre, in einer Mächtigkeit sondierte, die die der unteren Atmosphäre, der sogenannten Troposphäre, noch erheblich übertras.

Hlmi-Ä «v» Verkehr.

Stuttgart, 17. Juni. (Landesproduktenbörse.) Trotz­dem die amerikanischen Börsen fast täglich niedrigere Notie­rungen meldeten, war in abgelaufener Berichtswoche die Stimmung auf dem Getreidemarkte eher etwas fester, da die Angebote sämtlicher Ausfuhrländer kleiner waren und höhere Forderungen gestellt wurden. Andererseits ist der Bedarf stärker und insbesondere bleibt nahe Ware gesucht, da in­ländisches Getreide nicht mehr stark angeboren und höhere Preise verlangt werden. Das Wetter war regnerisch und kühl. Me niedergegangenen schweren Gewitter haben in manchen Gegenden großen Schaden verursacht. Auf heutiger Börse war wiederum gute Kauflust zu konstatiere» und kamen auch mehrfach Abschlüsse zustande, wenn auch unsere Mühlen über schleppenden Mehlabsatz zu klagen haben.

Wir notieren per 100 Kg. frachtparität Stuttgart, Ge­treide und Saaten ohne Sack netto Casia je nach Qualität und Lieferzeit:

Weizen Mark

württ. 24.5034.75

frank. 34.8024.75

Rmnanier. 35.2535.75

Ulla 35.5026.

Saxonska 25.5026.

Azima 35.5026.

Laplata 24.0035.00

Taselgries Mk. 35.00 bis 35.50

Mehl 0 . 35.00 bis 35.50

. 1 . 34.00 bis 34.50

. 3 , 33.00 bis 33.50

. 3 . 31.50 bis 32.00

. 4 , 28.00 bis 28.50

Kleie Mk. 13.00 bis 13.S0 (ohne Sack netto Kassa.)

VorcruSsichtlrches Wetter

am Mittwoch, 19. Juni: Ziemlich heiter, trocken und warm

Verantwortlicher Redakteur: L. Laut, Altenftrtg.

Druck uub «erlag der W. Rirker'schtu Buchdrucker« in All-uftei,.

Kernen Futtergerste Hafer württ.

, Laplata Mais Donau Roggen nom.

Mark '

34.25 34.75

19.25 19.50

22.25 32.75

20 .- 30 . 5 «

18.25 18.50

23.00-

räume, mW ihre Blicke verrieten, üaß sie einen Ausdruck der Bewunderung erwarte: die deutsche Erzieherin abei fand diese Zimmereinrichtungen so überladen und ge schmacklos wie die Toiletten ihrer Herrin, und da sie nich tadeln durfte und nicht loben konnte, so entzog sie sick dadurch dem Dilemma, daß sie Einzelheiten bewunderte hier das geschmackvolle Dessin einer venetianischen Spitze dort ein Gemälde von Herkomer, hier die prächtige Um rahmung eines Kamins, dort einen indischen Teppich. Zn Vergleich zum grellen Prunk der Gesellschastsräume ev schienen die drei Zimmer, in denen sich See Hausherr ein , gerichtet hatte, schlicht und einfach, wirkten aber behaglich

Ediths Bitte, mit Melita an Tür Hausen dürfen, war von der Mutter rum.oeg abgeschlagen worden Diese verspürte von dem Tage ab, da die Erzieherin ihren Gatten als Vorleserin und Vorspieierin nühertrat, stark« Regungen von Mißtrauen und Eifersucht. Jedes Lob, da- . Proctor oder Edith dem auspruchsiosen Mädchen spendeten ! schmerzte und beunruhigte die stolze Dame.

Zun, ersten Male seit ihrer Berheiratung kam es ihi jum Bewußtsein, daß sie ihre Pflichten als Gattin unk Mutter arg vernachlässigt habe, und im Laufe des Winter- eruiachte in ihr eine Gewissensangst, die sich nicht ersticket - Sie sah, daß dasGermangirl" dem Hausherrn und kdith geradezu unentbehrlich geworden war, während ihr igener Einfluß völlig -verloren ging. Sie hätte für ihr Leben gern die Verletzte aus dem Wege gedrängt, mußte sich aber gestehen, daß'sie nicht die Fähigkeit besaß, sie zu ersetzen.

Die glücklichen Erziehungsresultate, die bei Edith nach mehreren Monaten in die Erscheinung traten, versöhnten vie Eifersüchtige durchaus nicht: Ihre Lieblingstochiei wurde kerngesund, dazu schlanker und größer. Dank der Turnübungen war ihr Brustkorb weiter, ihre Taille enger geworden; ihr schwammiges Gesicht hatte eine ovale Form ^halten, und ihre geistige Trägheit war einer lebhaften j wißbegierde gewichen. Melita hatte es sehr wohl verstanden.

gen Ehrgeiz ihres Zöglings anzufachen und sie vom Werl der Bildung zu überzeugen. Im Berkehr mit ihren schmeichlerischen Erzieherinnen hatte sich Edith stets gelang­weilt, jetzt verging ihr die Zeit im Fluge. Inniges Ver­gnügen gewahrte» ihr die Musik- und Tanzstunden, aber auch den Unterricht in französischer und deutscher Sprache, -omie in Geschichte, Literatur und Pflanzenkunde wußte Melita so anregend zu erteilen, daß das Interesse ihrer Schülerin selten erlahmte. Während Edith früher ein verdrossenes grämliches Wesen gezeigt hatte, war sie jetzt, zu ihres Vaters Freude, munter und zu übermütigen Streichen aufgelegt. Die Ermahnungen ihrer Mutrer, sie möge mehr Wert auf ihre Toilette und Hautpflege legen, verlachte sie heimlich. Sie hatte Geschmack an der naturgemäßen Lebensweise gefunden, und es leuchtete ihr ein, daß auch in den vornehmsten Kreisen ein gesundes, frisches und frohgemutes Mädchen mehr Gefallen finde, als eine geschminkte Zierpuppe.

Mit der wachsenden Erkenntnis des Wahren und schönen steigerte sich bei Edith das Freundschaftsgefühl für ihre Erzieherin. Ihr diese verächtlich zu machen, gelang Ser Mutter micht, im Gegenteil: Die Tochter stellte Ver­gleiche an und sagte sich: Um wieviel mehr trägt Melita zu unserem Wohlbefinden bei, als die ihre Zeit in den Modeateliers und Gesellschaften vertrödelnde Mutter.

Fortsetzung folgt.

Vermischtes.

8 Die Ebene des Todes. Die aus Mexiko eintreffenden Berichte über das Schicksal eines Teiles vom Rebellenheere des Generals Orszco geben ein furchtbares Bild von der Ernte, die der Tod in der Mapimi-Wüste gehalten hat: weit über 600 Mann haben in diesen Tagen in jenen wüsten, wasserlosen Einöden durch Verschmachten ein grauenvolles Ende gefunden. Kurz vorher hatte eine Schlacht stattge­funden, bei der die Rebellen von den Regierungstruppen in die Flucht geschlagen wurden. Sie wurden versprengt; es

war bestimmt, daß das Rebellenheer im Falle einer Nieder­lage zum Rückzug die Straße nach Escalon benutzen sollte, aber in der allgemeinen Verwirrung und in der Panik flohen die meisten in Richtung auf die Mapimi-Wüste. Auf der Flucht ließen sie ihre Vorräte im Stich. Wenige Tage später befand sich die Avantgarde in trostlosem Zustande inmitten unfruchtbarer Sandhügel. Ueberall brachen auf dem Wege die Leute vor Erschöpfung zusammen, bis zum Glück endlich einer der Führer einen alten Brunnen entdeckte. Hier löschte man seinen Durst. Doch unmittelbar darauf brach vonneuem auf rätselhafte Weise eine Panik aus, das Gerücht, die Ver­folger seien ihnen unmittelbar aus den Versen, verbreitete sich, man beschloß, sofort weiter zu eilen, zerstörte aber vor dem Abmarsch die Pumpvorrichtung, damit die Regierungs­truppen kein Wasser finden möchten. Statt der eingebildeten Verfolger traf sechs Stunden später in voller Auflösung eine zweite Abteilung Rebellen am Brunnen ein und stürmte die Waffer- stätte, da unterwegs schon viele verschmachtet niedergesunken waren. Es kam zu gräßlichen Szenen, die vor Durst halb wahnsinnigen Leute rangen miteinander, um in den dunklen Schacht hinabzuspringen, die Kommandogewalt der Offiziere hörte aus und in wenigen Sekunden war der Brunnen in seiner Tiefe von miteinander kämpfenden Männern erfüllt, die alle ausnahmslos ertranken, weil es unmöglich war, sie herauszuziehen. Die entsetzlichen Szenen raubten den ohnehin dem Wahnsinn nahen Leuten jede Ueberlegnng, nach allen Setten stürmten und wankten sie in blindem Entsetzen davon. Keiner von der ganzen Schar fand Rettung, Mann um Mann sind sie in der wafferlosen Wüste unter der glühenden Sonne verschmachtet. Von den 1100 Soldaten sind nur 400 noch am Leben. Einige Tage später fanden Patrouillen die ganze Wüste in allen Richtungen mit Leichen übersät. Die Stätte dieser Maffentragödie aber wird fortan in Mexiko fortleben als die »Ebene des Todes".