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Ausgabe i« «ltenfteig-Stadt.

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Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

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Stuttgart, 26. Febr.

Wenn heute die luxemburgische Standarte auf Schloß Berg halbmast gehißt wird, so verkündet sie den Bewohnern, daß zum ersten Male seit Bestehen des souveränen Groß- herzogtums ein Herrscher des Landes im Herzen desselben die Augen für immer geschlossen hat, denn vorher bestand die Personalunion mit den Niederlanden, dessen Regenten sich nur selten nnd ganz vorübergehend in Luxemburg aufhielten. Ein tragisches Geschick im Leben eines deutschen Fürsten hat sich nun erfüllt. Nach jahrelangem Siechtum und nach einem qualvollen Leidenslager ist einem sympathischen Landesherrn der Tod als Erlöser erschienen, der schon so oft mahnend an die Pfvrten der nassauischen Schlösser gepocht hat, in denen sich der kranke Fürst inil Vorliebe aufhielt. Großherzog Wilhelm Alexander von Luxemburg, das Haupt der wal- ranischen Linie des Hauses Nassau, ist am 24. April 1852 in dem herrlich am Rhein gelegenen Schloß Biebrich als Sohn des letzten souveränen Herzogs Adolf von Nassau und seiner zweiten Gemahlin, Adelheid, Prinzessin von Anhalt geboren, zu einer Zeit, als der junge preußische Bundestags- gesandte Otto von Bismarck oft seine Schritte aus den Toren der freien Stadt Frankfurt a. M. in das schönste Herzogtum der Well lenkte, wie der eiserne Kanzler das Nassauer Länd- chen gern nannte und wo er mit Herzog Adolf vertranten Verkehr pflegte. Eine sorgfältige Erziehung, die auf einer umfassenden Bildung fußen sollte, ließ den aufgeweckten vierzehnjährigen Knaben d'e historischen, für seine Familie katastrophalen Ereignisse des Jahres 1866 nachhaltig ans sich einwirken. Die Flucht nach Oesterreich, die Abdankung des Vaters und die Einverleibung des Herzogtums in den preußi­schen Staat übten einen tiefgehenden Einfluß auf den empfind­lichen Erbprinzen aus, der den Vater dann später aus seinen vielen und ausgedehnten Reisen nach Frankreich und Oester­reich begleitete. Im gereiften Alker hielt sich der lebens­lustige h.rinz viel in Wien aus, wo er zu den populärsten Erscheinungen der dortigen Hofgesellschaft gebörte. Die Ge­staltung der staatsrechtlichen Verhältnisse beim Erlöschen des Mannesstammes des ottonischen Zweiges des Hauses Nassau mit dem Tode des Königs Wilhelm der Niederlande, ließen die herzogliche Familie in Nassau wieder in den Vorder­grund des politischen Interesses treten. Die Erbfolge in Luxemburg fiel dem greisen Herzog von Nassau zu, der eifer­süchtig über seine Rechte als souveräner Großherzog wachte. Es war natürlich, daß der stille, bescheidene Herr nach einem jahrelangen beschaulichen Dasein die neuen Verhältnisse im hohen Alter unbequem empfand und so übertrug er dem Erbgroßherzog Wilhelm die Repräsentationspslichten im Großherzogtum. Mit Rücksicht auf die fast ganz katholische Bevölkerung Luxemburgs glaubte der Großherzog einen Akt politischer Klugheit auszuüben, indem er den Plan der ehe­lichen Verbindung des Erbgroßherzogs mit der Infantin Maria Anna von Portugal begünstigte und förderte. Am 21. Juli 1893 fand in Schloß Fischhorn bei Zell am See die Vermählung statt. Das Erbgroßherzogspaar hielt sich dann viel in Luxemburg auf, später ernannte der Großherzog seinen Sohn dann zum Statthalter. Als Großherzog Adolf am 17. Nov. 1905 aus Schloß Hohenburg starb, war sein Nachfolger bereits ein schwer leidender Mann, der durch einen Schlaganfall teilweise gelähmt, mit Rücksicht aus diesen Zu­stand nur einen einzigen Antrittsbesuch machen konnte, der dem greisen Prinzregenten Luitpold galt, dessen landesherr­lichen Schutz die nassauische Familie seit dem Jahre 1866 vorzugsweise genossen hatte. Die Lähmungserscheinungen mehrten sich ständig, die Kuraufenthalte in Sr. Blasien und Santa Margherita brachten keine Besserung und wenn der bedauernswerte Fürst überhaupt sein 60. Lebensjahr fast vollenden konnte, so verdankt er dies in erster Linie der mir seltener Hingebung ausgeübten aufopferungsvollen Pflege der Großherzogin Maria Anna, die unausgesetzt um den Kranken bemüht war. Dem Drängen der luxemburgischen Regierungs­kreise, den großherzoglichen Hof in das Großherzogtum zu verlegen, konnte unter den gegebenen Verhältnissen nicht statt gegeben werden. Die Vereidigung des Großherzogs Wilhelm auf die Verfassung mußte in Bayern geschehen, wohin sich in der Folge die luxemburgischen Regierungskommissare zu wichtigen Besprechungen immer begeben mußten, ein Zustand, der begreiflicherweise im Lande Mißstimmung hervorrief. So ergab sich die Notwendigkeit, die Großherzogin Maria Anna am 2. April 1908 zur Stellvertretern» des Gemahls, am 18. November desselben Jahres zur Regentin zu ernennen. Bereits im Juli 1907 war in Ermangelung eines männlichen Tronerben die älteste Tochter Maria zur Erdgroßherzogin

von Luxeinburg und Erbprinzessin zu Nassau ernannt wor­den. Als der Zustand des Großherzogs sich fortgesetzt ver­schlechterte, der Körper völlig gelähmt war, die geistige Funk­tion erloschen, der Fürst weder sprechest noch hören konnte, da fand ini Herbst des vergangenen Jahres die Uebersted- lnng von Bayern nach dem zu einem prächtigen Fürstensitz umgewandelten Schloß Berg statt. In dem Augenblick, da aus Schloß Hohenburg die Fahne niedergeholt wurde, wußte man im stillen Isartal bei Lenggries und Tölz, daß der edle und große Wohltäter den letzten Abschied vor seiner Todesfahrt nahm. Unbewußt hatte Großherzvg Wilhelm seinem Lande auch noch dieses große Opfer gebracht. So ist denn nun das ganze, einst so blühende Haus Nassau in seinen beiden Linien, in den Niederlanden sowohl wie in Luxemburg, im Mannesstamm erloschen und in dieser heiklen Situation muß ein fremder Souverän, der dem verstorbenen Großherzog ani nächsten stehende männliche Verwandte Großherzog Friedrich von Baden die Repräsentation' der großherzoglichen Familie ansüben. Mit dem den Zähringern eigentümlichen politischen Taktgefühl hat der Großherzog während seiner mehrwöchigen Anwesenheit in Luxemburg die im Hinblick aus die nun eingetretene Katastrophe not­wendig werdenden Maßnahmen mit dem luxemburgischen Staatsminister Eyschen besprochen.. Großherzogin von Luxemburg ist jetzt die älteste am 14. Juni 1894 geborene Tochter, Maria. Außerdem betrauern den Großherzog noch fünf jüngere Töchter und die greise Großherzogin-Mutter, die Tante unserer Königin Charlotte. Bis zur Großjährig­keit der Großherzvgin führt die Graßherzogin Maria Anna die Regentschaft weiter. Die Töchter des evangelischen Groß­herzogs sind im Glauben ihrer katholischen Mutter erzogen. * . »

I! Karlsruhe, 26. Febr. Zu Beginn der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer gedachte der Präsident des Ablebens des Großherzogs von Luxemburg und gab der innigen Teilnahine an der Trauer der großhcrzoglich-badischen Familie Ausdruck. Die Abgeordneten, auch die Sozialdemo­kraten hatten sich während der Rede des Präsidenten von ihren Sitzen erhoben.

Tages-Rundschau.

Das kirchliche Stimmrecht für die Frau.

Der Verband württembergischer Frauenoereine, der bekanntlich die srauenrechtierischen Grundsätze vertritt, bat sich an die Landessynode mit der Bitte gewendet, sie mögie vorbereitend das ihre mn, uni den Frauen das kirchliche Stimm recht zn gewähren. Der evangelische Frauenver ein hat kürzlich ebenfalls die Frage beraten, und wie wir hören, erschienen aus Einladung mehrere Mitglieder der kirchenrechtlichen Kommission der Landessynode in der betreffenden Versammlung. Als Grand dafür werden im allgemeinen geltend ge­macht die starke Beteiligung der Frau am kirch liehen Leben, welche den Anteil der Männer über- krisst, nnd ihre Bedeutung für die religiöse Milder- erziehuug; dagegen oie Abneigung gegen den Fe­minismus mit seinen unerfreulichen Auswüchsen und die Scheu, die Frau in Wahlkämpfe herein- znzichen, zuerst in kirchliche Und dann der Kon seqnenz gemäß auch in politische. Die Frauen rechilennnen, so wird vielfach geglaubt, setzen der, Hebel bei der Kirche an, wo sie leichter durch zndringen hoffen: ihr Endziel aber ist der Staat. Die Landessynode, deren Mandat zu Ende geht, wird übrigens kann, in der La.gx sein, in der Sache noch viel zn tun, und sie wird die Entscheidung dieser bedeutsamen Angelegenheit ohne Zweifel ihrer Nachfolgerin überlassen müssen.

Ein Kulturbild aus dem Osten

wird in den nächsten Tagen das Kreis,gprichl zu Petrilan in Polen beschäftigen. Es ist ein Prozeß gegen die Klosterbrüder von Tsehenstochau: den Paulanerpater Damazy Maczoch, die Mönche Ba silius Olesinsti und Isidor Starczewski nnd die frühere Telephonistin .Helene Krzyzanowsta, oerche lichte Maczoch aus Granica. Als HauptangeklaM ter erscheint der Pater Damazy Maczoch, der des vielbesprochenen Kleinvdienranbes an der Mutter Gottes von Ts che n st och cm und ferner der Ermordung seines Vetters, des Posthalters Waczlaw Maczoch

aus Granica beschuldigt ist, während die übei,MN Angeklagten der Beihilfe zn diesen Taten ange­rlagt sind. Der Prozeß erregt in Rußland großes Interesse, da es sich um eine ehrwürdige Wall­fahrtsstätte der kath. Christenheit handelt, die jähv-, lich von etwa 40 000 Wallfahrern besucht wickch Tschenstochan liegt im Herzen des ehemaligen König-, reichs Polen, an der Hauptstrecke der Warschau- Wiener Eisenbahn, nur 17 Werst von der deutschen Grenze entfernt. In einer Ausbuchtung des, Wartheslusses bei Klomnice in der Nähe von Tschen- stochau war ein Sofa im Wasser aufgefunden wor­den, das in seinem Innern die verstümmelte Leiche eines Mannes enthielt. Alle Bemühungen der Po­lizei, das geheimnisvolle Dunkel, das über diesem grausigen Fund lag, zn lüftein, erwiesen sich Mo­nate hindurch als erfolglos, bis endlich Anfang Otlober l OlO ein betrunkener Droschkenkutscher daN ganze Geheimnis in wenigen Minuten ausklärte,^ Im Schnapsransch bekannte er einer Tafelrunde; von anderen Droschkenkutschern, daß er an einen« Juliabcnd von dem Diener des Paulanerklosters- Stanislaw Zaloga mit seiner Droschke an ein ab­gelegenes Tor der Umfassungsmauer gMrufen wor­den fei' wo zwei Klosterbrüder unter der Anleitung! eines Paters ans die Droschke ein schweres Sofa geladen hätten. Inzwischen habe er noch einen zwei­ten Wagen heranhvlen müssen nnd in diesem hätten die Klosterbrüder Platz genommen, während ihnr die Anweisung gegeben wurdd, am Warthe Ufer ent­lang nach Klomnice zn fahren. Unterwegs sei der Führer der zweiten Droschke abgelohnt worden, während er selbst mit den» Sofa nnd den Kloster­brüdern weilergesahren sei. Zwischen Zawady und Klomnice, da wo die Warthe eine weite Ausbuch­tung hat, sei das Sofa abMladen und ins Wasser geworfen ' worden. Dann habe der Paulanerpater! ihn, den Droschkenkutscher, in eine nahe Schonung geführt, ihm sein Kruzifix an die Stirn gehalten nnd ihn knieend schwören lassen, daß er unter kei­nen Umständen verraten werde, was er gesehen und woran er sich beteiligt habe; denn es sei dies ge­schehen zum Wohle der Kirche, und der gesamten Christenheit. Der enge Zusammenhang zwischen dev Mordtat an dem unbekannten Toten im Sofa und der Beraubung des Mnitergotresbildes wurde sehr bald scstgestellt : denn es ergab sich, daß der Er­mordete der Posthaller Waczlaw Mazoch war, und zwar ein Vetter des Panlanerpaters Damazy Mac­zoch. Dieser aber hatte mit der Ehefrau des Wac­zlaw Maczoch, der früheren Telephonistin Helene Krzyzanomska, seit 8 Jahren ein Liebesverhältnis unterhalten, dem drei Kinder entsprungen sind und das dein Angeklagten erhebliche Summen kostete. Wie er, so waren auch seine beiden Mitangeklagten, die Klosterbrüder Sasilius Olesinski und Isidor Starczewski, in kostspielige Liebesverhältnisse ver­wickelt und um die dazu erforderlichen Gelder aus- zubringen, bestahlen alle drei nicht nur die Opfer­stöcke in der Gnadentirche, sondern schließlich auch das Mnttergvttesbild mit seinen Millionenschätzen. Die folgenden Feststellungen ergaben, daß die drei Brüder das Kloster ans Jasna Gora zu einem sehr nnheiligen Ort gemacht haben. Damen dev besten Gesellschaftskreise bis herab zu den Mädchen der benachbarten Güter sind in den Mönchzellen ans und eingegangen und haben Orgien mitgefeiert, die sich mit einem Kloster nicht gut vertrugen. Mit der Beraubung des Gnadenbildes erreichte das Trei­ben der drei Mönche und ihrer Geliebten seinen Höhepunkt und zugleich sein Ende: denn der daran offenbar mitbeteiligte Posthalter Waczlaw Maczoch muß Gewissensbisse bekommen haben. Eines Abends lud ihn Damazy Maczoch zu einem Tnnkgelage im Kloster ein, das mit der Ermordung des Unglück­lichen endete. Die Leiche wurde dann in der bereits geschilderten Weise in die Warthe versenkt und ihre Auffindung löste das tiefe Rätsel, das bis dahin über der Beraubung des Mutte ogottesbildes und der Mordtat lag. Das Kreisigssricht zu Petrikau, wird nunmehr in mehrtägiger Verhandlung, der der russische Justizminister beizuwohnen gedenrt, über die vier Angeklagten befinden. j