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Amts- und AnzeigeLlatt für den Oberamtsbezirk Calw.

87. Jahrgang.

Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Hm Oberamts- bezirr Talw für die einspaltige Borgiszeile lO Vsg., außerhalb desselben 12 Pfg., Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnserarannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Mittwoch, den 25. September 1912.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Post­bezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

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Zum landwirtschaftlichen Bezirksfest.

Calw, 25. September 1912.

Die Ausstellung des

VezirksvereinsfürEeflügelzuchtu.Vogelschutz war reich beschickt: 28 Vereinsmitglieder beteiligten sich daran mit 65 Nummern (gemeldet waren 68). Der Eesamteindruck der Ausstellung war ein guter, die Unterbringung der Tiere in den geräumigen und schönen Käfigen eine zweckentsprechende. Die zur Schau gestellten Tiere gehörten den verschieden­sten Rassen und Farbenschlägen an, vom niedlichsten Zwerghühnchen bis zum riesigen Bronceputer und den Riesen des Wassergeflügels erfreuten das Auge die zum Teile farbenprächtigen Tiere, welche vor­herrschend 1912er Zucht darstellten (beim Landge­flügel nur 1 Nummer 1911er, beim Wassergeflügel 3 Nummern). Die Entwicklung der Tiere, welche trotz der in den letzten 67 Wochen auch für die Geflügelzucht ungünstigen Witterung eine vorzüg­liche war, rief allgemeine Bewunderung hervor und zeugte von großem Verständnis und Fleiß der Züch­ter. Vertreten waren in erster Linie, entsprechend dem vorgesteckten Ziele des Vereins, die Nutzrassen: Orpingtons, Minorkas, Jtalienerhühner, Peking­enten, Laufenten, Emdener und Italiener Gänse. Das Prämiierungsergebnis ist folgendes: I. Preise erhielten : Jul. Zapp-Calw für gelbe Orpingtons, K. Bilharz-Hirsau für weiße desgl., I. Kappler- Schömberg für weiße Minorkas, K. Bauer-Bad Lie­benzell für gelbe Italiener, Wilh. Dingler-Calw

für Pekingenten. II. Preise: Kaufmann Schwarz- Stammheim für Plymouth Rocks, Jul. Zapp-Calw für gelbe Orpingtons und schwarze Minorkas, R. Hauber-Calw für Rhode Islands, K. Vauer- Liebenzell für rebhuhnfarbige Italiener, Fr. Lör- cher-Alzenberg für silberhalsige desgl., K. Bilharz- Hirsau für schwarze Rheinländer, Frau Hötsch-Hir- sau für japanische Seidenhühner, K. Walch-Bad Tei- nach für Pekingenten, C. Störr-Calw für weiße in­dische Laufenten, R. Zügel-Calw für Bronceputen, W. Dingler-Calw für Italiener Gänse; III. Preise: Gg. Weiß-Stammheim (2) für gelbe Orpingtons, Jul. Zapp-Calw für desgl., K. Bilharz-Hirsau für weiße desgl., Frau Vlaich-Hirsau für lachsfarbige Faverolles, H. Michel-Bad Liebenzell für weiße Wyandottes, Jul. Zapp-Calw (2) für schwarze Minorkas, Joh. Kappler-Schömberg für desgl., Lui- brand-Calw für rebhuhnfarbige Italiener, K. Hiller- Lalw für weiße desgl., Fr. Lörcher-Alzenberg für silberhalsige desgl., Frau Hötsch und Frau Blaich- Hirsau je für Mille fleurs, E. Schöttle-Ernstmllhl für Pekingenten, Fr. Lörcher Alzenberg für indische Laufenten, Carl Haisch-Vad Liebenzell für Trut­hühner, I. Schäfer-Calw je 1 für Emdener und Italiener Gänse. Ferner wurden noch lobende An­erkennungen erteilt an: Stadtpf. Heberle und R. Hauber-Calw, H. Michel-Bad Liebenzell, Jul. Zapp und H. Perrot-Calw, K. Haisch und K. Bauer- Bad Liebenzell, Fr. Lörcher-Alzenberg, M. Kling- Calw, Frau Vlaich-Hirsau, Walter Rau und K. Hiller-Lalw. Durch die Opferwilligkeit ver­schiedener Freunde und Mitglieder des Vereins ist es möglich geworden, daß 10 bei der Prämiierung mit der höchsten Punktzahl ausgezeichnete Mit­glieder neben den zuerkannten Geldpreisen noch mit einer besonderen Ehrengabe bedacht werden können. Das Preisrichteramt lag in den Händen des Herrn G. Mack-Cannstatt, welcher dies nach den strengen Grundsätzen des Landesverbands württ. Eeflügel- zuchtvereine in völlig objektiver und unparteiischer Weise ausübte.

Mit seiner Ausstellung verband der Bezirsbienenzüchterverein sein 25 jähriges Vereinsjubiläum. Sehr zahlreich fanden sich die Imker des Bezirks am Sonntag in der Dreiß'schen Bierhalle ein, galt es doch (nach­träglich), das 25 jährige Bestehen des Bezirksbienen­

züchtervereins zu feiern. Recht gemütlich und fröh­lich summten die Jmler im Saale zusammen und unterhielten sich über die Ausstellung, zu der jeder herbeigebracht hat, was er noch an alten und neuen süßen Schätzen und an Wachsvorräten hatte. Der Oberimler, Herr Knecht, begrüßte die Versamm­lung und gab seiner Freude Ausdruck, daß trotz vollständigem Mißjahr die Imker doch eine schöne Ausstellung fertig brachten. Als Vertreter des Landesvereins für Bienenzucht" war Herr Lehrer Elsäßer von Zell anwesend und überbrachte die Grüße des Landesvereins. Er sagte, der Landes­verein halte viel auf den Calwer Verein und seinen tüchtigen Vorstand. Im Calwer Verein herrsche reges Leben und wie ex heute gesehen habe, große Liebe und Lust und weitgehendes Verständnis für Bienenzucht. Die Ausstellung sei die schönste Ve- zirksausstellung, die er je gesehen und habe seine Erwartungen weit übertroffen. Das Arrangement der Ausstellung sei prächtig, die ausgestellten Pro­dukte und Völker meist fast durchweg preiswürdig. Er wünschte dem Verein weiteres Wachsen und Gedeihen. Lehrer Mäckle-Calw feierte den allver­ehrten Vorstand, Herr Kaufmann Knecht, welcher den Verein nun schon 15 Jahre in geradezu muster- giltiger Weise leitet und ihn zu solcher Größe und Bedeutung gebracht hat. Er dankte dem Vorstand für alles, was er schon für den Verein getan und übergab ihm namens des Vereins unter ent­sprechender Widmung ein schönes Geschenk. Jubelnd stimmten alle Imker mit ein in das Hoch auf ihren Vorstand. Herr Knecht dankte für die Ehrung, be­tonte aber, daß nicht er allein für den Verein und für die Ausstellung gearbeitet habe, sondern ein treuer Stab von Ausschuß- und Vereinsmitgliedern sei ihm stets hilfreich zur Seite gestanden, vor allem Herr Kassier Buck, der nun 25 Jahre die Geschäfte des Vereins besorge und namentlich in guten Honig­jahren sehr viel zu arbeiten habe. Vom Verein er­hielt Herr Buck als Zeichen allseitiger Anerkennung seiner Verdienste eine Ehrengabe. Durch Ueber- gabe einer schön ausgefertigten Ehrenurkunde wur­den all die Imker gefeiert, die seit 25 Jahren als Mitglieder treu zum Verein hielten, so die Herren Kaufmann Weiß, Stammheim, E. Weinbrenner, Eechingen, Buck, Bäckermeister Calw, Friedr. Lörcher, Alzenberg, Mart. Schaible, Martinsmoos, Johann Stanzer, Möttlingen, Jak. Vohnenberger, Zavel-

Lichtenstein.

43) Romantische Sage von Wilhelm Hauff.

Des Pfeifers Auge ruhte mit einem beinahe spöttischen Ausdruck auf dem jungen Mann.Ein Junker wie Ihr," antwortete er,weiß freilich wenig, wie weh Verbannung tut; Ihr wißt es nicht, was es heißt, sich vor den Augen seiner Mörder ver­bergen, Ihr wißt nicht, wie schaurig sich's in feuch­ten Höhlen, in unwirtlichen Schluchten wohnt, Ihr kennt die Wohltat nicht, die ein warmer Bissen und ein feuriger Trunk dem gewährt, der bei den Eulen speist und bei dem Schuhu in der Miete ist; aber kommt, wenn es Euch gelüstet; der Morgen bricht noch nicht an, und in der Nacht könnet Ihr nicht nach Lichtenstein; ich will Euch dahin führen, wo der geächtete Ritter wohnt, und Ihr werdet nicht mehr fragen, warum er um Mitternacht nach Speise geht!"

Die Erscheinung des Unbekannten hatte Georgs Neugierde zu sehr aufgeregt, als daß er nicht begierig den Vorschlag des Pfeifers von Hardt angenommen hätte, besonders auch, da er darin den besten Beweis für die Wahrheit oder Falschheit seiner Aussagen finden konnte. Sein Führer ergriff die Zügel des Rosses und führte es einen engen Waldweg herab. Georg folgte, nachdem er noch einen Blick nach den Fenstern des Lichenstein zurllckgeworfen hatte. Sie zogen schweigend immer weiter, und dem jungen

Mann schien dieses Schweigen nicht unangenehm zu sein, denn er machte keinen Versuch, es zu unter­brechen. Er hing seinen Gedanken nach über den Mann, zu dessen geheimnisvoller Wohnung er ge­führt wurde. Unablässig beschäftigte ihn die Frage, wer dieser Geächtete sein könnte. Er erinnerte sich fast wie aus einem Traum, daß mehrere Anhänger des vertriebenen Herzogs aus ihren Besitzungen ge­jagt worden seien, ja es deuchte ihm sogar, es sei in der Herberge zu Pfullingen, während seines teil- nahmlosen Hinbrütens, von einem Ritter, Marx Stumpf von Schweinsberg, die Rede gewesen, nach welchem die Bllndischen fahndeten. Die Tapferkeit und ausgezeichnete Stärke dieses Mannes war in Schwaben und Franken wohlbekannt; und wenn sich Georg die zwar nicht überaus große, aber kräftige Gestalt, die gebietende Miene, das heldenmütige, ritterliche Wesen des Mannes ins Gedächtnis zurück­rief, ward es ihm immer mehr zur Gewißheit, daß der Geächtete kein anderer als der treueste Anhän­ger Ulerichs von Württemberg, Marx Stumpf von Schweinsberg sei.

Besonders schmeichelhaft für die Phantasie des jungen Mannes war auch der Gedanke, einen ge­fährlichen Gang mit diesem Tapfern gemacht und in einem Gefechte seine Klinge mit der seinigen gemes­sen zu haben, dessen Ausgang zum wenigsten sehr un­entschieden war.

So dachte in jener Nacht Georg von Sturmfeder,

aber noch viele Jahre nachher, als der Mann, den er in jener Nacht bekämpfte, längst wieder in seine Rechte eingesetzt war, und seinem Hifthorn wieder Hunderte folgten, rechnete er es unter seine schönsten Waffentaten, dem tapfern, gewaltigen Unbekannten keinen Schritt breit gewichen zu sein.

Die Wanderer waren während diesem Selbst­gespräch des jungen Mannes auf einer kleinen, freien Waldwiese angekommen; der Pfeifer band das Pferd seitwärts an und winkle Georg, zu folgen. Die Waldwiese brach in eine schroffe, mit dichtem Gesträuch bewachsene Abdachung ab; dort schlug der Pfeifer einige verschlungene Zweige zurück, hinter welchen ein schmaler Fußpfad sichtbar wurde, wel­cher abwärts führte. Nicht ohne Mühe und Gefahr folgte Georg seinem Führer, der ihm an einigen Stellen kräftig die Hand reichte. Nachdem sie etwa achtzig Fuß hinabgestiegen waren, befanden sie sich wieder auf ebenem Grund, aber umsonst suchte der junge Mann nach der Stätte des geächteten Ritters. Der Pfeifer ging nun zu einem Baum von ungeheu­rem Umfang, der innen hohl sein mußte, denn jener brachte zwei große Kienfackeln daraus hervor; er schlug Feuer und zündete mit einem Stückchen Schwe­fel die Fackeln an.

Als diese hell aufloderten, bemerkte Georg, daß sie vor einem großen Portal ständen, das die Natur in die Felsenwand gebrochen hatte; und dies mochte wohl der Eingang zu der Wohnung sein, wo der