gibt es-Mittel, Die den Vorzug haben, daß sie wenig kosten, und ohne fremde Hilfe hergestellt werden können. Gute Dienste z. B. tut ein Brei ans faulem Weisel, nnD Lehm. Man sammelt alles unbrauchbare Weifch und Fleifchabfälle, läßt sie im Wasser faulen «und rührt mit diesem Wasser und Lehm einen Brei an, mit welchem inan die Obstbäume unten bestreicht. Meister Lampe rührt keinen so behandelten Baum an, er ist ihm zu anrüchig. Den gleichen Dienst tut auch eine Salbe aus Schweinefett und Schießpulver. Auf ein Liter Fett nimmt man ein Halb Pfund Pulver, mischt alles zu einer Salbe durcheinander und bestreicht den Baum ringsum vom Boden an einen halben Meter aufwärts. Die Langohren bleiben von den so gesalbten Aevfel- und Birnbäumen sicherlich weg.
Tie neuen Hundertmarkscheine, das hat jetzt auch das Rpichsbank Direktorium ausgesprochen, bleiben rm Verkehr. Die von Handelskreisen festgestellten Mängel der Scheine können nicht den außerordentlichen Vorteil anfwiegen, daß die Sicherheit vor Fälschungen in höherem Grade als bei den alten Scheinen vorhanden ist. Die Reichsbank ist der An stcht. daß die Abneigung gegen die neuen Hunderd markscheiue nur ans der Anhänglichkeit am Alten he r rühre.
!i Calw, 17. Jan. Ein Schwarm Schnee- gäuse wurden gestern nachmiltag über der Stadt gesehen. Die Vögel flogen in der bekannten Keil form gegen Süden. Es ist schon der zweite Schwarm Her in kurzen Zeit jetzt über Calws Umgebung hin- ävg. ^ -
7 Tübingen, ln Jan. In allen -> deutschen Universitäten studieren dieses Semester 2747, Frauen egen das Vorjahr mehr 383. Dazu, kommen noch 737 Gasthörerinnen, svdaß die Gesamtzahl aller die Universität besuchenden Frauen 4332 beträgt, gegen 4184 im Vorjahr. In Tübingen studieren 40 Frauen, 3> ans Württemberg, die übrigen aus den Bundesstaaten, keine Ausländerin. Die Frauen siird hier am zahlreichsten in der medizinischen Fa knltät, !3: noch nicht eingedrungen sind sie allein tn die beiden theologischen und in die juristische Fa küllät. Auch Forstwissenschaft nnd Pharmazie sind noch frei. -
st Altdorf DA. Böblingen, l 7. Jan. Bei der heute vorgenvmmenen Ortsvorsteherwahl, die durch den Rücktritt des früheren Inhabers der Stelle, Ruthardt, bedingt wurde, wurde VerwaltnngZvral- tikank Gärltling von Welzheim gewählt.
st Stuttgart, >7. Jan. Hofball. Gestern abend fand im weißen Saale nnd den anstoßenden Räumen des Reüdenzschlosses großer Hofball statt, an dem das Königspaar, die Mitglieder der König lichcn Familie nnd zahlreiche geladene Gäste, teil nahmen.
^ Suktgart, l 7. Jan. Falsche Dreimarkstücke mit dem Bildnis König Wilhelms II. von Württemberg und der Jahreszahl I 902 sind an verschiedenen Orten des Landes ungehalten worden.
^ Lml-sfrn a. R., I 7. Jan. Den Zigeunern, die an einer hiesigen alleinstehenden Frauensperson io schwere Betrügereien verübten, scheint man ans die Spur gekommen zu sein. Der von Ochsenberg gebürtige 32 Jahre alte Zigeuner Jakob Reinhardt wurde in Haft genommen. Nach der vermutlichen Haupttäterin, einer über 30 Jahre alten Zigeunerin namens Johanna Mettbach, wird noch gefahndet.
s Bodelshaufen, 17. Jan. Gestern haben hier Georg Adam Märkten, Schäfer, and Anna Margaretha geb. Hang das seltene Fest der diamantenen Hochzeit, beide im Alter von 3-7 Jahren und körperlich wie geistig frisch gefeiert.
st Ehingen, l7. Jan. Auf dem Transport von Heufelden hierher ist ein nach Stuttgart bestimmter Farren ausgerissen. Er trieb sich auf den Feldern umher. Niemand traute sich, ihn einznsangen. Schließlich wurde der hiesige Stationskommandant herbeigeholt, der ibm mit einer Kugel den Garaus machte. s
Ter des Doppelmords verdächtige Pfrommer verhaftet.
Calw, > 7. Jan. Der wegen schweren Ein brnchdiebstählen in Liebenzell und doppelten Mords bei Möhringen verfolgte Taglöhner < Georg Pf romin er cois Teinach wurde heute mittag in einer Wirtschaft in Ottenbroun festgenommen und in einem Auto hieher ins Amtsgerichtsgefängnis gebracht, wo seine beiden Brüder bereits in Haft sind. Allgemeine Zufriedenheit äußert sich über die Festnahme dieses geriebenen und gefährlichen Bur scheu.
st Calw, 17. Jan. Es bestätigt sich, daß die Verhaftung des Doppelmörders Pfrommer in Ot- ienbronn im Gasthaus zum „Roßte" erfolgte. Der Armeerevolver, der bei Pfrommer vorgesunden wurde, enthielt noch zwei scharfe Patronen. Nach seiner Einkieselung an das hiesige Anrlsgerichtsge- sängnis leugnete Pfrommer beide Mordtaten mit dem Bemerken, man könne ihm nichts beweisen. Er wird morgen früh zur weiteren Untersuchung an das Landgericht Stuttgart übergesührt werden.
Neue Erdbeben.
st Ebingen, 17. Jan. In geradezu unheimlicher Weise mehren tzünd verstärken sich die Erdstöße hier wieder. Die beiden letzten Nächte, hatten fe verschiedene Erschü.ternngi n und Donnerrollen auf- zumeist» und zwar verschiedene von hervorragender Stärke. Eine ganz außergewöhnlich starke Erschüt te.ruiig hatten wir heute früh dreiviertel k> Uhr. Diese fetzte so stark ein wie am l 6. November and dauerte etliche Sekunden lang. Gleich eine halbe Stunde später, einviertel 7 Uhr, kam ein ebenso starker Stoß von säst noch längerer Dauer. Man kommt ans der Unruhe nicht mehr heraus und lebt in aufgeregter Sorge, wcrs sich ans diesem Toben im Erdinnern noch entwickeln will.
Die neuen Erdbeben waren besonders im Ober amt Balingen wabrznnehtneu, wurden aber auch in Tübingen, Stuttgart nsw. einvfnnden. Die Erdbebenwarte in Hohenheim verzeichnete gestern früh 5 Uhr 37 Min. und 6 Uhr 12 Min. zwei Erdstöße. l
Zur ReichslWWhl.
st Nagold, 17. Jan. Eine, gehässige Sache hat in unserem Bezirk der Wahlkamps gezeitigt. Es Han de.lt sich um eine Denunziation gegen einen Reserveossizier Oberpräzeptvr Haller, beim Bezirkskommando. Es wurde behauptet, der letztere hätte geraten, den Sozialdemokraten zu wählen. Ober- präzeptor Haller bezeichnet diese Behauptung als falsch nnd Teilnehmer an der betr. Versammlung in Haiterbach bestätigen, daß das Gegenteil von dem
wahr ist, was .Haller unterschoben wird. Oberpräzeptor Haller h<ct etwa ausgeführt'. Kämen nun Sozialdemokrat und Banernbündler miteinander in die Stichwahl, so glaube er angesichts der bestehenden politischen Verärgerung, daß lveite Kreise des Bürgertums von der Bolkspart-ei bis in die Reihen der Nationalliberalen hinein den Sozialdemokraten als das kleinere Nebel ansehen und wählen würden. (Hier erfolgte ein Zwischenruf: oho! Darauf erklärte Haller ausdrücklich): „m e in Standp ufnkt ist dies nicht, aber ich befürchte, wie gesagt, daß weite Kreise sich ans diesen Standpunkt stellen werden." '
Tie Stichwahl-Parole des Zentrums.
st Stuttgart, 17. Jan. Wie die Schwäbische Tagwacht hört, soll die Parole des Zentrums zu den Stichwahlen in Württemberg überall, wo Liberale nnd Sozialdemokraten in Betracht kommen, aus Wohlenthaltnng lauten. Eine Anseurhme soll der 9. Wahlkreis bilden, wo die Parole gegen Haußmann lauten soll. Diese Mitteilung dürfte, wie das Süddeutsche Correspondenz-Burenu erfährt, durch die morgen zu erwartende parteiamtliche Erklärung des Deutschen Volksblatts ihre Bestätigung und Ergänzung dahin erhallen, daß das Zentrum im 3., 8-.,
I l. nnd 14. Wahlkreis für die zur Stichwahl stehenden Kandidaten des Bundes der Landwirte eintrrtt.
Eine Einigung dev bürgerlichen Parteien gescheitert.
* Berlin, l 7. Jan. Unterstaatssekretär Wahn- schaffc halte heute vormittag Unterredungen mit den Führern der bürgerlichen Parteien mit Ausschluß der Fortsch. Bolksparchei, da letztere es ab ge lehnt hat, sich an diesen Besprechungen zu beteiligen. Eine allgenreine Konferenz mir den bürgerlichen Parteien kann daher nicht zustande kommen.
Das Zentrum.
* Berlin, l 7. Jan. Von dein mit der Führung der Verhandlungen über die Stichwahlen beauftrag- len ReichZausschuß der Zentrumspartei geht der Germania folgende Mitteilung zu: Der von der Regierung unterstützte Versuch, für die Stichwahlen eine Einigung der bürgerlichen Parteien herbeizu- sühren, scheiterte an der Haltung der liberalen Parteien, die sich Vorbehalten wollten, je nach Lage der Dinge, mir den beiden konservativen Parteien nnd mit dem Zentrum, andererseits mit den Sozialdemokraten Wahlgeschäfte zu machen. Unter diesen Umständen kann den Wählern der Aentrumsvartei nnr empfohlen werden, überall da, wo nicht von Seiten der örtlichen Parteileitung bindende Abmachungen über gleichwertige Gegenleistungen getroffen such, den liberale kr Kandidaten gegenüber strikteste W a h l en tha l t ü n g zu üben.
Vom 3. Wahlkreis.
st Heilbrsnn, l7. Jan. Die Zentrumsvartei wird bei der Stichwahl wiederum für den Kandidaten der Konservativen und des Bundes der Landwirte, Dr. Wolfs, eintreten. Letzterer dürfte eine wesentlich höhere Stimmenzahl als bei der Haupi- wahl ans sich vereinigen, da in ländlichen Gemeinden Wiele sozialdemokratische Stimmen von Nicht- sozialdemokraten abgegeben wurden. Ueber den Ausgang der Stichwahl läßt sich gar nichts sagen.
LefefrucHt.
Wie sich der Sonne Scheinbild in dem Dunstkreis malt, eh' sie kommt, so schreiten auch den großen Geschicken ihre Geister schon voran, und in dem Heute wandelt schon das Morgen.
Schiller.
Angelas Heirat.
Roman von L. G. Moberst).
(Fortsetzung) Machdruck verboten.
„ Sind Sie ganz sicher, daß man nicht Nachweisen köniüe, er sei bei Abfassung dieses unsinnigen Dokuments nicht gn»; bei sich gewesen?" rief das Mädchen, hastig nach den, Rettungsanker greifend.
Aber der Justizrat schüttelte ernst den Kopf.
„Ganz sicher," erwiderte er. „Niemand könnte klarer and logischer denken, als Herr Kästner es damals tar. Nein, nein, damit ist nichts zu machen, er war im Vollbesitz feiner geistigen Kräfte. Das kann ich jederzeit bezeugen und auch mein Partner Doktor Jansen. Und nun Horen Sie mich einmal geduldig an. Ich bin alt genug, um Ihr Vater sein zu können, und ich habe ein gut Teil Lebenserfahrung vor Ihne» voraus. Wollen Sie meinem Rat folgen?"
„Gern, solange Sie mir nicht raten, Herrn Martens zu heiraten, denn das tue ich nicht," entgegnete Angela, und zum erstenmal während der Dauer der Unterredung spielte ein leises Lächeln um ihre Mundwinkel, wenn auch noch immer ein trotziger Zug in ihrem Gesicht lag.
„Ich wünsche gar nicht, daß Sie mir irgendein übereiltes Versprechen geben sollen, ich verlange melier nichts von Ihnen, als daß Sie jetzt nach Hause gehen und dort über alles, was ich Ihnen gesagt habe, ruhig Nachdenken. Und dann möchte ich, daß Sie nach ein paar Tugen hier bei mir mit Herrn Marrens znsaminentreffen und die ganze Angelegenheit in Ruhe mit ihm besprechen."
„Das kann ich nicht," rief Angela heftig. „Ich würde mich zu Tode schämen. Wie kann man so etwas kaltblütig besprechen, als ob es eine — eine geschäftliche Abmachung wäre."
„Es ist ja doch taisüchlich nichts anderes," war die Antwort, „aber mir wollen uns nicht weiter aufregen. Gehen Sie, und sobald ich mit Herrn Martens gesprochen habe, schreibe ich Ihnen wieder. Unterdessen" —
„Unterdessen," unterbrach ihn Angela ärgerlich, „inerten Sie sich und geben Sie es auch Herrn Martens zu verstehen, daß ich niemals meine Zustimmung zu der Heirat geben werde. Ich verkaufe mich nicht, und wäre es auch für eine Million. Und ich werde es mir auch nie anders überlegen. Das ist meine Antwort ein für allemal."
3. Kapirel.
„Lieber Herr Justizrat, die ganze Sache ist ein Wahnsinn, und ich werde mir gar nicht die Mühe gebe», weiter darüber nachzudenken. Die Zumutung ist unerhört, und es ist nicht einen Augenblick daran zu denken, daß man sich ihr fügen könnte."
Der Iustizral stieß einen leisen Seufzer aus und dachte bei sich, es sei wirklich ein bißchen viel verlangt, an einem Vormittag mit zwei so halsstarrigen Menschen zu tun zu habe» wie Angela Karberg und Erich Martens.
Der letztgenannte junge Herr ging mit aufgeregten Schritten im Privatbureau Doktor Grünings auf und ab Von Zeit zu Zeit blieb er am Schreibtisch stehen und gab in kurzen aber sehr bestimmten Sätzen seiner Ansicht über Verwandte und Testamente im allLemeinen, sowie über
Herrn Kästner und dessen letzten Willen im besonderen Ausdruck.
Er war ein hochgewachsener Mann mit einem Gesicht, das niemand schön genannt haben würde, das aber trotzdem in hohem Grade anziehend war. Die etwas tiefliegenden braunen Augen waren offen und klar, die breite Stirn ließ auf einen gutherzigen Charakter schließen, mährend das eckige Kinn und der energische Mund aus Festigkeit und Entschlossenheit deuteten. Er machte nicht den Eindruck, als ob er sich im allgemeinen leicht aus der Fassung bringen ließe, aber augenblicklich schien er schwer geärgert, und seine Augen blitzten zornig.
„Die Sache ist geradezu unglaublich," rief er. „In Gottes Rainen lassen Sie das Geld an die Tierschutzvereine fallen, ich will's nicht haben, wenigstens nicht unter dieser lächerlichen Bedingung. Eine vollständig fremde Person heiraten! Er muß wahnsinnig gewesen sein! Aber ich tu' es nicht, nein, Herr Iustizrat, das können Sie von einem anständigen Menschen nicht verlangen."
Doktor Grüning warf einen langen und nachdenklichen Blick auf das Stück Löschpapier, das vor ihm lag. dann sah er dem jungen Mann ruhig in das zornige Gesicht.
„Ich habe schon einmal versucht, Ihnen klar zu machen Herr Martens, daß Sie nicht auf sich allein Rücksicht zv nehmen haben, und ich muß Sie nochmals daran erinnern, daß Ihre Weigerung, sich den Bedingungen de; Testaments zu fügen, für Fräulein Karberg den Verlust eines Vermögens bedeutet."
„Pah," war die ungeduldige Antwort, bilden Sie sich wirtlich ein, ich werde meine Entschlüsse durch den Gedanken an dies Mädchen, dies Kinderfräulein beeinflusste lassen ? Ich habe nicht die geringste Absicht dazu. Erstens bin ich nicht der Mann, der nach Geld heiratet, aber wein ich wirklich zu der Klasse gehörte, dann würden meinc Ansprüche doch ein wenig höher gehen als bis zu einem besseren Kindermädchen. Es ist nicht wahrscheinlich, da?
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S»
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