ZMensteig. 17. Januar.

Sitzung des Ciemeindernts am 16. Januar. Die Anbringung einer elektr. Straßenlampe am Gebäude des Kameralamisdieners a. D. Meeh wird geneh rnigt. Die Führung einer elettr. Leitung über die Staatsstraße beim Anker wurde seitens der K. Straßenbauinspektion Calw genehmigt. Die auf gestellten Bedingungen und Vorschriften werden an erkannt: bezüglich der alljährlich zu entrichtenden Recoanaiionsgebühr von 2 Mk. soll um Nachlaß ge­bier? werden' Der Nebenweg der Heselbronner Steige soll zunächst mit Kaltfteinfeinschotter und im kommenden Herbst mit Porphyrgrus beschottert werden. Robert Luz bittet um Erhöhung der ihm sür Wirtung der Turbine und der elektr. Kraft­übertragung ausgesetzteu Belohnung. Es sollen zu nächst noch mehr Erfahrungen gesammelt werden, da der Betrieb des Elektr. Werks infolge des Neu baues noch nicht lange ein geregelter ist. Martin Brenner, Sattler, hat um die Erlaubnis nachgesucht, aus dem städt. Platz beim Schlachthaus vorübergeh­end Bauholz lagern zu dürfen. Dies wird ihm gegen Bezahlung einer Entschädigung von 10 Mk. und unter der Bedingung gestaltet, daß er für jeden Schaden aufzukommen und den Platz nach Benützung wieder herzurichten hat. - Silberwarenfabrikant Karl Kaltenbach fr. bittet, den Platz zwischen dem unteren Schulhaus und seinem Anwesen mit einem Abschluß versehen zu wollen. Der Abschluß soll zunächst durch eine Kette erfolgen. Nachdem nun auch der S Teil des Auftrags, betr. Umbau des Elettr. Werks fertiggestellt ist, soll dessen Abnahme durch den Sachverständigen der Stadtgemeinde ver anlaßt werden. - Hierauf werden noch einge GrundstückSschätziuigcn vorgenommen und verschie dene minderwertige Gegenstände erledigt.

- Margrethausen, OA. Balingen, 16. Jan. Die Rutschungen am Abhang des Ochienberges sind noch immer nicht zum Stillstand gekommen, auch die Straße nach Lautingen wurde in Mitleidenschaft gezogen. Ebenso haben die Erdstöße noch nicht auf gehört, die letzten wurden am Sonntag abend und MontaA morMi wahrgenommen, 'waren aber nicht von großer Bedeutung.

js Schwenningen, >6. Jan. Als Tag der Gta d ts chu l thei ß enw a hl ist der 4. März anbe- rauml worden. Der Meldetermin für die Bewerber läuft am 15. Februar ab. Nach einem Beschluß der bürgerlichen Kollegien werden nur Akademiker zur Bewerbung zugelasteii.

* Stuttgart, >6. Jan. Es verlautet^ die Ratio nalliberale Partei wolle die hiesige Reichstagswahl- an fechten, da Betrügereien vorgekommen sein sollen.

st Stuttgart, 16. Jan. Die Beratung des Leh­rergesetzes (Entwurfes betr. die Rechtsverhältnisse der Volksschnllehrer wurde heute vormittag vom Bolisschulansschuß unter dem Vorsitz des Abg. Heymann (S'oz. anstelle des erkrankten Abg. Schremps lBund Konservativ) in Anwesenheit des Kuttministecs begonnen. Der Abg. Löchner (Volks­partei legte als Berichterstatter seine brieflichen Referate vor. Er beantragte das Gesetz seinem In­halte nach teils tu das Beamtengesetz, teils in das Volksschulgesetz einzuderleiben. In der Generalde­batte wurde der Antrag abgelehnt. Die Vorlage

M L-s-frrrcht. M

Leg's dem Leben nicht zur Last, Dünkt sein Wert dich Plunder. Wenn du Märchenaugen hast, Ist die Welt voN Wunder.

Angelas Heirat.

Roman von L. G. Moderig.

(Fortsetzung

A Nachdruck verboten.

Wie merkwürdig das alles ist," sagte Angela leise, und was für ein treues Herz Herr Kästner gehabt haben Muß." Die Tränen traten ihr in die Augen, und sie ver­sank in träumerisches Nachdenken über die leidoolle Ge schichte, die zwischen den Zeilen des Briefes zu lesen war

Ihre Mutter muß eine wunderbare Frau gewesen sein," sagte der Justizrat,um solche Treue in dem Herzen eines Mannes zu erwecken."

Oh, meine Mutter," rief Angela,es gibt überhaupt keine zweite wie sie!"

Und der alte Herr, dem sie ihr erregtes Gesichtchen zuwandte, dachte bei sich, wenn dieser Mädchenknospe Ge­legenheit gegeben würde, sich in der richtigen Umgebung zur Blüte zu entfalten, dann würden auch bei ihr Schön­heiten zutage treten, die jetzt erst angedeutet waren. Die grauen Augen, die so offen zu ihm ausschauten, waren tief und klar, und die Linien der Sorge, die um sie ein­gegraben waren, konnte ein glücklicheres Leben vielleicht wieder wegwischen. Ihre schlanke Figur war graziös und biegsam, Stirn und Mono verrieten Energie und Charakter.

Einzelnen be raren.

st Stuttgart, 16. Jan. Heute vormittag brach im Hause Nr. 14 des Leonhardtsplatzes im zweiten Stock in der Wohnung des Sattlers und Tapezierers Norbert Kläger Feuer aus. In der Wohnung war niemand anwesend als ein Knabe von 3 einhalb Jahren, der noch iin Bette lag. Die in der Man­sarde darüber wohnenden Lvgisherren, ein jüngerer Mann und einer im Alter von 65 Jahreil, wurden aus den Brand aufmerksam. Der erstere kam noch die Treppe hinunter, durch den Qualm auf die Straße; der alte Mann rettete sichl durch das Fenster ans das Dach des Möbelhändlers Wulle im Neben­haus. Nttltter tlnd Vater des Kindes waren gerade abwesend. Der herbeigeeilte Vater drang durch den Rauch in die Wohnimgsräume und rettete mit Hilfe eines Feuerwehrmannes stein Kind, das bereits be­wußtlos war. Die Feuerwache I löschte den Brand. Das Feuer war dadurch entstanden, daß das Kind mi! einem Bett znnahe an den Ofen taut. Das Kind verdankt sein Leben neben der Rettung durch, den Vater dem Umstande, daß es ins Nebenzimmer floh und die Tür hinter sich zuzog.

>! HeMronn, 16. Jan. Im Salzwerk brachte ein Arbeiter den Arm zwischen zwei Kammräder. Der Arm wurde so zermalmt, daß er abgenommen werden mußte.

st Vaihingen a. l§., l 6. Jan. Gestern abend ge gen 5 Uhr fuhren zwei Automobile der Chemischen Färberei W. Büssing-Stuttgart von Pforzheim nach Stuttgart. Hei der Seemächte, an einer scharfen Kurve, wurde der verheiratete Maurer August Git- ünger, der neben dem Chauffeur saß, ans dem Auto mobil geschlendert. Er erlitt einen Schädelbruch, der heute nacht seinen Tod herbeisührte. Gittinger wurde von dem nachfolgenden zweiten Automobil ins Bezirks kranke nhaus verbracht.

^ Crailsheim, 16. Jan. Ein hiesiger Bäcker­lehrling, der im Aitstrag seines Lehrherrn alltäglich eine größere Menge Backwaren in die Bahnhofwirt­schaft bringen mußte, führte neben denk Lieferung-? büchlein seines Meisters auch ein Dgenes, in das er fortgesetzt größere Liefernngsmengen eintrng, als es tatsächlich waren und sich das Geld an der Kaffe ausbezahlen ließ. Auf diese Weise wußte er sich ein reichliches Taschengeld zu Herschaffen, mit dem er in Freundeskreisen herrlich und in Hreuden leben stonn.e. Ein Zufall wollte es nun, daß er letzter 'Tage die beiden Büchlein verwechselte, wodurch der Schwindel ans Tageslicht kam. Der'Wirt soll inner­halb vier Monaten um mehrere hundert Marl ge schädig: worden sein.

-st Wasftralsiugcn, 16. Jan. In der Villa des Ingenieurs Eduard Zeller, die seit Mitte Dezember nicht bewohnt war, wurde ein Einbruch verübt und daraus Gegenstände im Wert von RülO Mk. gestoh­len.

!l Meggen, OA. Wangen, l 6. Jan. fttz löst lieh stumm . Der ledige Bauer König hat ans seines Nachbars Wald einige Tannen niedergehanen und sich angeeignet. Als die Sach-e ruchbar wurde, kam König so außer sich, daß man bis heule kein lautes Wort mehr vvn ihm herausbrachte. Auch der Land­jäger konnte keine Vernehmung vornehmen. Db König simuliert oder ob ihm der schrecken die Zunge gelähmt hat, muß sich noch zeigen.

Sie war sehr blaß und vier magerer als ein Mädchen in ihrem Alter sein sollte, und des Iustizrats kluges, aber etwas strenges Gesicht wurde immer weicher, während er sie anschante.

Ich fürchte," sagte er dann,Sie werden die Be­dingung, unter der Herr Kästner Ihnen das Geld hinter- läßt, noch merkwürdiger finde», als die Gründe, warum er es Ihnen zugedacht hat. Wie Sie wissen, soll das Ver­mögen zwischen Ihnen und seinem Verwandten, Herr» Erich Martens, geteilt werden."

Ja," versetzte Angela rasch,das ersah ich aus Ihrem Brief, aber es war mir ganz unverständlich."

Nun," fuhr der Iusrizrat fort,das hängt mit der Bedingung zusammen, und diese einzige Bedingung, die Sie beide zu erfüllen haben, ist die daß Sie sich und zwar vor dem ersten Ottober dieses Jahres mit­einander verheiraten!"

Angela sprang mit einem leisen Schrei von ihrem Stuhl auf, aber Doktor Grüning sprach unbeirrt weiter:

Wenn einer von Ihnen sich weigert, oder wenn Sic beide sich weigern, der Bedingung nachzukommen, so fällt das ganze Vermögen an die Anstalten, die Herr Kästner in feinem Testament namhaft macht, und weder Sie noch Herr Martens erhalten auch nur einen roten Heller."

Mindestens eine halbe Minute nach dieser Rede des Juristen war das Schweigen, das in dem düsteren Privat­bureau herrschte, ein so tiefes, daß das Fallen einer Stecknadel als aufdringlicher Lärm empfunden worden wäre.

Angela wurde abwechselnd rot und blaß, und ihre weitgeöffneten Augen starrten Doktor Grüning mit geradezu entsetztem Erstaunen an.

Herrn Martens heiraten!" stammelte sie endlich Einen ganz fremden Menschen! Aber das ist ja un möglich! Wie könnte ich so etwas tun? Nein, nein, ba­tst ganz, ganz unmöglich!"

Ich hoffe nicht, ich hoffe, Sie überlegen sich's noch mal und übereilen nichts, liebes kraulen,." meinte be,

Der Doppeßmord im Schönbuch.

st Böblingen, 16. Jan. Wir erhalten über die bereits gemeldeten blutigen Vorkommnisse imSch-ön- buch folgende authentische Darstellung: Gestern früh wurde fm Rößle in Unteraichen ein Einbruch entdeckt. Der Rößlewiri bat einen täglich zur Arbeit vorüber­gehenden Freund, den Maurer Otto Grob aus Stei- nenbronn, den Einbruch in Möhringen anznzeigen. Als Grob in die Nähe feiner Arbeitsstätte kam, sah er seine Möhringer Kameraden einen Mann verfol­gen, der offenbar etwas auf dem Kerbholz hatte. Aus einen Zuruf beteiligte er sich an der Verfolgung, da er annahm, den gesuchten Einbrecher vor sich zu haben. Er war mit einer Baumstütze bewaffnet!- Als er dem Flüchtling auf etwa vier Schritte nahe­gekommen war, schoß dieser ihm eine Revolverkugel in den Magen. Darauf Zlvh er. Grob "starb ans dem Transport ins Stuttgarter Krankenhaus. Er hinterläßt eine Witwe und einen vierjährigen Sohn. Der Mörder war, 'während sich 'Grobs Kameraden um den Schwerverletzten bemühten, im nahen Wald gegen Rohr hin verschwunden. Die Ta! war etwa um dreiviertel 8 Uhr geschehen. Kurz vor 9 Uhr trat der Königl. Forstwart Rees in Rohr seinen gewöhn­lichen Kontrvllgcmg in den Wald an. Er sah einen verdächtigen Menschen vor sich und ging auf ihn. Dieser schoß ihm eine Kugel in die Hüfte. Stützend griff Rees zur Flinte und drückte ab, ohne tref­fen. Der Unhold verschwand wieder im Wald und Rees wurde in ein Stuttgarter Krankenhaus ver­brach!, wo er gestern abend einhalb 5 Uhr gestor­ben ist. Ihn betrauern vier unmündige Kinder und ihre Mutter. Beide Tote sind! hochachtbare Männer gewesen, denen von allen ihren Mitbürgern nur Gutes nachgesagt wird. Die Verfolgung des Mörders, die mit Polizei Hunden ausgenommen wurde, hat noch zu keinem Ergebnis geführt. Die Spur wurde bis kurz vor Böblingen behalten, doch ist der Mörder nicht, wie gestern gerüchtweise ver­lautete, hier verhaftet worden. Ob es sich um den Diensttiiech! Pfrommer als Täter handelt, ist auch noch fraglich, da der Unteraichener Einbruch von raffinierter Ortskenntnis zeigt. Die Kameraden Erobes erklären bloß das eine bestimmt, daß ihnen der Mörder unbekannt fei.

st Stuttgart, 16. Jan. Die Staatsanwaltschaft sucht durch Steckbrief wegen Einbruchs und dop­pelten Mordversuchs den Johann Georg P f r e m in e r von Teiuach, der unter dem Verdacht steht, den Maurer Grob von Steinenbronn und den Forstwart Rees in Rohr durch seine Schüsse töd­lich verletzt zu haben. Wie dasNeue Tagblatt" ersähe', neigt man der Ansicht zu, daß den Einbruch imRößle" in Unteraichen zwei Täter verübt ha­ben, da einer kaum die vier mit Beute beladenen großen schweren Körbe hätte fortschaffen können.

(Von den Gebrüder Pfrommer ans Tei- nach, die die Villa in Liebenzell ausgeraubt haben und im Zusammenhang mit anderen Einbrüchen in letzter Zeit verschiedentlich genannt wurden, ist einer, Gustav Pfrommer, und zwar derjenige, der bekanntlich in Altensteig verhaftet wurde, in Ealw in Haft. Der andere, Joh. Gg. Pfrommer, ist immer noch auf freiem Fuß und ist verdächtig, den Doppel­mord ansgeführr zu haben. D. RS

Iuslizrat freundlich.Ich »laude ja schon, daß Ihnen die Sache augenblicklich als eine schrei! liche Zumutung er­scheint, aber Sie werden sich an den Gedanken gewöhnen, und dann haben Sie vielleicht eine ganz andere Meinuno darüber. Also übereilen Sie nichts!"

Ich wüßte wirklich nicht, wie ich jemals anders dar­über denken sollte," erklärte das Mädchen langsam, während die Farbe in ihrem Gesicht immer noch kam und ging,ec ist ganz unmöglich, daß es mir jemals einsallen könnte Herrn Marlens zu heiraten. Ich habe ihn noch nie gesehen er kennt mich nicht, und ich ihn nicht. Wie könnten wir uns heiraten? Es ist ganz undenkbar!"

Und als sie die letzten Worte sprach, sprang sie auf unt schob ihren Stuhl zurück, als wolle sie damit dein Iustizra zu verstehen geben, die Unterredung sei zu Ende.

Noch einen Augenblick," bat der alte Herr in gütigen Tan, denn er begriff das Erstaunen und die Erregung dc- Mädchens wohl.Noch einen Augenblick! Nichts über­stürzen, mein liebes Fräulein. Wir wollen die Sache ma (ianz in aller Ruhe besprechen, ehe Sie sich endgültig ent schließen, die Bedingung des Testaments anzunehnrer oder zu verwerfen."

Es hat wirklich keinen Zweck, Herr Iustizrat, ich »erde es nie über mich gewinnen können, auf die Be­dingung ' des Herrn Kästner einzugehen," versetzte Angela stolz.Wie könnte ein Mädchen, das nur ein bißchen Selbst, achtung besitzt, sich zu einem solchen Schritt entschließen! Einen Mann heiraten, den man noch nie gesehen! Noch nicht einmal seinen Namen kannte ich, bis ich gestern Ihren Brief erhielt, es ist unerhört, von mir zu verlangen, daß ich ihn heiraten soll. Nein, ich bin arm, Herr Justiz­rat, sehr arm sogar, aber ich gebe mich nicht dazu her, mich zu verknusen."

Wieder stieß sie ihren Stuhl zurück und erhob sich, aber Doktor Grüning beugte sich vor, und indem er feine Hand auf ihren Arm legte, drückte er sie mit sanfter Ge­walt wieder auf ikren Sik.

''M.