Die zuerst vom Gemeinderat für den neuen Forst­wart vorgesehene Wohnung im früher Störr'schen Haus ist zu klein. Professor Beurlen legt infolge seines Wegzugs von hier das Amt des Vor­sitzenden im Aufsichtsrat des Eeorgenäums nieder und dankt den bürgerl. Kollegien in einem Schreiben für das Wohlwollen, das ihm vom Kollegium ent­gegengebracht wurde beim Ausüben seiner ver­schiedenen Tätigkeiten als Vorstand des Eeorgenäums- aufsichtsrats, anläßlich der Umwandlung der Gewerbeschule, und als Vorstand der hiesigen Orts­gruppe des Jungdeutschlandbundes. Der Eemeinderat hinwiederum dankt dem Scheidenden in einem Schreiben. Die Architektenfirma Berz u. Schwede hat ihre Rechnung für Entwerfen von Plänen zur Anlegung eines neuen Kirchhofes bezw. Ausgestaltung des seitherigen eingereicht: 1440 In der Berechnung ist aber für das Projekt eines neuen Friedhofes mehr gefordert als Herr Berz seinerzeit in einer Kollegialsitzung veranschlagte. Seine damalige Aeußerung ist protokollarisch fest­gehalten worden. 500 ^ hat die Firma bereits erhalten; der Eemeinderat beschließt, ihr noch 700 ^ von der Stadtpflege ausbezahlen zu lassen. Der ev. Ortsschulrat hat beschlossen, dieHeimat­kunde vom Oberamt Calw" von Hauptlehrer Mönch einzuführen. Es kommen 110 unterstützungs­bedürftige Kinder in Betracht, für die das Buch beschafft werden muß; die Ausgabe von 55 ^ ist bis zu 40 § gedeckt, 15 bewilligt der Eemeinderat. Dem Buch wird von G.R. Staudenmeyer und E.R. Eg. Wagner warme Anerkennung gezollt. Den Schluß der Sitzung bildete die Beratung verschiedener unwesentlicher Gegenstände.

Württemberg.

Neuenbürg, 19. Sept. Die konservative Partei und der Bund der Landwirte haben für den Bezirk Neuenbürg folgenden Aufruf an ihre Parteifreunde erlaffen: Die Nationalliberalen (Deutsche Partei) haben für das ganze Land mit der Demokratie (Fortschrittliche Volkspartei) ein Wahlbündnis ge­schloffen. Dieses richtet sich in erster Linie gegen uns. Wir sind daher nicht in der Lage, wie bei früheren Landtagswahlen, für den nationalliberalen Kandidaten einzutreten. Wir haben für den Be­zirk Neuenbürg Herrn Altschultheiß Häberlen in Calmbach als Kandidaten aufgestellt und bitten unsere Parteifreunde, für diese Kandidatur kräftig einzutreten.

Tübingen, 19. Sept. Die Ankunft des Königs zum Jagdaufenthalt erfolgte heute. Die Reise von Stuttgart wurde im Automobil zurückgelegt.

Pfullingen, 19. Sept. Am 28. September jährt es sich zum 141. mal, daß hier als eines Vorten- machers Sohn Julius Simon Nördlinger, geboren ist. Er brachte es zum Oberfinanzrat. Die Ein­richtung der Scheiterholzflößerei auf dem Kocher, die Erbohrung des Steinsalzwerks Wilhelmsglück, Bohrungen in den Bädern Wildbad und Tein ach, Einrichtungen der Köhlereien im Ellwanger Forst waren hauptsächlich sein Werk. Er starb am 28. Juni 1860.

Heilbronn, 19. September. Der 31 Jahre alte Speditionsarbeiter Eugen Baumgärtner von Lud­wigshafen betreibt einen Schwindel als Spezialität,

indem er sich als Sohn eines Spediteurs von Lud­wigshafen ausgibt und dann die Möbeltransporteure anpumpt. So hat er im Januar ds. Js. in Bietig­heim einem Möbeltransporteur 150 Mk. abgeschwin­delt, indem er angab, er müsse einen Möbeltrans­port nach Heilbronn bringen, das Geld sei ihm aus­gegangen und er habe schon nach Hause um Geld telephoniert. Als Pfand gab er ein paar alte Schlüssel, die angeblich zu seinem Möbelwagen ge­hörten: Auf gleiche Weise erschwindelte er dann am andern Tage in Heilbronn bei einem Trans­porteur 10 Mk. Unter Einrechnung einer von der Strafkammer Frankental ausgesprochenen Strafe wurde der Schwindler zu 8 Monaten Gefängnis von der hiesigen Strafkammer verurteilt.

Aus Welt und Zeit.

Saarbrücken, 19. Sept. Im Zuge Diedenhofen- Völklingen wurde nachts ein Paffagier überfallen und durch Messerstiche tödlich verletzt. Vor der Station Busendorf wurde die Notbremse gezogen, aus dem haltenden Zuge sprangen drei Männer und ergriffen die Flucht. Einer von ihnen konnte verhaftet werden und es stellte sich heraus, daß es der Bruder des Ermordeten war, den man mit Blut besudelt in einem Abteil des Zuges vorfand.

Landwirtschaft und Märkte.

Der Saatenstand in Württemberg zu Anfang des Monats September 1912. Der August 1912 ist als ein vollständiger Regenmonat zu kennzeichnen. Es gab nur wenige und meist ganz vereinzelte regenfreie Tage. Dabei war die Temperatur in der Regel kühl, bisweilen sehr kühl. Sommerlich warme Tage fielen auf den 4, und 30. August, schöne Tage Tage waren es insgesamt 8. Es ist nicht verwun­derlich, daß bei einer solchen Witterung der Gang des Erntegeschäfts schwer geschädigt wurde und daß die Aeußerungen der Saatenstandsberichterstatter durchweg ungünstig, teilweise beinahe trostlos lau­ten. Das Einbringen der im Juli d. I. noch gut und vielverspechend stehenden Halmfrüchte wurde durch die fortwährenden Niederschläge außerordent­lich erschwert und verzögert. Menge und Beschaffen­heit des Getreides, zumal der Sommerfrüchte Gerste und Haber, hat ganz bedeutend notgelitten und an Wert verloren. Ein großer Teil der Früchte ist aus­gewachsen, da und dort schon stehend auf dem Halm. Sehr viel Getreide wurde in nicht trockenem Zu­stande eingefahren und laust Gefahr, noch in den Scheunen zu verderben. Das Stroh ist minderwer­tig und vielfach als Futterstroh kaum verwendbar, die Gerste für Brauzwecke ist wohl zu brauchen. Die Kartoffeln und die Hülsenfrüchte leiden gleichfalls empfindlich unter der Nässe, erstere werden faul, insbesondere in schweren Böden, letztere kommen nicht recht zur Reife. Oehmd ist zwar reichlich vor­handen, aber es kann nicht gedörrt werden. Die Futterkräuter sind oft überständig und verfaulen auf dem Stock. Die Kleefelder mancher Gegenden wer­den von den Mäusen stark heimgesucht. Ganz un­heilvoll haben die Nässe und der Mangel an Son­nenschein dem Weinstock zugesetzt. An vielen Orten sind die Weinberge der Peronospora, dem Oidium und anderen Krankheiten zum Opfer gefallen und lassen nur sehr schlechte Erträge erwarten. Der

Ihr kennt die alte Rosel?" fragte die Wirtin, erstaunt über den Eifer, womit ihr fremder Gast nach dieser Frau fragte.

Ich? Sie kennen? Nein, erinnert Euch nur, daß ich heute zum erstenmal in diese Gegend komme. Nur der Name Rosel fiel mir auf."

Sagt man bei Euch nicht so? Rosel heißt Ro- sina bei uns, und so nennt man die alte Amme in Lichtenstein. Nun seht, diese hält viel auf mich und kommt hie und da zu mir, dann koche ich ein süßes Weinmüschen, das sie für ihr Leben gerne ißt, und zum Dank vertraut sie mir allerlei Neues. Von ihr habe ich auch, was ich Euch sagte. Der Vater weiß gar nichts von diesen nächtlichen Besuchen, denn er geht schon um 8 Uhr zu Bette. Die Amme schickte das Fräulein jedesmal um 8 Uhr in ihre Kammer. Das fiel nun nach ein paar Tagen der guten Rosel auf. Sie stellte sich, als gehe sie zu Bette, und siehe da, was geschieht? Kaum ist alles ruhig im Schloß, so macht das Fräulein, das sonst keinen Span an­rührt, eigenhändig ein Feuer auf den Herd, kocht und bratet, was sie kann und weiß, holt Wein aus dem Keller, holt Brot aus dem Schrank, und deckt in der Herrenstube den Tisch. Dann schaut sie zum Fenster hinaus in die kalte schwarze Nacht, und richtig, wenn es drüben 11 Uhr schlägt, rasselt die Zugbrücke nie­der, der nächtliche Geselle wird eingelassen, und geht mit dem Fräulein in die Herrenstube. Sie hat auch schon gehorcht, die Rosel, was wohl drinnen vorgehe, aber die eichenen Türen sind gar dick. Dann lugte sie auch einmal durchs Schlüsselloch, sah aber nichts als den Kopf des Fremden."

Nun, und ist er schon alt?" Wie sieht er aus?"

Alt? Wo denket Ihr hin! Die sieht mir auch danach aus, daß sie es mit einem Alten hätte! Jung ist er und schön, wie mir die Rosel sagt. Er hat einen dunkeln Bart um Mund und Kinn, schönes gerolltes Haar auf dem Kopf, und sah recht freundlich und liebreich aus."

Daß ihm der Satan den Bart Haar für Haar auszwicke!" murmelte Georg, und strick» mit der Hand über das Kinn, das noch so ziemlich glatt war. Frau! besinnt Euch, habt Ihr denn dies alles so recht gehört von der Frau Rosel? Hat sie dies alles so gesagt? Machet Ihr nicht noch mehr dazu?"

Gott bewahre mich, daß ich über jemand lästere! Da kennt Ihr mich schlecht, und noch mehr hat sie vermutet und mir ins Ohr geflüstert, was eine ehrliche Frau einem schönen jungen Herrn nicht wieder sagen kann. Und denket Euch, wie recht schlecht das Fräulein ist, sie hat noch einen andern Liebhaber gehabt, und dem ist sie also untreu ge­worden!"

Noch einen?" fragte Georg aufmerksam, denn die Erzählung schien ihm mehr und mehr an Wahr­scheinlichkeit zuzunehmen.

Ja, noch einen. Es soll ein gar schöner, lieber Herr sein, sagte mir die Rosel. Sie war mit dem Fräulein einige Zeit in Tübingen, und da war ein -Herr von von ich glaube, Sturmfittich heißt er der war auf der hohen Schule. Und da lernten sich die beiden Leutchen kennen, und die Amme schwört, es sei nie ein schmuckeres Paar erfunden km ganzen Schwabenland. Sie hat ihn auch ganz schrecklich lieb gehabt, das ist wahr, und sei sehr trau­rig gewesen um ihn, als sie von Tübingen ging.

Pflanzenstand in den Hopfengärten - ist durch Regen und Wind wohl auch geschädigt worden, zeigt aber doch noch fast allerwärts ein gesundes Aussehen. Einen Lichtblick in dem Grau der Herbstaussichten bietet eigentlich nur das Obst. Der Ertrag befriedigt, namentlich bei den Aepfeln beinahe überall, obgleich an den stürmischen Tagen vom 26./27. August große Mengen von Aepfeln und Birnen von den Bäumen vorzeitig abgefallen sind. Der baldige Eintritt war­men, trockenen Wetters ist dringend zu wünschen und könnte München Schaden wieder mildern oder aus- gleichen.

Letzte Nachrichten und Telegramme.

Göppingen, 20. Sept. (Teleph.) Die hiesige Textilarheiteraussperrung führte gestern zu einer Kundgebung auf den Straßen, indem die Ausge­sperrten nach einer vormittags abgehaltenen Ver­sammlung in geschlossenem Zug unter Vorantritt der Arbeiterinnen durch die Straßen der Stadt vor die Fabrik von Butz und Söhne zogen, welche Firma durch den Streik der Rollerinnen und Spulerinnen den Ausgangspunkt der Bewegung bildet. Der Gauleiter des Textilarbeiteroerbandes und der Land­lagsabgeordnete Kinkel befanden sich inmitten des Zuges. Vor der Fabrik hielt ein Arbeiter eine Ansprache, die mit einem dreifachen, lebhaft auf­genommenen Hoch, vermutlich auf den Textilarbeiter­verband, schloß. Der Arbeitgeberverband beab­sichtigt eine Prämie an die Arbeitswilligen aus­zubezahlen. Ausgesperrt sind bis jetzt ungefähr 600 Arbeiter und Arbeiterinnen.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und der A Oelschlnaer'ddou Buchdrucker--'

Gottesdienste.

16. Sonntag nach Trinit., 22. September. Vom Turm: 5 PredigUied: 383, Bei dir Jesu will ich bleiben rc. 9'/» Uhr: Vorm.-Predigt, Dekan R oo s. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. S Uhr: Abendpredigt in der Kirche, Stadt­pfarrer Schmid.

Donnerstag, 26. Sept. 8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereins­haus, Stadtpfarrer Schmid.

Reklameteil.

U« LL709.

Nun ist sie dem armen Jungen untreu geworden, das falsche Herz, und die Amme heult, wenn sie nur an den schönen, treuen Herrn denkt. Er soll noch viel, viel schöner gewesen sein, als der, den sie jetzt hat." '

Frau Wirtin, wie oft lasset Ihr mich denn klopfen, bis ich einen vollen Becher bekomme," rief der fette Herr.,aus der Trinkstube herauf; denn die Frau Wirtin hatte über ihrer Erzählung alles übrige ver­gessen.

Gleich, gleich!" antwortete sie und flog an den Schenktisch hin, den durstigen Herrn mit seiner besse­ren Sorte zu versehen. Und von da ging es zum Kel­ler, und Boden und Küche nahmen sie in Anspruch, so daß deo Gast im Erker gute Weile hatte, einsam über das,'was er gehört hatte, nachzusinnen.

Den Kopf auf die Hand gestützt, saß er da und schaute unverrückt in die Tiefe seines silbernen Bechers. So saß er am Nachmittag; so saß er am Abend. Die Nacht war schon lange eingebrochen, und er saß noch immer so hinter dem runden Tisch im Erker, tot für die Welt umher, nur hin und wieder verriet ein tiefes Seufzen, daß noch Leben u. Emp­findung in ihm sei. Die Wirtin wußte nicht, was sie aus ihm machen sollte. Sie hatte sich wenigstens zehnmal neben ihn gesetzt, hatte versucht, mit ihm zu sprechen, aber er hatte ihr gedankenlos mit star­ren Augen ins Gesicht geschaut und nichts geantwor­tet. Es war ihr ganz angst dabei geworden, denn gerade so hatte sie ihr seliger Mann angestarrt, als er das Zeitliche gesegnete und ihr denGoldenen Hirsch" hinterließ.

(Fortsetzung folgt.)