Gegründet
1877.
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Ausgabe in Alteskeig-Stadt.
Dierr-tag, den 8. Dezember.
Amtsblatt für Pfalzgrafenweller.
LS11.
Dentlchrr Reichs tag.
Amtliches.
Auf Grund der in! November abgetjaltenen zweiten Dienstprüsung ist u. a. zur Versehung von ständigen Lehrstellen an Volksschulen für befähigt erklärt worden: Bo hu et Rudolf aus Besenseld, OA. Freudenstadt.
In das Genojsenschastsregister des Kgl. Amtsgerichts Calw wurde am 1. Dez. bei der Molkereigenossenschaft Breitenberg e. G. m. u. H. eingetragen: Durch Beschluß der Generalversammlungen vom 7. und 21. Oktober 1911 ist die Genoffenschaft aufgelöst worden. Zu Liquidatoren wurden bestellt: der bisherige Vorsteher Greule und der bisherige Rechner Schönhardt in Breitenberg.
Me SftmeWsche Krisis.
In Wien geht der Krach über die Verabschiedung des Generalstabschefs von Hötzendorf weiter: Die Thronfolgerpartei- die einen Krieg gegen Italien vorbereiten will, intriguiert gegen den Auslandsminister Graf Aehrenthal, der an der Dreibundspolitik sesthaiten will. Dazu wird aus Wien der K. Z. geschrieben:
Hötzendorf ist das Haupt einer äußerst rührigen Militärpartei, die publizistisch und agitatorisch den Standpunkt vertritt, OesterreicchUngarn müsse die gegenwärtige politische Lage ausnützen, um 'seinen Vorteil zu suchen. In dieser Partei 7ft der Gedanke einer Revanche an Italien nie erstorben, um Oesterreichs Prestige gegenüber Italien wiederherzustellen. Sie ist aber auch fortwährend unter der Vorstellung, daß Italien nur auf den "Augenblick lauert, um die Ideale der Jrredentisten zu verwirklichen und predigt deshalb, ihm bei der ersten paMnden "Get- legenheil eine Lektion zu erteilen, die es zwingen würde seinen irredenlistischen Träumen ein für allemal zu entsagen. Endlich ist die Militärpartei die Trägerin des Gedankens, die serbische Gefahr je eher je lieber gründlich zu beseitigen und gleichzeitig den Absichten Italiens auf die albanische Küste zuvorzn- kvmmen und dadurch die Adria in ihrem ganzen östlichen Teile zu ausgesprochen' österreich-ungarischem Einflußgebiet zu machen. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß der gegenwärtige Zeitpunkt, in dem sowohl Italien als auch die Türkei gebunden sind, eine ungemein rührige Tätigkeit dieser Partei entfacht hat. Vom ersten Tage des italienisch- türkischen Konflikts an ist sie an der Arbeit gewesen, die österreich-ungarische Politik aus eine Bahn zu drängen, die zu den voll ihr angestrebten Zielen führen könnte. Namentlich ist, seitdem sich gezeigt hat, daß Italien in Tripolis unerwartete Schwierigkeiten findet, ihre Forderung immer dringender geworden, diese Zwangslage Italiens, die Entblößung desselben von Truppen zugunsten Oesterreich- Ungarns auszunutzen. Und die Maßnahmen der Heeresleitung der jüngsten Zeit trugen nicht dazu bei, ihre Agitation einzuschränken, machten im Gegenteil den Eindruck, als entsprängen sie denselben Gedankenreihen. So war eine der ersten Amtshandlungen des neuen Kriegsministers v. Auffen- berg, daß er die südtirolischen Grenzfest,ungen inspirierte, was ein offiziöser Bericht hinterher sofort als eine ganz regelrechte und daher unauffällige Dienstsache hinstellen mußte. Und bald nach dieser Dienstreise des Kriegsmintsters ordnete der Generalstab Truppenverjchiebungen an derselben südtirolischen Grenze an, die eine erhebliche Anhäufung von Truppen gegenüber Italien herbeiführte. Auch in diesem Falle würde alsbald der offiziöse Dementierungsapparat in Betrieb gesetzt, da die Organe der Militärpartei nicht versäumten, sie unter der sensationellsten Aufmachung in die Oefsentlichkeit hinanszuposaunen. Aber diesmal war es kaum möglich, den Eindruck zu verwischen, daß die leitende militärische Stelle der treibende Geist bei diesen
Maßnahmen war. Gras Aehrenthat, der sich die größte Mühe gibt, die Dreibundspolitik auch gegenüber Italien sestzuhalten und Italien in seiner schweren Not auch sichtbare Beweise dafür zu geben, sah sich daher genötigt, eine Reinigung der Atmosphäre herbeizusühren, die mehr und mehr die ganze politische Lage zu umnebeln drohte. Er hat denn auch nicht gezaudert, gleich die Quelle zu verstopfen, aus der dieser gefährliche Nebeldamps immer wieder emporstieg. Die Vorstellungen, die er beim Kaiser über die seine Politik durchkreuzenden und die größten Gefahren für den Frieden in sich bergenden Maßnahmen des Generalstabs erhob, haben den gewünschten Erfolg gehabt. Hötzen- dors erhielt unverzüglich seine Entlassung. Damit erscheint die auswärtige Politik der Monarchie wieder in die alte Bahn zurückgeleitet. Oesterreich-Ungarn gibt dadurch zu erkennen, daß es im gegenwärtigen Zeitpuntt nichts unternehmen will, was den europäischen Frieden bedrohen könnte, und ehrlich an der Politik des Dreibundes, aber auch des sta- tus quv aus dem Balkan festhält, und an dem Aufzucken der Organe der Militärpartei sieht man heute, daß er den Hebel der Herbeiführung dieser politischen Reinigung richtig eingesetzt hat. Ein tüchtiger Generalstabschef ist dadurch von seinem Posten entfernt. Aber die Staarsvernunst verlangte dieses Opfer. Es geht nicht an, daß der Leiter des Generalstabs aus eigen? Faust eine Politik macht, die der Politik des Staates entgegenarbeitet.
In Wien beschäftigen diese Differenzen zwischen dem Grasen Aehrenchal und der Thronfolge-Partei fortgesetzt die politischen Kreise. Es wird jetzt die Auffassung laut, daß das Commnnique des Reichs- Kriegsministeriums, das für Hötzendorf Partei ergriffen hat, den Zweck verfolgen sollte, den Grafen Aehrenthal zur Demission zu zwingen, da er gegen den Urheber des Commnniques eine Genugtuung nicht erlangen kann. Das Ende des Kampfes ist nicht vorauszusehen. In Budapest sind bereits Gerüchte verbreitet, daß Aehrenthal den Kaiser um seine Enthebung vom Amte gebeten habe, daß jedoch die Entscheidung über dieses Ersuchen wegen des türkisch-italienischen Krieges auf einige Monate verschoben worden sein soll.
Der Kaiser selbst ist erkältet und kränklich.
Nachdem der Staat d en größten Teil der Lehrerbesoldungen in den kleineren Gemeinden des Landes ansbringt, hat der Vorstand des Württ. Volksscbul- lehrervereins zum Ausdruck gebracht, daß die gesetzgebenden Körperschaften sich nunmehr auch mit der Frage der Aufhebung der Schulpatronate der S t an d e s he r r e n beschäftigen möchten.
An seinem Widerspruch gegen die Schissahrtsab gaben hält Holland fest. Die holländische Regierung wird sich nach einer Meldung der „Franks. Ztg." durch kein Mittel bewegen lassen, die Schifsahrtsakte. von 1866 auszugeben. Auch jetzt ist es noch der Standpunkt der holländischen Regierung, etwaige Anfragen Deutschlands in dieser Hinsicht an die Rheinschifsahrtskommission zu verweisen, die über jede Aenderung zu beschließen hat. Bis jetzt ist die deutsche Regierung überhaupt noch nicht an die holländische herangetreten.
Auch Oesterreich bleibt ablehnend; im gestrigen Jndnstrierat in Wien, erklärte der Handelsminister unter Zustimmung der Versammlung zur Frage der deutschen Schissahrtsab gaben, daß es der unerschütterliche Entschluß der derzeitigen Regierung sei, in dieser Frage an der ablehnenden Haltung der früheren Regierungen festzuhalten.
Berlin, 4. Dezbr.
Das Gesetz über die Verlängerung der Giltig- keilsdaner des Gesetzes betr. die msilit Lr is che Strafrechtspflege in Krautschau wird in erster und zweiter Lesung ohne Debatte angenommen. Sodann wird der Bericht der BudgetkoM- mijsivu über die Petitionen von Post- und Te l e g r a p h e n b e a m t e n entgegengenommen und durch früher beschlossene Resolutionen für erledigt erklärt. Es folgen sodann die Berichte über 23 Petitionen. Darunter wird eine Petition betr. Festlegung des Ost er sc st es dem Dommissionsantrag entsprechend der Regierung als.Material überwiesen. Eine Petition betr. Ausdehnung der Bestimmungen der Gewerbeordnung auf Gärtnereien wird zur Berücksichtigung überwie- wiesen. Eine Petition des Fis ch ereiverb a n d es von Vorpommern und Rügen um Einführung des Schutzzolles aus frische Fische und Heringe beantragt die Kommission durch- Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen. Es wird Uebergang zur Tagesordnung beschlossen. Eine Petition betr. Nachzahlung verjährter Pensionsbeiträge wird von der Tagesordnung abgesetzt. Die übrigen Petitionen werden nach dem Kommissionsantrag erledigt. Die Rechnungsjachen und die Etatsübersichten werden ohne Debatte erledigt. Es folgt die zweite Beratung des Entwurfs betr. Eisenbahn bauten im o ft afrikanischen Schutzgebiet. Staatssekretär des Reichsschatzamtes Wermuth: In der Budgetkommission ist die Frage gestellt worden, ob die Finanzlage des Reiches eine Mehrauswendung für die Tanganjitabahn gestattet. Ich, sehp mich veranlaßt, darauf zurückzukommen, nicht nur, weil die Zeitnngs-, berichte über unsere in der Kommission abgegebenen Erklärungen sämtlich ungenau waren (Hört! Hört!), sondern auch weil ungünstige Darlegungen über den Etat von 1912 verbreitet worden sind. (Hört! Hört!) Bei Beurteilung dieser Frage dürfen nicht Parteirücksichten, sondern nur allgemeine Rücksichten maßgebend sein. Wir haben ein dringendes Interesse daran, das Vertrauen zu unserer Finanzgebarung nicht beeinträchtigt zu sehen, wo sie begründeten Anspruch daraus hat, als gut angesehen zu werden. (Sehr richtig! rechts und im Zentrums) Ich gestatte mir deshalb, und nur deshalb, zu erklärendaß wir Aussicht haben, die Gesundung der Rei chssin a nze n mehrere Jahre srüher zu erreichen (Lebhaftes Hört! Hört!), als man allseitig vorgesehen hat. (Erneutes lebhaftes Hört! Hört! rechts und bei der Mehrheit- Unruhe und Ruse: Wahlrede! bei den Sozialdemokraten.) Das zeigt sich ganz deutlich schon aus dem Stande der Anleihen. Seit dem Jahre 1909 ist die Reichsanleihe jedes Jahr in Stufen von 50 Millionen herabgegangen (Hört! Hört!h und es darf angenommen werden, daß sie auch im Jahre 1912 von dem gegenwärtig etwa hundert Millionen betragenden Stand wiederum um eine gleiche Stufe herabgestaf- selt wird. (Hört! Hört!) Damit sind wir dem Ziel, das uns gesteckt ist, überaus nahegekommen,i nämlich nur werbende Ausgaben ans Anleihen zw haben. Daneben steht die Kolonialanleihe, die aber bekanntlich nur auf werbenden Ausgaben beruht! Wie man den in dieser Zifsernreihe sich doch zweifellos ausdrückenden Erfolg in sein Gegenteil hat verkehren und wie man hat davon sprechen können, daß der Etat von 1912 nur durch einen neuen Pump balanziert werden könne, ist mir unerklärlich. (Sehr gut! bei der Mehrheit.) 1908 hat man wesentlich höhere Anleihen für die Jahre 1909 bis l912 befürchtet, als nunmehr in die Erscheinung getreten sind. Man dachte dabei auch an die unglückseligen Jahre vorher, da so große Anleihen ausgenommen waren, daß noch Jahre lang eine Last verbleiben mußte, sodatz diese weitere Belastung des außerordentlichen Etats auch auf die Schuldentilgung späterer Jahre wirken mußte. Was die Etats von 1910 und 1911 nicht übrig ließen, haben die Ueberjchüsse nachgehvlt. Mr hätten 1910 einen
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