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Nr. LSZ

Ausgabe in Altensteig-Stadt. s

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Dir Einigung im 14. Wahlkreis.

Die Hoffnung, daß im 14. würtrembergischen Reichstagswahlkreis schließlich doch eine bessere Ein­sicht den Sieg über lokale Einflüsse und Verstim­mungen davontragen werde, ist nunmehr in Erfül­lung gegangen. Nach langen Verhandlungen, nach manchem Mißerfolg ist zwischen den dortigen Libe­ralen die Einigung ans der Grundlage erfolgt, daß die nationalliberale Kandidatur Kehm zurückgezo­gen wird zu Gunsten des volksparteilichen Kandi­daten Rechtsanwalt Dr. Hähnle, eines Sohnes des langjährigen früheren Vertreters für den 14. Wahl­kreis. Dafür verpflichtet fich die Volkspartei, bei den Landtagswahlen in Geislingen und Ulm-Stadt die Nationalliberalen zu unterstützen. Sie kann das umso eher, als der Landtagsabgeordnete für Ulm, Wieland, ein entschieden liberaler Mann ist, der der Volkspartei jedenfalls nahe steht, und als an­dererseits in Geislingen die Nationalliberalen weit stärker vertreten sind als die Volkspartei. Der Zwist zwischen den beiden Parteien hat das dortige Mandat dem Zentrum ausgeliefert, ihr Zusammengehen wird es dem Liberalismus zurückgewinnen. Die Lücke, die das Landesabkommen im l4. Wahlkreis zeigte und die eine der größten Schwächen dieses Abkommens bildete, ist nunmehr geschlossen. Das wird der li­beralen Wahlarbeit im ganzen Land zugutkommen. Das liberale Wahlbündnis wird auch dadurch leine Störung erleiden, daß bei der Landtagsersatzwahl in Crailsheim, die am letzten Mittwoch stattfand, Volkspartei und Nationalliberale eigene Kandida­turen ausgestellt hatten. Hier waren die Verhält­nisse so, daß sie sich diese Kraftprobe gestatten konn­ten. Die Deutsche Partei hatte das dortige Mandat viele Jahre inne gehabt, bis es im Jahre 1899 bei einer Ersatzwahl den Konservativen zufiel und zwar mit Hilfe der Deutschen Partei, die im ersten Mahlgang an dritte Stelle gerückt war und in der Stichwahl für den kürzlich verstorbenen Berroth gegen dessen volksparteilichen Gegner eintrat. Auch diesmal ist das Stimmenverhältnis ähnlich. Wenn im zweiten Wahlgang die Liberalen Zusammenhal­ten, so darf man wohl darauf rechnen, daß das Mandat wieder für den Liberalismus gewonnen wird. ! ;

Sozi aide m okra tis che s.

Während der Liberalismus fester u. fester sich zu­sammenschließt, bietet die Stuttgarter Sozialdemo­kratie das Schauspiel einer gerade in diesem Lager bisher ganz unerhörten Disziplinlosigkeit. Die Geg­ner der Diktatur Westmeyer haben für die bevor­stehende Gemeinderatswahl einen eigenen Wahlvor­schlag ausgestellt, in welchem die Namen Westmeyer und seiner radikalen Gesinnungsgenossen fehlen und dafür die Namen der aus Westmeyers Betriebabge­sagten" Führer Lindemann Tauscher usw. zur Cu- mulierung empfohlen werden. Die Schwäbische Tag­wacht bezeichnet den zweiten sozialdemokratischen Wahlzettel als einen faulen Witz und fordert zur Einmütigkeit aus.

In der vergangenen Woche machte der sozial­demokratische Landtagsabgeordnete Kinkel (Welz­heim) von sich reden. Am Freitag in der vergange­nen Woche fand die Eröffnung der Bahnlinie Ru- dersberg-Welzheim statt, zu der auch, wie üblich, der Abgeordnete Einladung erhalten hatte. Er nahm auch am Festessen in Welzheim teil und in der Presse war erwähnt worden, daß er sich, bei dem Königshoch, das Stadtschultheiß Müller ausbrachte, ebenfalls vom Sitz erhob. Das wäre bekanntlich Pom radikalen Standpunkt aus betrachtet ein Ver­brechen und so hat Kinkel erklärt, daß diese An­gabe falsch sei. Er habe sich, als das Hoch aus den König kam, entfernen wollen und sei deshalb aufgestanden. Als er aber eingesehen habe, daß sein Verschwinden von seinem Platze aus nicht so schnell vor sich gehen könne, sei er wieder hingesessen.

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Ein Rück- und "Ausblick,

Von der Welzheimer Feier ist übrigens noch ein weiteres bemerkenswertes Mo nie nt hervorzuhe­ben, die Rede des Ministerpräsidenten v. Weizsäk- ter, der solche Anlässe gern benützt zu allgemei­nen Rück- und Ausblicken, bei denen auch höhere Gesichtspunkte zu ihrem Recht kommen. Er wies darauf hin, daß unter der segensreichen Regierung des Königs Wilhelm der Bau von Nebenbahnen ganz besonders gefördert worden ist, bei seinem Regie­rungsantritt war nur ein Sechstel der heutigen Ne­benbahnen vorhanden. Aber auch der Verkehr ist seitdem außerordentlich gestiegen. Von 350 Mill. Perjonenkilometern im Jahre 1891 hat er sich auf 1 200 Millionen, von 400 Millionen Tonnen in der Güterbeförderung aus 1000 Millionen erhöht. Das ist ein besonders erfreuliches Zeichen dafür, daß das nötige Geld da ist, weil die Eisenbahn nicht aus Kredit fährt, und ein schlagender Beweis für die glänzende wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes wie von ganz Deutschland. Wird es so bleiben ? Er sage: Ja: man könne mit Ruhe der Zukunft entgegensehen, dank der zielbewußten, eben­so entschlossenen wie besonnenen Politik des deut­schen Reichs.

England und Deutschland,.

Die Berichtswoche hat ein mit Spannung er­wartetes Ereignis gebracht: die Rede des englischen Ministers des Aeußern Sir Edward Greys im Un­terhaus über die deutsch-englischen Beziehungen. Darüber ist ja kein Zweifel, daß die Marokkofrage längst schon viel mehr ein deutsch-englischer als ein deutsch-französischer Haustet geworden ist, daß im Laufe der letzten Monate der Gegensatz zwischen Deutschland und England man tann sagen im Mittelpunkt der Weltpolitik gestanden hat. Wie das gekommen ist, haben wir schon früher auscinan- dergesetzt. Delcassee in seinem blinden Deutschen­haß hatte im Jahre 1904, um die marokkanische Beute so schnell als möglich in Sicherheit zu brin­gen und die spanischen Ansprüche dabei abzufin- den, unter der Bürgschaft Englands, (dem daran lag, Frankreich in Marokko nicht allzumächtig wer­den zu lassen, schon wegen der Durchfahrt durch die Meerenge von Gibraltar einen Geheimvertrag mit Spanien abgeschlossen, der diesem einen wert­vollen französische Blätter sagen den weitaus wertvollsten Teil der Beute überließ. Als nun auch Deutschland mit seinen Ansprüchen hervor­trat, da sah sich England, um die ungünstige Wir­kung, die das Bekanntwerden jenes Vertrags in Frankreich Hervorrufen mußte, äbzuschwächen u. die öffentliche Meinung dort zu beschwichtigen, zur Ein­mischung in die deutsch-französischen Verhandlun­gen veranlaßt, um die deutschen Forderungen zurück- znschrauben. Daß diese Einmischung erfolglos blieb, ist der Festigkeit der deutschen Regierung zu dan­ken, aber mehr als einmal stand es zwischen Deutsch­land und England auf des Messers Schneide, Nach den Enthüllungen, die Herr v, Kiderlen über diese Vorgänge in der Reichstagskommission gemacht und dann auch durch eine amtliche Darlegung an die Oefsentlichkeit gebracht hat, hing für die künftige Gestaltung der deutsch-englischen Beziehungen außer­ordentlich viel davon ab, wie Sir Edward Grey zu jenen Enthüllungen sich stellte. Man muß zu­geben, daß er wenigstens durch seine Rede eine Verschärfung des Konflikts vermieden hat. Mehr aber nicht. Die gegenwärtige englische Regie­rung beharrt ans ihrer seitherigen Stellungnahme Deutschland gegenüber und von ihr darf man zunächst keine freundlichere Stellung uns gegenüber hoffen. So viel aber darf gesagt werden: Wenn in so kri­tischen Augenblicken, wie sie der vergangene Som­mer brachte, -es doch schließlich gelungen ist, den Frieden zu erhalten und zwar unter vollster Wah­rung unserer Würde und unseres Ansehens, so ist das doch ein Beweis für die Stärke derjenigen Strö­mungen, die aus die Erhaltung des Friedens ge­richtet sind, und das darf uns auch mit Vertrauen auf die Zukunft erfüllen, vorausgesetzt allerdings,

daß wir auch für diejenige Stärke unserer Rüstung zu Wasser und zu Land besorgt sind, die die beste Friedens-Bürgschaft bietet. Wenn das der Fall ist, dann haben wir auch keinen Grund, in die Friedens- Versicherungen, mit denen sowohl Sir Edward Grey als auch der Ministerpräsident Asqntth ihre Reden schlossen, Zweifel zu setzen. Es ist ja klar, die schönsten Worte, die eifrigsten Friedensbeteuerungen können nicht über den Gegensatz hinwegtäuschen, der zwischen Deutschland und England tatsächlich besteht und noch lange bestehen wird und der gegeben ist durch den außerordentlichen Aufschwung des deut­schen Reichs, durch den sich England in seiner Stel­lung als erste Handelsmacht der Welt bedroht fühlt. Es werden noch! Jahre hingehen, bis die Ueber- Zeugung, die heute schon einsichtsvolle Männer dies­seits und jenseits des Kanals aussvrechen, allgemei­nere Geltung erhält, die Ueberzeugung nämlich, daß für beide Völker die Erde Raum genug bietet zur Entfaltung ihrer wirtschaftlichen Kräfte!.

Ter italienisch-türkische Kriegs.

Die Italiener haben, nachdem sie erhebliche Ver­stärkungen aus der Heimat erhalten haben, eineu Vorstoß gegen die türkischen Stellungen unternom­men. Sie sind dabei auch erfolgreich gewesen, denn die Türken mußten weichen. Dieser Vorstoß wurde von den Italienern als großer Sieg bezeichnet, der für den ganzen Feldzug entscheidend sein soll. Es stellt sich aber jetzt schon heraus, daß dieser Vorstoß recht harmloser Natur war und von einem gro­ßen Sieg nicht zu sprechen ist. Die italienischen Meldungen vom Kriegsschauplatz zeichnen sich fort­gesetzt dadurch aus, daß sie weit von der Wahr­heit abweichen und deshalb mit größter Vorsicht: anfznnehmen sind. Nach den letzten Nachrichten sollen nach, den italienischen Feststellungen von Tür­ken und Arabern furchtbare Grausamkeiten an Ita­lienern begangen worden sein. Bei dem bereits! erwähnten Vormarsch: sollen entsetzlich verstümmelt^ Leichen von den Italienern gefunden worden sein. Die Italiener hätten mehr Recht als Ankläger auf- zutreten, wenn sie sich nicht selbst durch Grausam­keiten gegen wehrlose Feinde befleckt und - - wenn sie nicht selbst den ganzen Krieg ohne Ursache be­gonnen hätten.

Persien in Rot.

Es macht den Eindruck, als wolle Rußland das gcängstigte und bereits bis zum Aeußersten nachgie­bige Persien nicht mehr zu Atem kommen lassens Die Forderungen des russischen Ultimatums, die nach dem Urteil der unvoreingenommenen Kenner der Dinge unberechtigt waren, sind von der persischen Regierungauf den Rat Englands" angenommen worden. Damit würde nun der Vorwand für eine Besetzung Persiens durch russische Truppen wegfallen.; Des aber ist den russischen Politikern offenbar un­angenehm. und so haben sie an Persien ein neues Ultimatum gestellt, dessen Annahme durch Persien den endgültigen Verzicht auf die Eigenschaften eines souveränen Staates bedeutet. Rußland verlangt nicht weniger als die Absetzung der ihm unbequemen! Finanzräte Morgan Shuster und Lecosfre, von de­nen der eine ein Amerikaner, der andere ein Englän­der ist. Shuster ist der finanzielle Beirat der Zen­tralregierung, der zwar nicht immer behutsam genug vorgegangen ist, sich aber um die Reorganisation der persischen Finanzverwaltung große Verdienste erworben hat. Lecosfre ist der Finanzbeamte, den Schuster nach Täbris geschickt hat, um in die dortige Steuererhebung etwas mehr Ordnung zu bringen. Gegen seine Ernennung hat Rußland wegen sei­ner Nationalität protestiert und die englische Regie­rung hat gleichfalls von der Ernennung abgeraten, um nicht das Mißtrauen Rußlands zu erwecken! Rechtlich aber ist gegen die Ernennung, solange Per­sien nicht ein russischer Vasallenstaat ist, nichts ein­zuwenden, Rußland verlangt ferner eine Verpflicht tung Persiens, daß es in Zukunft Ausländer nur im Einvernehmen mit dem russischen und dem briti­schen Gesandten in Teheran zu Beamten ernennen

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