Bankett, zu dem er den Sängerbund und die Stadtkapelle gewonnen hatte. Durch den Vortrag prächtiger Männerchöre und schöner Musikstücke wurde der Veranstaltung ein schöner Rahmen gegeben. Auf die Begrüßungsansprache des Vorstands des Ellwanger Obstbauvereins, Postsekretär Köberle, dankte der Vorsitzende des Landesvereins, Gemeinderat I. Fischer-Stuttgart für die gastfreundliche Ausnahme im schönen Ellwangen. Am Sonntag vormittag besichtigten die Gäste unter Führung der hiesigen Mitglieder die Brennerei der Obstper- wertungsgenossenschast und hernach die Sammlungen des Geschichts- und Altertumsvereins Ws dem Schloß. Ein gemeinschaftliches Mahl vereinigte dann die Teilnehmer im Gasthaus zum „Goldenen Lamm". Nachmittags fand in der städtischen Turnhalle der 5. Obstbautag statt. Das Lokal selbst zeigte reichen Tannenschmuck, außerdem war eine kleine aber feine Ausstellung von Obstsorten, Obstbaumschädlingen usw. arrangiert. Der Vorsitzende eröffnet« die Tagung mit Worten herzlicher Begrüßung und gab sodann einen Ueberblick über die heurige Obsternte, die in Kirschen sehr gut, etwas geringer bei Zwetschgen, befriedigend bei Birnen und gering bei Aep- feln ausgefallen sei. Der Obstbauverein hat das dritte Tausend aktiver Mitglieder überschritten und zählt 23 000 passive Mitglieder. Als Vertreter der Kreisregierung dankte Regierungsrat Schlaich für die Einladung, im Namen der Stadt und des Obstbauvereins sprach Stadtschultheiß Ettensperger den Dank dafür aus, daß Ellwangen als Tagungsort gewählt wurde. Es folgte sodann ein Dortrag von Garteninspektor Schönberg-Hohenheim über das Umpfropfen der Obstbäume und ein zweiter Vortrag von Bereinssekretär Schaal, in dem dieser die Zuhörer durch mehrere gute und schlechte Obffbaum- güter führte und die Fehler und die eventuelle Abhilfe in leicht verständlicher Weise vor Augen führte. Der erste Vortrag wurde als Druckschrift verteilt. Der Vorsitzende dankte den beiden Rednern für ihre trefflichen Ausführungen und schloß, für die gastliche Aufnahme nochmals herzlich dankend, mit dem Rufe: Auf Wiedersehn' Der Versammlung hatten über 250 Personen angewohnt.
Aus dem Gerichtssaal.
ss Ulm, 9. Okt. Billige Kassenschränke stellte der Hoflieferant M. Frank in Söflingen-Ulm her. Er lieferte der württ. Postverwaltung etwa 20 Stück solcher Schränke, das Stück zu 600 Mark, das ist 100 Mark billiger als die Konkurrenz. Dies konnte er nur, weil er erheblich schwächere Panzerplatten als im Lieferungsvertrag bestimmt war, verwendete, die Panzerung nur an drei Seiten, anstatt an allen sechs ausführte, sie nicht um die Ecken bog und endlich zur Füllung Asche und Torfmull sch.it festes Kieselgur benützte. Das Gericht sah darin einen Betrug und verurteilte den Fabrikanten zu 2 Monaten Gefängnis. Der Staatsanwalt hatte 8 Monate beantragt.
Aus dem Reiche.
* Berlin, 9. Okt. Die hiesige portugiesische Gesandtschaft erhielt von dem Minister des Aeu- ßern aus Lissabon Mitteilung, in der es heißt: Die Ordnung ist im ganzen Lande vollständig he rgesr e llt. Man kann alle revolutionären Ver
suche der Royalisten als gescheitert betrachten. Fast 500 Personen sind verhaftet worden und werden in kurzer Zeit vor Gericht erscheinen. Die Regierung erteilte strenge Anweisung, daß man in der Nähe der spanischen Grenze womöglich keine Kämpfe liefern solle.
st Berlin, 9. Okt. Der Reichsanzeiger veröffentlicht die Ernennung des Staatssekretärs Freih. Zorn von Bulach und der Unterstaatssekretäre Dp. Petri und Köhler zu Bevollmächtigten des Bundesrats.
* Dortmund, 9. Okt. Die Leichen der auf Zeche Fürst Hardenberg infolge Seilbruchs verunglückten neun Bergleute sind bereits geborgen. Am Dienstag nachmittag findet die Beerdigung in einem gemeinsamen Grab statt. Die Kohlenförderung auf der Zeche dürfte am Mittwoch wieder ausgenommen werden.
H Posen, 9. Okt. Die ostdeutsche .Afrijsli stell::::- für Handel und Industrie wurde heute offiziell geschlossen.
Ausländisches.
Marokko. i
st Paris, 9. Okt. Agence Havas erfährt: In der gestrigen Unterredung des Botschafters Cam- bon mit dem Staatssekretär von Kiderlen -Wäch-- ter wurde die Lösung des marokkanischen Teils der Verhandlungen sehr gefördert. Die Besprechungen scheinen einen guten Fortgang zu nehmen.
Ser itilMisch-tSrkische Weg.
* Wien, 9. Okt. Die italienische Regierung ist an das österreichische Ministerium des Auswärtigen mit dem Ersuchen herangetreten, daß die österreichisch-ungarischen Konsularämter in Albanien und Mazedonien autorisiert werden möchten, dort, wo Deutschland keine Vertretung besitzt, für die Zeit des Kriegszustandes subsidiär auch die italienischen Konjnlaraufgaben zu übernehmen. Die österreichisch- ungarischen Konsularämter werden diese Obliegenheiten im Sinne des deutsch-österreichischen Handelsvertrages ausführen, laut dem auch die deutschen Konsularamter überall dort, wo Oesterreich keine Vertretung besitzt, die Interessen der österreichischen Staatsbürger wahrzunehmen verpflichtet sind.
Vom Kriegsschauplatz.
* Koustantinopel, 9. Okt. Die -Blätter melden: Die türkische Garnison von Tripolis unter Oberst Neschat zog sich nach Vehare und Gargaresch zurück, wo sie Verteidigungsstellung einnahm. Eine italienische Kompagnie versuchte bis Vehare vorzurüff- ken, mußte sich aber infolge des Widerstandes der türkischen Truppen znrückziehen. Die einheimisch e B e v ö l k e r u n g n a h m a m K a m p f e t e i l.
* Tripolis, 9. Okt. Der Befehlshaber der gelandeten Truppen Kapitän zur See Cagni ließ eine Veröffentlichung anschlagen, in der die Entwaffnung zwecks Sicherheit der Stadt befohlen wird. Für die Auslieferung der Waffen am ersten Tage werden zehn Francs, am zweiten Tage fünf Francs versprochen: wer am dritten Tage noch im Besitze von Waffen sei, werde hingerichtet.
* Nom, 9. Okt. Nach der Schilderung der „Tribuns" von der Uebergabe von Tripolis wurde das
deutsche Konsulat von mehreren Kanonenschüssen getroffen. Es wurde kein großer Schaden angerichtet, doch wurden vier Araber, die sich in das Konsulat geflüchtet haben, getötet.
ss Rom, 9. Okt. Die Tribuns berichtet über die Beschießung von Tripolis eine Reihe von Einzelheiten. Darnach wurden während der Ausschiffung der Matrosen, die vom Bombardement der italienischen Schiffe begleitet und bei Sonnenuntergang beendet war, längs der Küste weiße Fahnen gehißt. Die Aräberhäuptlinge Limen zu dön italienischen Offizieren und baten um Gnade. Der Bürgermeister von Tripolis, ein Abkömmling der Caramanli, übergab die Stadt dem Kommandanten Cagni. Der Bizevali übergab im Beisein von angesehenen Persönlichkeiten die Bureanx der Regierung. Die Zahl der auf Aufforderung des Schiffskommandanten gegen eine Entschädigung von zwei Megidie abgelieferten Gewehre betrug in wenig Stunden mehr als 2000. Das Blatt meldet weiter, die Araber seien erfreut Mer die Besetzung. Die Zahl der bei der Beschießung in der inneren Stadt Getöteten wird auf neun beziffert. Die Türken haben in der Festung viele Verwundete gehabt, dann seien sie erschreckt ins Innere des Landes geflohen. Nie Araber find dankbar dafür, daß keine Moschee beschädigt worden ist. Während der Nacht beleuchteten die Schiffe mit Scheinwerfern die Stadt und beschossen mit Granaten den Wüstenrand, um die Stadt zu schützen. Gruppen von Räubern bedrohen die Stadt, nähern sich aber nicht den vorgeschobenen Posten. Fünfundzwanzig Türken, die einundzwanzig Maschinengewehre bewachten, wurden gefangen und die Maschinengewehre von den Italienern weggenom- men.
Aus der Türkei.
* Rom, 9. Okt. Wie Agenzia Stefani meldet, hat die türkische Regierung auf Bitten des deutschen Botschafters in Konstantinopel die Massenausweisungen- der Italiener aufgeschoben. Sie wird wahrscheinlich nicht mehr stattfindeu.
Aus Italien.
* Neapel, 9. Okt. Einen Tag wie den heutigen hat Neapel seit d em Einzug Garibaldis nicht gesehen. Das ganze Volk ist auf den Beinen und' wälzt sich mit Musik und Fahnen in dichten Wogen über den Toledo und die Parallelstraßen znm Hafen; jeder vorbeifahrende Offizier wird mit dem Spielen des Königsmarsches begrüßt. Die lärmende Begeisterung übertrtfft alles, was eine italienische Stadt in diesen Tagen gesehen hat. Der König fährt sofort im Bahnwagen zur Seestation, wo er sich ein- fchifst, um dann die abgehenden Schiffe an sich vorbeiziehen zu lassen. Eine eigentliche Parade findet nicht statt.
Handel und Verkehr.
Herbstnachrichten.
* Heilbrona, 9. Oktober. (Stadlkeller.) Die Lese dauert immer noch fort im Trollinger und Weißrießling. Die Verkäufe gehen lebhaft. Preise in rotem Gewächs: 245, 250 und 260 Mk., in weißem Gewächs 230, 235 und 240 Mk. pro drei Hektoliter. Jeden Tag kann Wein gefaßt werden.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk, Altensteig.
Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdrsckerei, L. Lauk, Menst,ig
Seite seiner graichaarigen Amtsbrüder, die ihre Herds mit Milde und gütiger Nachsicht leiten.
Gar viel hatte zu dieser Menschenkenntnis der alte Schäfer Christian beigetragen, den er nicht selten auf feiner Weide aufsuchte.
^ Eines Tages traf er ihn am Waldsaum auf einem gefällten Fichtenstamme sitzend und starr vor sich hinsehend.
„Nun, Christian, was beschäftigt Eure Gedanken denn so lebhaft, daß Ihr mich nicht einmal kommen hörtet?"'
„Ich sehe dem Kriege zu", antwortete der alte Schäfer und blickte kaum aus.
»Dem Kriege?" fragte der Pfarrer verwundert. <
»Sehen Sie da unten nicht das tolle Gewimmel?"
Und damit deutete der Alte mit seinem Stecken auf einen Ameisenhaufen, wo ein Hin- und Hergelaufe war. Der Pfarrer konnte nichts Sonderliches darin entdecken und lachte dem Alten hell ins Gesicht. — »Was Ihr nicht alles seht!"
.Man steht oft das. was Tausende nicht sehen, trotzdem sie daran vorüber müssen. Hunde und Katzen sind de, ihrer Geburt blind, aber werden dann doch sehend: aber der Mensch kommt mit offenen Augen zur Welt und bleibt zeitlebens blind. — Da unten ist Krieg", sagte er nochmals und wies auf den Waldboden.
»Sehen Sie nicht viele Ameisen tot auf dem Boden Legen? Da hier und hier und hier!"
Er zeigte die Stellen und hob sogar eine Ameise empor.
^ war in Wahrheit tot. und als nun der Pfarrer A"wer hinsah. erblickte er wirklich viele leblose Ameisen «n Boden liegen.
eigentümlich^ ^mordete", sagte Christian und lächelte
- »Wenn Sie nun genau beobachten, so körmen Sie
auch die Kämpfenden sehen. Hier diese zwei und aus- dort und dort. — Behalten Sie ein Paar im Auge, so
werden Sie sehen. Saß eine davon rhr Leven auSbaNSM muß. Eine beißt die andere tot."
Der Pfarrer nahm neben dem Schäfer auf dem Fichtenstamme Platz und beobachtete, wie der Alte, die Ameisen zu seinen Füßen.
Sie führten in der Tat Krieg und grausam blutig schien das Ringen.
„Solch ein Ameisenhaufen im füllen Walde ist das Buch der Weltgeschichte", sprach der alte Schäfer, „in dem lese ich. Die gedruckte kann ich nicht buchstabieren, denn ich habe nie eine Schule besucht: aber in dem Buche da unten ist mir jede Seite bekannt."
»Und weshalb führen die Ameisen Krieg?"
»Kampf ums Dasein — Lebensnotwendigkeit! Das ist natürlich, begreiflich, entschuldbar. Der Mensch aber kämpft oft um ein Unding, oft um einen Wahn, den er Ehrgeiz, wohl gar seine Ehre nennt. — Hier gibt es einen interessanten Zweikampf", und damit machte er auf zwei auffallend große Ameisen den Beobachter aufmerksam.
„Wenn die sich packen, dann währt der Kampf sehr kurz oder sehr lang. — Schade — sie lassen voneinander ab. aber bleiben sich doch immer nahe. — Das sind der Kahlbauer und der Lindenhofbauer. Wenn fie könnten, dann liefen sie jetzt aufs Gericht. — Ob es diese löbliche Einrichtung im Ameisenstaate gibt, habe ich zwar noch nicht herausbekommen können. Zu meinem hundertsten Geburtstage schenken sie mir aber vielleicht ihr bürgerliches Gesetzbuch."
Der Pfarrer lächelte über den Scherz des Alten.
»Ja, ja, Herr, so vertreibt sich ein Schäfer die Zeit und namentlich im hohen Alter, wenn die Finger schon zu steif werden, und er nicht mehr stricken kann."
„Da sind wir übrigens bei der alten Geschichte wieder angekommen", fuhr der Alte nach einer kleinen Pause fort.
»Gestern waren fie ja wieder in der Stadt, um sich vor Gericht Beulen und leere Tasckien zu holen. Diesmal
Wb die Jungen die Ursache. Der Fritz vom Kahlbauer
hat sich die Giebelfenster vom Nachbarhose zur Zieb'che be ausgesucht, und dafür hat der Emil vom Lindenhosbauer den Missetäter derart oerdroschen, daß sogar der Arzt kommen mußte. Nun klagen die Alten gegenseitig auf Schadenersatz, und werden beide bezahlen müssen."
„Ja, ja, es ist ein Leidwesen mit den beiden, mit den Alten sowohl wie mit den Jungen!" seufzte dev Pfarrer.
„An dem Emil erlebe ich überhaupt keine Freude^ das ist ein Tunichtgut, der in die Besserungsanstalt gesteckt werden würde, wenn sein Vater nicht der reiche und angesehene Lindenhosbauer wäre. Der Fritz aber ist in der Schule ein tüchtiger, fleißiger und sogar artiger Schüler, um den es wirklich schade ist, daß er in die'sm Hause der Zwietracht aufwächst. Dem ist der Hatz nicht angeboren, sondern anerzogen worden. Wäre der Nachbar- fohn wie er, dann ließe sich vielleicht noch hoffen, daß die Feindschaft der beiden zu Ende geführt werden könnte, aber so . . ."
„Ehe die beiden Familien nicht aussterben, gibt es keinen Frieden auf den beiden Gedösten", entgegnet« Christian, „und auch dann wird er noch nicht einziehen. Ja, wenn zwei von ferne kämen — einer von Norden und der andere von Westen oder auch innige Freunde, sogar Zwillingsbrüder — so würde in der neuen zwenen Generation doch wieder der alte Hader ausbrechen — Was ich immer gesagt habe, dabei bleibe ich auch noch heute: die Feindschaft steckt in den Gehöften."
»Ich möchte es bald selbst glauben, daß auch Häuser ihre Schicksale haben wie Menschen!" sprach der Pfarrer.
Sinnend starrte er zu Boden. — Der Ameisenkrieg »u seinen Füßen war noch nicht beendet. Das Morde« bauerte fort.
ȟberall Feindschaft und Kampf!"
„Das ist eben die Welt. Hörte das auf, dann .-Ire ihr Ende da. und niemand würde mehr geboren."
Fortsetzung folgt.