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838 . ! Ausgabe i« Altensteig-Stadt.
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Die kommenden Reichslagsmahlen
Was die innere Politik in Deutschland anbelangt, so sind die kommenden Reichstagswahlen, man kann wohl sagen, die Angel, um die sich alles dreht. Darum verfolgt man auch den Verlaus der Ersatzwahlen, die da lind dort nach den Bestimmungen der Reichsgesetze noch stattzufinden haben, obgleich die dabei Gewählten kaum oder gar nicht mehr in die Lage kommen, an den Reichstagsverhandlungen noch teilzunehmen, mit so großem Interesse, weil man daraus aus die Hauptwahlen, namentlich auch mit der Stellungnahme der Parteien bei denselben, Schlüsse ziehen kann. Das gibt namentlich der am Ende voriger Woche vollzogenen Stichwahl in Düsseldorf eine Bedeutung, die weit über den Einzelfall hinausreicht. Dort ist der Sozialdemokrat Haberland gewählt worden, weil die Leitung der Nationalliberalen Wahlenthaltung proklamiert hatte. Damit hat das Zentrum einen Sitz verloren, den es im Jahre 1907 in der Stichwahl 'mit einer Mehrheit von mehr als 8000 Stimmen (33 317 gegen 25 233) behauptet habe. Im ersten Wahlgang hatte es damals 29 259, die Sozialdemokratie 25 389, die liberale Vereinigung 14 664 Stimmen erhalten. Diesmal war im ersten Wahlgang das Zentrum auf 29 076 zurückgegangen, die Sozialdemokratie hatte 33 812 Stimmen erhalten, also über 8000 gewonnen. Nun hat in der Stichwahl der Sozialdemokrat 39 264, das Zentrum 3611l Stimmen erhalten. Letzteres ist nicht, einmal von den rechtsstehenden Wählern, die bei der Hauptwahl für einen deutschnationalen Kandidaten gestimmt haben, vollzählig unterstützt worden, die nationalliberalen Wähler aber haben sich, der ausgegebenen Losung folgend, bei der Stichwahl wie schon bei der Hauptwahl der Stimmabgabe enthalten. Zentrum und Konservative sind wütend darüber. Die „Deutsche Reichspost", das Organ unserer Konservativen, spricht von einer „antinalionalen Rache- Politik", ja sogar von einem „nationalen Verbrechen". Beide Parteien setzen es eben als selbstverständliche Pflicht der Nationalliberalen voraus, ihnen gegen die Sozialdemokratie Hilfe zu leisten, während sie es gleichzeitig als ihr selbstverständliches Recht beanspruchen, wenn es ihnen paßt, ein Wahlbündnis mit der Sozialdemokratie zu schließen. Das hat ja, was das Zentrum anlangt, der alte Bebel ausdrücklich festgestellt und der Versuch des Abg. Müller- Fulda, in gewundenen Erklärungen feinen dieser- halb mit Bebel gepflogenen Briefwechsel als harmlos hinzustellen, scheitert an der in der halbamtlichen N. Allg. Ztg. festgestellten Tatsache, daß i. I. 1907 in einer Reihe von Fällen der sozialdemokr. Kandidat nur mit der Stichwahlhilfe das Zentrums gewählt worden ist. In Württemberg aber haben die Konservativen im Jahve 1907, wo die Dinge zwischen ihnen und ,den Liberalen noch ganz anders lagen als heute, im 14. Wahlkreis ebenfalls das „nationale Verbrechen" begangen, Wahlenthaltung zu proklamieren, obgleich sie wohl wußten, daß bei Befolgung dieser Losung der Sozialdemokrat statt der Abg. Storz gewählt worden wäre. Und vor welligen Monaten erst haben unsere Konservativen die Wahl des Abg. Kinkel verschuldet, weil sie im zweiten Wahlgang ihre aussichtslose Kandidatur aufrechthielten, statt für den Liberalen einzutreten. Hätten die Konservativen damals das getan, was sie jetzt von den Nationalliberalen verlangen, so brauchte die „Dtsch. Reichspost" sich nicht so sehr über die allerdings ganz unqnalifizierbare Rede zu entrüsten, welche der durch ihr Verschulden gewählte Herr Kinkel beim Nekrutenabschied an die jungen Leute seines Wohnorts hielt: wenigstens hätte er dabei nicht mit der Autorität eines Landtagsabgeordneten auftreten können — so lange er das nicht war, hat man nie etwas davon gehört, daß er bei solchen Anlässen als „Festredner" auftrat.