* Mailand, 5. Okt. Aus Malta meldet der Corriere" über das Bombardement folgende Einzelheiten: Das Fort über dem Lazarett wurde ganz außer Gefecht gefetzt, ebenso ein anderes, das über dem christlichen Friedhof liegt. Den stärksten Widerstand leistete das Fort auf dem Plateau links vom Eingang des Hafens. Sehr günstigen Eindruck machte es, daß. der italienische Flottenkommandant von der Beschießung der Stadt selbst, um nicht Menschen zu töten, absah. Es verlautet, die Türken hätten sich in die einen Kilometer landeinwärts gelegenen Forts zurückgezogen. Auf vielen Häusern wurden weiße Fahnen aufgezogen, welche die Wächter der Häuser reicher Araber hißten.
st Rom, 5. Okt. Giornale d'Jtalia erfährt aus bester Quelle, daß von den 3 vor Tripolis liegenden Kreuzern viele Matrosen in Tripolis gelandet haben und sich vor den Konsulaten und der christlichen Kirche verteilt haben, wo Pater Rof- setti, 2 Franziskaner, 2 Nonnen sowie 3 Kranke zurückgeblieben waren. Die Matrosen fanden in der Stadt, die verlassen scheint, keinen Widerstand und besetzten unter Führung mehrere Offiziere ein Forts, wo sie einige Leichen fanden.
* Mailand, 5. Okt. Nach Nachrichten aus Malta herrscht unter den Türken in Tripolis große Verwirrung. Ein Teil von ihnen ist geflohen, der größere Teil aber zurückgeblieben. Die telegraphische Verbindung wird in kurzer Frist hergestellt sein. Die in den Moscheen vereinigten Araber beschlossen, jeden Widerstand auszugeben. Während des Bombardements würden zwei türkische Torpedo boote, die mit der Küstenwache betraut waren. in den Grund gebahrt. Eines der türkischen Torpedoboote, die an der Südküste Siziliens gesichtet worden waren, ist von einem italienischen Torpedojäger nach langer Verfolgung vernichtet worden.
Aus der Türkei.
Konstantinopel, 5. Okt. Die Jngrundbohrung 2 türkischer Kanonenboote in Hodeidah macht den übelsten Eindruck. Die Verbindung von hier mit dem Demen ist fast gänzlich abgeschnitten. Die Italiener zerstörten die Boote, um zu verhindern, daß diese an der Küste von Massanah Unheil anstiften. Beide Bote sind erst in der vorigen Woche von englischen Werften geliefert worden.
* Konstantinopel, 5. Oktbr. Die türkische Flotte ist heute vor Konstantinopel vor Anker gegangen. Der Generalissismus untersagte den Zeitungen aufs strengste Veröffentlichungen über die Bewegungen der Flotte. Die „Jeni Gazera" sowie drei kleinere Zeitungen wurden wegen Ausfällen gegen die Regierung suspendiert.
^ Konstantinopel, 5. Okt. Der russische Botschafter hatte gestern nachmittag eine Besprechung mit dem Großwesir, dem er die Antwort Rußlands auf den Appell der Türkei an die Mächte mitteilte. Nunmehr sind die Antworten aller Mächte eingetroffen. Im Ministerium des Aeußern verlautet, daß sie darin gipfeln, daß im jetzigen Augenblick jede Be r- mittelung ausgeschlossen sei, zumal da Italien sich hartnäckig weigere, auf eine Vermittelung vor der Okkupation von Tripolis zu hören.
st Saloniki. 5. Okt. Die Regierung hat dem heftigen Drängen der hiesigen leitenden Kreise, scharfe Maßregeln gegen die Italiener zu ergreifen, bisher nicht nachgegeben. Auf dem hie
englischledernen Holen von ursprünglich brauner Farbe, einem schlichten Kragenhemd aus rohem Lxinen und sinerft dicken Lodenjoppe, die manchen Regeüftiber sich hatte her- . gehen lassen. ''
Kurz und gedrungen war die Gestalt des Kahlbauers. Die Hände waren groß und schwielig, wie die eines Knechtes: auf dem Stiernacken saß aber ein Haupt, das zu denken gab. Der Bauer war erst sechsunddreißig Jahre, aber in das Gesicht schienen schon über fünfzig die Runen geschnitten zu haben. Die Stirn war breit und mittelhoch und wurde von borstigen braunen Haaren umrahmt. Die Nase war platt, der Mund breit und faß lippenlos.
Ein herber Zug ging von den Mundwinkeln nach unten, und wenn der Bauer sprach, sah es aus, als ob das Kinn herauszunehmen wäre, wie bei dem Kaspar im Puppentheater. Strenger aber, als dieser Zug um den Mund war, blickten die dunklen Augen, die von buschigen Brauen beschattet wurden. Für gewöhnlich hatten sie einen starren, unbeweglichen Blick: das zeitmäßig sich wiederholende Auf- und Niederschlagen der Lider, das dem Auge aller Menschen ein mehr oder weniger lebhaftes Aussehen verleiht, konnte man bei dem Kahlbauer nur selten beobachten. Nur die beweglichen Brauen veränderten den Ausdruck der Augen.
Seine Sprechweise war langsam und monoton. Er wrach wenig — nicht mehr, als er unbedingt mußte. — Ein freudenloses Dasein, nur angefüllt mit schwerer Arbeit ui d Sorge um Erhaltung und Vermehrung des ererbten Besitzes, und nur belebt durch Neid und grenzenlosen Haß Segen den Nachbar.
Als der junge Pfarrer jetzt dem Kahlbauer gegen» uberstand, da gewann er sofort die Überzeugung, daß mit diesem Manne kein leichtes Spiel zu wagen war. Die Augen hatten noch nie eine Träne vergossen. —
Das Gespräch, welches der Pfarrer einleitete, drehte Sch um allgemeine Fragen, des TagsG. d. be reden ngMe
figen Markt ist eine Beruhigung eingetreten. Das Komitee fetzt inzwischen feine Bemühungen zur Einschreibung von Freiwilligen und ihre Vorbereitung zum Waffendienst fort.
st Konstantinopel, 5. Okt. Der türkische Botschafter in Wien, Reschid Pascha, hat sich bereit erklärt/ das Ministerium des Aeußern zu übernehmen. Er will sofort Wien verlassen.
* Konstantinopel, 5. Okt. In Panderma tötete die Volksmenge zwei italienische Arbeiter.
Aus Italien.
* Mailand. 5. Okt. In Spezia wurde der Dampfer „Enricihetta" gechartert, um die Einrichtung für die Funkenstationen nach Tripolitanien zu bringen. An der Expedition nach Tripolis werden auch 20 Franziskanermönche, dann auch verschiedene andere Mönche aus anderen Orten teilnehmen, Kapuziner und Monisten, um den Soldaten geistlichen Trost zu spenden.
* Mailand. 5. Okt. Der „Corriera della Sera" schreibt über die politij che Situation, daß die Nachrichten von Friedensverhandlurigen, wie sie sich gegenwärtig präsentieren, keinen Wert hätten. Es fei richtig, daß: die Türkei aus den Schwierigkeiten, in denen sie sich befinde, herauskommen will. Es sei auch richtig, daß sie bei den Großmächten dahin zu wirken suche, daß ihr doch noch ein Rettungsanker geboten werde. Es sei auch andererseits richtig, daß durch die Kriegserklärung durch Italien eine sehr einfache Situation geschaffen worden fei, nämlich, daß die Frage über Tripolis, ob und wie es besetzt werden solle, nicht mehr diskutiert werde.
Allerleü
* Das blutige Schülerdrama in Magdeburg, in dem der 16jährige Obertertianer Walter Koch im Glauben, ungerecht behandelt zu werden, auf seinen Ordinarius Oberlehrer Jsmer schoß und ihn schwer verwundete, und sich dann selber durch einen Schuß in den Mund schwer verletzte, stellt sich mehr und mehr als die Tat eines Geistesgestörten dar. Der junge Koch zeigte schon seit langem Spuren krankhafter Ueberreiznng, an der wohl Ueberarbeitung schuld fein mochte. Oberlehrer Jsmer steht bei seinen Schülern in außerordentlich hohem Ansehen und gilt ihnen sowohl als wohlwollender Freund, wie auch als Führer ihrer sportlichen Betätigung. Allem Anschein nach fühlte sich Koch auf der Schule unbehaglich, wobei die Schuld jedoch nicht aus seiten des Lehrers lag. Von einem Rache- oder Verzweiflungsakt nach der Mode der italienischer: Schüler kann also keine Rede sein. Das Befinden der beiden Schwerverletzten gibt zu Bedenken keinen Anlaß.
8 Verkappte Mädchenhändler. Aus Hannover wird berichtet: Durch eine Unvorsichtigkeit, auf die im Interesse der Allgemeinheit aufmerksam gemacht werden muß, ist im Laufe dieses Sommers eine hannoversche Familie in die bitterste Trauer versetzt worden. (Än Ehepaar mit einer schönen jungen Tochter machte in Wiesbaden die Bekanntschaft einer französischen Familie, ebenfalls aus Mann, Frau und Tochter bestehend, und verkehrte vier Wochen lang täglich mit diesen liebenswürdigen u. distingier- ten Pariser::: die Mädchen schlossen innige Freundschaft-: und am Ende des Badeansenthaltes luden die Pariser die junge Hannoveranerin ans das gast-
er fast ganz allein, denn viel mehr als em Ja over vcem «ar von dem Bauer nicht herauszubekommen.
Schließlich äußerte der Geistliche den Wunsch, den Hos zu sehen, und da zeigte sich bei dem Kahlbauer ein Zug im Gesicht, der für ein zustimmendes Lächeln gelten sollte.
Der Hof war sein höchster Stotz. — In diesem Punkte konnte man mit dem Bauer sympathisieren, den« selbst für den Nichtfachmann war es eine Freude, diese Muster- ««tschaft in Augenschein zu nehmen.
Wenn man zur Hoftür des Wohnhauses hinaustrat. Ingen rechts die Kuhställe. Ein Blick in dieselben ge- nugte, um ein endgültiges Urteil über die ganze Wirtschaft zu fällen. Die Kühe waren gestriegelt und gebürstet wie die Pferde, und das braune Fell glänzte in der Sonne.
Diese sorgsame Pflege des Rindviehes, die man in vielen ländlichen Gegenden gänzlich vermißt, wo nicht selten die Zweihufer von Unflat starren, hatte auch nütz» uche Folgen auf das allgemeine Befinden der Tiere.
Wohlgenährt und vor Gesundheit strotzend standen st« an die Tröge gekettet oder lagen aus reinlichem Stroh. Jede Nns anb erktt wurde vom Stallknecht mit der Mistgabel sofort eMserrtt. Wehe ihm. wem, er es unterließ!
Angren^m» an die Kuhstääe lag der Pferdestaü, in dem die gleiche rmtkrvMtrge Sauberkeit herrschte wie in ersteren. Zwei schwarze Wallache standen darin und drei Stuten. Die ein« hatte An Fohlen, das noch frei herumsprang.
Den Stallungen gegenüber lagen die Scheunen, di« Tenne und der Wagenschuppen, und unter einer Verdachung standen die Ackergeräte. Kein Schmutzfleck war an ihnen zu entdecken, die Pflugscharen waren blank wie ein Rasiermesser. Bon landwirtschaftlichen Maschinen war allerdings nichts zu erblicken. Der Kahlbauer haßte alle Neuerungen, wie seine Vorfahren gelebt und geschafft batten, io wollte auch er tun und bandeln.
freundlichste in ihr Haus ein. Als Ort der Zusammenkunft wurde Hamburg bestimmt, wo die Hannoveraner ihr Töchterchen der franz. Familie übergaben. Fröhlich und erwartungsvoll reiste das junge Mädchen mit ihren liebenswürdigen Wirten ab und sandte bei ihrer Ankunft in Paris eine muntere Karte an die Eltern — und dies war das letzte Lebenszeichen, das die Unglücklichen von ihrer Tochter erhielten. Seither ist die Spur der jungen Dame völlig verlöscht. Die Nachforschungen der verzweifelten Eltern ergaben nichts weiter, als daß eine Familie des Namens, unter dem die Franzosen auftraten, in Paris überhaupt nicht existiert. Es
ist wohl kaum zu bezweifeln, daß das junge Mädchen einer Bande raffinierter Mädchenhändler in die Hände gefallen ist. Offenbar fungierte die „Tochter" des französischen „Ehepaars" als Lockvogels Durch zeitige Erkundigung bei zuverlässigen Büros oder Privatpersonen hätte das Unglück leicht vermieden werden können — eine Warnung für allzu vertrauensselige, - ans chlußbedürftige Badeortbe- f uch er!
Handel und Verkehr.
* Stuttgart, 5. Oktober. Auf dem Großmarkt galten folgende Preise: Zwetschgen 14—16 Pfg., Pfirsiche 10 bis 25 Pfg., Trauben 30—35 Pfg., Aepfel 12—18 Pfg., Birnen 10—22 Pfg., Nüsse 40—50 Pfg., Quitten 20 bis 25 Pfg. per Pfund. — Dem heutigen Kartoffelgroßmarkt waren mehrere hundert Zentner zugeführt. Preis 5—6,20 Mk. per Ztr. — Filderkraut kostete 25—30 Pfg. per Stück.
Is Stuttgart, 5. Okt. (Schlachtviehmarkt.) Zugetrieben 246 Großvieh, 599 Kälber, 958 Schweine.
Erlös aus stz Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, a) ausgemästete von 88 bis 92 Pfg., 2. Qual, b) fleischige und ältere von — bis — Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischige, von 80 bis 82 Pfg., 2 Qualität b) ältere und weniger fleischige von 76 bis 79 Pfg., Stiere uud In ngrinder I.Qual. chausgemästetevon 90 bis 92 Pfg., 2. Qualität d) fleischige von 86 bis 89 Pfg., 3. Qualüät o) geringere von 82 bis 85 Pfg.; Kühe 1. Qual, a) junge gemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität b) ältere gemästete von 60 bis 70 Pfg., 3. Qualität v) geringere von 40 bis 50 Pfg-, Kälber: 1. Qualität r) beste Saugkälber von 96 bis 100 Pfg., 2. Qualität b) gute Saugkälber von 89 bis 95 Pfg., 3- Qualität v) geringere Saugkälber von 81 bis 88 Pfg., Schweine 1. Qual, a) junge fleischige 68 bis 70 Pfg., 2. Qualität b) jüngere fette von 65 bis 67 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 59 bis 61 Pfg.
Herbstuachrichte».
* Hellbraun, 5. Oftober. Die Lese ist überall in vollem Gange. Die Gewichtsgrade bewegen sich von 88 bis 95 Grad nach Oechsle mit 6 bis 8 pro Mille Säure. Käufe von 220—230 Mk. pro 3 Hektoliter. Ende der Woche kann jedenfalls Wein gefaßt werden.
Koukurse.
Gottlieb Kazenmayer, Taglöhner in Dürrmenz-Mühlacker. — Marie Kazenmayer geb. Schmid, Ehefrau des Gottlieb Kazenmayer, Taglöhners in Dürrmenz-Mühlacker. — Nachlaß des am 25. August 1911 verstorbenen Wilhelm Kant, gewes. Straßenwarts in Knittlingen. — Nachlaß der am- 7. Jan. 1911 gestorbenen ledigen Taglöhnerin Christiane Jlg in Horb. — August Weiß, Bauer in Offenau. —
Ner«nt»»rtNchcr Redakteur: L. Lauft MenWL.
Druck u. Verlag der W. Mker'schen Buchdruckerei, L Lau!, Mea4 t .
Mitten auf dem Höfe lag der große Dungplatz, auf' dem sich wohl hundert Hühner Herumtrieben und dorftnach Futter scharrten; mitten drin erhob sich der Taubenschlag, ein achteckiger Holzbau mit geteertem Spitzdach.
Der Brunnen lag am Wohnhanse, und diesem gegenüber zog sich von den: Wagenschuppen zu den Schweineställen eine hohe Mauer hin. Sie bildete das Bollwerk für den feindlichen Nachbar, dessen Anwesen jenseits desselben lag.
Als der junge Pfarrer mit dem Bauer an ihr entlang schritt, sagte erster«: .Da drüben ist der Linden- Hof?" !
.Ja', antwortete der Gefragte.
»Ist das Gehöft auch so mustergültig wie das Eure?'
.Es soll so sein", sagte der Kahlbauer und zertrat einen Mistkäfer, der über den Weg lief.
.Es soll so sein?' wiederholte der Pfarrer und blieb stehen. — .Ja.'
.Wißt Ihr das nicht?' - .Nein.'
.Seid Ihr denn noch nie da drüben gewesen?' —, »Noch nie.'
»Heißt das Nachbarschaft halten, heißt das . . .'
»Hochwürden', unterbrach der Kahlbauer gleich im Anfang die Rede des Pfarrers, die dieser zu halten gedachte, »Sie find unser Pfarrer, und es ist sogar Ihre Pflicht, mich zu belehren und zu ermahnen: aber in die Angelegenheit, die ich mit dein da drüben vorhabe, mischen Sie sich nicht; daran hat noch keiner was geändert, und daran soll auch keiner etwas ändern.'
»Ja, ist denn das christlich gedacht? Ist das denn..'
»Entschuldigen Sie mich — ich muß nach dem Vieh sehen und nach den Leuten', unterbrach ihn der Kahlbauer wieder und diesmal in rauher Weise.
Eiligst schritt er nach den Ställen und ließ den Pfarrer stehen. Dieser schüttelte den Kopf und sah dem Bauer mit betrübtem Herzen nach.
Fortsetzung folgt.