sucht, doch wurde ein größerer Schaden nicht ge­funden. Der 36 Jahre alte verheiratete Arbeiter August Häcker fand, als er in seine in der Bad­straße gelegene Wohnung gehen wollte, die Straße überschwemmt. Er machte einen kleinen Umweg, sprang über eine niedere Mauer, geriet in der Dunkelheit in die Fluten und ertrank. Heute früh wurde die Leiche, nachdem sich das Hochwasser wie­der verlaufen hatte, in der Badstraße aufgefunden. Der Ertunkene hinterläßt eine Frau und vier Kinder.

Mannheim, 10. Sept. Die Hochflutwelle hat uns nun auch erreicht. Der Rhein ist von 5,18 m auf 6,04 m, der Neckar von 5,20 m auf 6,52 m ge­stiegen. Die Fluten des Neckars reichen bis zum Eisenbahndamm und haben weite Strecken des Vor­lands überschwemmt. _

Stadt, Bezirk und Nachbarschaft.

Calw, 11. September 1912.

Das neue evangelische Gesangbuch. Die Aus­gabe des neuen Gesangbuches steht nahe bevor. Mit Noten umfaßt es 800 Seiten, ist auf schönem, wei­ßem und leichtem Papier gedruckt und kostet in ein­fachem, soliden Schuleinband 1.85 -11. Das Format ist ein handliches Taschenformat. Die Ausgabe ohne Noten ist der vorigen völlig gleich, doch um 150 Sei­ten kürzer. Beide Ausgaben sind in einfachen und luxuriösen Einbänden von 2.50 bis 12 -K er­hältlich.

c. Bon der Post. Die Einnahmen aus dem Post-, Telegraphen- und Fernsprechbetrieb im Monat Juli ds. Js. betrugen 2278692,44 .>//, was ein Mehr von 195546,63 bedeutet. Vom 1. April bis letzten Juli d. I. wurden vereinnahmt 9518622,56 Mark, das sind 582484,97 mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Postscheckverkehr. Die Zahl der Postscheckkonto­inhaber ist im Monat August auf 4151 gestiegen, was eine Zunahme gegen den Juli um 36 bedeutet. Das Eesamtguthaben der Kontoinhaber betrug Ende August 7 494 579,58 was einem Abgang von 1449 234,72 in diesem Monat entspricht.

Preußisch-Süddeutsche Klassenlotterie. Bei der Meldung über die Ziehung der Preußisch-Süddeut­schen Klassenlotterie ist die richtige Losnummer, auf die ein Gewinn von 50 000 fiel, 173 628 (nicht 153 628) zu lesen.

Getreidedörren bei nassem Erntewetter. Dieser Tage wurde empfohlen, bei nassem Erntewetter wie dieses Jahr, das Getreide im Backofen oder auf der Malzdörre zu dörren. Diese Art ist bereits versucht worden. Es scheint aber Vorsicht nötig, da sonst das Mehl aus solchem schnell getrockneten Getreide schlecht wird. Ein Landwirt in Sim- mozheim z. V. brachte gedroschenen Dinkel in den Backofen und dörrte ihn, was anscheinend auch ganz gut gelang. Das Mehl wurde auch sehr schön, aber als man davon Brot buck, zeigte sich, daß das Mehl schlecht geworden war. Die schön geratenen Laibe waren innen sämtlich hohl, sie hatten oben und unten eine schöne Kruste, aber das Innere war eine weiche Masse und das Brot war ungenießbar. Andere Landwirte, welche das nasse Getreide auf dem Boden langsam trocknen ließen, bekamen dagegen gut brauchbares Mehl.

Kob. Mutmaßliches Wetter. Das Hochdruck­gebiet hat seinen Kern von Frankreich weiter nach Norden gegen Island zu verlegt, während die De­pression im Nordosten sich von neuem vertieft hat. Die Wetterlage scheint sich etwas gebessert zu haben, doch ist für Donnerstag und Freitag veränderliches Wetter zu erwarten.

Württemberg.

vp. Stuttgart, 10. Sept. Deutscher Pfar­rertag. Nachdem am 9. schon der engere Vor­stand über die Aufhebung der Kommunalsteuerfrei­heit, die Ortsschulinspektion und den weiteren Aus­bau der Rechtsauskunft in geheimer Sitzung beraten hatte, begann heute um 9 Uhr die Abgeordneten- versamml'ung der Vereinigung preußischer Pfarrer­vereine im Neuen Vereinshause. Sie wurde von dem Vorsitzenden Pfarrer Pasche (Dieskau) eröff­net. Es waren durch 43 Abgeordnete mit 82 Stim­men 14 Vereine vertreten. In geschlossener Sitz­ung wurde über die Aufhebung des Privilegs der Kommunalsteuerfreiheit der Kirche und ihre Folgen für die evangelischen Geistlichen verhandelt. Vei der Neuwahl des Vorstandes wurde Pfarrer Pasche (Dieskau) als Vorsitzender wiedergewählt. Ueber die Organisation der kirchlichen Arbeit berichtete Pfarrer Schollmeyer (Eroßwanzer). Den Jahres­bericht erstattete der Vorsitzende Pfarrer Pasche (Dieskau). In demselben wurde u. a. berichtet über Einrichung kirchlicher Bauämter, Zusammenlegung kleiner Pfarrstellen und über die neue Baulast- und Feuerversicherung A.-E.Ecclesia". Seit 2 Uhr mit­tags verhandeln die Vertrauensmänner des Würt- tembergischen Pfarrervereins.

Stuttgart, 10. Sept. Anläßlich des Würzburger Handwerkskammertages wurde seitens der Vertreter der württembergischen Handwerkskammern die Ab­haltung eines württembergischen Handwerkertages angeregt. Dieser Anregung zufolge hat die württ. Handwerkskammerkonferenz beschlossen, im Laufe des Monats November in Stuttgart eine allgemeine württ. Handwerkerversammlung zu veranstalten, in welcher Referate über die wirtschaftliche Lage des Handwerks, die Fortführung der Steuerreform in Württemberg und andere wichtige Handwerkerfragen erstattet werden sollen.

Stuttgart, 10. Sept. Wie dieDeutsche Reichs­post" mitteilt, wird gegen das gestern vom Schöffen­gericht Stuttgart in der Privatbeleidigungsklage des früheren Oberbürgermeisters v. Gauß gegen Chef­redakteur Röder gefällte Urteil Berufung eingelegt werden.

Stuttgart, 10. Sept. Gegen Patentanwalt Schwäbsch findet am 2. Oktober vor der hiesigen Strafkammer Verhandlung wegen unbefugter Titel­führung statt.

Stuttgart, 10. Sept. Eine Versammlung der sozialdemokratischen Malergehilfen befaßte sich mit den Forderungen, die an die Arbeitgeber nach dem Ablauf des Tarifes am 15. Februar 1913 gestellt werden sollen. Die Hauptforderung richtet sich auf die Verkürzung der täglichen Arbeitszeit um eine Stunde und Ärbeitsschluß am Samstag nachmittag 2 Uhr. Alle über die normale Arbeitszeit hinaus­gehenden Wochenstunden sollen mit 25 Prozent Zu­schlag bezahlt werden. Von den Arbeiterführern wurde eine allgemeine Lohnerhöhung von 10 Pfg. in der Stunde vorgeschlagen,' während aus der Mitte der Versammlung nur Aufbesserung von 2 bis 6 Pfg. in der Stunde gewünscht wurde, was jedoch die zahl­reich erschienenen Jugendlichen wenig befriedigte. Ferner wurde verlangt, daß nur mit sozialdemo­kratisch organisierten Gehilfen zusammengearbeitet werden dürfe und ein Arbeiten mit Unorganisierten unter allen Umständen zu vermeiden ist.

Fellbach, 10. Sept. Der lljähriae Sohn des Arbeiters Hanselmann ist am 10. Augst mit 18 M. Krankengeld durchgebrannt, hat sich dann bei Ver­wandten in Tünaental und Großgartach aufae- halten und ist, nachdem er in letzterem Orte 40 M. gestohlen hatte, plötzlich in Hamburg aufgetaucht. Sein Vater holte ihn gestern in Hamburg bei der Polizei ab, was ihn 80 M. kostete. Der Junge ver­brachte die heutige Nacht bei seinen Eltern. Als man ihn heute früh wecken wollte, war er ohne Kopfbedeckung wieder verschwunden. Der bedau­ernswerte Vater ersucht, beim Betreten seines Sohnes ihn sofort zu benachrichtigen oder aber den Burschen der Polizei zu übergeben.

Waiblingen, 10. Sept. Auf dem Bahnhof Winnenden wurde gestern abend der 24 Jahre alte Bahnarbeiter Neumeister von Sechselberg (OA. Backnang) beim Rangieren von einem Wagen über­fahren und ihm beide Füße vom Leibe getrennt. Der Verunglückte ist heute nacht im hiesigen Vezirkskran- kenhaus gestorben.

Spaichingen, 10. Sept. Die Masernepidemie breitet sich unter der Kinderwelt des hiesigen Be­zirks immer mehr aus. Jetzt mußten auch in Den­kingen die Schulen geschlossen werden.

Schwenningen, 10. Sept. Nach einem Beschluß des Gemeinderats werden im nächsten Jahre keine Jahrmärkte mehr abgehalten werden.

Miinsingen, 9. Sept. Infolge des andauern­den schlechten Wetters und der dadurch geschaffenen ungünstigen Aussichten inbezug auf den zweiten Grasschnitt gehen gegenwärtig bei uns die Milch­viehpreise erheblich zurück, weil die Bauern kein Einstellvieh kaufen. Auch die Kälberpreise flauen immer mehr ab, da die Bauern bei den ungewissen Futteraussichten keine Kälber zur Aufzucht anbinden, sondern ihre Kälber dem Metzger geben. Nur Fett­vieh ist nach wie vor gesucht und hält gute Preise. Sollte das Wetter sich nicht bald bessern, so wird man wohl mit einem dauernden Tiefstand der Milchviehpreise rechnen müssen.

Oehringen, 9. Sept. Der Württembergische Weinbauverein hielt gestern hier seine Herbstver­sammlung ab. Aus den Verhandlungen ist zu er­wähnen: Bezüglich der spanischen Weinstuben wurde eine Einschränkung der Konzessionierungen gefor­dert, ebenso eine schärfere Kontrolle an den Ein­fuhrgrenzen, damit keine minderwertige Ware ins Land komme. In einer öffentlichen Versammlung sprachen Oekonomierat Warth, Stadtschultheiß Mey- der von hier (der auch den Vortrag über Oehringens Weinbau an Stelle des erkrankten Verfassers, Rech­nungsrat Schmid, verlas) und Professor Meißner aus Meinsberg. Letzterer empfahl auf Grund von Versuchen in den verschiedensten Gebieten des Landes Anwendung von Nikotinbrühe als vorzüg­lichstes Vekämpfungsmittel gegen Heuwurm. Zum Schluß bemerkte Rentamtmann Aldinger noch, daß im allgemeinen die Weinberge in guter Verfassung seien. Die Trauben seien groß, die Stöcke zeigten

einen reichen Behang. Notwendig sei jetzt eine Trockenperiode, anhaltend sonniges Wetter. Drin­gend warne Redner davor, die Lese zu frühzeitig zu beginnen. Oft führten noch einige schöne, warme Herbsttage eine wesentliche Verbesserung der Quali­tät herbei und damit die Erzielung besserer Preise. In humoristischer Weise äußerte noch Oekonomierat Warth seinen Optimismus, indem er an den Aus­spruch eines alten Weingärtners erinnerte:Der liebe Gott sei ein so guter Koch, daß er auch noch um ^12 Uhr ein gutes Mittagessen anrichten könne."

Aus Welt und Zeit.

Dortmund, 10. Sept. Das Presbyterium der Dortmunder Reinoldigemeinde wurde vom Konsisto­rium aufgefordert, die durch das Ausscheiden des Pfar­rers Traub freigewordene Stelle auszuschreiben. Das Presbyterium wird aber nicht eher in der Sache etwas tun, bis der letzte Schritt, Traub der Ge­meinde zu erhalten, geschehen und die Antwort auf eine an den König gerichtete Eingabe erfolgt ist. Ein aus allen Berufsschichten zusammengesetzter Ausschuß der Gemeinde Traub erläßt einen Aufruf, in dem er um Beiträge zu einem Traubfonds bittet.

Dresden, 10. Sept. Gestern nachmittag ver­starb in Nieder-Lößnitz, im Alter von 64 Jahren, die Schriftstellerin Bertha Behrens, bekannt unter dem Namen W. Heimburg, die namentlich Tau­sende von Anhängerinnen uner der Frauenwelt zählt.

Bern, 9. Sept. Kaiser Wilhelm hat auch für die Armen der Stadt Bern 5000 Frcs. gespendet.

Wien, 10. Sept. Der Korrespondent der Neuen freien Presse in Konstantinopel will von einer ein- geweihten Persönlichkeit erfahren haben, daß die türkisch-italienischen Friedenspräliminarien von den beiderseitigen Unterhändlern am Mittwoch unter­zeichnet worden seien, jedoch bis zur Eröffnung der Session der Kammer geheimgehalten würden. Ohne einen formellen Waffenstillstand verpflichtet sich Italien, weitere Angriffe auf die türkischen Küsten und Inseln einzustellen, wogegen die Türkei die allmähliche Rückkehr der ausgewiesenen Italiener als deutsche Schutzgenossen stillschweigend gestattet. Die militärischen Operationen in Libyen bleiben von dem Abkommen einstweilen unberührt, sollen aber möglichst eingeschränkt werden.

Tokio, 10. Sept. Prinz Heinrich ist an Bord des PanzerkreuzersScharnhorst" in Pokohama eingetroffen und von dem deutschen Botschafter, den Mitgliedern der Botschaft, sowie den zu der Per­son des Prinzen Heinrich attachierten Herren em­pfangen worden, die ihn zum Sonderzug nach Tokio geleiteten. Der Prinz nahm im Kasumi- gaseki - Palast Wohnung. Dort überreichte Fürst Katsura dem Prinzen die Kette des Chrysanthe­mum-Ordens.

Schanghai, 9. Sept. Die Schanghaier Daily News veröffentlicht einen Brief aus Woentschoue, wonach dort ein von Wolkenbrüchen begleiteter Taifun am 29. August ungeheure Ueberschwem- mungen angerichtet hat. Die Stadt Taingtien und zahlreiche andere kleine Städte sollen zerstört sein. Die Zahl der Umgekommenen beläuft sich nach chinesischen Schätzungen auf 4050000.

Gerichtssaal.

Stuttgart, 10. Sept. Einen raffinierten Betrug mit Urkundenfälschung beging die schon häufig und schwer vorbestrafte Kellnerin Elise Pfleger. Sie hatte im Krankenhaus ein Mädchen kennen gelernt, das ihr erzählte, daß sie wohlhabende Eltern habe. Diese erhielten nun eines Tages einen angeblich von ihrer Tochter geschriebenen Brief, in dem unter Schilderung einer Notlage um Geld gebeten wurde. Der Vater schickte daraufhin 100 -K an die in dem Brief angegebene Adresse. Den Brief hatte die Pfleger schreiben lassen. Dem Geldbriefträger gegen­über gab sie sich als die Tochter des Absenders aus und unterschrieb die Postanweisung mit dem Namen des Mädchens. Durch einen zweiten Brief ließen sich die Leute nicht mehr täuschen. Die Strafkam­mer versagte der Angeklagten Pfleger mildernde Umstände und erkannte gegen sie auf ein Jahr Zuchthaus.

Letzte Nachrichten und Telegramme.

Backnang, 11. Sept. (Teleph.) In einer Fa­milie der Ludwigstraße wird ein dreijähriges Kind vermißt. Ob es in dem Hochwasser ertrunken ist, ließ sich noch nicht feststellen.

Sigmaringen, 11. Sept. (Teleph.) Auf dem hiesigen Bahnhof wurde am Montag abend Wei­chenwärter Schlaich von dem 8 Uhr 25 Min. hier eintreffenden badischen Personenzug erfaßt und von der Maschine förmlich in zwei Stücke geschnit­ten. Der Verunglückte hinterläßt eine Witwe und zwei Kinder._

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschlager'schen Buchdruckerei.