Gegründet

1877.

Fernsprecher Nr. 11.

!

Die Tagesausgabe kost t vierteljährlich im Bezirk Nagold und Nachbarortsverkehr Mk. 1.25

außerhalb Mk. 1.35.

Tie Wochenausgabe (Schwarzwälder Sonntagsblatt) kostet vierteljährlich 50 Pfg.

Amtsblatt für

WdMterhalkuMblsN

- -«e

MLZ

Anzeigenpreis

bei einmaliger Ein­rückung 10 Pfg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprech nder Rabatt.

Reklame w Psg. die Textzeile

LMSjeitMs siir die Ammlsdezirde NWld, ImdenstM Md Call». :: M der Woche»-AliMde .Schioarzwälder SMtaMatl.'

s»r

Ausgabe in Altenfteig-Stadt.

Mittwoch, d<« 4 Oktober.

Amtsblatt für Pfal»gr«s»»»etler.

1911

TLgespolitik.

In das Abkominen der Volkspartei und der Deuts chen Partei für die b e v o rste h e n d e n Reichstags wählen in Württemberg ist der Wahlkreis Ulm-Heidenheim nicht einbezvgen worden und Volispartei wie Deutsche Partei haben dort besondere Kandidaten aufgestellt. Wie derSchwä­bische Merkur" mitteilt, hat der nationalliberale Wahlkreisausschuß den Parteivorstand ersucht, mit der volksparteilichen Landesorganisativn wegen einer Einigung über den 14. Wahlkreis noch einmal in Unterhandlungen zu treten. Diesem ^Ersuchen soll von der nationalliberalen Parteileitung entsprochen worden sein. Es handelt sich dabei um den Aus­tausch des Ulmer Wahlkreises gegen den Wahlkreis Böblingen-Vaihingen, der in dem Wahlabkommen den Nationalliberalen zugewiesen war.

* »

Die Königin Witwe Marie von Sizilien vollendet heute ihr 70. Lebensjahr. Aus diesem An­laß sei der Heldin von Gaeta gedacht, die ? sich bei dem Zug der Tausend gegen Sizilien unter Gari­baldi so mutig gezeigt hat. König Franz II. von Sizilien war mit seiner jugendlichen Gemahlin in die Festung Gaeta geflüchtet. Schon zum Ausgang des Jahres 1860 war König Victor Emanuel mit seinen Truppen Garibaldi nach Sizilien gefolgt; aber erst am 13. Februar des nächsten Jahres gelang es ihm, Gaeta zu nehmen und den König Franz nebst Gemahlin zur Niederlegung der sizilianischen Krone und zum Verlassen des Landes zu zwingen. König Franz, ein schwächlicher Mann, der 1894 starb, hätte die Festung ohne Widerstand übergeben Seine Gemahlin aber, eine Prinzessin aus dem baye­rischen' Königshause, erwies sich als mutige Vorkämp - ife in und feue te di: Regierungsiruppen za heroischer Abwehr des Feindes an. Als Heldin von Gaeta wurde die jugendliche Königin damsals von aller Welt gefeiert. Die deutschen Fürstinnen stifteten ihr einen Ehrenschild. Von Gaeta wandte sich «das junge Königspaar, das noch keine volle 2 Jahre die Krone getragen hatte, zu vorübergehendem Aufenthalt nach Rom, das damals noch eine französische Besatzung hatte, und nahm, als die ewige Stadt Hauptstadt des geeinigten Königreichs von Italien geworden war, in Frankreich dauernden Aufenthalt. In sei­ner Villa in einem Pariser Vorort lebte das Paar in stillster Zurückgezogenheit. Der Name der Königin, einer Nichte Ludwig 1. von Bayern, wurde in der großen Oeffentlichkeit erst wieder genannt, als ihre Schwester, die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich am 10. September 1898 in Genf durch den Anarchisten Luccheni ermordet worden war. Und als wenig spä­ter die zweite Schwester, die Herzogin Sophie von Alencon, bei dem Brande des Pariser Wohltätigkeits­bazars in so furchtbarer Weise ums Leben kam, da legte die Königin Trauerkleidung an und ward nie wieder in anderer gesehen. Zum 70. Geburtstag werden der heldenhaften, von so vielem und schwe­rem Leid heimgesuchten Wittelsb.acherin aber die herzlichsten Sympathiebeweise zuteil.

* » *

Nach der Katastrophe derLiberte", des im Hafen von Toulon infolge von Pulver- und .Kesselexplosion total demolierten und gesunkenen französischen Linienschiffes, hat man die französischen Geschwader jetzt einer Prüfung darauf hin unter­zogen, ob die Schiebetüren, die es ermöglichen, feuer­gefährliche Räume der Schiffe sofort unter Wasser zu setzen, funktionieren. Dabei stellte sich auf dem GeschwaderflaggschiffPatrie", also einem Schiff, das eigentlich in seinen Einrichtungen und in seiner Disziplin mustergiltig sein sollte, heraus, daß von 38 Schiebetüren 26 entweder garnicht, oder doch nur sehr mangelhaft funktionierten. Das zeigt wieder, in welchem Zustand sich die französische Marine, befindet, die nach des Marineministers Delcassee Wortenallen Möglichkeiten gewachsen" ist.

Bei dem von Italien in unverantwortlicher Weise vom Zaun gebrochenen Krieg mit der Türkei ist es nicht so schnell zum Treffen gekommen, wie aus den vorausgegangenen eiligen Vorbereitungen der Italiener zu erwarten war. Als Italien vor etwa zehn Tagen die Aktion gegen Tripolis be­gann oder wenigstens sie zuerst in die Oeffentlich­keit hinaustreten ließ, da gedachte es offenbar, seine Absichten auf die türkische Provinz in Nordafrika, ohne durch irgend etwas sich aufhalten zu lassen, Schlag auf Schlag zu verwirklichen. Es hat alle seine Vorbereitungen, die maritimen, die militä­rischen, die diplomatischen in diesem Tempo durch­geführt. Es hat an der albanischen Küste die tür­kischen Torpedoboote eine halbe Stunde nach Ab­lauf des Ultimatums angegriffen. Es hat gleich darauf Stadt und Besatzung von Tripolis zur Ueber- gabe aufgefordert und, wie jetzt gemeldet wird, seine Panzer ailgewiesen, sofort nach der Ablehnung der Uebergabe das Bombardement zu beginne«. Aber es hat dann diesen letzten Befehl gerade noch recht­zeitig widerrufen, und bis heute ist Tripolis nur blockiert, aber noch nicht beschossen worden. Es ist möglich, daß die italienische Kriegsleitung die Be­schießung nun erst kurz vor dem Eintreffen des eigentlichen Landungskorps beginnen lassen will, weil sie glaubt, die Forts und Küstenbefestigungen in sehr kurzer Zeit niederringen zu können, und weil sie dann sogleich mit dem Okkupationsheer zur Stelle sein will. In Italien selbst erklärt man sich dieses Zögern der Kriegsleitung jedoch anders. Man glaubt, die Regierung wünsche jetzt eine Vermitt­lungsaktion und sei unter Umständen bereit, deren Erfolg äbzuwärten, bevor sie zu ernsthafteren Feind­seligkeiten übergehe. Wie dem nun auch ser Je­denfalls wäre zu wünschen gewesen, es hätte sich eine Macht gefunden, die mit allen Mitteln den Versuch gemacht hätte, einen Krieg noch im letzten Augenblick zu verhindern, dessen Folgen gar nicht vorauszusehen sind. Aber diese Macht hat sich bis jetzt nicht gefunden. Italien ist bei seinem uner­hörten Eroberungskrieg vorzüglich geschützt. Mit England und Frankreich hat es sich über Tripolis verständigt und Deutschland, das mit der Türkei befreundet ist, sind die Hände durch das Bündnis mit Italien gebunden. Die meisten Bal­kanstaaten aber können nicht den Augenblick erwar­ten, wo sie selbst über die Türkei, herfallen und sich das gewünschte nehmen können. So ist die Türkei den Italienern ausgeliefert und zum Krieg gezwungen, wenn es das Raubobjekt den Italienern nicht freiwillig herausgibt.

TÄNdesnschrLchlrn.

sj Tübingen, 3. Okt. Aus dem Gerichtsgefängnis ist der wegen Betrügereien inhaftierte Metzgerge- hilse Fleisch, während der Gefangenenwärter das Hoftor zuschloß, entflohen und auch fortgekommen.

st Tübingen, 3. Okt. Bei den hiesigen Neckarkor­rektionsarbeiten und dem Bahnhofumbau sind zahl­reiche. italienische Erdarbeiter beschäftigt. Einige der Leute reisten in die Heimat ab, ohne erst den Gestellungsbefehl abzuwarten. Im übrigen erhielten aber nur wenige der Leute den Gestel­lungsbefehl, nur die vom Jahrgang 1888, die weit­aus meisten Arbeiter sind also noch da und wer­den wohl auch kaum abberufen werden. Ein grö­ßeres Ausscheiden dieser Arbeiter wäre für die Firma Baresel, die die Arbeiten ausführt, eine schwere Beeinträchtigung. Die Arbeiten sollen am 1. November beendet sein. Nächsten Sonntag wird eine wiederholte Probestauung des Neckars vorgenommen, wobei auch die Tngbinenanlage ausprobiert werden soll. In vier Wochen hofft man, das neue Werk in Betrieb setzen zu können.

st Stuttgart, 3. Okt. Am Sonntag, den 1. d. M. fand im Herzog Christoph eine aus allen Tei­len des Landes sehr stark besuchte Ausschuß sit- zung des Bundes der Landwirte statt. In erster Linie wurden die Vorbereitungen zu den kom­

menden Reichstagswahlen besprochen und entspre­chende Beschlüsse gefaßt. Die seitens des Vorstandes gemachten Vorschläge wurden einmütig angenom­men. Bei der Besprechung der gegentvärtigen wirtschaftlichen Lage wurde die fortdauernde Ein­schleppung der Maul-und Klauenseuche durch Schweinetransporte aus dem Norden in unseren Schlachthäusern bemängelt und die Forderung ge­stellt, nur noch geschlachtete Schweine von solchen Gegenden zuzulassen, überhaupt unsere eigene Vieh­haltung gegen diese Einschleppung besser als bis­her zu schützen. Der Ausschuß einigte sich schließlich auf folgende Erklärung:Der Landesausschuß des Bundes der Landwirte in Württemberg macht die Kgl. Staatsregierung auf die eminente Gefahr der Seuchenvcrschleppung aufmerksam, die durch die Einfuhr von Schweinen aus norddeutschen Groß­schweinemästereien, die als gefährliche Seuchenherde anzusehen sind, d deren Wiederausfuhr aus den württembergischen Schlachthäusern entsteht. Er bit­tet dringend, ungesäumt wirksame Maßnahmen zu treffen, die diese Gefahr beseitigt, mindestens müßte verboten werden, solche Schweine wieder aus den Schlachthäusern auszuführen." Diese Resolution soll dem Ministerium des Innern und der K. Zentral­stelle für die Landwirtschaft übermittelt werden.

st Stuttgart, 3. Okt. (Natur - un d Heimat­schutz? Das Ministerium des Innern hat an die staatlichen Behörden des Departements des Innern folgenden Erlaß gerichtet: Der Landesausschuß für Natur- und Heimatschutz hat einen sogenanntenAr­beitsplan" aufgestellt, in dem in gedrängter Kürze seine Ziele und Aufgaben auf naturgeschichtlichem und landwirtschaftlichem Gebiete sowie die Mittel und Wege zur Erfüllung seiner Aufgaben zusam- mengestellt sind. Auch beabsichtigt er, künftig zwang­los wiedcrkehrende Mitteilungen über seine laufende Tätigkeit in den einzelnen Tagesfragen als Ver­öffentlichungenAus dem Arbeitsgebiet des würt­tembergischen Landesausschusses für Natur- und Hei­matschutz" erscheinen zu lassen. Den in Betracht kom­menden Behörden des Departements des Innern werden in nächster Zeit der genannteArbeitsplan" sowie künftig jeweils nach ihrem Erscheinen die er­wähntenMitteilungen" zugehen. Den Behörden wird bei diesem Anlaß unter Hinweis auf die Be­deutung des Schutzes der Naturdenkmäler und der Schönheiten der Heimat die tunlichste Förderung der Bestrebungen des Landesausschusses für Natur- und Heimatschuß empfohlen.

st Stuttgart, 3. Okt. In einem Briefkasten des Hauptpostamtes wurde ein wertvoller Brillantring zwischen den Briefen aufgefunden. Der Verlierer, dem der Ring wahrscheinlich vom Finger gestreift wurde, als er einen Brief in den Kasten steckte, hat sich bis jetzt noch nicht gemeldet.

st Stuttgart, 3. Okt. Vor der Stöckachschule wurde gestern abend ein 75 Jahre alter, anscheinend auf einen Straßenbahnwagen wartender Weingärt­ner von einem mit Obst beladenen Pritschenwagen angefahren und umgeworfen. Er zog sich eine Kopf­verletzung zu, an deren Folgen er während der Verbringung nach dem Katharinenhospital starb. Die Schuld an dem Unglücksfall soll dem Lenker des Fuhrwerks beizumessen sein, da er in zu rascher Gangart gefahren ist.

st Stuttgart, 3. Okt. Die Fahrt des Luftschif­fes Schwaben von Baden-Oos nach Stuttgart mit einer Zwischenlandung auf dem Cannstatter Wasen ist bis zum Eintritt geeigneter Witterung verschoben worden, doch ist nicht ausgeschlossen, daß die Fahrt noch am nächsten Sonntag ausgeführt wird.

st Stuttgart, 3. Okt. Die Strafkammer verur­teilte den Professor Moritz Fünfstück an der Tech­nischen Hochschule wegen Kapitalsteuergefährdung zu dem 8fachen Betrag der verkürzten Steuer mit 1049 Mark für den Staat und 459 Mark für die Ge­meinde und wegen Einkommensteuergefährdung zu dem 8fachen Betrag der verkürzten Steuer mit 12 431 Mark für den Staat und 6131 Mark für die Gemeinde. Die Steuerhinterziehungen erstrecken sich auf eine Reihe von Jahren. Den Strafbeschei-