nenter Gefahr, da die Erregung der Massen sich leicht gegen sie lenken kann. Große Kolonien weisen die Italiener ferner in Salonik, Smyrna und Konstantinopel auf, bloß in diesen drei Städten zusammen 40 000.
Der Untergang der „Liberte".
* Berlin, 26. Seht. Der OberbürgermetMiv sandte an den Vorsitzenden des Pariser Gemeinderats folgende Depesche: „Bei dem schweren Unfall,: welcher die französische Flotte durch Verlust der „Liberte" getroffen hat, spreche ich im 'Namen der Berliner Bevölkerung der Stadt Paris die herzlichste Teilnahme aus."
* Paris, 26. Sept. Die heutigen Morgenblat-- ter widmen ihre Leitartikel natürlich dem Untergang des Panzers „Liberte". Wenn auch politische Meinungsverschiedenheiten vor der Größe dieses nationalen Unglücks zurücktreten, so sind doch alle Blätter darin einig, die Wahrheit über die (Ursache dieser Katastrophe zu verlangen. In der Tat läßt sich jetzt schon erkennen, daß die Untersuchungen über diese Ursache noch lange die Regierung, das Parlament und die öffentliche Meinung beschäftigen werden. Im ersten Augenblick hat man sich im Marineministerium bemüht, die Katastrophe auf äußere Ursachen zurückzuführen. Im Laufe des Abends erhielten jedoch die Zeitungen Telegramme, worin ihre Korrespondenten über Unterredungen mit Marineoffizieren in Toulon berichteten. Es geht daraus hervor, daß das Feuer wahrscheinlich in den Pulverkammern ausgebrochen ist, worin sich die Munition für die kleinkalibrigen Geschütze befand. Man wird auch wohl im Marineministerium selbst heute schon zugestehen müssen, daß die Katastrophe aus die Explosion des Pulvers zurückzuführen ist, daß also die „Liberte" trotz aller seit dem Untergang der „Jena" ergriffenen Maßregeln dasselbe Schicksal erlitten hat wie dieses Kriegsschiff. In Toulon sind gestern natürlich auch manche tendenziöse Gerüchte umgegangen, die sich aber nicht bestätigt haben, wenn sie auch von einzelnen oppositionellen Blättern wiederholt werden. Aus der Tatsache, daß mehrere Explosionen aufeinander erfolgten, wollte man schließen, daß es sich um einen böswilligen Akt von Sabotage handle, und man beschuldigte bereits den Kommandanten des Schiffes, Janres, daß er durch eine zu rücksichtsvolle Behandlung seiner Mannschaften die Disziplinlosigkeit an Bord seines Schiffes großgezogen habe. Ernster als derartige Behauptungen sind die Anklagen gegen das Verhalten der Offiziere f während der Katastrophe. Es scheint, daß die meisten Offiziere die Nacht an Land verbracht hatten, und daß es beim Ausbruch des Brandes an der nötigen Leitung der Rettungsarbeiten fehlte. In jedem Fall ist es versäumt worden, rechtzeitig die Pulverkammern unter Wasser zu setzen, und es ist geradezu unbegreiflich, daß beinahe die gesamte Mannschaft zu Grunde ging, während sie allem Anschein nach sich während der dreiviertel Stunden, die von der Entdeckung des Feuers bis zur letzten Explosion vergingen, hätte retten können. Die Zahl, der Toten der „Liberte" wird in den Morgenblättern auf 350 berechnet/ Außerdem entfallen noch 60 Tote auf die Mannschaften der übrigen Kriegsschiffe. Aber auch diese Ziffern stehen noch nicht fest. Die Teilnahmekundgebun- gen des Auslandes werden von der französischen
Presse mit Genugtuung verzeichnet, insbesondere wird die Herzlichkeit der deutschen Kundgebungen anerkannt.
ss Paris, 26. Sept. Der Marineminister Del- cassee reist heute abend nach Toulon ab. Das Marineministerium beziffert die Zahl der Vou cher Besatzung der Liberte Getöteten und Vermißten auf 204, die der Verwundeten auf 136; außerdem sind infolge der Katastrophe 48 Leute auf .12 anderen Schiffen leicht verletzt worden. i
s s Paris, 26. Sept. Aus ' Toulon wird gemeldet, daß in einem der Hinteren Geschütz türme der „Liberte" ein Matrose ein g es chlos s en ist, an dessen Befreiung gegenwärtig gearbeitet wird. Der Mann erklärte, er fei nur leicht verwundet, in dem Turme befänden sich die Leichen 12 seiner Kameraden, deren Verwesung das Atmen beschwerlich mache. Man konnte dem Mann durch eine kleine Ocffnung Nahrung zuführen. Er jversprach, nach Kräften ausharren zu wollen, bat aber, seine Rettung zu beschleunigen.
ss Toulon, 26. Sept. Angesichts der Ungewißheit über die Ursachen der Katastrophe auf der „Liberte" hat Vizeadmiral Bellue angeordnet, daß die unter seinem Kommando stehenden Schiffe alle vor dem Jahre 1902 hergestellten Puslvervorräte und alle Uebungsmunition unverzüglich ausschiffen sollen. l
Marokko.
* Berlin, 26. Sept. Mas Wsolffsche Bureau meldet: Unseren Informationen nach trägt der gestern abend von Botschafter Cambon überbrachte französische Vertragsentwurf über Marokko im wesentlichen den Wünschen der beiden Regierungen Rechnung, wenn auch in den Einzelheiten noch einige redaktionelle Aenderungen vorzunehmen sein werden.
Allerlei.
* Die Zahl der deutschen Flugzeugführer, die das Patent des Deutschen Luftschifferverbandes aufzuweisen haben, ist auf 116 gestiegen. Die Zahl ist im Verhältnis zu den französischen Piloten ge- rrng, da Frankreich etwa 600 Piloten aufzuweisen hat. Das Patent als Lenkballon-Führer haben in Deutschland bisher l9 Luftschiffer erhalten.
§ Die englischen Stoffe. Eine gute Antwort gab auf die Anpreisung englischer Stoffe durch ein .Herrenmodengeschäst ein Reichstagsabgeordneter, indem er schreibt: „In Ihrer mir übersandten Anpreisungsschrift betonen Sie fast auf jeder Seite mehrmals, daß Sie alle Anzüge aus prima echt englischen Stoffen liefern. Darauf erwidere ich, ergebenst, daß das für mich, keine Empfehlung Ihres Geschäfts ist. Die deutsche Textilindustrie ist vollkommen in der Lage, jeden Anspruch an Herrenanzüge zu erfüllen, und selbst wenn sie in Ein-? zelheiten der englischen noch unterlegen sein sollte, würde ich in Deutschland gefertigte Stoffe vorziehen."
8 Untaten eines Affen. Aus Taschkent wird von den Untaten eines entsprungenen Affen berichtet. Dias Tier war aus der Wohnung seines Besitzers entkommen. Auf der Straße angelangt, griff es Menschen und Hunde an und biß sie blu
det dem es schon verschiedene blutige Köpfe gegeben hatte waren, wie schon öfters, die beiden Brüder Stemmlei gewesen, zwei riesenhafte Schmiedegesellen, die zu unserer vorzüglichsten Arbeitern gehörten, aber unverbesserlich« Trinker und Raufbolde waren. Wiederholt schon wäre« sie durch den Werkmeister verwarnt worden, aber um ihr« Tüchtigkeit willen hatte man immer wieder von ihrer Entlassung abgesehen, weil es in der Tat schwer gewesen wäre, für die von ihnen verrichteten Arbeiten Leute von gleicher Geschicklichkeit und Körperkraft zu finden. Nun aber schien mir das Maß voll zu sein, und da wir leider eben jetzt viele rohe Elemente in unserer Arbeiterschaft hatten, glaubte ich im Interesse der Fabrikdisziplin eia Exempel statuieren zu müssen. Ich kündigte ihnen also ihre sofortige Ablohnung an und befahl ihnen, auf dZr Stelle das Fabrikterrain zu verlassen. Verblüfft starrten mich die beiden rußgeschwärzten Hünen an, die mit einer solchen Möglichkeit nicht gerechnet hatten, und einer von ihnen verstand fich sogar dazu, mich um Rücknahme der Entlassung zu bitten. Aber ich verharrte natürlich bei dem einmal erteilten Befehl und kümmerte mich wenig um die tückischen, haßerfüllten Blicke, mit denen mich die beiden ansahen, während sie widerwillig gehorchten.
Ich hatte durch meine Verfügung nicht eigentlich die mir zustehenden Befugnisse überschritten, aber ich mußte ' es doch für meine Pflicht halten, dem Kommerzienrat von dem Vorfall unverzüglich Mitteilung zu machen, und so begab ich mich von der Schmiedewerkstätte geradeswegs in die Villa. Das Mädchen brachte mir auf meine Anmeldung den Bescheid, der Kommerzienrat sei augenblicklich in Anspruch genommen, er lasse mich aber bitten, im Salon auf ihn zu warten. Der Raum, den ich betrat, war leer, aber die Flügeltür, die ihn mit dem Nebengemach verband, stand weit offen, und mit dem ersten Blick hatte ich gesehen, daß dort Herr Takaoka und Fräulein Martha an einem kleinen Tisch saßen und in die Betrachtung von Bildern vertieft waren, zu denen der Japaner offenbar die nötigen Erläuterungen gab.
Sie mußten meinen Eintritt wohl überhört habe», da sie sich in ihrer Beschäftigung nicht stören ließen, und unter anderen Umständen würde ich es ohne Zweifel für schicklich gehalten haben, sie irgendwie auf meine Anwesenheit aufmerksam zu machen. Hier aber erfaßte mich zum erstenmal in meinem Leben das Verlangen, eine von anderen geführte Unterhaltung zu belauschen. Denn obwohl an und für sich ja gewiß nichts Verfängliches in ihrem Beisammensein war, hatte sich urplötzlich ein Gefühl wilder Eifersucht in meiner Seele geregt. Vergessen war alles, was ich mir bisher über die Unmöglichkeit einer derartigen Verirrung gesagt hatte. Der Japaner erschien mir mit einemmal als ein wirklicher Nebenbuhler, und ich hatte nur noch den einen leidenschaftlichen Wunsch, mir um jeden Preis volle Gewißheit zu verschaffen.
Lautlos verharrte ich auf meinem Platz neben der Tür, und das Herz schlug mir bis zum Halse, als ich Martha sagen hörte:
„Wie schön das alles sein muß — wie wunderschön! Man möchte wahrhaftig die Glücklichen beneiden, di« es mit eigenen Augen sehen dürfen."
Mit ihrem sanftesten Tonfall antwortete die Stimme des Japaners:
„Aber Sie werden es ja sehen, Fräulein Martha! Ich hoffe. Sie werden es bald sehen. Und ich werde glücklich sein. Ihnen alle Herrlichkeiten meines Vaterlandes zu zeigen. Oh, ich bin gewiß. Sie werden lernen, es zu lieben."
Ich konnte Marthas Gesicht nicht beobachten; aber nach dem Klang ihrer leisen Erwiderung wurde es mir nicht schwer, mir die holde, mädchenhafte Befangenheit auszumalen, die ihre Züge jetzt noch hundertmal reizender machen mochte.
„Sie sollen nicht so sprechen, Herr Takaoka," sagte sie. „Sie wissen ja, daß ich nicht daran glaube. Und wenn ich es auch glauben dürfte — ich bin von der Einwilligung meines Oheims abhängig, und ich fürchte, er würde sie nicht geben."
„Er wird sie geben. Vertrauen Sie aus müh. Ich
tig. Schließlich drang der Affe in die Wohnräume der Beamten der Taschkenter Bahn, zertrümmerte dort alles Geschirr, riß alle Kleider und Wäsche, welche er vorfand, in Fetzen und brachte seinem Kinde lebensgefährliche Bißwunden bei. Erst nach Einbruch der Nacht gelang es einer Abteilung Soldaten, die Bestie einzufangen und in Sicherheit zu bringen.
8 Das Ende des schnellsten Motorbootes, Aus
Newyork wird gemeldet: Das berühmteste amerikanische Motorboot der Gegenwart, „Dixie 4", das erst vor kurzem seinem Besitzer Mr. Burnham den goldenen Pokal einbrachte, hat ein trauriges Ende gefunden. Das Boot nahm kürzlich an einem Wettrennen auf dem Niagara-Flusse teil. „Dixie 4" lag wie immer an erster Stelle und fuhr mit voller Geschwindigkeit dem Ziele zu. Plötzlich versagte aus bisher unbekannten Gründen die (Steuerung und „Dixie 4" raste in windender Fahrt direkt auf das Ufer los. In hohem Bogen sprang das Boot nach dem furchtbaren Aufprall auf dem felsigen Gestade aus dem Wasser heraus. Die Metatlteile des Bootes rissen sich aus den Lagern heraus und flogen weit umher. Wie ein Pfeil war „Dixie 4" in die dicht gedrängt am Ufer stehenden Zuschauer hineingeflogen. Einem Knaben wurde von einer abspringenden Messingplatte ein Bein glatt abgeschlagen. Ein anderer Zuschauer wurde von einem Bruchstück schwer am Unterleib verletzt ins Krankenhaus übergeführt. Der Besitzer des Motorbootes, welcher selbst am Steuer saß, wurde bei dem Anprall am Ufer von seinem Sitz in die Wellen heraus ges chleudert. Es gelang aber, ihn vom Tode zu erretten, als die Wellen ihn bereits fortzureißen im Begriff wären. Das berühmte Motorboot hatte einen Wert von 200 000 Mark und ist vollständig verloren.
Handel und Verkehr.
ss St»ttgart, 26. Sept. (Schlachtviehmarkt.) Zugetriebea 288 Großvieh, 247 Kälber, 1240 Schweine.
Erlös aus sis Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, s) ausgemästete von 86 bis 89 Pfg., 2. Qual, b) fleischige und ältere von — bis — Psg.; Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischige, von 76'bis 78 Psg., 2. Qualität b) ältere und weniger fleischige von 72 bis 75 Pfg., Stiere uud Jungrinderl. Qual, a) ausgemästete von 87 bis 90 Psg., 2. Qualität d) fleischige von 82 bis 86 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 77 bis 81 Psg.; Kühe 1. Qual, a) junge gemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität b) älter« gemästete von 58 bis 68 Pfg., 3. Qualität o) geringer« von 38 bis 48 Pfg., Kälber: 1. Qualität a) beste Saugkälber von 100 bis 106 Psg., 2. Qualität b) gute Saugkälber von 94 bis 99 Pfg., 3. Qualität o) geringere Saugkälber von 86 bis 93 Psg., Schweine 1. Qual. ») junge fleischige 67 bis 68 Psg., 2. Qualität b) jüngere fette voo 64 bis 66 Pfg., 3. Qualität )o geringere von 58 bis 60 Pio.
' Le-ertreibrieme«. Namhafte Ledertreibriemenfabrikanten teilen ihren Kunden mit, daß sie ihre Preise um 5 Proz. erhöht haben. Die Erhöhung beginnt sofort. Sie wird mit der fortgesetzt hohen Preislage für Rohhäute und Felle begründet. Ferner wird auf die Gefahr eines empfindlichen Mangels an schweren Häuten für die Riemenlederherstellung hingewiesen.
Bei»nt«srtüchcr Redakteur; L. Lauk, Atenstetg.
Druck u. Verlar der W. Rieker'schen Buchbruckerei, L. Lauk, Alteutzeh.
habe ihm bereits gemacht einige Andeutungen, und ich habe gesehen, daß er nicht war ungehalten darüber."
„Aber wie konnten Sie das tun, ohne daß Sie mich vorher um meine Zustimmung befragt hätten!"
„Weil ich war sicher Ihrer Zustimmung, Fräulein Martha! Sie konnten mir nicht verbergen, was Sie fühlen als ich Ihnen zum erstenmal davon gesprochen. Und Ae sollen ohne Sorge sein. Herr Engelhardt hat mir gesagt daß er mich sehr schätzt, und er wird nicht ein grausamer Oheim sein, wenn ich —"
Ich hörte nichts weiter, denn eine Hand hatte sich auf meine Schulter gelegt, und als ich erschrocken den Kopf wandte, blickte ich in das freundlich lächelnde Gesicht de« Kommerzienrats, der eben, von mir unbemerkt, de« Sato« deirelen Hane. (Fonsetzung folgt.)
8 Guter Rat fürs Haus. Als Goethe einmal in dem Stammbuche seines Enkels blätterte, fand er unter allerlei phrasenreichen und sentimentalen Widmungen auch einen schlichten Beitrag seines Freundes Zeller. Er enthielt nur den lakonischen Rat: „Lerne gehorchen!" Da meinte der greise Dichter: „Das ist das einzige vernünftige in dem ganzen Wust." An diesem Ausspruch Goethes gemessen, erscheint unsre Zeir als eine recht unvernünftige. Denn vielen unsrer Ellern will das Gehorchenlehren durchaus nicht gelingen. Die Klagen über wachsende Unbotmäßigkeit und Verwilderung der Jugend nehmen kein Ende. Ich habe mir, so schreibt Dr. H. Weimer, ein bekannter Vorkämpfer auf sozial-pädagog. Gebiet, Dutzende von Zeitungsartikeln vermerkt, in denen Lehrer, Aerzte, Geistliche, Richter, Tagesschriftsteller und mancherlei Privatleute diesen Mißstand rügen. „Lerne gehorchen! Dieses Melto," rufen die Verständigen, „mußwieder mehr Eingang bei uns finden." Ein sehr hausbackener Rat, den aber zu wiederholen heute durchaus nicht überflüssig ist.