Fernsprecher Nr. 11.
Gegründet 1877.
Anzeigenpreis
bei einmaliger Einrückung 10 Pfg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechender Rabatt
^ W-A W-d M, vjM
lg.Maöt.
M-MterhaltungsblLK
Amtsblatt für
KV«» »k?
Die Tagesausgabe MM kostet vierteljährlich rm Bezirk Nagold und Nachbarortsverkeh Mk. 1.LS
außerh alb Mk . 1.35. ^ '
Die Wochenausgabe ^ (Schwarzwälder M Sonntagsblatt) kostet vierteljährlich 50 Pfg.
Reklame 15 Pfg. die Textzeile
Meszeilnkg sür die Sber«sdezirke MM, NeidenftM md CM. :: Mil der Wochen-AiWde „Schwarzwülder SonntaMiM.'
Nr. sr«
Ansgabe in Alteasteig-Stadt.
Mittwoch, de» 27. «eptember.
Amtsblatt fSr Pfalrgrasenmeiler.
1911.
Amtliches.
Uebertragen wurde je eine ständige Lehrstelle an der Mittelschule in Calw dem Mittelschullehrer Beutelin Nürtingen, an der Voltsschule in Calw dem Hauptlehrer Pfrommer in Fünfbronn, Bez. Altensteig-Dorf (Nagold).
Tripolis.
Der arme Friede hat es Heuer nicht gut. Es wird ihm zugesetzt, ein Kriegsspektakel folgt dem anderen. Und wer will sagen, welche späteren Ansprüche noch laut werden, wenn die Forderung Italiens nach einer Okkupation der türkischen Provinz Tripolis in Nord-Afrika erledigt ist? Ebenso gut können auch die Balkanstaaten von der Türkei Gebietsabtretungen verlangen, denn der Vorwand eines Machtausgleiches kann schließlich von jedem erhoben werden. Die Regierung in Rom will Tripolis, weil Frankreich sich Marokko nahm, einen anderen Grund hat sie nicht. Deutschland kann nichts sagen, wenn sein Bundesgenosse Italien eine Erweiterung seiner Machtstellung für nötig erachtet, aber dem Frieden wird mit einer solchen Politik wahrlich nicht gedient.
Tripolis ist die einzige Provinz, die in Afrika noch zur Türkei gehört, seitdem Aegypten von den Engländern, Tunis und Algerien von den Franzosen besetzt worden sind. Daß die Regierung des Sultans dies rein muhamedanische Land nicht herausgeben will, kann man ihr nicht verdenken, sie würde sich bei allen Muselmännern auf das schwerste schädigen. Der wirtschaftliche Wert von Tripolis ist heute noch nicht groß, es muß erst etwas daraus gemacht tperden, Das weite, zu einem starken Teil wüste Gebiet von rund 892 000 Ouadratkilometer hat noch nicht anderthalb Millionen Einwohner, die Industrie (Seidenstoff- und Teppichfabrikation) ist nicht bedeutend, und der Handel mit einheimischen Produkten hat sich erst in letzter Zeit besser entwickelt. Die Bewohner sind eifrige Verehrer Muhameds, die durch den türkischen Generalgouverneur sich nur wenig in ihrer Selbständigkeit beschränken lassen, fanatisch und wenig gut auf die Europäer zu sprechen. Forschungsreisende haben im Lande schon mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Die Einwohner setzen sich aus Mauren, Beduinen und Berbern zusammen. Die Verhältnisse sind noch ganz orientalisch, von europäischer Kultur ist kaum etwas zu erkennen. Die Italiener werden also dort schwere Arbeit haben, und der durch die Okkupation erreichte Machtzuwachs müßte teuer bezahlt werden. Allzuviel Glück hatten die Italiener mit ihrer Kolonialpolitik in Afrika nicht; ihre Bemühungen, Abessy nien zu einem Vasallenstaat zu machen, mißlangen nicht nur, der italienische General Baratieri holte sich bei Adua auch eine schwere Niederlage von dem König Menelik.
Die Provinz Tripolis hat im Laufe der Jahrhunderte ebenso, wie dieser ganze, auch die Berberei genannte Teil von Nordafrika, eine Reihe von verschiedenen Herren gehabt. Von den Karthagern er oberten die Römer das Land; als das römische Reich geteilt wurde, kam Tripolis zu Ostrom. In der Völkerwanderung war es die Beute der Germanen (Vandalen), von denen es der byzantinische Feldherr Belisar zurückgewann. Im siebenten Jahrhundert errichteten die muhamedanischen Araber hier ihre Herrschaft, mit denen die bis dahin christliche Bevölkerung allmählich verschmolz. Als sich im fünfzehnten Jahrhundert in Nordafrika die Seeräuberei stark entwickelte, besetzten die .Spanier die Küste, verloren sie aber 1551 an die Türken. Die Bevölkerung verwilderte seitdem, der Seeraub ward übermächtig. Erst im vorigen Jahrhundert wurde dieser unterdrückt, und 1835 Tripolis mit einer geordneten türkischen Verwaltung bedacht, während Algerien und später auch Tunis von den Franzosen erobert wurden. Aus den früheren blutigen Zeiten hat sich in der Bevölkerung viel kriegerische Tap- serkeit erhalten, die schwer zu dämpfen sein wird.
Die Türkei hat in den letzten vierzig Jahren so viel von ihrem Besitz verloren, daß es begreiflich ist, daß sie nicht mehr missen will. Nach dem Kriege mit Rußland 1877/1878 wurden Rumänien und Serbien, die bis dahin Vasallenstaaten des Sultans gewesen waren, in erweitertem Umfange unabhängige Staaten, das Fürstentum Bulgarien ward errichtet, das heute ebenfalls ein selbständiges Königreich ist. England erhielt die Insel Zypern und nahm sich Aegypten, Griechenland und Montenegro erhielten Landabtretungen, Frankreich besetzte Tunis, Rußland bekam kleinasiatische Gebiete, Bosnien und die Herzegowina sind Oesterreich-Ungarn einverleibt. Werden noch weitere Stücke vom türkischen Reiche abgerissen, ist das Ende nicht mehr sern. Diese Aussicht und das seit der Entthronung des Sultans Abdul Hamid neu entfachte Selbständigkeitsgefühl der Türken machen ihren erbitterten Widerstand erklärlich und lassen die Lage als ernst erscheinen.
Die türkische Armee ist recht gut, das haben die Russen in den wiederholten schweren Niederlagen von Plewna erfahren, und man muß sich hüten, den Ausgang eines etwaigen Krieges Voraussagen zu wollen. Die Flotte ist der modernen italienischen Marine nicht gewachsen, erst im letzten Jahre hat man von Konstantinopel aus verschiedene schwere Schlachtschiffe, darunter bekanntlich auch zwei deutsche angekauft. Die Italiener beherrschen in diesem Streit also das Meer und können türkische Aktionen auf demselben wirksam verhindern. Hingegen kann zu Lande auch die türkische Bevölkerung dem italienischen, im Orient weit verbreiteten Handel den allerschwersten Schaden zufügen, und darum ist es doch wohl geraten, über das „Unternehmen Tripolis" einen recht genauen und sorgsamen Kostenanschlag aufzustellen.
Tagespolitik.
Für Vermehr-ung unserer Panzerkreuzer ist Großadmiral v. Koester, der Präsident des deutschen Flottenvereins, eingetreten, und unter lebhaftem Beifall aller Anwesenden hat er aus der Kasseler Tagung des kurhessischen Provinzverbandes des Flottenvereins an die Reichsregierung die Frage gerichtet, ob sie angesichts der seit Wochen im Reiche herrschenden tiefgehenden Besorgnis um die Unabhängigkeit unserer Nation bei dem Bauprogramm verharren wolle, das seines Erachtens diese Selbständigkeit zu sichern nicht imstande ist. Ein Panzerkreuzer jährlich mehr soll über das bestehende Flottenprogramm hinaus gebaut werden. Diese Forderung aus dem Munde des verdienstvollen Großadmirals v. Köster überrascht nicht, sie ist auf den einzelnen Provinzial Tagungen des Flottenvereins und in Lokalvereinen in letzter Zeit schon öfters ausgesprochen worden. Sehr wahrscheinlich wird bald ein den Forderungen des Flottenvereins entsprechender Antrag der Reichsregierung vorgelegt werden. Ob diese aber zu einer Revision und Neuaufstellung des Flottenprogramms kommen wird, muß bezweifelt werden.
*
Anläßlich der Düsseldorfer Wahl ist ein eigentümlicher Streit zwischen Zentrum und Sozialdemokratie wegen des Wahlbündnisses von 1907 ausgebrochen. Jede Partei behauptet, die andere habe ihr damals ein Bündnis angetragen. Der Zentrumsabgeordnete Bell hatte Kenntnis von einem Briefe gegeben, den Bebel 1907 im Einverständnis Singers an den Abg. Müller-Fulda für die Leitung des Zentrums geschrieben habe. Hierauf hatte der „Vorwärts" namens des Parteivorstandes erklärt, Haß der vom Zentrumsabg. Bell erwähnte Brief Bebels lediglich eine Antwort gewesen sei auf ein vertrauliches Schreiben des Abg. Müller-Fulda vom 27. Januar 1907 an den Genossen Singer.
Einmütig ist in der deutschen Presse das rein menschliche Gefühl zum Ausdruck gekommen, das ein Unglück auslösen muß, wie das, welches sich im Hafen von Toulon zugetragen hat. Die wiederholten Reden Delcassees forsdern aber zu einer kritischen Betrachtung des Vorfalles heraus. Zwar hat leider auch die deutsche Marine manchen schweren Unfall zu verzeichnen. Aber es bestehen doch Unterschiede. Die französische Marine weist eine solche Fülle von Unfällen aus, die, soweit nicht eine unzulässige Fehlerhaftigkeit des Materials vorliegt, nur durch arge Nachlässigkeit oder gar durch bösen Willen zu erklären sind, daß sich daraus Schlüsse auf den Mangel an Ordnung und Disziplin in der Mannschaft von selbst ergeben. Die Katastrophe der „Liberia" zeigt, daß die französische Flotte nicht di«! untadelige Waffe ist, wie sie Delcassee darstellte.
Landesnschrichren.
Alterrfleig. 27. Sept.
-n. Dieser Tage holte Wanderbienenzüchter Köble von Reutlingen seinen fahrbaren Bienenstand, den er seit Ende Juli bei der Kropfmühls aufgestellt hatte, wieder ab. Er kann durchaus befriedigt sein von seiner Unternehmung. Mehr als 40 Zentner Tannenhvnig trugen ihm seine 38 Völker innerhalb 7 bis 8 Wochen ein, ein Ergebnis, dass auch seine kühnsten Hoffnungen übertraf. Auch die Ebhauser Imker, die mit ihren Völkern nach Zwerenberg gewandert waren, kehrten vollbefriedigt von ihrer Bienenwanderung letzte Woche wieder heinw Im vorüern Bezirk spendete der W-ald ebenfalls in ausgiebiger Weise den Bienen Honig: aber so! überschwenglich reich war hier die Ernte nicht als im hintern Wald. Einem 13 Jahre alten Burschen schenkte ein Bienenzüchter des oberen Nagoldtales anfangs Jum einen Bienenschwarm, weil der Junge so viel Interesse an der Bienenzsucht zeigte und dem Imker beim Schleudern und sonstigen Arbeiten behilflich war. Große Freude durfte der junge Imker an seinem Bienenvolk erleben, denn er konnte demselben 60 Pfund Honig entnehmen, auch hat das Volk noch einen reichlichen Wintervorrat. Solche Erfolge ermutigen sicherlich das nachwachsende Geschlecht, mit neuer Energie der Imkerei ihre Aufmerksamkeit zu schenken.
Gröui-bach, 26. Sept. (Korr. „Was lange währt, wird endlich gut." Grömbach besitzt nun auch elektrisches Licht und Kraft. Allenthalben hört man nur ein Lob der Befriedigung über das wohlgelungene Werk. .Selbst diejenigen, welche diesem Fortschritt alle erdenklichen Schwierigkeiten bereiteten, sind nun wie elektrisiert: auch in ihre Häuser hat der elektrische Strom seinen Weg gefunden. Beinahe aber hätte der Abschluß der Arbeiten noch ein trauriges Ende gesunden. Obermonteur Widmer war heute mittag beschäftigt, die Leitung nach Garr- weiler mit unserem Transformatorenhaus zu verbinden. Er kam der Hochspannung zu nahe, und es wäre um ihn geschehen gewesen, wenn er nicht durch die rasche Hilfe unseres Lehrers im letzten Moment aus seiner kritischen Lage hätte befreit werden können. Das Befinden Widmers ^st den Umständen entsprechend ein befriedigendes.
* Alpirsbach, 25. Sept. In Rötenbach wurde in vergangener Nacht die Wirtschaft und Bäckerei zum „Adler" von Hermann Löffler mit dem daran angebauten Wohnhaus des Privatiers Friedrich Armbruster vollständig eingeäschert. Die gesamte Fahrnis beider Familien, ein größerer Mehlvorrat, zwei Schweine und das Geflügel sind mitverbrannt. Wie beim letzten Brandfall im Juli d. I. wird auch diesmal Brandstiftung vermutet; es herrscht unter der Einwohnerschaft große Beunruhigung.
ss Horb, 26. Sept. Sonntag nacht gingen einige junge Männer miteinander friedlich nach Hause, als sie von einem Lützenhardter Burschen angerempelt wurden. Im Laufe des Wortwechsels stach letzterer dem Gipser Alfons Stimmler das Messer in den Bauch und verletzte ihn schwer. Der Täter wurde noch in der Nacht verhaftet.