UlMien, Dragoner, Radfahrerpatrouillen, Autos durcheilen die Stadt und Umgebung, im Schlacht­haus schlachten die Feldmetzger, die Magazine des Proviantamtes bei der Radfahrhalle füllten sich mehr und mehr. Irr weiter Ferne aufwirbelnde langge- zogeue Staubwolken verraten den Tritt der mar­schierenden Bataillone und der beweglichen Reiter­schwadronen, der Artillerie und der Maschinenge- wehrabteilungen. Weither schallt der Kanonendonner über die sonnendurchstrahlten Hügel und Wälder:. Es wird ein kriegerisches Bild geben diese Woche, verbunden mit Anstrengungen und Strapazen aller Art für Offiziere und Soldaten, möge Den wackeren Söhnen unseres Vaterlandes überall ein gutes Quar­tier bereitet werden.

ff Wangen, l l. Sept. Gestern und vorgestern hatten wir iiberaus reges militärisches Leben dahier. Nach Beendigung der Gefechte, die sich in derHauptjache in der Gegend zwischen Kißlegg und Waltershofen abgespielt hatten, begann gegen mittag der Einmarsch der Truppen, von welchen ein großer Teil aller Waffengattungen weiterzogen, um in Niederwangen, Neuravensburg bis hinunter nach Esseratsweiler, Gauttnau usw. Quartiere zu beziehen. Aber auch hier beherbergten wir eine ansehnliche Zahl der wak- ftren Vaterlandsverteidiger. Seit dem frühen Mor ­gen durchziehen Truppen aller Waffengattungen die Stadt und auch unsere Krieger verließen uns wieder, um in der Richtung Waldburg-Ravensburg gegen den Feind zu ziehen.

ss Ravensburg, ll. Sept. Die nahezu 0000 Mann betragende Einquartierung von gestern und vorgestern brachte reges Leben in die Stadt. Ueberall wurde gescheuert und blank geputzt, gewaschen, ge­trocknet. Die Pferde wurden sorgsam gepflegt. Ap­pell reihte sich an Appell und auch an Jnstruttions stunden fehlte es nicht. Heute in der Frühe rückten sämtliche Truppenteile : Infanterie, Kavallerie und Artillerie in das Manövergelände. Abends werden 61 Oe) Mann und Offiziere teils mit, teils ohne Ver­pflegung (Not und Eng-Ouartier hier untergebracht werden.

ff Ravensburg, ll. Sept. Gestern nachmittag begab sich der kommandierende General, Herzog Al- brecht von Württemberg, in Begleitung des General stäbschefs und zweier Offiziere seines Stabes im Automobil von Stuttgart nach Biberach und nahm im Hotel Rad Wohnung. Heute begannen die Divi- sionsmanöver in der 27. Division bei Ravensburg. Herzog Albrecht begab sich heute morgen in das Gelände bei Biberach und wohnte dem Manöver der öl. Infanteriebrigade an.

Aus dem Reiche.

* Berlin, l 1. Sept. Der Verband deutscher S chu Hw aren h änd ler hat auf seiner General­versammlung in Düsseldorf die Frage seines Anschlus­ses an den reichsdeutschen Mittelstandsver- band erörtert. Einstimmig wurde anerkannt, daß dieser Verband eine ausgesprochen politische Rich­tung verfolge und einzig den Zweck habe, die näch­sten Wahlen im Sinne einer bestimmten Partei zu beeinflussen. Einstimmig wurde deshalb der Auffas­sung Ausdruck gegeben, daß für die Brancheorgani sation aus der Betätigung des reichsdeutschen Mit­telstandsverbandes keinerlei Vorteile zu erwarten seien. Dieser Verband werde vielmehr einer be­

stimmten politischen Richtung dienen, die zu för­dern außerhalb der Aufgaben des Schuhhändlerver bandes liege. Es wurde ick aher beschlossen, von einer korporativen Stellungnahme mit Rücksicht auf die Satzungen Abstand zu nehmen. i

ff Ml«, ll. Sept. Wegen fortgesetzten Fal lens des Wasserstandes des Rheins kön nen die großen Schnelldampfer der Köln-Düsseldorf- Rheinschiffahrtsgesellschast nicht mehr Verkehren. Die Gesellschaft sieht sich deshalb veranlaßt, den Ver­kehr einzuschränken und einige Fahrten ausfallen zu lassen,

* Königsberg i. Pr., ll. Sept. Die Abhebungen von der städtischen Sparkasse erreichten am Samstag die Höhe von 270 000 Mark. Ein Nachlassen in der Zurückziehung der Spareinlagen ist auch heute noch nicht zu verzeichnen.

AuLländtlchrs.

ff Riga, ll. Sept. Der zweitägige Sturm hat großen Schaden angerichtet. Längs der ganzen baltischen Küste sind unzählige Flöße zerrissen und wurden fortgeschwemmt. Ein Dampfer mit Passa­gieren ist gestrandet. In Riga sind durch Hochwasser die niedrigen Teile der Hafenstadt überschwemmt. In den Wäldern sind große Verwüstungen angerichtet worden.

ff Paris, ll. Sept. Die Ageuce Havas meldet aus Fez vom 8. September: Die Verbindungen mit Sefou sind durch Räuber ab geschnitten. Ein Soldat der Besatzung wurde getötet und mehrere Reisende verletzt. Zur Sicherheit der Straße ist eine Truppen- abteilung abgesandt worden.

( Catania, l l. Sept. Ein Telegramm aus Lin guaglossa meldet die Entstehung eines neuen Aetnakraters in der Nähe des Monte Ros so. Der Lichtschein ist weithin bemerkbar. Dicke Rauch sänken steigen auf. Die herabströmende Lava bedroht die Gemeindewaldungen von Linguaglossa und Ca- stiglione. Die Erdstöße dauern an, ebenso der Aschen­regen. Die Straßen von Catania sind mit Asche bedeckt.

Marokko.

^ London, ll. Sevt. Die Erörterungen der Presse über die deutsche Finanzkrise sind kaum so zahlreich, wie man hätte erwarten sollen: sie be­schränken sich vorläufig auf konservative, Frankreich stark die Stange haltende Blätter, die meist darzu tun suchen, wie Dringend nötig es für Deutschland sei. Frankreich entgegenzükommen und dadurch die Span nnng rasch wegzuräumeu.

DerStandard" glaubt, der Ernst der Panik gebiete eine bestimmte Erklärung über den Stand der Sache. Die bisherigen allgemeinen Darlegungen m der offiziösen Presse hält dieTimes" für unge­nügend und schreibt dann:Wir würden uns freuen, wenn wir uns in der Annahme irrten, daß Deutsch­land in Marokko keine größeren wirtschaftlichen Rechte sucht, als uns zustehen. Was immer die deutschen Interessen in Marokko sein mögen, so kön nen seine Ansprüche nicht über die anderer Mächte hinausgehen. Frankreich könne, selbst wenn es wolle, die Rechte anderer Mächte nicht verletzen."

DerDaily Graphic" erinnert an die eignen Erfahrungen Wer den wirtschaftlichen Niedergang

nach dem südafrikanischen Krieg und ergeht sich in Betrachtungen des Finanzkrachs, den die ersten siche­ren Anzeichen eines Krieges allenthalben Hervor­rufen würden.

DieDaily Mail" sagt in fast drohendem Tone, wenn Deutschland der Sache nicht bald ein Ende bereite, werde sich die Macht des Geldes noch fühl­barer in Deutschland machen und die Entziehung von fremdem Kapital werde sich noch wesentlich steigern.

* Berlin, 11. Sept. Ueber den Besuch des Staatssekretärs v. Kiderlen-Wächter schreibt die Nordd. Allg. Ztg.": Der Kaiser berief am Sonn­tag vormittag Herrn v. Kiderlen Wächter nach Pots­dam, um sich vor seiner Abreise ins Manöver über die Einzelheiten der marokkanischen Verhandlungen Bortrag halten zu lassen. Der Staatssekretär nahm darauf an der Frühstückstafel teil.

Persien.

fs Köln, I l .Sept. Die Köln. Zeitung meldet aus Teheran: Die Lage wird immer verwickelter. Von allen Seiten werden Kämpfe und Unruhen gemeldet, so aus Schiras, Hamadam, Täbris und Ardebil. Freund wie Feind plündern die Landbe­völkerung, die nicht mehr die Felder bebaut, wes­halb für das kommende Jahr eine Hungersnot be­fürchtet wird. Die Regierungsgewalt beschränkt sich fast ausschließlich auf Teheran. Hier ist noch nicht entschieden, wer gegen den siegreichen Satar ed Dauleh ziehen soll. Der ehemalige Schah soll in Masenderan den Regierungstruppen eine schwere Mederlage beigebracht haben.

Handel und Verkehr.

* Hagelloch, 10. Sept. Im Laufe dieser Woche wird hier die Hopfenernte beendigt, so daß von jetzt an sackbare Ware vorhanden ist. Die Quantität schlägt auch hier zurück, die Qualität dagegen ist eine vorzügliche. Einzelne Käufe zu 300 Mk. nebst Trinkgeld sind schon abgeschlossen worden.

* Rotteudurg, 11. Sept. Wenn die heiße Witterung weiter anhält, so ist mancher Produzent gezwungen seine Hopfen zu verkaufen, da unter den Dächern eine wahre Gluthitze ist, und die Ware zu trocken wird. Trotz der vielen Händler wird langsam gekauft und der Preis will nicht über Mk. 300. gehen, und für bessere Ware noch kleinere Leihkäufe.

* Unterjettinge« sind verkauft ca. 100 Ztr. um Mk. 300. pr. Ztr. nebst 5, 1020 Mk. Trinkgeld, Vorrat noch ca. 3400 Ztr.

* Oberjettingen verkauft ca. 50 Ztr. zum gleichen Preis, Schätzung ca. 200 Zrr., 1910 verkauft 300 Ztr.

* Oeschelbrona verkamt ca. 200 Ztr. wie Oben, Vor­rat noch ca. 100 Ztr., 1910 verkauft 500 Ztr.

* Wurmlingen. 10. Sept. Gestern wurden hier die ersten Käufe in Hopfen abgeschlossen per Ztr. zu 300 Mk. nebst 5 Mk. Trinkgeld. Es ist noch schöne, sackbare Ware am Platze.

Voraussichtliches Wetter

am Mittwoch, den 13. Sept. Wolkig, keine ernstlichen Niederschläge, etwas schwül.

B«lmt»rorllicher Redakteur: L. Lauk, Menstrtg.

Druck u- Verlas der W. Rieker'scheu Buchdruckerei, L. Lauk, A l tenst e tz .

fettigen Kreisen war Steuden ein gern gesehener Gast. Aber auch an der Tagespolitik nahm er lebhaften Anteil. Er gehörte zu den Förderalisten (Republikanern), die die UnionS- gewalt vertraten, während die Demokraten die Selbständigkeit der Bundesstaaten betonten. Bei einem Zeitungskneg zwischen beiden Parteien zeigte Steuden, der einen Wahlaufruf ver­saßt hatte, daß er nicht nur das Schwert, sondern auch die Feder schneidend scharf zu machen verstand.

Bei der Amtseinführung Washingtons im April 1789 befand sich der Baron unter den Begleitern des Präsidenten, als dieser auf dem Altan des Stadthauses den Eid auf die Verfassung leistete. Infolge seines reifen politischen Urteils und seiner großen Belesenheit war Steuden schon seit April 1787 Oberschulrat der Neuyorker Staatsuniversität, hatte als solcher die Oberaufsicht über alle Akademien und Kollegien des Staates und über das Unterrichtssystem und die Disziplin sämtlicher übrigen Schulen und hatte außerdem jährlich über das Ergebnis der Gesetzgebung einen Bericht einzureichen. Den letzten Dienst, den Steuben seinem Adoptiv-Vaterlande leistete, war die einen ganzen Sommer in Anspruch nehmende Inspektionsreise zwecks Ausarbeitung eines Gutachtens über die Befestigung der nordwestlichen Grenze gegen das von den Engländern noch teilweise besetzte Kanada.

Im übrigen verbrachte Steuben die Sommerhalbjahre mit einigen seiner alten Waffengefährten in beschaulicher Zurückgezogenheit auf seiner . Farm in Oncida County, ver­folgte dort mit großem Interesse die Tagesereignisse der alten Welt, namentlich die französische Revolution und sorgte ftir die Kultivierung seiner Ländereien, bis er am 26. Nov. 1794 früh morgens plötzlich vom Schlage getroffen wurde. Schon nach zwei Tagen verschied er ohne sichtlichen Todes­kampf im Alter von 64 Jahren und wurde seinem Wunsche gemäß unter einer nahe bei seiner Wohnung stehenden Tanne

von seinen Freunden und Mchbarn am 30. Noveinber zur letzten Ruhe begleitet.

Mit Recht verdient Steuben einen Ehrenplatz in der dankbaren Erinnerung des amerikanischen Volkes, das ihm in Washington in treuem Gedenken an seine großen Verdienste um den Freiheitskampf ein würdiges Denkmal setzte, dessen Nachbildung wiederum der Kongreß der Vereinigten Staaten dem Deutschen Kaiser und dein deutschen Volke als Wahr-. Zeichen ununterbrochener Freundschaft zum Geschenk gemacht hat.

8 Kolonialsorgen. Man glaubt's kaum, wenn man's hört, daß das Gouvernement von Kamerun die Hutmode der Eingeborenen hat regeln müssen. Wie Herr von Jagow in Berlin das Tragen der großen Damenhüte in den Theatern untersagen mußte, mußte der Gouverneur von Kamerun den Negern das Tragen des gerollten Turbans verbieten. Das hat aber seine besondere Ursache. Der Rollfes als Kopfbe­deckung ist nämlich das am meisten in die Augen springende Abzeichen der Schutz- und Polizeitruppe und hat schon vor Jahren unternehmenden Buschkleppern als Mittel gedient, sich als Soldaten auszugeben und die Bewohner zu brandschatzen. Selbst schwere Strafen haben dem Treiben der schwarzen Hochstapler nicht Einhalt zu tun vermocht.

8 Wie es de» Studentenkellnern von Keszthely erging.

Zu Beginn des Sommers wurde gemeldet, daß ein Gast­wirt in dem ungarischen Badeort Keszthely am Plattensee fünfzehn arme Studenten der Ofenpester Universität für die Sommermonate gegen eine Entschädigung von 200 Kronen monatlich als Kellner verpflichtet habe. Die Saison ist nun zu Ende und die Studentenkellner haben am 1. ds. Keszt­hely verlassen, Wie dem Wiener Fremdenblatt berichtet

wird, fanden sie bei den Kurgästen eine überaus herzliche Aufnahme und wurden insbesondere von den Damen mit Aufmerksamkeit überhäuft. Sie verbrachten ihre ganze freie und zum Aerger des Gastwirts auch ihre nicht freie Zeit in Damengesellschaft. Dafür aber sollen sich die männ­lichen Kurgäste gar häufig über Mangel anObjektivität" bei der Bedienung beklagt haben. Als die Ofenpester aka­demischen Kellner Abschied nahmen, gab es Andenken über Andenken. Einer der fünfzehn Ganymeds, ein Mediziner, bekam von einer Dame eine Schreibgarnilur aus getriebenem Silber. Der Wirt hat bei dem Versuch seine Rechnung ge­funden, doch muß er in seine Bilanz für zerbrochenes Ge­schirr einige hundert Kronen ansetzen., Die jungen Leute Studenten sind nun einmal ehrgeizig wollten nämlich, noch ehe sie in ihrem neuen Wirkungskreise sicher waren, wie wirkliche Kellner auftragen, wobei sie die Schüsseln unv Teller ohne Tablette in der Hand trugen Im Eifer des Bedienens entfiel manchem, was er einmal in der Phyfik- stunde über den Schwerpunkt gelernt hatte und infolgedessen auch das, was er in der Hand hielt. Nun sind die Ferien für die armen Studenten leidlich vorüber, denen sie früher mittellos entgegen gesehen hatten. Sie haben allen Grund, mit ihnen zufrieden zu fein, denn sie können jetzt ihre Studien' mit einem Fonds von einigen Hundeck Kronen fock­setzen.

8 Ueber Schweizer Schulferien teilt ein Leser der Dtsch. Tagesztg. mit, daß das Gesetz des Kantons Graubünden be­stimmt, daß die Landgemeinden 26 Wochen im Jahre Schule haben müssen. Wann Ferien sein sollen, kann jede Gemeinde selbständig festsetzen. In Arosa, einem Orte von 1500 Einwohnern, waren vom 15. Juni bis 15. Oktober, also vier Monate Ferien. Außerdem gab es Weihnachten, Ostern, Pfingsten kurze Ferien.