Fernsprecher Nr. 11.
Gegründet 1877.
Die Tagesausgabe kostet viernljShrlich tm Bezirk Nagold und Nachbarortsverkehr Mk. 128 außerhalb Mk. 1.85.
Anzeigenpreis
bei einmaliger Einrückung 10 Pfg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprich mder Rabatt
AG
Reklame 1b Pfg
die Tcxtzeile
Ausgabe „Schmrzmlder SoNtagsvlatt.-
«mirblatt ftir Pf«l,ar»f»»»eUrr
Die Wochenausgabe (Schwarzwälder Sonnragsblatt) kostet vierteljährlich 50 Psg.
TsgeMNW W die
«r. SIL
Avsgabe in Altensteig-Stadr.
Tagespolitik.
Ueber Sinn und Bedeutung der deutschen Ge genvorsch läge an Frankreich, äußert sich die Kölnische Zeitung in einer offiziellen Auslassung; Die Unterredung zwischen dem Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter und dem Botschafter Cambon war lang und eingehend. Die aufgestellten Gegenvorschläge Deutschlands sind in diesem Augenblick unterwegs nach Paris. Aus der Abfassung deutscher Gegenvorschläge kann selbstverständlich nicht der Schluß gezogen werden, daß die von Cambon überreichten Vorschläge Frankreichs von Deutschland als unannehmbar abgelehnt worden wären, sie werden im Gegenteil als Grundlage zum Weiterverhandeln angesehen, sonst wurde Deutschland sie a limine zurückgewiesen und Gegenvorschläge überhaupt nicht aufgestellt haben. Bis zur Antwort Frankreichs wird naturgemäß einige Zeit vergehen. Zwischen der ersten Mitteilung der französischen Vorschläge und der Ueberreichung der deutschen Gegenvorschläge liegen vier Tage. Vielleicht darf angenommen werden, daß auch die Rückäußerung Frankreichs nicht lange auf sich warten lassen wird. Bis dahin tritt also wieder eine Pause ein, die schon dadurch gekennzeichnet wird, daß sich der Reichskanzler ,,sür einige Tage" nach Hohenfinow begeben hat. Auch der französische Botschafter Cambon befindet sich jetzt auf Urlaub. Er ist in Dresden angekommen, seine Frau und Doch ter sind schon seit Donnerstag dort.
Die in den Gegenvorschlägen von Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter beanspruchten wirtschaftlichen Garantien für die ungestörte Entwicklung des deutschen Industrie und Handelsbetriebs in Marokko bilden in der Presse den Hauptgegenstand der Erörterung. Der „Temps" meint, die französische Regierung werde, sobald sie erst die öffentlichen Angelegenheiten in Marokko übernommen habe, ganz gern den längst als Unrecht erkannten Zollschikanen, unter denen die deutschen Interessenten schwer zu leiden haben, ein Ende bereiten. Auch solle bei den Ausschreibungen für öffentliche Arbeiten künftighin Recht und Billigkeit walten. Diese Punkte könne Frankreich auch jetzt scbon verbürgen. Aber Deutschland dürfte nicht Beteiligung an allen französischen Zukunftsgeschäften verlangen, sondern sollte, sofern es die von Frankreich im Kongo zugestandenen Gebietsteile nach Gebühr ein schätzt, auf die kommerzielle und industrielle Son derstellung verzichten.
Die holländische Regierung folgt dem Beispiel der belgischen in ihren Vorbereitungen für die Möglichkeit eines deutsch-französischen Krieges. In verschiedenen Garnisonstädten an der deutschen Grenze finden geheime Mobilis ationsvers nche statt. Außerdem haben die Milizen der Jahrgänge 1907 und 1908 in diesem Jahre einen Monat länger bei ihren Regimentern zu dienen, als sie unter gewöhnlichen Verhältnissen tun würden. Diese Maßnahmen haben große Beunruhigung unter der Bevölkerung hervorgerufen, .besonders, da die Regierung keine Erklärung über diese Vorsichtsmaßregeln geben will.
* *
Italiens Absichten auf Tripolis beschäftigen von Tag zu Tag mehr die öffentliche Meinung. Es bestätigt sich, daß die italienische Regierung mit der Pforte in Unterh andlungen ein getreten ist, und einige Zeitungen geben vor, zu wissen, daß Italien die Zustimmung der ottomanischen Regierung zur Herstellung einer italienischen Schutzherrschast in Tripolis zu erlangen suche nach dem Muster des englischen Protektorats in Aegypten. Es springt in die Augen, daß die Pforte niemals ihre Zustimmung zu einer solchen Lösung der Frage geben kann, die nur durch einen Gewaltffreich herbeizu- führen wäre. Viel wahrscheinlicher ist, daß die italie nische Regierung darauf ausgeht, von der Türkei wenigstens für den Augenblick freie Hand in Tri
Montag, de« 11. Espternbrr.
polis zu erhalten. Die öffeniliche Meinung in Italien drängt die Regierung sehr erregt, irgend etwas zu tun. Ein großer Teil der Zeitungen verlangt offen die Besetzung von Tripolis. Me sich L>ie italienische Regierung aus der Klemme ziehen wird, ist schwer zu sagen. Wenn aber nach dem Zustandekommen einer französisch-deutschen Verständigung es mich in Tripolis beim alten bleibt, so ist ein Ausbruch der Unzufriedenheit zu erwarten, der noch viel heftiger wäre, als die Erregung nach der Besetzung von Tunis im Jahre 1881.
Tandesnachrrchten.
Atterrfleig, 11. Sept.
* Das Anwesen des G. Schneider, Poststr. 306, ging in den Besitz des K. Welker, Konditor, zu dem Kaufpreis von Mk. 22 500 über.
,, Nagold, l0. Sept. Die im Laufe des Frühjahrs und Sommers vorgcnommenen Uebungen der hiesigen Feuerwehr fanden heule mit der Hauptprobe, einer Uebung mit der gesamten Feuerwehr, ihren Abschluß. Das Brandobjekt kvar eine Scheune hinter dem Hanse des Bäckermeisters Raas. Rasch und zielbewnßt ging die Feuerwehr an ihre Aufgabe, die sie mit viel Eifer und Geschick erledigte. Stadl- schnltheiß Brodbeck sprach deshalb der Feuerwehr im großen ganzen sowohl als dem praktischen Leiter derselben, Feuerivehrkomwandanc Gabel, seine volle Befriedigung ans.
js Balingen, 3. Lepr. Wegeil größeren Wassermangels wird die Wasserleitung täglich nur noch von 10 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags geöffnet. Die Fabrikbetriebe und Bierbrauereien erhalten den ganzen Tag Wasser.
fs Schwenningen, 9. Sept. Das 5jährige Kind eines hiesigen Portiers spielte in der elterlichen Wohnung mit Streichhölzern, zündete sein Hemd- chen an, das sofort hellauf brannte. Das Kind trug schwere Brandwunden davon, denen es nach zweitägigem, qualvollem Leiden erlag.
jj Stuttgart, 9. Sept. Wie das Nene Tagblatt erfährt, hat sich gestern vormitiag der König telegraphisch nach dem Stand der Erkrankungen erkundigt. Der Reginientsarzt beantwortete das Telegramm mir folgender Mitteilung: ,.Kranken stand 35 Mann, davon nur 5 Mann bettlägerig". (Die 6 Kompagnien werden Sonntag, nachts um 12 Uhr ins Manövergelände abgehen und dort um 9 Uhr ein treffen. Der Montag soll noch als Ruhetag benützt werden. Der Bataillonsstab nebst den übrigen Offizieren in der Moltkekaserne befindet sich bereits im Manövergebiet, nur die Kompagniechefs sind noch bei den Kompagnien zurückgeblieben. - Heute sind noch acht Mann im Revier und 5 im Lazarett. Von den ersten werden die meisten heute gesund gesetzt, nur 2 oder 3 Mann werden beim Wachtkommando zurückbleiben. Sonst geht altes ins Manöver.
ss Stuttgart, 9. Sept. Im nächsten Frühjahr soll die Ausstellung, mit der sich die würth-hohen zoller'sche Bereinigung für Fremdenverkehr im letzten Frühjahr an der Berliner internationalen Ausstellung für Reise und Fremdenverkehr beteiligt hatte, in Stuttgart in erweitertem Umfang als Sonderausstellung wiederholt werden.
ss Stuttgart, 9. Sept. Der Reichstagsabgeord nete Bebel hat gestern auf der Durchreise aus der Schweiz nach Jena einen Besuch auf der Redaktion der Schwäbischen Tagwacht abgestattet, den man mit den schwebenden Streitigkeiten der Stuttgarter Sozialdemokratie und in der Tagwachtredaktion in Verbindung bringt.
q Stuttgart, 9. Sept. Der seit mehreren Tagen aus Aalen verschwundene 24jährige Polizei- tömissar Roll, der sich wegen schwerer dienstlicher Vergehen verantworten sollte, hat sich in einem hiesigen Gasthaus der inneren Stadt heute mittag durch Erschießen das Leben genommen.
9 Cannstatt, 10. Sept. Am Samstag abend um 10 Uhr hat der in Stuttgart, Marienplatz 6, wohnende Schriftsetzer Friedrich Deiß aus unbe
kannten Gründen auf der König Karl-Brücke seinen etwa sechs Jahre alten Knaben u. sein 8jähr. Mädchen über das Geländer hinunter in den Neckar geworfen. Darauf sprang er selbst in die Tiefe. Einigen! hinzneilenden Italienern, die durch das Schreien der Kinder aufmerksam geworden waren, gelang es nach verhältnismäßig kurzer Zeit, den Mann und das Mädchen ans Land zu schaffen. Die Berrrfsfeuer- wache und zwei Aerzte bemühten sich vergeblich, sie ins Leben znrückzurusen. Die Leichen wurden ins Leichenhaus geschafft. Nach dem Knaben wird noch gesucht. Die Gattin und Mutter der drei Toten befand sich zur Zeit des furchtbaren Dramas mit einem Mädchen zuhause.
jj Cannstatt, 9. Sept. Beim Baden im Neckar hinter dem Schlachthaus Cannstatt ertrank gestern vormittag ein 1 3 Jahre alter Knabe. Die Leichs ist geborgen.
j,' Zuffenhausen, 10. Sept. Ein mit einem zweirädrigen Handkarren über die Ludwigsburgerstraße fahrender älterer Maurer konnte einem in raschem Tempo daherkommenden Auto nicht schnell genug ausweichen. Das große Auto erfaßte ihn von der Seite und warf ihn samt seinem Karren über den Haufen. Der Karren flog in Trümmer. Der Mann wurde am Arm schwer verletzt. Das Auto jagte unerkannt weiter.
ij Baihingen a. E., 9. Sept. Der wegen Brandstiftung in Untersuchungshaft befindliche Amtsdiener Klingel von Hohenhaslach hat die ihm zur Last gelegte Tai eingestanden.
Is Brackenheim, 9. Sept. Die Reife der Trauben schreitet rasch voran. Sollte in den nächsten Tagen ein Regen eintreten, würde ein rasches Herbsten notwendig werden. Auch aus den benachbarten Orten kommen günstige Berichte. Besonders gut stehen die Aussichten in Dürrenzimmern, Neipperg, Stockheim, Cleebronn, Haberschlacht, Hausen und Nordheim.
ß Heilbronn, 9. Sept. Der Gefangenenwärter Metzger hat heute vormittag vor dem Untersuchungsrichter gestanden, daß er dem Hochstapler Grafen Passy zu seiner Flucht verholfen hat. Er bestreitet aber, daß er dafür irgend welches Geld erhalten habe: es seien, ihm nur große Versprechungen gemacht worden.
sj Hellbraun, 10. Sept. Der seiner Beihilfe zur Flucht des „Grafen Passy" nunmehr geständige Gefängnisgehilfe Metzger hat sich in Drohungen gegen den Untersuchungsrichter ergangen und hatte sich in letzter Zeit im Amtsgerichtgefängnis widerspenstig gezeigt. Er wurde deshalb auf Veranlassung des Untersuchungsrichters und des Strasanstaltskol- legiums im hiesigen ZeLlengefängnis untergebracht, von wo aus er zu den Vernehmungen geschlossen vorgeführt wird. Gustav Metzger ist mit dem Ehepaar Jürgens in Berlin und der Laila Allendorf in briefliche Verbindung getreten und hat gegen bloße, wenn auch hohe Versprechungen dem Schie- mangk Tür und Fesseln geöffnet. Mit leeren Händen, wie so viele harmlose Opfer des Gauners sieht er jetzt obendrein seiner Bestrafung entgegen, denn er hat sich demnächst vor der Strafkammer wegen Verletzung seiner Dienstpflicht, Bestechung und Gefangenenbefreiung zu verantworten.
jl Ellhofen, OA. Weinsberg, 9. Sept. Als die beiden Söhne des Bauern Susfet von Wimmental ihren Wagen abladen wollten, scheute das Pferd, der Wagen fiel um und schleifte sie eine Strecke mit sich, bis einige beherzte Männer das Gespann aufhielten und die beiden aus ihrer mißlichen Lage befreiten. Ein Arzt wurde sofort telephonisch herbeigerufen, der den schrecklich Zugerichteten die erste Hilfe brachte.
js Waldhausen bei Lorch, 9. Sept. Die 10 Jahre alte Tochter des Bäckermeisters Setzer machte sich an einem Spiritusapparat zu schaffen. Der Apparat explodierte und setzte die Kleider des Endes in Brand, das seinen Verletzungen erlegen ist.
>s Heidenheim, 9. Sept. iZn dem schweren Unglücksfall.) In der Maschinenfabrik I. M. Voith wollte, wie jetzt näher berichtet wird, ein Partieführer mit vier weiteren Arbeitern gestern vormittag