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1877.

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Ausgabe in Altensteig-Stadt.

Do««erStag, de« 24 Anguft.

Wer dringt die ReichWersjchermgsordnnng?

Vom Landesversicherungsassessor Seelmann in Oldenburg.

kb Invaliden, und Hinterbliebenenversichernng.

,'Der Kreis der gegen Invalidität versicherten Personen ist teils erweitert, teils auch eingeschränkt worden. Neu einbezogen in die Versicherung sind die Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken, die Büh­nen- und Orchestermitglieder ohne Rücksicht auf den Kunstwert ihrer Leistungen. Die Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker sollen in Zukunft nur versicherungspslichtig sein, wenn diese Beschäftigung ihren Hauptberuf bildet. Nach dem Jnvalidenver- sicherungsgesetz gilt diese Beschränkung nicht. Versi­cherungspflichtige, die während oder nach der Zeit eines Hochschulunterrichts zur Ausbildung für ihren zukünftigen Berus oder in einer Stellung beschäf­tigt werden, die den Uebergang zu einer der Hoch­schulbildung entsprechenden versicherungsfreien Be­schäftigung bildet, können sich auf ihren Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen. Bezüglich der freiwilligen Versicherung sind erhebliche Aende- rungen nicht eingetreten.

Die Leistungen auf dem Gebiete der Invaliden­versicherung sind wesentlich erweitert worden. Die Invalidenrente selbst ist nicht erhöht worden, doch hat das Gesetz Zuschläge für Familienväter einge­führt. Hat nämlich der Empfänger einer Invaliden­rente Kinder unter 15 Jahren, so erhöht sich die Invalidenrente für jedes Kind um ein Zehntel, bis zum höchstens anderthalbfachen Betrage. Ein Jn- validenrentner mit fünf unversorgten Kindern,, der bisher 250 Mark Rente bezog, würde also nach der Rtichsversicherungsordnung 375 Mk. erhalten. Ren­tenempfänger, deren Rente schon vor Inkrafttreten der Reichsversicherungsordnung festgesetzt ist, haben auf diese Erhöhung keinen Anspruchs

Neu eingeführt ist die Hinterbliebenenoersiche- rung. Verstirbt eine gegen Invalidität versicherte Person, die zur Zeit ihres Todes die Wartezeit für die Invalidenrente erfüllt und die Anwartschaft auf­recht erhalten hat, so haben ihre Hinterbliebenen Anspruch auf Rente. Die Witwe erhalt eine Witwen­rente, aber nur dann, wenn sie invalide ist, d. hl wenn sie nicht mehr ein Drittel des durchschnitt­lichen Lohnes verdienen kann. Witwenrente erhält nach dem Tode der versicherten Ehefrau eines er­werbsunfähigen Ehemannes, die den Lebensunterhalt ihrer Familie ganz oder überwiegend aus ihrem Ar­beitsverdienst bestritten hat, der Witwer, solange er bedürftig ist. Waisenrente erhalten nach dem Tode des versicherten Vaters seine ehelichen Kinder unter fünfzehn Jahren und nach dem Tode einer Versicherten ihre vaterlosen Kinder unter fünf­zehn Jahren. Als vaterlos gelten auch unehe­liche Kinder. Die Kinder einer verstorbenen weib­lichen Versicherten erhalten die Waisenrente auch dann, wenn die Mutter aus anderen Gründen die Ernährerin der Kinder war. Hinterläßt der Versicherte elternlose Enkel unter 15 Jahren, deren Unterhalt er ganz oder überwiegend bestritten hat, so steht ihnen die Waisenrente zu, solange sie bedürftig sind. War die Witwe, die Anspruch auf Witwenrente hat, selbst gegen Invalidität versichert, so erhält die Witwe außer der Rente ein einmaliges Witwengeld und die Waisen eine einmalige Waisenaussteuer. Die Höhe dieser Hinterbliebenenrenten hängt ab von der Zahl und der Lohnklasse der für den Verstorbenen gelei­steten Beiträge. Das Reich zahlt zu jeder Witwen- und Witwerrente jährlich 50 Mark und zu jeder Waisenrente jährlich 25 Mk., für jedes Witwengeld einmalig 50 Mk. und für jede Waisenausstener 16- zweidrittel Mark. Außerdem gewährt die Versiche­rungsanstalt bei Witwen- und Waisenrenten drei Zehntel, bei Waisenrenten für eine Waise drei Zwan­zigstel, für jede weitere Waise ein Vierzigstel der Invalidenrente, die der Versicherte zur Zeit seines Todes bezog oder bei Invalidität bezogen hatte.

Die Witwen- und Witwerrenten fallen bei Wie- derverheiratung weg.

Ein Heilverfahren darf die Versicherungsanstalt in Zukunft auch für die rentenberechtigte Witwe

übernehmen. Ferner ist die Versicherungsanstalt be­rechtigt, die rentenberechtigten Waisen in einem Wai­senhause oder in einer ähnlichen Anstalt unterzu­bringen.

Diese wesentlich höheren Leistungen erfordern natürlich auch höhere Beiträge. Bisher betrugen die Beiträge in den Lohnklassen IV 14, 20, 24, 30, 36 Pfg. Die Reichsversicherungsordnung hat sie erhöht auf 16, 24, 32, 40, 48 PfA Höhere Lohnklassen sind nicht angesetzt worden, dagegen hat die Reichsversicherungsordnung, eine besondere Zu­satzversicherung eingeführt. Es sind nämlich alle Versicherungspflichtigen und alle Versicherungsbe- recbtigten befugt, zu jeder Zeit in beliebiger Zahl Zusatzmarken in die Quittungskarte einzukleben. Sie erwerben dadurch Anspruch auf Zusatzrente für den Fall, daß sie invalide werden. Der Wert der Zu­satzmarke beträgt 1 Mark. Für jede Zu­satzmarke, die der Versicherte eingeklebt hat, erhält er als jährliche Zusatzrente soviel mal zwei Pfennig als beim Eintritt der Invalidität seit Verwendung der Zusatzmarke Jahre vergangen sind. Hat also jemand im Jahre 1912 tausend Zusatzmarken ge­klebt, so beträgt die Zusatzrente, wenn er nach Ab­lauf von 10 Jahren invalide wird, 200 Mark jähr­lich. Würde die Invalidität erst nach 30 Jahren ein- treten, so würde die Zusatzrente jährlich 600 MA. betragen. Daneben wird dann die gewöhnliche In­validenrente gewährt.

Die gewöhnlichen Beitragsmarken müssen fortab in jedem Falle mindestens in der letzten Woche eines Vierteljahres eingeklebt werden.

Die Vorschriften über das Erlöschen der Anwart­schaft sind insofern verschärft worden, als unter Um­ständen ein Wiederaufleben der Anwartschaft durch weitere Beitragsleistung nicht mehr stattfindet.

Wer die Marken nicht rechtzeitig einklebt, kann fortab angehalten werden, außer der Strafe und außer den nachgeklebten Marker; noch den ein- bis zweifachen Betrag der Marken an die Versicherungs­anstalt zu bezahlen'.

Fortsetzung folgt. .

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ZMerrsteig, 24 . August.

st Geflügelseuchen. Im Hinblick darauf, daß im Ausland Geflügelseuchen in einem für den inlän­dischen Bestand gefährlichen Maße herrschen, erläßt das Ministerium des Innern vrophylaktische Maß­regeln. Lebendes Geflügel darf aus dem Auslande nach Württemberg unmittelbar nur über die Grenz­übergangsstelle Friedrichshofen eingeführt werden. Die Einfuhr darf nur in solchen Wagen, Käfigen, Körben oder ähnlichen Behältnissen erfolgen, deren Einrichtung ein Herausfallen von Kot, Futterresten und Streu tunlichst verhindert. Beim Eisenbahn­transport ist Zusammenladeu von ausländischem und inländischem Geflügel wenn angängig zu vermeiden. Me aus dem Auslande kommenden Geflügeltrans- porte sind, wie gemeldet, in Friedrichshäfen einer amtstierärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Während des Transports auf der Eisenbahn in gan­zen Wagenladungen sind diese unter Plombenver­schluß zu nehmen, so daß eine Beseitigung von Tieren oder Kadavern ohne sichtbare Beschädigung des Ver­schlusses nicht möglich ist. Der Verschluß darf zum Zweck der Fütterung oder Tränkung nur eisenbahn- amtlich gelöst werden. Ist der Plombenverschluß nn- besugterweise geöffnet worden und liegt der Ver­dacht vor, daß dies zur Beseitigung kranker oder verendeter Tiere geschehen ist, jo ist die Sendung bis zur Feststellung der Seuchenfreiheit, mindestens aber 24 Stunden lang abzusondern und vom Ober­amt unter polizeilicher Bewachung zu stellen. Bei der Entladung oder vor der Auslieferung ist das ausländische Geflügel einer abermaligen amtstier­ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen. Letztere kann unterbleiben, wenn nicht mehr als 12 Stunden zwischen der Grenzuntersuchung und der Ankunft am Ort der Entladung verstrichen sind. Auf das im Post- und Reisegepäckverkehr und auf das über

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See aus dem Auslande eingehende Geflügel finde«! diese prophylaktischen Maßregeln, die mit dem 1'., Oktober in Kraft treten, keine Anwendung.

st Binsdors, OA. Sulz, 23. August. Vor eini­gen Tagen ging ein biederer Bauersmann mit sei- gen Zugkühen auf das Feld, um Garben zu holen und ließ eine dritte Kuh, die er gerade nicht be­nötigte, im Stalle zurück. Diese mochte sich gelang­weilt haben, denn sie riß sich von der Krippe los und schaute sich im Hause nach einer anderen Wohi- nung um, ging in den Hausgang und von da in die untere Stube, die von den Bewohnern als Schlaf­zimmer benützt wird. Das Bett mochte ihr wohl zu. klein vorgekommen sein, denn sie legte sich nicht darein. Sie schaute nun in aller Gemütsruhe zurrt oberen Teil des Fensters heraus, zum Gaudium der Passanten, und wartete hier die Zurückkünft ihrer Genossinnen ab, bis der Eigentünrer sie wieder an ihren alten Platz brachte. > >

st Schwenningen, 23. August. Von Glück können die vier Insassen des einem hiesigen Architekten ge­hörenden Autos sagen, die bei einem Unfall noch glimpflich davonkamen. Auf der Fahrt von Königs­feld nach Peterzell platzte an einer scharfen Kurve ein Reifen und der Wagen schlug zur Seite. Zwei Insassen kamen unter ihn und erlitten mehrere doch nicht gefährliche Verletzungen. Die beiden anderen klammerten sich mit aller Gewalt an ihre Sitze uud kamen unbeschädigt davon. Das Auto selbst ist bös mitgenommen.

st Leonberg, 23. August. Der erste Gewinn in der Reichenbacher Kirchenlotterie ist dem Schuh­fabrikarbeiter Hecker in Leonberg zugefallen.

st Leonberg, 23. August. In Gebersheim siel die 32 Jahre alte Frau Auracher vom Wagen so unglücklich in eine Heugabel, daß sie in den Un­terleib drang und dort abbrach. Sie wurde schwer verletzt nach Stuttgart ins Katharinenhospital über­geführt und dürfte kaum mit dem Leben davon­kommen.

st Buchau a. F., 23. August. Zum dritten! Mal innerhalb kurzer Zeit ertönte gestern abend die Brandglocke. Diesmal war der Brandherd im benachbarten Kappel, wo das Anwesen des Maurers Albrecht in Flammen aufging. Das Haus mit Stall brannte vollständig nieder. Die alte hälbtaube Mut­ter des Albrecht und zwei Kinder wurden von Nach­barn gerettet, auch das Vieh konnte in Sicherheit gebracht werden. Dagegen ist ein großer Teil des Inventars mitverbrannt, ebenso die bereits aus­gedroschene Frucht der neuen Ernte, Die Ent­stehungsursache ist unbekannt, '

st Stuttgart, 23. August. Bei der Heutigen Ziehung der Reichenbacher Kirchenlotterie fiel der Hauptgewinn von 15 000 Mark auf Nr. 3l 789, 5000 Mk. auf Nr. 10 566, 2000 Mk. auf Nr. 77 788, je 1000 Mk. auf Nr. 43 844, 41 884, je 500 Mk. auf Nr. 4402, 78 1 19, 79 519, 4634. (Ohne Ge­währ,)

st Stuttgart, 23. August. Am letzten Sonntag verbreitete sich hier die Kunde, daß sich drei Kinder im Alter von 8, 10 und 14 Jahren vom Alpsee aus verirrt hätten und vielleicht verunglückt seien. Sic hätten längstens bis 7 Uhr abends bei ihren Familien, die hier zur Sommerfrische weilen, eintreffen sollen, was aber nicht der Hall war. Ein großes Aufgebot von Leuten suchte während der Nacht das ganze Gebiet vom Alpsee weg ab, ohüe daß man von den Kindern auch nur eine'Spur entdeckte. Montag früh bei neuerlichem Nachfor­schen liefen die Kinder dem Vater der einen Familie direkt in die Hände. Sie waren stundenweit vom Wege abgekommen, hatten sich in der sogen. Sper­bersau verirrt uud mußten dort im Freien nächi- tigen. Die Kinder sind zwei Knaben des 'Hervn Wiegandt von Ulm und ein Knabe des Rechtsanwalts List von Reutlingen.

st Stuttgart, 23. August. (Vom neuen Bahnhof.) Von Woche zu Woche verändert sich das für den neuen Bahnhof bestimmte Gelände. Die umfassenden und großzügigen Dammbauten mit den von bastions-