Aus dem Reiche.
>! Berlin, 12. Juni. Der Reichsarrzeiger veröffentlicht das Gesetz über den Patentausführungs- zwarig vvm 6. Juni 1911. Es tritt am 1. Juli 1911 in Kraft. Ferner veröffentlicht der Reichs- anzeiger eine Laiserl. Verordnung Vvm 24. Mai 1911 betr. Inkrafttreten der Maß- und Gewichtsvrdnung vom HO. Mai 1908. Darnach tritt die Maß- und Gewichtsordnung am 1. April 1912 in Kraft; die Vorschriften über die Neueichung der im Bergwerksbetrieb zur Ermittelung des Arbeitslohnes dienenden Fördegesäße und -Wagen, sowie ü. e di? Eichung der Bierfässer erst am l. Januar 1913. Hohlmaße und Tonueugegenstände zu einviertel Hektoliter sind bis zum 31. Dezember 1922 im Verkehr zulässig'.
Hanfatag.
!s Berlin, 12. Juni. Unter starker Beteiligung von Industriellen, Kaufleuten und Gewerbetreibenden aus allen Teilen Deutschlands wurde heute im Sportpalast der erste Deutsche Hansatag von dem Präsidenten des Deutschen Hanfabundes, Geh. Justizrat Prof. Dr. Rießer-Berlin, mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser eröffnet. An den Kaiser wurde ein Huldigungstelegramm gesandt. Auch eine Reihe Parlamentarier von verschiedenen Parteien waren erschienen. Nach der Eröffnungsrede des Geheimrats Rießer begrüßte der Präsident des Deutschen Handelstags und des Aeltesteukollegiums der Berliner Kaufmannschaft, Stadtrat und Reichstagsabgeordneter Kämpf die Anwesenden.
js Berlin, ,12. Juni. In seiner Eröffnungsansprache erklärte der Präsident, Geheimrat Rießer, daß die Erwartungen des deutschen Hansabundes weit übertroffen seien. Der deutsche Hansabund wolle allen Ständen ohne Unterschied, auch der deutschen Landwirtschaft helfen. Er wolle jedoch jede Bevorzugung bekämpfen. Die agrarischen Bestrebungen seien vollständig berechtigt. Der Hansabund wolle aber den Ansprüchen der Ueberagrarier, die für sich Privilegien verlangen, mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Die im Hansabund vertretenen Erwerbsstände hätten in erster Linie dazu beigetra gen, Deutschlands Ansehen, Würde, Kraft und Macht im Auslande zu mehren und keine noch so berechtigte Klage könne dem Bunde die Freude rauben am Vaterland oder gar am festen Glauben an feine Zukunft. Diese Zukunft wollen wir auf unseren Wegen und mit dem Kampf sicherstellen, den wir mit festem Vertrauen auf den Sieg unserer großen Sache energisch führen. Stadtrat Kämpf führte in seiner Begrüßungsansprache aus, der deutsche Handel und die deutsche Industrie hätten die Welt erobert und zwar nicht durch Schwerter und Kanonen. Wir haben damit auch den landwirtschaftlichen Produkten die Wege geebnet. Der Vorsitzende des deutschen Handluugsgehilfenverbandes, Marquardt-Leipzig, be grüßte den Hanfatag im Namen der Angestellten und ersuchte für ein staatliches Pensionsgesetz der kaufmännischen Angestellten zu wirken. Der bayerische Landtagsabg. Häberlein-Nürnberg überbrachte die Grüße aus Süddeutschland und teilt mit, daß der Hansabund in Bayern großen Sympathien begegne. Abg. Dr. Stresemann-Dresden führte aus, der Hansabund wolle nicht einseitige Politik zugunsten einer Klasse, sondern Politik für alle Erwerbsstände, auch für die Landwirte treiben. Kommerzienrat Ravenee- Berlin drückte seine Freude aus über den zahlreichen Besuch. Generaldirektor Waldschmidt: Leider stehen die Handwerkerkreise zum Teil noch abseits, die Arbeiter aber völlig. Wir hoffen, daß der Hansabund zu dem nächsten Tage die Gesellen und Arbeiter als seine Verbündete begrüßen kann. Fabrirdirektor Töpfler-Wiesbaden begrüßte die Reichsversicherungs- ordnung als einen Fortschritt, obwohl das Gesetz noch sehr viel Mängel habe. Landtagsabgeordneter Obermeister Rahardt begrüßte den Hansatag im Namen des Handwerks. Schließlich wurde folgendes
Cge war vererl.
Nichts hatte sie in ihrem Entschluß erschüttern können. Auch nicht die Bitten ihrer Eltern.
Ernst, mild, gefaßt, trat sie vor den Altar, aus dem jie ihr junges Leben zum Opfer bringen sollte.
Nur einmal hatte sie noch mit sich gekämpft — als rin kurzer Gruß - ein letztes Lebewohl aus Schloß Laue- nau gekommen war — von Hermann.
„Ich habe Ihren furchtbaren Entschluß von Ihrem Vater erfahren," schrieb Lauenau. „Ich habe kein Recht, Sie davon zurückzuhalten — Sie wollen sich der Treue zum Opfer bringen - Gott schütze Sie und segne Sie! Mich aber stärke er, daß ich das Furchtbare zu ertragen lerne. Leben Sie wohl, Else - Sie gehen einer schivercn Stunde entgegen."
Da hatte sie noch einmal mit sich selbst gerungen — ba hatte sie noch einmal heiße Tränen geweint — da hatte sie noch einmal zu Gott gefleht nni Mut und Kraft — da hatte sie noch einmal. gebetet wie unser Heiland: „Herr, so Tu willst, laß diesen Kelch an mir vorübergehen - aber nicht wie ich will, o Herr, sondern wie Du willst ., Und nun war alles vorüber.
Fortsetzung folgt.
Antworttelegramm des Kaisers aus Potsdam verlesen: Seine Majestät der Kaiser und König lassen für den freundlichen Huldigungsgruß und das Gelöbnis der Treue herzlich danken. Auf allerhöchsten Befehl des Kaisers und Königs: von ValLntini. Der Präsident Geyeimrat Rießer bemerkte darauf in seiner Schlußrede, daß der Hansabund bei den Wahlen alle bürgerlichen Parteien unterstützen werde. Es könne eine Wahlparole jedoch nicht ausgegeben werden. Sodann wurde der Hansatag mit einem dreifachen Hoch auf das Präsidium und speziell auf Geheimrat Rießer geschlossen. Die Zahl der Teilnehmer wird auf 8000 geschätzt.
siäöerlin, 12. Juni. Heute vormittag und nachmittag besichtigten die schwäbischen Gäste in Gruppen unter Führung von hiesigen Landsleuten die Sehenswürdigkeiten Berlins. Abends fand im Hap- poldtgarten in der Hasenheide eine Zusammenkunft statt, an der sich sowohl die schwäbischen Gäste als auch die hiesige schwäbische Kolonie in großer Zahl beteiligten und die sehr gemütlich und angeregt verlief.
NuViÄnknsrhks
st Paris, 12. Juni. Nach einer als offiziös angesehenen Meldung hat die französische Regierung die Signatarmächte der Algecirasakte verständigt, daß sie den Maßnahmen Spaniens in der -Gegend von Elksar ihre Zustimmung verweigere.
.st Brüssel, 12. Juni. Der Lenkballon Bille de Bruxelles, der heute nachmittag eine Ausfahrt unternommen hatte und zu einer Landung genötigt worden war, hat sich los gerissen und ist ohne Bemannung in der Richtung nach Südosten verschwunden.
st Uglilsch, 12. Juni. Bei einem 15 Werft von hier entfernten Dorfe ist auf der Wolga eine Fähre, die mit Menschen überlastet war, während der Ueber- fahrl gesunken. 30 Personen sind ertrank e n.
Allerlei.
* Ein schweres Brand u n g lück ereignete sich in Stolberg (Rhl,). Der 24 Jahre alte Grubenarbeiter Eberhard weilte bei seiner Braut zu Besuch. Am Mttwoch abcud, als man einen Spiri- tuskochappacat aufschütlen wollte, kam die jüngere Schwester der Braut dem Apparat mit einem Streichholz so nahe, daß eine heftige Explosion entstand. Eberhard und seine Braut erlitten derart schwere Brandwunden, daß E. im Hospital Steinfeld gestern früh halb sieben Uhr seinen Verletzungen erlag. Wie verlautet, ist der Zustand der Braut hoffnungslos'.
* Eine raffinierte Entführung, die wahrscheinlich auf das Konto Mädchenhandel zu setzen ist, kam, wie der „Märkische Sprecher" berichtet, in Riemke bei Bochum zur Ausführung. In die Wohnung eines jüngst verheirateten Bergmanns, in welcher auch die Schwester der Frau wohnt, trat, wahrend der Mann zur Arbeit war, ein sich als Kriminalbeamter vorstellender Mann, legte eine gewichtige Aktenmappe auf den Tisch und erklärte, er sei vom Vormundschaftsgericht in Bochum beauftragt, das junge Mädchen in Fürsorgeerziehung abzn- holen. Der angebliche Beamte blieb gegen alles Flehen unerbittlich: schließlich ging das junge Mäd chen mit. Als d er Schwager des Mädchen nach Hause kam, begab er sich zum Vormundschaftsamt in Bochum, doch hier wußte man von der Sache nichts, ebensowenig bei den Polizeidienststellen. Es wurde zwar sofort der Telegraph in Tätigkeit gesetzt, doch bis zum Abend war laut dem Märkischen Sprecher noch keine Spur der Entführten gefunden. Man nimmt an, daß das junge Mädchen über die belgische oder holländische Grenze gebracht worden ist.
8 Gute- Abfuhr. Die „Hamburger Nachrichten" entnehmen einer englischen Zeitung folgendes nette Geschichtchen: In Gesellschaft unterhielt sich Lord Roberts einmal gerade mit einigen Freunden, als ein hochgewachsener Mann auf die Gruppe zutrat und bat, dem berühmten Feldherrn vorgestellt zu werden. Als er seinen Wunsch erfüllt sah, glaubte er sich offenbar überaus geistvoll zu geben, indem er die Hand in Form eines Fernglases vor das Auge hielt, als könne er den an Körpermaß kleinen General sonst nicht sehen. „Ich habe schon oft von Ihnen gehört," bemerkte er dann, „aber ich habe Sie noch nie gesehen." „Wohl möglich," erwiderte Lord Roberts schnell gefaßt, „denn ich habe Sie schon oft gesehen, aber noch nie von Ihnen gehört !"
8 Heroismus und Leuchtturm. Eine ergreifende Geschichte erzählt der Steuereinnehmer von Belle- Jsle-en-Mer in einer Zuschrift an den „Figaro", die allgemeines Aufsehen macht. Am 48. April d. I. wurde der Wächter, der dazu bestellt ist, den Dienst im Leuchttnrm von Kerdonis bei Locmaria (Departement Finistere) zu versehen, frühmorgens krank. Bis zur Mittagszeit versah er mit Aufwand aller Kräfte sein Amt, dann mußte er sich nicder- legen. Und bald erkannte sein Weib, daß es ge
gen seine Krankheit keine Hilfe gab. Was tun in der Weltabgeschiedenheit ihrer Wohnung im Leuchtturm? Der Mann im Sterben und der Leuchtturm unangezündet! Sie läßt den Sterbenden mit den zwei Kindern allein, eilt in den Turm empor, entzündet das Feuer, und als sie nach der umständlichen Arbeit wiederkommt, kann sie dem Gatten nur mehr die Augen zum ewigen Schlaf zudrücken ... Und mitten ins Schluchzen um den Toten tönt der Ruf eines Kindes an ihr Ohr: „Mutter, der Leuchtturm dreht sich nicht!" Wenn er sich nicht dreht, ist das sehr gefährlich für die Schiffer draußen auf dem Meer, denn das ist sein charakteristisches Merkmal, dadurch unterscheidet sich sein Licht von allen andern Lichtern auf freier See. Endloses Unglück muß verhütet werden!_ Die Frau steigt
wieder zur Laterne empor, um nach dem Drehwerk zu sehen. Aber der sich darauf verstand, ist tot, und da die Frau den Mechanismus nicht recht zu handhaben weiß, schickt sie ihre beiden Kinder, von denen das ältere noch nicht ganz 10 Jahre alt ist, in die Laterne hinauf, damit sie das Drehwerk mit ihren kleinen Händen in Gang erhalten. Zehn Stunden lang, von 9 Uhr abends bis 7 Uhr morgens, standen die Kinder im „Feuerzimmer" an der Kurbel und drehten und drehten, auf daß die vorüberfahrenden Schiffe kein Unglück treffe.... '
Literarisches. '
Ei» Buch, das alle Frauen schätzen, ist das
großartig ausgesta:te!e „Favorit-Moden-Album", welches für Frühjahr und Sommer zum Preise von nur 60 Pfg. kürzlich erschienen ist. Wer wirklich Eleganz liebt — wer aus dem jetzigen Modewirrwarr von Humpelröcken und Poiret-Kleidern eine brauchbare Richtung vorgeschlagen wünscht — wer auch die Zweckmäßigkeit und die Preiswürdigkeit der Kleidung in Betracht zu ziehen pflegt, der findet in diesem Album die besten Vorlagen. Es sind alles Moden, die in vollendeter Formenschönheit auf Grund der beliebten Favoritschnitte im Hanse leicht uachgeschneidert werden können. Das „Favorit-Mo- den-Alburn" ist deshalb für Damen von Geschmack und für praktische und auf wirtschaftliche Vorteile bedachte Hausfraueu gleich wertvoll. Zu beziehen durch die W. Rieker'sche Buchhandlung, H- Lank, Alten steig.
Täglich
werden Neu b est e llun g e n auf unsere Zeitung „Aus den Tannen" mit dem „Schwarzwälder Sonrrtagsblatt* von allen Postanstalten, Postboten, sowie den Agenten und Austrägern unserer Zeitung entgegengenommen.
Inserate Wen besten Erfolg!
Kandel nutz Verkehr.
* Stuttgart, 12. Juni (Landesproduktenbörse.) Günstige Ernteberichte von Amerika und Rußland haben verstauend auf den Getreidemarkl eingewirkt und beobachten bei schleppendem Geschäftsgänge sowohl Verkäufer als auch Käufer eine vollständig abwartende Halrung. Die Saatenstandsberichte Süddeurschlands lauten nach wie vor im Allgemeinen günstig, während vom Norden ernstliche Klagen über Dürre und geringen Stand des Roggens gemeldet werden. In Laplatamais sind die Vorräte sehr knapp, während die Nachfrage anhält. Auch Donaumais in trockenen Waren bleibt gesucht. Unsere heutige Börse war schwach besucht und sind nur einige kleinere Käufe in effektiver Ware zu verzeichnen. Wir notieren per 1(0 Kilogramm fracht- parität Stuttgart, Getreide und Saaten ohne Sack netto Kassa je nach Qualität und Lieferzeit Weizen Mark württ. nom. 21.75—22.25
fiänkischer Ulka
Saxonska Laplata neu 22.50 Azima
21.75—22.25 22.50—22.75 22.50—22.75 22.75 22.50—22.75 Mehl mit Sack, Kassa mit 1 Tafelgries Mk. 33.— Mehl 0
Kernen nom.
Roggen nom. Furtergerste Hafer württ.
Mais Laplata „ Donau
Prozent Skontd bis 34.—
33.— bis 34.—
32.— bis 33.—
31.— bis 32.—
29.50 bis 30.50 26
Mark
21.75—22.35
18.00—18.50
14.50— 15.00
18.50— 19.50 16.25—16.50 16.00—16.25
Kleie Mk. 9,50 bis 10.-
bis 27.—
(ohne Sack netto Kassa).
Konkurse.
Friedrich Geiger, früherer Schultheiß, und dessen Ehefrau Marie Geiger geb. Wurster, Geisigen. — Friedrich Benz lediger Sägmühlebesiher in Gänsberg, Gemeinde Harsberg. — Nachlaß des am 13. Mai 1911 verstarb. Karl Dürr jun , gewes. Friseurs in Ulm.
Voraussichtliches Weiter
am Mittwoch, den 14. Juni: Meist bewölkt, vereinzelte Niederschläge, mild.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lank, Nllensteig,
Truck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdrucker?!, L. Lank, Altensteig