G?FkL«der

1877. 8?

Li; TaßeSauSgalr k-ftrl vtrrteljShrttch im Bezirk Nagold und Nachbarortsverkehr

M. 1.25 W »ußerh alb Mk . 1.35. Äk

Die Wochenausgabe ltzst (Schwarzwälder Ms Sonntagsblatt) M kostet vierteljährlich 50 SfK.

Fernsprecher Nr. 11.

lMeins' 5 Km

L-ÄltknStkist

^merhültttMhliMD

bei einmaliger Tiw räckung 10 Pfg. dir einspaltige Zeile , bet Wederholungev entsprechender Rabatt.

Reklamen 15 Ps? die Tertrei!«

SHMAtsbeMe Ragold. ZkeudenWi md Lsiis.:: Mit der Wochen-AusgabeSchmrzi»älder ömntogsblatt."

Rr. »5

Ausgabe i« Altensteig-Stadt.

Lmespolitik.

UeberKindersklaven in Deutschland" hielt in den Arminsälen in Berlin auf Veranlassung der Deutschen Gesellschaft für Mutter- und Kinder­recht Schwester Henriette Arendt einen Vortrag, der. wenn die Angaben richtig sind, Entsetzen erregende Zustände bei unehelichen Kindern enthüllt. Danach besteht in Deutschland ein vollständig organisierter Kinderhandel, und in Berlin sind Anstalten, die im Jahre 23000 Kinder für bestimmte Zwecke unterbringen können. Meist wird der Kinderfang durch Anzeigen mit Adoptionsangeboten in die Wege geleitet, und Schwester Arendt hat durch einige An­zeigen die Stellen für die Vermittelung des Kin­derkaufs ermittelt. Auf Grund ihrer Untersuchun­gen hat sie festgestellt, daß die Uebernahme von Kin­dern zu nachstehenden Zwecken erfolgt: l. um sie einem langsamen Siechtum mit sicherein tödlichen Ausgange zu überliefern und dadurch die ehelosen Mütter von einer Last zu befreien, 2. um sie zu geeigneter Zeit in öffentliche Häuser zu bringen (Schwester Arendt behauptet, daß hierzu selbst fünf­jährige Kinder als Opfer benutzt werden), 3. 'wer­den sie vielfach von unehrlichen Familien angenom­men, um sie zu Gaunereien anzulernen, und 4. werden sie für gewerbliche Zwecks, als Gaukler nsw., teilweise sogar durch Verstümmelungen als Bettler benutzt. Fräulein Arendt will deutsche Kinder, die auf dem Schenkungswege vergeben werden, in Tu­nis und Marokko getroffen haben. Ferner hat sie festgestellt, daß ein verstümmeltes Kind auf der Wei­dendammerbrücke den sogenannten Pflegeeltern täg­lich Einnahmen bis zu 20 Mark brachte. Dieser regelrechte Handel mit Kindern soll sich abspielen, obgleich gesetzmäßig Vormünder bestellt sind.

. *

Wie die Landesregierung und die slavische Par­lamentsmehrheit des soeben mit Beihülfe reichs- deutscher Nibelungentreue dem österreichischen Staate dauernd gewonnenen Bo sniens mit den dortigen deutschen Kolonisten umspringt, zeigt die un­erhörte Tatsache, daß di,e vom bosnischen Staat übernommenen deutschen Schulen im Herbst gesperrt werden, bezw. kroatische Lehrer und kroatische Unterrichtssprache bekommen werden. Das müssen die deutschen Kolonisten umso härter empfinden, als ihnen die Regierung früher die Uebernahme weiterer Privatschulen durch den Staat unter Wahrung ihres deutschen Charakters versprochen hatte. Die daraufhin erfolgte vertrauens­volle Uebergabe einzelner Schulen an den Staat müssen die Kolonisten tief bedauern. Ein Ber- trauensbruch schlimmster Art leitet die neue Zeit in Bosnien ein. Die Mitteilungen des Vereins für das Deutschtum im Ausland berichten das folgende bezeichnende Beispiel von Rabendors (Branovac): Vor Jahren wurde unter größter Anstrengung der Ko­lonisten eine geräumige Schule erbaut und gegen das Versprechen eines deutschen Lehrers der Regie­rung abgetreten. Die Gemeindebewohner sind Deutsche, die aus Südrußland gerade deshalb zuge­wandert waren, weil sie dort keine deutsche Schule hatten. Und nun warten sie hier bereits das vierte Jahr ans den deutschen Unterricht. Die Schule, die der Staat übernommen und als deutsche Schule zu führen versprochen hatte, steht leer, da er seine Verpflichtung nicht einhält. Die Bauern sollen aber trotzdem gebunden sein und erhalten ihre ans eige­nen Mitteln erbaute Schule nicht mehr zurück, son­dern müssen zusehen, wie sie unbenützt dasteht und zur Ruine zerfällt. Niedergeschlagenheit steht den Leuten, so berichtet unser Vertrauensmann, auf den Gesichtern geschrieben. Sie sind bereit, für ihre 30 Schüler 600 Kronen, dazu Schulholz und Bebau­ung des Lehrerfeldes anfzubringen eine Leistung, größer, als sie nach ihrer finanziellen Lage auf- briugen können, wenn man bedenkt, daß der bare Jahresumsatz so manches Bauern oft nicht größer als 200 Kronen ist. Hoffentlich findet der Verein für das Deutschtum im Ausland im deutschen Reiche genügend freiwillige Helfer, um diesen Zusammen­bruch des braven bosnischen Siedlerdeutschtums ver­hüten zu können. ^

Donnsrstsg, dn 18 Ma?.

UMtrr!ati sir Pfalzgraf«»»«tter.

1911

Die d e u 1 s ch s ü d w e st.a s r i k a n i s ch e n D i a - manten werden heute zum größten Teil ans dem AnLwerpener Markt verhandelt, so daß schon Stim­men dagegen laut geworden sind, mit der durchaus berechtigten Begründung, den Verdienst der hollän­dischen Händler dem Jnlande zugute kommen zu lassen. Es haben sich ferner durch eine Ringbildung großer holländischer Diamant-Schleifereien Miß­stände im Handel mit den Steinen herausgebildet. Es fehlt nicht an sfachverständigen Gutachten, die behaupten, es würden sich für die deutschen Dia­manten viel höhere Preise auf dem Weltmarkt er­zielen lassen, wenn nicht diese Preise durch die Ring­bildung vorgeschrieben wären. Es ist demnach zu begrüßen, daß die Berliner Diamanten-Regie den Gedanken eines eigenen deutschen Diamanten-Mark- tes ausgenommen hat.

* Ein bemerkenswertes Urteil fällte der höchste amerikanische Gerichtshof, er erkannte aus Auf­lösung der Standard Oil Co., weil deren Satzungen gegen das Trust-Gesetz verstoßen. Zur Regelung ihrer laufenden Geschäfte wurde der Ge­sellschaft eine Frist von 6 Monaten gewährt. Ob durch diese Auslösung tatsächlich die wirtschaftlichen Verhältnisse, die durch d en Trust geschaffen wurden, ausgehoben werden, bleibt- abznwa ten. Die Herren Millionäre, die durch den Trust 40 Prozent Divi­dende jährlich bezogen, werden schon sehen, ans an­dere Art die Petroleum-Verteuerung weiter durch­setzen zu können. - Der Standard Oil Co. ist die Schöpfung des bekannten amerikanischen Milliar­därs John Rockefellers. Sie wurde in Nenyork-Jersey im August 1882 g-ogründet. Das Gesamtvermögen beläuft sich auf 600 Millionen Dollar. Die Ge­sellschaft beschäftigt 65 000 Menschen. Das Anlage­kapital beträgt 400 Millionen Mark. Die Divi­dende betrug im Gründnngsjahr 4,5 v. H., 1885 10 v. H., 1895 1 7 v. H-l 1896 31 v. H'., 4 900 48 v. H- Im Jahre l 902 betrug die Dividende von 48 v. H. 192 Millionen Mark, Seit dieser Zeit ist die Dividende niemals unter 40 v. H. geial­len. Im ganzen werden 143 Gesellschaften und 6 Milliardäre von dem Urteilsspruch betroffen. Gegen diese war auch im November 1906 schon wegen Verletzung des Sbermanschen Antitrnstgesetzes ge­richtlich vorgegangen worden.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 17. Mai.

Die zweite Lesung der Reichsversicherung s ord- nung wird bei Paragraph 569a (Befreiung von Be­triebsunternehmern, die keiner besonderen Unsallge- fahr ausgesetzt sind, von der Versicherungspflicht) fortgesetzt. Hierzu wird ein Kompromißantrag Schultz angenommen, der den Widerruf für diese Befreiung vorsieht, sobald die Voraussetzungen nicht mehr vor­liegen. Zu Paragraph 572a, der die Außerkraft­setzung der freiwilligen Versicherung vorsieht, wenn der Beitrag nicht rechtzeitig bezahlt wird, beantragt Abg. Albrecht (Soz.), stattrechtzeitig" zu setzen trotz wiederholter Mahnung nicht." Die Verhand­lung erlitt eine Unterbrechung, da eine auf der Zuschanertribüne anwesende Zuhörerin, die wieder­holtlauter" rief, von den Dienern gewaltsam von der Tribüne entfernt wurde und sich dem ivider- setzte. Unter Streichung des Worteswiederholter" wird der Antrag Albrecht und Paragraph 572a an­genommen, ebenso eine Reihe weiterer Paragraphen. Die weiteren Paragraphen werden unter Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge nach den Kommis­sionsbeschlüssen angenommen. Im Lause der De­batte bemerkt Abg. Dr. Semler (natls), die Kom­mission habe bereits etwaige Wünsche in weitest­gehender Weise berücksichtigt. Es sei aber vollstän­dig unmöglich, den Kreis der Versicherten und die Leistungen der Kassen darüber hinaus zu erweitern. Ohne Debatten werden die Paragraphen bis 661 nach den Kommissionsbeschlüsscn (Abschnitt 1 bis 3) erledigt. Es folgt der vierte Abschnitt (Verfassung.)

Ein sozialdemokratischer Antrag, daß die Mittel der Berussgenossenschaften nicht zur Unterstützung solcher Verbünde verwendet werden dürfen, die die Arbei­terversicherung oder die Arbeiterorganisationen be­kämpfen, wird abgelehnt, nachdem Abg. Semler (natl.) und Ministerialdirektor Caspar darauf hinge­wiesen hatten, daß über die Verwendung der Gel­der das Reichsversicherungsamt zu wachen habe, und daß solche Gelder selbstverständlich nicht zu politischen Zwecken verwendet werden dürfen. Abschnitt 4 und 5 werden sodann debattelos erledigt. Abschnitt 6 handelt von der Auszahlung der Entschädigungen und Ausbringung der Mittel. Paragraph 747a be­sagt, der Bundesrat hat im Jahre 1921 dem Reichs­tag die gesetzlichen Vorschriften über Rücklagen zu erneuter Beschlußfassung vorzulegen. Ein Kompro­mißantrag will statt 1921 1913 setzen. Ministe­rialdirektor Caspar: Die Reichsleitung ist selbstver­ständlich für jede Prüfung der rechnerischen Grund­lagen zugängig, die Frist bis 1913 ist aber reich­lich kurz bemessen. Der Antrag wird schließlich an­genommen und dieser Abschnitt sowie die Abschnitte 7 und 8 erledigt. Bei Abschnitt 9 (Unfallverhütung - Ueberwachung) wird ein Antrag Gothein (fort- schrittl. Vpt.):Sind 25 Arbeiter, die der deut­schen Sprache nicht mächtig sind u. gemeinsam einer anderen Muttersprache angehören, in einem Betrieb beschäftigt, so sind die Unfallverhütungsvorschriften auch in dieser Sprache abgesaßt anzuschlagen." Ab­schnitt 11 handelt von der Haftung von Unterneh­mern und Angestellten. Paragraph 896 besagt:Der Unternehmer ist Versicherten und deren Hinterblie­benen, auch wenn sie keinen Anspruch auf Rente haben, nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Schadens' nur dann verpflichtet, wenn strafgerichtlich sestgestellt worden ist, daß er den Un­fall vorsätzlich herbeigeführt hat." Die Sozialdemo­kraten beantragen, daß der Schadenersatz auch dann geleistet werden soll, wenn ein Anspruch ans Rente vorliegt. Der Antrag wird angenommen und so­dann die weiteren Paragraphen bis' 912 erledigt. Damit ist der erste Teil der Unfallversicherung sGe- werbeunsallversichernng) erledigt. Die Weiterbera­tung wird aus morgen vertagt.

LandesnschrichLru.

js Calw, 17. Mai. Frühmorgens wurde gestern die Leiche eines hiesigen bejahrten Bürgers, der seit dem Tode seiner Frau viel von trüben Gedan­ken beängstigt war, tot aus der Nagold gezogen.

ss Liebenzell, 17. Mai. Ein Bauer aus dem benachbarten Bieselsberg hatte dieser Tage ein eige­nes Jagdvergnügen ausWildschweine". Er hatte hier acht Ferkel gekauft, die er ans einem Handkarren den Berg hinauf nach seinen heimischen Penaten schob. Aber mittewegs im Wald würbe ihm die Sache zu sauer und er ließ den Karren im Wald, um in B. Vorspann zu holen. Als er wieder kam, siehe, da waren seine Borstentiere in den düsteren Schwarzwald entflohen. Nun wurde bei Laternen­schein aus sie Jagd gemacht und bis Mitternacht wurden auch sechs Stück wieder eingefangen, während die anderen sich auf ihren Beruf als grobe Wild­säue vorbereiten.

* Neuenbürg, 15. Mai. Bei der gestern im Gasthof zumBären" in Neuenbürg abgehaltenen, von ca. 100 Kameraden besuchten Bezirkskrie­gerversammlung wurde anstelle des nach Arn­bach zugezogenen Fabrikinspektors Loos Oberamts- sparkassicr Holzapfel in Neuenbürg zum Bezirks­obmann und der Vorstand des Kriegervereins Wild- bad, Stadtpfleger Gutbub, zum stellvertretenden Be­zirksobmann gewählt. Aus der reichhaltigen Tages­ordnung mag die Mitteilung erwähnt werden, daß den Veteranen anläßlich der 40jährigen Wiederkehr der ruhmreichen Tage von 1870/71 fast in allen Ge­meinden des Bezirks eine Ehrung zuteil geworden ist.

st Herrenderg, 17. Mai. Dieser Tage las man eine Nachricht, wonach einem Münchener Fettvieh- Markt nicht ein einziger fetter bayerischer Ochse zngetrieben worden sei. Als Gegenstück dazu sollte

I!

! 4 >