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«r. 55.

Ausgabe in Altensteig-Stadt.

DL-rr-tag, d<« 7. März.

Amtsblatt f8r Pfaljgresenmriler.

iSli.

Amtliches.

Nachdem die Ausführungsarbeiten der Feldbe­reinigung auf der Markung Wart entsprechend gediehen sind, wird vom Kgl. Oberamt Schlußtagfahrt auf Donnerstag den 6. April ds Is. vormittags 10 Uhr auf das Rathaus in Wart anberaumt. Zu derselben werden die beteiligten Grundeigentümer bezw. deren Vertreter und sämtliche berechtigte Tritte mit dem Bemerken eingekaden, daß der Zuteilungsplan samt Tabellen und Akten auf dem Rathaus in Wart zur Einsichtnahme aufgelegt ist und daß etwaige Einwendungen in der Schlnßtagsahrt vorzubringen, spätere Einwendungen gegen den Zuteilungsplan, sowie gegen die in Gemäßheit desselben erfolgte Ausführung der Feldbereinigung aber ausgeschlossen sind.

Bayern'- Regent

P r i n z r e g e n t L u i tp o l d v o n B ay e r n feiert am kommenden Sonntag, 12. März, seinen neunzig sten Geburtstag in einer körperlichen und geistigen Frische, wie sie für ein jo hohes Alter ganz außer­ordentlich selten ist. Der greise Regent ist seit Kai­ser Wilhelm 1. den einzige Fürst, der diesen Tag begehen tonnte, und an den alten Kaiser erinnert auch seine ganze mannhafte und doch so schlichte Gestalt. Beide Fürsten sind in deralten" Zeit zu Männern herangewachsen, in welcher Deutschland nur eine bescheidene Stellung im Rat der Mächte einnahm; beide waren sie nicht für den Thron be­stimmt, widmeten sich aber, als sie zur Regierung ihrer Länder berufen wurden, den neuen Verpslich tungen in der weitgehendsten und verständnisvoll sten Weise. .Kaiser Wilhelm schaute nur die ersten An sänge der modernen Zeit; der Regent Bayerns hat sie ganz aus eigener Erfahrung kennen gelernt und ihr in jeder Beziehung hohe Einsicht entgegenge bracht. Das gilt für die Politik, wie für die Kunst. In seinem einfachen Wesen ist der betagte Herr derselbe geblieben, der er stets war; seine Gestüt' st. ht im Bayernlande aus der höchsten Höhe der Populari tät, u. die übrigen deutschen- Stämme sehen in ihm einen Bolkssürsten n. bewährten Träger der deutschen Einigkeit. Mag noch manches Jahr dem ersten Manne Bayerns beschieden sein, den seine Pflicht keine Mehrung der äußeren Würde erstreben ließ. Er. hat die Uebernahme der Königswürde für sei neu Neffen, den König Otto, bekanntlich stets ab­gelehnt.

Der Verweser des Königreiches Bayern ist am 12. März 1821 in der schönen Main- und Weinstadt Würzburg als dritter Sohn des nachmaligen nigs Ludwig l. und seiner Gemahlin Therese gebo­ren. Seine älteren Brüder waren der König Max> Vater des unglücklichen Ludwigs II., und der nig Otto von Griechenland, der ans seinen Thron verzichtete. Der aufgeweckte Knabe erhielt, obwohl er zur Militär-Karriere bestimmt war, auch tüch tige Lehrer, die namentlich auch seine Liebe zur Kunst pflegten. Als Soldat war er ein eifriger Artillerist und hat als solcher von der Pike ans gedient, auch die vorschriftsmäßigen Wachen im er sten Jahre geleistet. Eine rastlose militärische Tä­tigkeit füllte bei ihm die Männerjahre aus, die ihm auch durch s eine Ehe mit der Prinzessin Auguste von Toskana ein reiches Familienglück brachten.

< Sein ältester Sohn Ludwig ist der künftige Thron­folger, der Zweitälteste Leopold Chef der zweiten deutschen Armeeinspettion, die Kaiser Friedrich als deutscher Kronprinz leitete. Der dritte Sohn Arnulf starb 1607. Im Revolntionsjahre 1846 dantle des Prinzen Vater trotz eifriger Warnungen seines Soh­nes ab, und Luitpold's Bruder Max bestieg den Thron. Die schweren Kämpfe, die dem Entschei dnngsjahre >866 im Innern Dentschland's voran gingen, verfolgte der Prinz mit Aufmerksamkeit, und wenn auch der bayerische Hof eng an den nahe verwandten österreichischen gefesselt war, fehlte es doch nicht an Einsicht für die sich anbahnende neue Zeit. Zn den Männern, die nach Kräften dazu beitrugen, die Vergangenheit vergessen zu ma chen und das neue einigende Band zu stärken, ge­

hörte auch der Regent. Nach dem Tode seines Brn ders hatte sein Neffe Ludwig II. den Thron be­stiegen, und Prinz Luitpold bemühte sich durch sei nen Rat, die lebhafte Phantasie des jungen Kö­nigs in die rechten Wege zu leiten. Seine Gemahlin war ihm schon im Jahre 1864 durch den Tod ent­rissen worden.

Dem Nationalkriege von >871, in dem sich die Bayern so rühmlich auszeichneten, wohnte der Prinz im großen Hauptgnartier bei und war auch bei der Kaiserproklamation von Versailles anwesend. Dem neuen deutschen Reiche stellte er seine volle Kraft zur Verfügung und nahm an der Reorganisation der bayerischen Armee hervorragenden Anteil. Die zunehmende Gemütsverdüsternng seines königlichen Neffen bereitete dein Oheim schwere Sorge, er lehnte aber die mancherlei Aufforderungen znm An tritt einer Regentschaft ab, bis die Zustände so gewor den waren, daß der entscheidende Schritt nicht mehr hinausznschieben war. Das war zu Pfingsten ! 886, wo König Ludwig in den Wellen des Starn­berger Sees seinen Tod suchte und fand. Diese Tage waren die kritischsten im Leben des Regenten, denn im bayerischen Volke wollte man lange nicht an die Krankheit des Königs and an die Notwendig keit, ihm die Zügel ans de' e>and zu nehmen, glau­ben, und nur langsam kehr.e die Beruhigung wieder ein. Für seinen zweiten Neffen, den König Otto, führte seitdem Prinz Luitpold die Regentschaft. Bayern ist unter ihm zu steigender Blüte getvni men, Handel und Wandel. Kunst ünd Wissenschaft sind gediehen, und der greise Führer der Regierung ist der Vater des Landes und seiner Bewohner ge­worden.

Tagespolitik.

Die nationatüberale (deutsche i Partei in Tübin gen hielt am Samstag abend ihre Häuptversamm- lung ab, in der unter dem stürmischen Beifall der zahlreich Erschienenen einstimmig eine Resolution angenommen wurde, die sich mit dem Wahl ab kommen iuit der Vvlksp artet in Würt­temberg beschäftigt. Die Resolution besagt:Die deutsche, nativ,mUiverale Partei Tübingen hält ein Zusammengehen der beiden Parteien bei den bevor­stehenden Reicbstagswahlen für notwendig und ist deshalb bereit, den voltsparteilichen Kandidaten v. Payer im 6. Wahlkreis mit altem Nachdruck zu unter­stützen und sich aucb selbsttätig an dem Wahlkamps zu beteiligen. Die Partei spricht die Voraussetzung ans, daß das Wahlabkommen im ganzen Lande von den beiderseitigen Parteiorganisa-ionen schon im Hin­blick auf die Erhaltung der Wahlfreudigkeit bei der Stichwahl streng loyal dnrchgeführt und gegensei­tige Verärgerungen der Lokalorgainsarwneu künftig vermieden werden. Die Partei fordert aber die Beilegung der Differenzen im 14. Wahlkreis durch Zurückziehung der volkspartcilichen Lwnderkandiöa- tur, einmal 'in der Befürchtung, daß jede gegen fettige Bekämpfung der beiden Parteien und sei es auch nur in einem Wahlkreis, die Stoßkraft des vereinigten liberalen Bürgertunis beeinträchtigen und die Durchführung des Abkommens iw ganzen Lande ernstlich gefährden würde. Sodann, weil die Vermeidung zweier liberaler Kandidaturen im Ulmer Wahlkreis allein einen Sieg der liberalen Sache ermöglicht, da sonst die Gefahr besteht, daß der Bund der Landwirte und das Zentrum sich schon für den ersten Wahlgang einigen und dann beide liberale Parteien bei der Stich Wahl ausfallen. Als verzichtender Teil kommt al lein die Bolkspartei in Betracht, da sie bei der Ver­teilung der anderen Wahlkreise nnbestrittenermaßen den Löwenanteil davongetragen hat, somit es für sie eine Pflicht des politischen Anstandes ist, hier Einränmnngen zu machen. Außerdem entspricht ein solcher Verzicht der Forderung billiger Gegen lei stung, da die nationalliberale Partei bei den beiden letzten Wahlen im Kreise Ulm für den volkspar teilichen Kandidaten im Interesse der liberalen ^ache

ans die ihr zu gesicherte Kandidatur verzichtet hat.

An sämtliche nationalliberale Parteiorganisatio­nen des Landes richten wir die Bitte, sich dieser Kundgebung anznschließen."

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Wie umständlich bei manchen Aemtern noch gearbeitet und wieviel noch unnötig geschrie­ben wird, zeigt folgender kaum glaublicher Vorfall, den derVerwaltungsmann" ver­öffentlicht: Ein Oberamt hatte gegen einen Zi­geuner, der beim K. Amtsgericht K. in Untersu­chungshaft war, eine Haftstrafe verfügt. Das Amts­gericht hat nun bei Zustellung der Strafver-s fügung telephonisch hier angefragt, ob die Haftstrase gleich vollzogen werden solle, da der Beschuldigte die Strafe angenommen habe. Hiedurch sind 20 Pfg. Telephongebühren entstanden, welche das Kas- senaml des K. Amtsgerichts K. mittels Nachnahme vom hiesigen Oberamt erhob, wodurch 30 Pfg. Ko­sten, also das leinhalbfache entstanden sind. Wie viel sodann Hiewegen geschrieben werden mußte, er­gibt sich, wenn man bedenkt, daß zuerst der Gerichts­schreiber den Forderungszettel aufgestellt Hai, hier­auf der Kasscnbcamte des Amtsgerichts den Betrag nachnahm und zugleich ans diesem Zettel für den Empfang bescheinigte, auch den Betrag in seiner Rechnung noch zu buchen hatte. Beim Oberamt war sodann dieser Betrag vom Oberamtsvorstand anznweisen und hieraus in der Kanzleitasse zu ver­rechnen. Dabei ist die Tätigkeit der Post auch noch in Betracht zu ziehen. Diese ganze Arbeit, durch die eine größere Anzahl von Beamten in Anspruch genommen wurde, war gänzlich unnötig und über­flüssig, da es doch gleichgültig ist, ob 20 Pfg. Tele­phongebühren beim K. Amtsgericht K. oder beim Oberamt M. ans die Staatskasse übernommen werden.

Die Stimmung gegen die Kirchenbau- lotrerien wird in evangelischen Kreisen immer stärker. Im Organ des evang. Psarrvereins, dem Kirchlichen Anzeiger, bringt ein von zahlreichen. Geistlichen Unterzeichneter Artikel eine energisch ab­lehnende Haltung znm Ausdruck. Namentlich wird auf die Aenßerung des Finanzministers im Land­tag hingewiesen, der sich für seinen Gedanken einer Staatslatterie auf den Vorgang der Kirchen, der berufenen Hüter der Moral", gestützt habe. Diese Tatsache, daß so die Kirchen znm Beweis für die moralische Zulässigkeit des Loiteriewesens herange­zogen werden, hat, wie es in dein angezogenen Ar­tikel heißt,das Gefühl von der sittlichen und so­zialen Bedenklichkeit der Kirchenbanlvtterien bei vie­len zu der festen Ueberzeugnng verdichtet, daß die evangelische Kirche sich von jetzt an dieses Mittels

nicüt mehr bedienen dürfe.Lieber wollen wir

keine schönen Kirchenbauten, lieber allereinfachste. Betsäle; ja wenn es sein müßte, lieber die Schmach, daß unsere Kirche nicht imstande sei, sich selbst zu helfen! Das ist der Entschluß, der in diesen Wo­chen in vielen Gliedern unserer Kirche zur Reise gekommen ist." Von einem eigenartigen Aufruf zur Abschaffung der kirchlichen Lotterien, cker in dieser Angelegenheit geplant war, sei abgesehen worden, als bekannt wurde, daß der Pfarrverein selbst die Sache in die Hand nehmen wolle.

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Bei der Beratung der H e e r es v v r l a g e im den tscheu Reichstag erklärte der Sprecher der Sozialdemokraten, der Äbg. Stückten:Wir lehnen die Vorlage ab, weil wir in dem Militarismus eine kulturfeindliche Einrichtung sehen. Eine solche Militärfrendigkeit wie im deutschen Reichstage gibt es in keinem Parlament der Welt. Wir denken nicht daran, die Machtmittel des Klassenstaates zu ver­stärken." Bei der Abstimmung stimmten auch die Sozialdemotraten mit den Polen und den drei Zen­trumsabgeordneten Heim, Häusler und Irl gegen die Heeresvvrlage. Ganz anders als die deutschen Sozialisten denken die französischen. Fast gleichzeitig

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