X Heilbronn, I I, Febr, Am letzten Sonntag entfernten sich zwei in: hiesigen Regiment stehende Soldaten, Der eine wurde im Laufe dieser Woche in Offenau festgenommen nnd seinem Truppenteil wieder zugeführt. Der andere, welcher als heeresunsicher erst im Dezember eingezogen wurde, hat auf ganz raffinierte Weife seine Flucht bewerkstelligt. Am letzten Lvnntag, als sein Vorgesetzter ausging, nnd einen: Gefreiten den Dienst übertragen hatte, schrieb der Mann einen Zettel, worin sein Vorgesetzter dem Gefreiten befahl, den: Soldaten die Zivilkleider auszuhändigen, um sie nachhause zu schik- ken. Der Gefreite fiel auf die Täuschung herein und übergab dem Soldaten feine Zivilkleider, woraus er verschwand. Auf der Böckinger Wiese nahm er bei Nacht seine Umkleidung vor, steckte den Säbel in die Erde, hing daran seine Uniform und zog feine Zivilkleider an. Mit dem ersten Zug fuhr er von Bückingen aus nach der Schweiz, von wo er seinem Hauptmann schrieb, soweit sei er jetzt gekommen, er bitte um Zusendung von Geld, um weiter zu kommen,
jl Göppingen, ll. Febr, Gestern mittag ereignete sich in der Maschinenfabrik Schüler ein, schrecklicher Unglücksfall, Der 28jährige, verheiratete Schlosser Heidle stand auf einer Leiter und fiel unglücklicherweise auf einen längeren, spitzen Gegenstand, der ihm den Leib durchbohrte. Schon nach kurzer Zeit trat der Tod ein,
st Crailsheim, I I, Febr, Die tiefe Beunruhigung der Gemüter, die mit der letzten Stadtschultheißenwahl verbunden war, scheint sich noch nicht legen zu wollen, da die Wahl von Anhängern der unterlegenen Kandidatur angefochten wurde,
st Tübingen, 10 . Febr, Seit Sonntag wird der in der Ulrichstraße wohnhafte Glasermeister Hertzer ve rin iß t. Da er in letzter Zeit zu Schwermut neigte, befürchtet man, daß er sich ein Leid zngesngt hat. Alle Nachforschungen blieben bis jetzt erfolglos,
Kreisturntag des Turnkreises Schwaben.
st Stuttgart, 12, Febr, Zum Kreisturntag 1911 hatten sich hellte nahezu 600 Vertreter der zürn I I , Kreis „Schwaben" der Deutschen Turnerschaft gehörigen Vereine im Stadtgartensaal versammelt. Die Verhandlungen begannen vormittags 10 Uhr mit einer Begrüßungsrede des Kreisvorsitzenden, Landtagsabg, Stadtrat Hoffmeister - Ludwigsbnrg, Der Kreisvertreter erstattete sodann den Jahres- nnd Rechenschaftsbericht, der einen recht erfreulichen Fortschritt auf dem Gebiete des Turnwesens in unserer schwäbischen Heimat erkennen läßt. Der Kreis ^Schwaben" zählt in 527 Orten 557 Vereine mit 67 094 Mitgliedern, das ist gegen 1910 ein Mehr 36 Vereinen mit 5143 Mitgliedern, Kreisturnwart Held-Reutlingen gab einen Rückblick auf die Kreis- Veranstaltungen der letzterr zwei Jahre, Zum Kreis- Vertreter wurde der seit 16 Jahren an der Spitze der schwäbischen Turnerschaft stehende Landtagsabgeordnete Hoffmeister wiedergewählt. An dem -Heuer in Dresden stattfindenden deutschest Turnertag sollen 26 Mann des Kreises Schwaben teilnehmen. Als Feststadl für das Kreisturnfest 1912 erhielt Göppingen den Vorzug vor Eßlingen, Einer Kollektiv-Haftpflichtversicherung wurde zngestimmt. Weitere Anträge ans Gauen nnd Vereinen betrafen Abänderungen der Wetturnordnung, sowie die Grün
ste sich still wieder hüuvcgbegeben, als von außen her die Tür fast ungestüm geöffnet ward, so daß die schweigsame Schwester mit einem lauten Ausruf einen Schritt zurücktrat und die beiden am Tisch Sitzenden ans ihrer Vereinzelung geschreckt wurden. Beider Augen zugleich ^nahmen die junge Tischgenossin wahr, die sich in Hast und mit sichtlicher Befangenheit näherte und schon von der Tür aus ries: „Ich bitte sehr um Verzeihung, wenn ich störe. Aber ich habe eine Bitte an Sie, Fräulein Addenhofen! Tante will durchaus nicht länger warten — als ob wir nicht zeitig genug in die langweilige Gesellschaft kämen, in der sie in allen Sprachen Unsinn reden! Drüben ist nämlich — wollen Sie nicht einmal mit mir hinüberkommen, liebes Fräulein? Es handelt sich um ein Paar arme hilfsbedürftige Menschen — einer ist ein Landsmann — und wenn ich nicht hinzugekommen wäre, hätten sie ihm hier in dem frommen Hause einen Bissen Essen verweigert. Ich bat so lange, bis sie nachgaben — und nun bliebe ich so gern und darf nicht bleiben — und möchte doch erfahren, was aus den Leuten wird. Ein deutscher Maler, sagt er — und Tante Hedwig hat mich schon ausgelacht, daß ich so etwas glaube. Aber er sieht wirklich wie ein Künstler aus, nur verwildert und verarmt. Und vollends sie — das reine Elend und dabei doch so hübsch! Bitte, Fräulein Addenhofen, nehmen Sie sich der armen Leute ein wenig an; niemand wird's tun, wenn nicht Sie! Ich muß gleich wieder hinauf — ich will Sie nur führen — denn die Tante hat schon nach dem Wagen geschickt und wird schelten, wenn ich sie warten lasse. Nicht wahr, Sie kommen und helfen mir, liebes Fräulein?"
Fräulein Erika v. Herbert stand jetzt neben dem Tische, von dem sich Klara Addenhofen und Friedrich Gerland erhoben hatten. Sie war im weißen Gesellschaftskleide, trug die gleichen roten Blüten vor der Brust und im blonden Haar, der Gegensatz ihrer Toilette und ihres weltvergessenen
düng einer Hilfskasse für den I I, Kreis zur Unterstützung bedürftiger Kreisvereine dein: Bau von Turnhallen, Erwerbung von Spielplätzen und zur Anschaffung von Geräten sowie das Ausfechten von Meisterschaften. An die fünfstündigen Verhandlungen schloß sich ein gemeinsames Mittagsmahl an.
Aus dem Gerichtssaal.
st Stuttgart, 12. Febr, Vor dem Amtsgericht Cannstatt fand gestern die Verhandlung gegen den , Schreinermeister Widmayer von Fellbach wegen fahrlässiger Körperverletzung statt. Der Lehrling Frech hatte sich bei der Bedienung der Kreissäge die rechte Hand derart verletzt, daß drei Finger am Pulsiert werden mußsien. Da die gesetzlichen Vorschriften die Heranziehung von Lehrlingen zu Arbeiten an der Kreissäge verbieten, so sah die Anklagebehörde ein pflichtwidriges Verschulden des Lehrherrn als gegeben an. Durch die Zeugenvernehmung wurde aber festgestellt, daß der Lehrling wiederholt vom Lehrherrn von der Kreissäge fortgewiesen worden ist, daß ihm die Bedienung der Kreissäge ausdrücklich untersagt worden war und daß Widmatzer infolge seiner Arbeit an der Hobelmaschine die Tätigkeit des Lehrlings an der Kreissäge garnicht beobachten konnte. Frech, der sich noch heute bei Widmayer in Stellung befindet, gab ferner an, daß er frühere, den Angeklagten belastende Aussagen nur infolge Beeinflußnng durch fremde Personen gemacht habe. Während die Meinungen der Sachverständigen auseinandergingen, nahm das Gericht an, daß Frech gegen das ausdrücklich? Verbot seines Lehrmeisters die Kreissäge bedient habe nnd Widmayer diesen Vorgang nicht beobachten konnte. Widmayer wurde demgemäß, freigesprochen nnd die Kosten der Staatskasse auferlegt.
Aus dem Reiche.
st Berlin, 12. Febr. Das Befinden dies Kaisers ist auch heute zufriedenstellend. Der Kaiser hat das Bett, verlassen, muß sich aber noch! einige Tage Schonung auferlegen, sodaß auch der für Mittwoch den 15. Februar angesetzt gewesene kleine Hofball nicht stattfinden wird.
st Wien, 12,-Febr, T"' Neuen Freien Presse wird ans Innsbruck geineidet: Zwei gefährliche Anarchisten, die nach Verübung mehrfacher strafbarer Handlungen aus Meran entflohen sind, wurden verhaftet. Dis Behörden in Meran'haben den sicheren Beweis dafür in Händen, daß beide auf Rechnung und Kosten einer Geheimgesellscbaft sich von Me ran nach Italien begeben sollten, um ein Attentat auf den König zu verüben. Der eine ist in Bozen, der andere in Riva verhaftet worden,
st Petersburg, 12, Febr, Die russische Regierung hat den Beschluß gefaßt, die seit 1908 in Kaswin befindliche Truppenabteilung zurückzuziehen,
Tie Pest in China.
* Petersburg, 11. Febr, Die Pest nimmt an den Plätzen längs der südmandschurischen Eisenbahn zu, deren Ausgaben für die Pestbekämpfung sich bereits aus ein? Million Pen belaufen sollen. Auch
Eifers erschien überaus anmutig. Obschon Fräulein Adden- hofeu noch kein Wort entgegnet hatte, las das jüngere Mädchen die Hilfsbereitwilligkeit in den Zügen des älteren und streckte die Hand nach ihr hin, um sie mit sich fortzuziehen. Sie hatte Doktor Gerland bis jetzt weder Blick noch Wort gegönnt, als sie ihn aber Miene machen sah, zurück- zubleiben, wandte sie sich hastig zu ihm: „Kommen Sie doch mit uns, Herr Doktor, Sie können vielleicht auch Helsen und uns oder Fräulein Addenhofen sagen, was es mit dem armen fieberkranken Künstler und seiner blassen Frau, die eine Römerin ist, auf sich hat. Die fromme» Schwestern tun so wunderliche Fragen und die Frau Oberin hat den Trauschein verlangt, ehe sich die arme hungernde Frau mit zu der Suppe setzen durfte, die man dem Pilger aufgetischt hat, der freilich nicht wie ein Pilger aussieht. Aber rasch — rasch, oder meine Tante läßt mich mit Spießen und Stangen in den Wagen holen."
Die blauen Augen forderten so energisch Gehorsam, als dies siebzehnjährige Augen nur immer vermögen. Doktor Gerland folgte den Damen auf dem Fuße und durcheilte hinter ihnen einige Gänge und halbbedeckte Höfe des Hauses, bis Fräulein Addenhofen und er wieder unter einem säulengetragenen Vordach und vor einer Art Hof standen. Im Hintergründe tat sich der höhlenartig schwärzliche Eingang zur Küche auf — an der rechten Seite des Hofes öffnete sich eine mit Steinftiesen belegte Halle, in der einfache hölzerne Tische und Bänke standen. Am Hinteren Tische aßen einige Pilger, die Klara Addenhofen schon als Gäste des Hauses kannte, am vorderen Tisch hatte sich das Paar niedergelassen, auf das Fräulein Erika erregt und eifervoll hinwies und sagte: „Das sind sie, Fräulein Addenhofen — und nun darf ich nicht länger zögern, ich fürchte, Tante hat's schon gemerkt, daß ich noch einmal nach Ihnen heruntergelaufen bin. Bitte, hören Sie den Mann an und
von Punkten an der Bahn Mukden-Antuna werden Pestfälle gemeldet.
Allerlei.
Dreißig Millionen Mark Erbschaftssteuer erhebt der österreichische Staat von der Hinterlassenschaft des soeben verstorbenen Barons Rothschild in Wien. So viel forderte die neue Flottsn- vvrlage für den Ban von Torpedobooten.
In Paris leistete sich der Senatspräsident Dubost bei Ueberreichung der Nobel-Friedensme- daille an den Senator d'Estournelles eine Revancherede, in der er die Franzosen als Söhne des verstümmelten Vaterlandes bezeichnete, die eine ihrer Hände stets auf den Degenknauf stützen müßten.
Handel nnd Berkehr.
II Ttrtttgart, 11. Febr. (Schlachtviehmarkt.) Zug, trieben 51 Großvieh, 84 Kälber, 625 Schweine,
Erlös aus Le Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Quai u)^ ausgemästete von — bis — Pfg., 3. Qual, b) fleischige und ältere von — bis — Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual a) vollfleischige, von 84 bis 86 Pfg., 2. Qualität b) LÜ-?e und weniger fleischige von 82 bis 84 Pfg., Stiere und Jungrinder 1. Qual, a) ausgemästete von 93 bis 95 Pfg , 2. Qualität d) fleischige von 90 bis 92 Pfg., 3. Qualitä' (« geringere von 87 bis 89 Pfg.; Kühe 1. Qual, s) jung« gemästete von — bis — Mg., 2. Qualität d) älter« gemästete von — bis — Pfg., 3. Qualität e) geringere von — bis — Pfg., Kälber: 1. Qualität a) beste Saug« kälber von 104 bis 108 Pfg., 3. Qualität b) gute Saugkälber von 99 bis 102 Pfg., 3. Qualität o) geringere Saugkälber von 90 bis 97 Pfg. Schweinei. Qualität a) junge fleischige 65 bis 66 Pfg., 3. Qualität b) schwere fette von 62 bir63 Mg., 3. Qualität <r) geringere von — bis — Mg.
Konkurse.
Firma Simmendinger un? Ebert. offene Handelsgesellschaft in Ebingen, O.A. Balingen.—Johann Paul Kramer, Maschinensabrikant inUnterdettiiigen. — Paul Barth, Fuhrmann in Calmbach. — Zillinger, Emil, Bauwerkmcister in Eßlingen.
Verantwortlicher Redakteur!: L. Lauk, Altenstetg.
Herbstsaaten, die durch Frost gelitten haben oder die vor der Bestellung lediglich nur Stallmist erhielten, gebe man jetzt, wenn es die Witterung einigermaßen gestattet, eine Kopfdüngung mit Thomasmehl. Ob dann im späteren Frühjahr auch noch eine weitere Kopfdüngung mit Chiüsalpeter nötig ist, zeigt sich erst nach Beginn der Vegetation. Auch die Wiesen, Viehweiden nnd Kleefelder können jetzt noch mit bestem Erfolg gedüngt werden.
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^.—. „Aus den M»eil." -
Sie ist ein inhaltsreiches und dabei doch billiges Familienblatt.
suchen Sie zu helfen, was meine schmale Börse vermag, will ich gern beitragen."
Sie warf einen teilnehmend mitleidigen Blick auf das junge Weib, die in ärmlicher und unscheinbarer römischer Tracht neben einem breitschultrigen und rotbärtigen Gesellen saß, der sich eine große Schüssel Risotto mit Safran wohlschmecken ließ, der Frau eine Handvoll von seinem Essen gönnte, ihr aber aus dem großen Fiascho voll roten Weines, der vor ihn gestellt war, nicht einen Tropfen einfchenkte. Sie trank dafür durstig aus dem Wafferkruge, den er unberührt ließ und sah unter dem weißen, viereckigen Kopftuch hervor mit einem scheuen verschüchterten Ausdruck ihrer großen schwarzen Augen auf die beiden Schwestern vom Kreuz, die hier für die Hungrigen und Durstigen zu sorgen hatten. Der Mann kümmerte sich iveder um die frommen Schwestern, noch um die kleine Gruppe, die ihn von der anderen Seite her in Augenschein nahm. Er unterbrach eben sein Essen auf einige Minuten, lehnte den Kopf rückwärts an die Wand, weil ihn ein Fieberschauer überlies, der den mächtigen Körper heftig durchschüttelte. Aber er setzte sich alsbald wieder zurecht und begann nach einem tiefen Zuge Weines wieder zu essen. Als ihn der Frost gepackt und er im Zurücklehnen das blasse, tiefgefurchte Gesicht der Gasflamme zugekehrt hatte, die über ihm brannte, flüsterte Fräulein Erika, selbst von einem Schauer überrieselt: „Sehen Sie — sehen Sie, wie krank der Arme ist. Tun Sie Ihr Möglichstes, ich muß nun fort!"
(Fortsetzung folgt.)
Kasernenblüte. Unteroffizier: „Donnerwetter, Müller, das nennen Sie geputzt? — Wissen Sie denn nicht, daß wir unsere Schlachten stets glänzend gewinnen müssen?"