Die Pest m China.
^ Berlin, 9. Febr. Die Schantung Bergbau- Gesellschaft erhielt eine Drahtnachricht aus Tsingtau, daß sich die an der Schantungbahn vorgekommenen Pestfälle auf zwei Stellen in etwa 180 und 870 Kilometer Entfernung von Tsingtau beschränken. Alle deutschen Angestellten der Gesellschaft sind wohl auf. Es liegt gegenwärtig kein Anlaß zur Beunruhigung vor.
?i Charbin, 22. Febr. Gestern sind 8 0 Chine-- s e u und I Europäer an der Pest gestorbe n.
st Tokio, 9. Febr. Nach dem Bericht des russischen Konsuls in Dairen ist dort die Pest erloschen? Wie verlautet, ist in Windschu unter den Koreanern die Pest ausgebrvchen.
Vermischtes.
8 Die Pest. Der Aberglaube früherer Jahrhunderte schrieb nicht selten das Entstehen der Pest den Juden zu. So wird berichtet, daß im Jahve 1882 „in vielen Monaten kein Wind gieng, wodurch die Lus! so faul und ohngesund worden, daß eins nticht geringe Pest darauf erfolget und 1383 zu Augsburg die Hälfte der Einwohner durch die Pest ausgerafft wurde." Im Jahre 1384 wurden dann zu Nördliugen die Juden allesamt, ungefähr 200 an der Zahl, umgebracht, und alle ihre Güter hinweggenommen, ohne Zweifel, wie der Chronist sagt, weil selbige in dem Verdacht waren, als ob sie wiederum, wie anno 1848, viele Leute mit Gift hingericlstet. Bon dies esu Jahr 1 848, wo die Pest schrecklich wütete, liest man: Die Ursache des großen Sterbens wurde denen , Juden beygemessen, welche die Bronnen sollen vergiftet haben, daher sie allenthalben verfolgt und ihrer über 100 000 hin und wieder verbrannt und hingerichtet worden. Besonders wurden dieselben in Augsburg an Cäciliä-Tag allesamt verbrannt. Dergleichen geschah auch in Ulm, Constanz, Eßlingen, Schwäbisch Hall. Bon denen Steinen, welche von den zerstörten jüdischen Häusern und Kirchhöfen übrig geblieben, wurden in den Reicksstädten Thüren und Mauern gebaut, wie man denn dergleichen Steine mit hebräischer Aufschrift noch hin und wieder findet.
8 Der Bräutigam ohne Hände und Füße. Wiel dem Wiener „Extrablatt" aus Znaim in Mähren berichtet wird, erregte dort vor einigen Tagen die Eheschließung eines Mannes mit Kautschukhänden und -Füßen nicht geringes Aufsehen: Der 57jährige ehemalige Elektrotechniker Rudolf Gürtelschmid, ein geborener Zuaimer, führte dort die bildhübsche siebzehnjährige Maurermeisterstochter Anna Dank zum Traualiar. Es handelt sich um eine Liebesheirat, die durch eine ihr vorangegangene Entsührungsge- schichte und durch die Person des jungen Ehemanns zur Sensation von Znaim geworden ist. Rudolf Gürtelschmid hatte vor mehreren Jahren in Amerika das Unglück, bei einem Betriebsunfälle in einer Fabrik infolge einer Quetschung beide Hände und beide Füßp zu verlieren. Die zermalmten Gliedmaßen wurden ihm amputiert und durch künstliche Hände und Füße aus Kautschuk ersetzt, die durch einen sinnreichen Mechanismus mit seinen Arm- und Beinstümpfen verbunden wurden so daß er Arme und Beine nahezu wie jeder andere Mensch gebrauchen kann. Beim Gehen merkt mau es kaum, daß
die so gui Gäste iu diesem Hause und an diesem Tische waren, als Fräulein Addenhofen und der rücksichtslose Ankömmling. Eben schlugen seine für Fräulein Addenhofen allein bestimmten, unverständlichen Worte abermals an ihr Ohr:
,Sie tun bei alledem nicht wohl, Fräulein Klara, wenn Sie dem Menschen das Recht absprechen, für sich selbst, auf seinem eigensten Wege Glück oder Befriedigung — oder Betätigung seines Wesens — nennen Sie's doch, wie Sie immer wollen, zu suchen. Opfer für andere muß jede bessere unselbstische Natur bringen, indes stünde es schlimm um die Welt, wenn sie nur in den überlieferten Formen gebracht werden könnten!"
„Dies sollten Sie hier an der Stelle, wo die überlieferten Formen am mächtigsten und ehrwürdigsten sind, am wenigsten sagen, Doktor Gerland," versetzte die Dame und ihr bleiches Gesicht zeigte die flüchtige Röte innerer Erregung. „Hier predigt uns jeder Stein, wie nichtig unsere Wünsche, unsere Gefühle, wie gewaltig und groß unsere Pflichten sind."
„Das dürfte ich wörtlich wiederholen, liebes Fräulein," entgegnete Friedrich Gerland, „und würde dennoch etwas .völlig anderes meinen als Sie. Ich kann noch von keinen römischen Eindrücken reden, ich habe ja kaum angesangen, ein-Stadtbild zu sehen. Allein, was ich auch schauen und empfinden und lernen werde, ich weiß zum voraus, daß nichts an dem, was ich vom Leben denke und für meine .Pflicht halte, mich irre machen wird. Darin freilich haben .Sie nur zu Recht, daß hier — 'ch meine zwischen diesen Wänden — am wenigsten der Ort ist, so tiefgehende Fragen zu erörtern; wir werden hoffentlich andere Gelegenheiten finden, unsere Meinungen auszutauschen!"
Er hatte bei dieser Erwiderung die Vertreterin des Hauses im Auge gehabt, die aufmerksam auf das Gespräch ihres neuesten Gastes und seiner Nachbarin geworden schien.
er künstliche Füße hat. Er kann sogar leidlich gut stanzen. Dagegen macht ihm das Essen und Trinken einige Schwierigkeit. So kann er zürn Beispiel ein Trinkglas nur mit beiden Händen fassen. Das Eßbesteck muß man ihm zwischen die Für ger der Kunsthände stecken, drum erst kann er die Speisen selbst zum Munde führen. Kurze Zeit, nach dem Gürtelschmid Hände und Füß>e verloren hatte, kehrte er in seine Vaterstadt Znaim zurück und lernte hier die l 7jährige Anna Dank kennen. Er verliebte sich in sie und fand Gegenliebe. Allein die Eltern des Mädchens widerfetzten sich der Verbindung mit dem erwerbsunfähigen Manne, obwohl dieser einiges Vermögen besitzt. Das Liebespaar verließ heimlich die Stadt und verweilte einige Tage in Wien. Gürtelschmid hatte sich vor Gericht wegen Entführung zu verantworten, wurde aber freige sprochen, da das Mädchen zu seinen Gunsten aussagte und bei Gericht erklärte, sie wünsche nichts sehnlicher als die eheliche Verbindung mit dem Manne ihrer Liebe. Nun gaben auch die Ellern des Mädchens ihre Zustimmung zu der Liebesheirat und nach mehrmonatigem Brautstande wurden die beiden ein Ehepaar. Die Kirche, in der die Trauung stattfand, war bis auf das letzte Plätzchen gefüllt und die Leute interessierten sich für die hübsche Braut nicht weniger als für den Bräutigam, dessen künstliche Hände in weißen Glaceehandschiihen fleckten.
8 „Fensterln" und Nmdviehseuche. Ans Perg in Oberösterreich wird der Linzer „Tagespost" berichtet: Die politische Behörde in Perg hat folgende Ver lantbarung erlassen: „Trotz aller bisher getroffenen Schutzmaßregeln breitet sich die Maul- und Klauenseuche im politischen Bezirk Perg wiederum in meh? reren Höfen bisher seuchenfreier Gemeinden aus. In einigen der neueren Seuchenfälle konnte mit Wahr scheinlichkeit angenommen werden, daß die Seuche nur durch Knechte und Mägde anläßlich des söge nannten „Fensterlngehens" dahin verschleppt wurde, da die Besitzer dieser Höfe in der Letztzeit außer ihrem Gesinde niemanden in den Stall, beziehungsweise Hof Einlaß gewährt hatten. Da durch diesen Verkehr der Dienstboten in fremden Gehöften zweifellos zur Verschleppung der Seuche Anlaß gegeben werden rann, finde ich mich veranlaßt, auf Grund des' 8 24, Punkt 4, des Tierfeuchengesetzes das sogenannte „Fensterln" in jenen Ortschaften, in denen ein Seuchensall zum A'-sbruch kommt, auf die Dauer des Seuchenbestand ' - dort zu verbieten und die Nichtbeachtung dieses Verbotes, sofern nicht die strafgerichlliche Kompetenz eintriit, gemäß Para graph 7 der kaiserlichen Verordnung vom 20. April 1854 mit Geld- und Arreststrafen zu ahnden." Durch welch prosaische Dinge doch das Liebeslebeu des Menschen gestört werden kann!
8 Ein guter Kerl. Wir lesen in der „Züricher Post": Die „Soloihnrner Zeitung" erzählt folgendes Geschichtchen, das sich im Kanton Solothurn zuge tragen hat. Ein schlichter Bauersmann begibt sich zu einer öffentlichen Versteigerung landwirtschast licher Geräte, um sich einen Karren zu kaufen. Auf dem Wege dorthin begegnet ihm ein Freund, der ebenfalls Liebhaber des Karrens ist. Dieser äußprt seinen Wunsch dem Freunde gegenüber und beauftragt ihn, da er keine Zeit habe, für ihn ebenfalls auf deu Karren zu bieten. Die Versteigerung nimmt ihren Verlauf und endlich kommt auck der ersehnte Karren an die Reihe. Unser guter
Unwillkürlich war sein Blick auch dem des jungen Mädchens begegnet und einer der Zornblitze, die sich nach ihm gerichtet, ließ, zu Fräulein Erikas stillem Triumph, den deutschen Landsmann für eine geraume Weile völlig verstummen. Und so war diese untere Ecke jetzt die einzige Stelle an der grüßen Tafel, an der kein Stimmengeschwirr erklang und eine kleine Gruppe von Menschen nur mit ihrer Mahlzeit beschäftigt erschien, während sie eher an alles als an diese Mahlzeit dachte. In das Schweigen hinein erklang jedoch mit einem Male die Stimme der Frau v. Herbert, die völlig unerwartet an den jungen Gelehrten die Frage richtete:
„Ist es wahr, Herr Doktor, daß Ihr Herr Vater sein Gut bei Hildesheim verkauft und irgendwo in Westfalen eine Pachtung übernommen hat?"
„Vollkommen wahr, gnädige Frau!" antwortete Gerland ruhig. „Da Sie meinen Vater kennen, wissen Sie vielleicht auch, ein wie eifriger Landwirt er ist und daß ihm viel daran liegen mußte, auf einem größeren Boden seine Erfahrungen und Mittel zu verwerten. So kam er zu der Staatsgutpachtung und es wird Sie freuen zu hören, daß der Erfolg ein ungewöhnlich günstiger gewesen und meinem Vater die Pachtung neuerdings wieder auf zehn Jahre zugesprochen worden ist."
„Das ist mehr, als man hätte hoffen können — ich wünsche Glück dazu," versetzte Frau v. Herbert und versuchte den Mißmut, mit dem sie die Antwort des Gelehrten erfüllt hatte, unter einer Art Lächeln zu verbergen. Ihre junge Nichte und Fräulein Addenhofen waren über die wunderlichen Töne, in denen dieses Gespräch erklang, sichtlich betroffen. Friedrich Gerland allein schien nichts besonderes empfunden zu haben und hatte sich inzwischen mit einigen Fragen über Hausordnung und persönliche Angelegenheiten an die anwesende Schwester vom Kreuz gewendet, die ihm freundlich, aber in kurzen Worten Auskunft erteilte, so daß
Ma.nn bietet, obgleich schon lange niemand mehr ein Angebot macht, wacker drauflos. Dem Ausrufer fällt die Sache aus, und er fragt den Käufer nach der Ursache seines Vorgehens. Ganz gemütlich gibt dieser zur Antwort: „Das zweite Angebot ist immer für mich und das erste für meinen Nachbar, dein ich versprochen habe, für ihn ebenfalls auf den Karren zu bieten." Leider konnte der Ausrufep darauf nicht eingehen, und der Bauer mußte den Gegenstand, den er sich selbst verteuert hatte, auch behalten. Der gute Mann gehört entschieden nach Schildburg!
8 Ein Vermögen für ein Bullenkalb. In Loons- head (Aberdeenshire, England) wurde vor kurzem der Rekord für den Preis eines Bullenkalbes gebrochen, den die Collynie-Herde aufgestellt hatten Kaptain A. F. Gordon erhielt nach „Mark Lane Expreß" dieser Tage für das 9 Monate alte Shorthorn - Bullenkalb „Count Crystal" (ein braunrotes Kalb Newtvn-Crystali den außergewöhnlichen Preis von 27 820 Mark. Dieser Preis wurde vor einigen Jahren noch überschritten, als Lord Lovat für einen jährigen Bullen, der für den Export angekauft wurde, gar 32 400 Mark zahlte. Die nächstbesten Preise waren zweimal 21 400 Mark. Hohe vierstellige Zahlen für gutes Zuchtmaterial gehören durchaus nicht zu den Seltenheiten.
Handel und Verkehr.
* Calw, 8. Febr. Der heutige Vieh markt war mit 290 Stück Großvieh befahren. Verlaust wurden 18 Paar Ochsen und Stiere zu 656—1180 ^ das Paar, 27 Kühe zu 274—526 42 Stück Kalbeln und Jungvieh zu 165
bis 512 6 Stück Kälber zu 67—95 pro Stück.
Auf dem Schweinemarkt waren zugeführt 165 Stück Milchschweine und 147 Läufer. Handel flau. Milchschweine lösten 15—36 Läufer 40—105 -ckl pro Paar. Pferde
waren 19 Stück ausgestellt.
I! Ttnttgart, 9. Febr. (Schlachtviehmarkt.) Zug-trieben 171 Großvieh (23 aus Frankreich) 390 Kälber, 595 Schwelm.
Erlös aus (ft Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, s) ausgemästete von SO bis 92 Pfg., 2. Qual, d) fleischig« und ältere von — bis — Pfg.; Bullen (Faxren) 1. Qual. «) vollfleischige, von 84 bis 87 Pfg., 2. Qualität b) ältere und weniger fleischige von 80 bis 84 Pfg., Stere und Jungrinder 1. Qual, s) ausgemästete von 93 bis 96 Pfg., 2. Qualität V) fleischige von 90 bis 92 Pfg., 3. Qualität G geringere von 88 bis 90 Pfg.; Kühe I.Qual. a) junge gemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität b) ältere gemästete von 66 bis 76 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 45 bis 56 Pfg., Kälber: 1. Qualität a) beste Saugkälber von 108 dis 114 Pfg., 2, Qualitä: b) gute Saugkälber von 100 bis 108 Pfg., 3. Qualität o) geringere Saug, kälber von 90 bis 100 Pfg. Schweine l. Qualitä! o i junge fleischige 66 dis 67 Pfg., 2. Qualitä» b) schwere fette m - 63 bis 65 Psg., 3. Qualität e) geringere von 58 bis 61 Pfg.
Für aus Frankreich eingeführte Bullen wurden bezahlt: 2. Qualität 83 bis 86, für Jungrikder 3.Qual. 92 bis 94 Pfennig.
Konkurse.
Nachlaß des am 1. Januar >911 iu München verstarb. Wilhelm Mollenkopf, led. Oberpräzeptors a. T.von Tübingen.— Nachlaß des Karl Ruß, gewes. Schultheißen in Kliugenstein. — Georg Rehm, Rößlesivirt iu Gnndershofen.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk, AKeanrig.
bald genug zum zweiten Male allgemeines Schweigen am untern Tafelende herrschte. So ward es eine willkommene Unterbrechung, als etwa eine Viertelstunde später Frau von Herbert mit einigem Geräusch aufstand und ihre Nichte erinnerte, daß sie beide sich noch zu einer Abendgesellschaft anzukleiden hätten. Fräulein Erika erhob sich halb erschrocken von ihrem Stuhl, sie behielt die große Orange in der Hand, mit der sie soeben gespielt hatte und grüße im Weggehen mit einer Verlegenheit, die ihrem schönen Gesicht einen anmutig kindlichen Ausdruck gab. Unwillkürlich folgten ihr die Augen aller an der Tafel Sitzenden — auch Friedrich Gerland sandte ihr einen Blick nach und sagte dann zu Fräulein Addenhofen:
„Schade um das liebenswürdige Kind! Sie werden nicht verstanden haben, was hier vorging. Ich mußte mich selbst erst besinnen, um das Benehmen und den Ton der Frau v. Herbert zu begreifen, bis ich mich glücklicherweise erinnerte, daß es sich um Dinge handelt, die vor meiner Geburt liegen. Herr v. Herbert, der Landrat, der Gemahl der gestrengen Dame, hat vor manchem Jahrzehnt sehr eifrig um meine Mutter geworben und dadurch seiner späteren Frau, die, wie >s scheint, schon damals aus ihn rechnete oder hoffte, viel bitteres Leid bereitet. Wenn Sie damals meine Mutter gehaßt hat, so ist das verständlich und verzeihlich. Aber daß jetzt, nach bald vierzig Jahren, die alternde Frau feindselig gestimmt ist und dies dem Sohne bei einer zufälligen Begegnung in der Fremde sofort zeigt, erweckt kein günstiges Vorurteil für sie! Hörten Sie wohl, wie begierig sie nach dem Trost forschte, daß meine Familie im Herabkommen sei? Man erschrickt doch jedesmal, wo man so armseliger Gehässigkeit bei'Menschen begegnet, die auf Auszeichnung und Bildung Anspruch erheben. Schlimm für das junge Mädchen, das sie da bei sich hat und natürlich auf ihre Weise bemuttert!" (Fortsetzung folgt.)