!s Berlin, 1. Februar. Dem Reichstag ist der E n l w u r f eines Einführurigsgesetzeszur R e i ch s v e r s i ch e r u n g s v rd n u n g zugegangen. In der Begründung heißt es: Die Reichsversicherungsordnung bedingt so erhebliche Aendernngen in der Organisation wie im Verfahren und erweitert die Versicherung nach Art und Urnfang so beträchtlich, daß sie schon aus verwaltungstechnischen Gründen nicht gleichzeitig in ihrer Gesamtheit in Kraft treten tann. Bor allem muß die einen untrennbaren Bestandteil des vierten Buches bildende Hinterblie- benenversichernng Geltung erlangen. Abgesehen von dem vierten Buch können die einzelnen Teile der Reichsversichernng zeitlich so in Kraft gesetzt werden, wie es am zweckmäßigsten ist und sich für die zahlreich Beteiligten am günstigsten durchführen läßt. Um dies zu ermöglichen, überläßt Artikel 4 die Festsetzung einer kaiserlichen Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats. Zufolge der Vorschrift des 8 l5 des Zolltarifgesetzes vom 25. Dez. 1902 sind bisher rund 5! ,5 Millionen Mark Nennwert ange- sammett worden. Nachdem nun die Hinterbliebenen- versicherung grundsätzlich nicht auf diesen schwankenden Zotleinnahmen, sondern auf den regelmäßigen Prämienbeiträgen der Arbeitgeber und der Versicherten sowie aus Reichszuschüsse aufgebaut worden ist, muß dieser Paragraph !5 aufgehoben werden. Die angesammellen Zollerträgnisse nebst den bis zum Inkrafttreten der Hinterbliebenenversicherung noch eingehenden Lummen und zuwachsenden Zinsen sollen als besonderer Fonds verwaltet werden, um daraus bis zu seiner Erschöpfung die Reichszuschüsse für die Hinterbliebenenbezüge zu leisten.
ft Berlin, l. Febr. Unter dem Vorsitz des Prinzen Heinrich von Preußen fand gestern im Kaiserl. Automobilklub eine Sitzung des Arbeitsausschusses für die deut s ch e arktische Zeppelin expedi- ki o n statt, an der Gras Zeppelin, Ministerialdirektor Dr. Lewald, die Geheimräte Dr. Hergesell und Fried- ländec-Fulda, sowie der Generalsekretär, Kapitän- len inant Hilmers teilnähmen. Die Sitzung galt der von dem Arbeitsausschuß zunächst ins Äuge gefaßten Ausgabe, die Entwicklung des Lustschitses zu Fahrten über der See zu fördern. Hierbei wurde mit Genugtuung davon Kenntnis genommen, daß die vom Arbeitsausschuß vor Jahresfrist angeregte Errichtung einer Luftschiffhallengesellschaft in Hamburg -nunmehr gesichert sei. Mit dem Vorstand der hierfür gebildeten Gesellschaft wurde am Tage darauf persönliche Fühlung genommen und dabei die Grundlage für das gemeinsame Vorgehen festgestsllt.
I! Bremen, >. Febr. Die Kronprinzessin, die sich am d. Februar mit dem Dampfer des Nordd. Lloyd „Prinz Heinrich" von Alexandria nach Neapel begeben wollte, hat ihren Aufenthalt in Egypten abermals verlängert, um gemeinsam mit dem K r o n p r i n z e n, der Ende Februar von seiner Reise nach Indien in Egypten eintrifft, di? Heimreise anzutreten. Der Kronprinz wird für die Fahrt von Colombo nach Port Said am l >9. oder l 9. Februar ab Colombo den Reichspostdampfer „Gneisenan" oder den Dampfer „Derfflinger" vom Nordd. Lloyd benutzen.
ft Strasburg, !. Februar. Der Land es ans s chu ß für E l s a ß Lothring e n wurde heilte narbm0tag durch den Statthalter Grat Wedel mit einer Ansprache eröffnet in der er zunächst der zur Zeit dem Reichstage vorliegenden Gesetzentwürfe betreffend die Verfassung Elsaß-Lothringens und
auch nur einen Moment an Ihnen zweifeln zu können. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, daß Sie mir jetzt noch teurer sind, als Sie mir damals waren? Ich sollte setzt wohl nicht mehr sagen, doch wollen Sie mir erlauben, daß ich wenigstens versuche, meinen alten Platz als Ilse's Freund wlederzuerlangen."
„Ten haben Sie nie verloren, Waller," versetzte Ilse einfach, als sie sich verabschiedete und in das Hans trat. —
Zwei Monate später hatten dieselben zwei Menschen eine wichtige Unterredung in Noräs hübschem Garten.
Walters Blick strömte von Liebe und Bewunderung über, als sein Auge aus Ilse ruhte, die mit ihrem einfachen schwarzen Kleide mit einem Strauß duftender weißer Rosen im Gürtel ganz entzückend anssah.
„Und so meinst Du, es auf gut Glück mit mir versuchen zu wollen, Ilse ? Was sagst Du zum Neusahrstag?"
„Schon so bald?" versetzte Ilse zögernd.
„Schon so bald nach jahrelangem Harren? Ich meine, je früher, um so besser. Mein einziger Liebling, den ich einst so schändlich' behandelt habe, wirst Du mir je ganz vergeben können?"
„Vielleicht nicht, wenn ihr eigenes Gewissen ganz rein wäre!" antwortete Ilse lachend.
„Nun das eine Gute har es ; jetzt kann ich für die Zukunft über mein Frauchen ganz beruhigt sein, ich weiß aus Erfahrung, daß sie einst eine reizende alte Dame sein wird."
Da verriet ihnen ein Ruf von Nora s Knaben, daß sie entdeckt waren, und sie gaben ihr trauliches Gespräch auf.
„Mama," sagte dieser junge Herr an demselben Abend, „Ontel Walter hat Tante Ilse heute tetüßt; ich glaube, Tante Ilse will Ontel Walter heiraten!"
Nora nahm den Kleinen zärtlich in die Arme und rief entzückt über des Kindes Entdeckung : „Du bist ein einzig 'schlauer Bursche, mein Kurt!"
der Wahlen zrrr künftigen Zweiten Kammer gedachte und die Hoffnung aussprach, daß das Verfassungswerk die Zustimmung von Bundesrat und Reichstag erhalten werde. Dann werde Elsaßi-Lothringen sich aus allen der Landesgesetzgebung überlassenen Ge bieten in gleicher Freiheit entfalten können, wie die Bundesstaaten des Reichs. Der Statthalter schloß mit einem Hoch auf den Kaiser, das lebhaft ausgenommen wurde. Das älteste Mitglied des Hauses, Justizrat Dr. Dietschs-Finstingen, führte in einer Ansprache aus, daß die Lage sehr ernst sei. Der Berfassungsentwurf enthalte keine Vorschläge für die Unabhängigkeit des Landes und dieses würde nicht auf dein gleichen Fuß mit den anderen Staaten gestellt, obwohl es die gleichen Pflichten erfülle^ Die Unzufriedenheit im Lande werde nicht ans- hören. 'Sehr richtig!! Es könne auch keine guten Früchte bringen, wenn verschiedene Redner im Reichstag sich so über das Land ausgesprochen hat len, als wenn sie ohne Kenntnisse über dieses ans der chauvinistischen Presse entnommen hätten. Wenn die Bevölkerung nur deshalb znrückgesetzt werden soll, weil ElsaßpLothringen ein Grenzland ist, so sei das ein Unikum. Darauf wurde ans Vorschlag des Hauses das Bureau der früheren Session wie dergewählt und zwar als erster Präsident Jannez, als zweiter Präsident Gunzert und als Vizepräsident Kochlin.
Ausländisches.
ft London, 1. Febr. Wie das Reuters che Bureau aus Peking meldet, sind in Tientsin sechs Todesfälle und in Peking ein Todesfall an Pest vorgekommen. Alle Eingeborenen, 'die mit Pestkranken in Berührung kommen, sind isoliert. Die Lage in der Mandschurei ist im allgemeinen nnverän dert. Es herrscht große E n r t ä u s ch u n g darüber, daß der Kronprinz seinen Besuch in Peking anf- gegeben hat.
ft Newyork, l. Febr. Als eine größere Menge Dynamit an der Wasserseite von Jersey City ans einem Güterwagen auf ein Boot umgeladen wurde, erfolgte eine furchtbare Explosion, die einem Erdbeben gleich das Finanzviertel und das Wolken- tratzerviertel Neivyorks erschütterte und in weite ster Umgebung die Gebäude erzittern machte. Die Baulichkeiten auf der Ein.oandernngsinsel wurden beschädigt. Die größte Paust entstand in der unteren Stadt. Minutenlang stockte der Geschäftsverkehr an der Börse und in den Banken. Tausende von Fenster scheiben wurden durch den Luftdruck zerstört. Die Zahl der Getöteten wird bisher auf lO bis 25, die der Verletzten in die Hunderte geschätzt. Verschiedene Personen wurden in den Hudson geschleudert. Der Schauplatz der Explosion bietet ein Bild der Verwüstung.
ft Rewyork, l. Febr. Durch die Dynamitexplo sion im Hasen sind zahlreiche Personen auf den Fähr- booten verletzt worden. Das Boot, in das das Dynamit verladen wurde und ein anderes wurden zerstört. Aus den Wolkenkratzern stürzten die Men schon auf die Straßen, die bald unpassierbar wurden. Es sind die wildesten Gerüchte im Umlaufs Die Krankenhäuser von Jersey City sind überfüllt.
8 Schmerzstillende Hausmittel. Viele Menschen müssen stundenlang heftige Schmerzen erdulden, bis der oft weit wohnende oder gerade adberu'ene Arzt erschein?. Manche wieder können sich nicht entschließen, gleich zum Arzte zu gehen, sondern hoffen aus selbst eintretende Linderung ihrer Schmerzen. Nachstehend einige einfache schmerzstillende Mittel, die auch im kleinsten Haushalt ausführbar sind: — Trockene Hitze. Bei Nervenschmerzen bildet das Sonnenbad ein ausgezeichnetes Mittel. Wirksam ist auch die vom Ofen oder von einer großen Lampe ausströmende Wärme. Bei Zahnschmerzen Halle man die schmerzende Seite (Backe), dünn bedeckt mit dem Taschentstche, unmittelbar an den warmen Kachelofen. — Heißer Umschlag. Man braucht hierzu heißes Wasser, so heiß, als es vertragen wird, und ein reines Tuch oder Watte. Dies taucht man in das heiße Wasser und legt es auf die verletzte Stelle. Der heiße Umschlag leitet das Blut zur Haut und setzt die Empfindlichkeit herab, wirkt also schmerzstillend. Von günstiger Wirkung ist er nicht nur bei leichteren Verletzungen, wie sie alltäglich Vorkommen, sondern ganz besonders auch bei Verstauchungen, Verrenkungen und Quetschungen. — DieheißeWaschung ist noch wirksamer. Ein Schwamm wird in sehr heißes Wasser getaucht, ausgedrückt und die Oberfläche der schmerzenden Stelle damit sanft überstrichen. So kann man sehr hohe Hitzegrade vertragen ; je größer aber die Hitze, um so besser der Erfolg. Dies Mittel ist besonders wirksam bei Nervenschmerzen, Hüftweh (Ischias), Hexenschuß. — Heißes Fußbad. Durch allmähliches Zugießen von heißem Wasser steigert man die Temperatur bis zum höchsten erträglichen Grade. Das Wasser muß weit an den Unterschenkel hinausreichen. Ausgezeichnete Wirkung bei heftigen Kopfschmerzen oder Zahnschmerzen, Ohrenreißen, Augenentzündung, Nasenbluten. — Feuchter Umschlag. Auf den schmerzhaften Teil kommt ein feuchtes Tuch, darauf ein wasserdichter Stoff, und dann mehrere Schichten Flanell oder Wolle. Der Umschlag wird rasch warm und behält die Temperatur lange Zeit hindurch. Sehr wirksam z. B. bei Schmerzen und Entzündungen des Halses.
Ist der Rücktritt des Mieters vor dem Beginn der Mietzeit infolge Nichterfüllung des Vertrags durch den Vermieter zulässig?
(Nachdruck verboten.)
Diese Frage, die von dem Laien in der Regel verneint werden dürfte, da er sich nicht wird denken können, wie vor Beginn einer Vertragsleistung eine Nichterfüllung überhaupt möglich wäre, hat das Oberlandesgericht Braunschweig vor kurzem bejaht. Die Entscheidung ist wegen ihrer aus Nachstehendem leicht ersichtlichen Folgen ohne Zweifel von größter Bedeutung für alle Vermieter und daher für diese höchst beachtenswert — als Warnung! Ein Mieter hatte zum 1. Oktober mehrere Räume gemietet, mit der Bestimmung, daß der Vermieter sie rechtzeitig in stand zu setzen habe. Im September fragte der Mieter an, ob er auf eine prompte Fertigstellung der Wohnung zum 1. Oktober rechnen dürfe, andernfalls dieselbe für ihn wertlos sei. Als der Vermieter — allerdings höchst fahllässigerweise — diesen Brief nicht beantwortete, versah sich der Mieter mit einer anderen Wohnung und weigerte sich, den ersten Mietsvertrag zu erfüllen. Die Klage des Vermieters auf Erfüllung desselben wurde, wie schon bemerkt, in letzter Instanz abgewiesen. Das genannte Oberlandesgericht begründet seine Entscheidung in folgender Weise:
Der Fall, ob ein Mieter vor Beginn des Mietsverhältnisses von dem Vertrage zurücktreten dürfe, weil der Vermieter mit seinen vertragsmäßigen Leistungen in Verzug geraten sei, sei in den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Miete nicht geregelt, weshalb die allgemeinen Vorschriften des B. G. B. über den Verzug bei gegenseitigen Verträgen anznwenden seien. In der Rechtssprechung sei der Grundsatz zur Geltung gelangt, daß, wenn eine Partei sich im Voraus weigere, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, der andere Teil berechtigt sei, sich von dem Vertrage schon vor dem tatsächlichen Eintritt des Erfüllungsverzuges des Gegners toszusagen. Diesen Grundsatz auf Mieiverhältnisse anzuwenden, habe um so weniger Bedenken, als dem Mieter, wenn sich der Vermieter vor Beginn des Mietverhältnisses geweigert habe, ihm die Wohnung rechtzeitig vertragsmäßig herzurichten, nicht zugemutet werden könne, den Zeitpunkt des Beginns der Mielzeit erst abzuwarten, um sich dann vor die Alternative versetzt zu sehen, entweder eine unfertige Wohnung zu beziehen oder erst jetzt zu ungeeigneter Zeit unter Ausübung des Rücktrittsrechtes für eine andere Wohnung Sorge zu tragen. Im vorliegenden Falle handle es sich um Jnstandsetzungsardeiten, zu deren Herstellung bis zum 1. Oktober der Kläger gemäß der gesetzlichen Vorschriften, dem Beklagten die Wohnung in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustande zu überlassen, verpflichtet war. Er gebe auch selbst diese Verpflichtung zu durch das Geständnis, versprochen zu haben, die Wohnung bis zum 1. Oktober gehörig in stand zu setzen. Wenn nun der Beklagte i»r Schreiben vom 2. September eine Antwort vom Kläger verlange, auf die Frage, ob er die bezeichnten Arbeiten bis zum 1. Oktober Herrichten könne, dieser sich aber schweigend verhalte, so durfte der Mieter das Verhalten des Vermieters als eine Weigerung, seine Verpflichtung zu erfüllen, um so mehr auslegen, als in dem Schreiben diese Folgerung bereits in Aussicht gestellt und für diesen Fall das Mieten einer anderen Wohnung angekündigt war. Ueber diese Erklärung konnte sich der Kläger als eine leere Drohung nicht hinwegsetzen, er mußte vielmehr damit rechnen, daß der Beklagte die Androhung, eins andere Wohnung zu mieten, zur Ausführung bringen würde. Er habe aber nicht nur das Schreiben vom 2. September unbeantwortet gelassen, sondern auch auf ein späteres Schreiben vom 7. September, in welchem der Beklagte die obige Folgerung zieht und seinen Entschluß, eine andere Wohnung zu mieten, kundgibt, cine. Antwort nicht erteilt. Nach dem oben milgeteilten Grundsatz der Rechtssprechung über ausdrücklich oder stillschweigend erklärte Absicht späteren Verzuges habe der Vermieter durch sein Verhalten dem Mieter berechtigten Grund gegeben, von dem Mietverträge, ohne daß er den Zeitpunkt des Beginns des Mielverhältnisses abzurvarten brauchte, zurückzutreten.
Ob diese Entscheidung logisch unanfechtbar erscheint und andere Oberlandesgerichtc vorkommenden Falles zu demselben Entschlüsse kommen würden, ist nicht ohne weiteres zu bejahen. Denkbar wäre es sehr wohl, daß wohl eine Verpflichtung des Mieters vorliege, erst den Beginn des Mietverhältnisses abzuwarten, er bei nicht erfolgter Instandsetzung der Wohnung dann dagegen das Recht erhalte, auf Kosten des Vermieters zu jedem beliebigen Preis, sei es. auch in einem Hotel, eine entsprechend große Wohnung zu mieten, bis die Instandsetzung erfolgt sei, den Vermieter auch für die doppelten Umzugskosten und sonstigen aus dem Verzüge entstandenen Schaden ersatzpflichtig zu machen. — In jedem Falle aber ergibt sich für den Vermieter die Lehre, die Instandsetzung vermieteter Räume rechtzeitig vor dem Beginn der Mietzeit zu betreiben und Anfragen der Mieter pünttlich zu beantworten, wie letzteres allen Parteien zu empfehlen ist.
Dr. W. M.
Konkurse.
Anna Federhaff, Witwe in Calw, Inhaberin d. Firma Wilhelm Federhaff u. Cie. in Stuttgart. — Anton Frank, Söldner in Bleichroden, Gemeinde Tannhausen. — Friedrich Kühlmanu, Wirl zur schonen Aussicht in Bückingen.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk, Altenstrig.