Gltzrvkdet

1877.

DK LügeZausgabs ttret vierteljährlich im Bezirk Nagold und Nachbarortsverkehr Mk. 1.L5

außerhalb Mk. 1.85.

Die Wochenausgabe (Schwarzwälder Sonntagsblatt) kostet vierteljährlich 80^Pfz.

Amtsblatt für

ÄllgmrmexAn^ige

mdMterhaltungFhlatt

Von ösn

obseen ckVßcjolst

'EM'

ME

Fernsprecher Nr. r i.

A'-rzrig^np, «--»

bei einmaliger Ein» rstckiini; io Psg, >!, einspaltige Zeile: bei Wiederholungen entsprechender:lraSa:r,

Retlamen 15 dir Texli^lr

Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Obesamtsbezirken Nagold, Keudenstadt, Calw u. Neuenbürg.

85

Verlag u. Druck der W. Nieker'schen Buchdruckerei (L. Lauk), Altensteig.

Disrrstag, d«K 31. Janrrae.

LWtSSlatt fir P?airgrafe»weiler.

Wtl.

LagLSpoLMK.

Der Reichskanzler hat mit seiner Reichstagsrede über die n e u e Verfassung von Elsaß-Loth­ringen eine ziemlich allgemeine Zustimmung ge­funden. Ueber Einzelheiten des Gesetzentwurfs gehen ja die Anschauungen nach wie vor auseinander, aber der ganze Ton der Rede, die klare, ungeschminkte Beleuchtung der Verhältnisse findet Beifall. Auch die Pariser Zeitungen können sich dem nicht ent­ziehen. Biet Eindruck haben auch die kurzen Worte des Staatssekretärs für Elsaß-Lothringen Zorn von Bulach gemach-, der den Franzosensrennden im Reichslande sehr deutlich sagte, daß sie daran Schuld trügen, wenn Elsaß-Lothringen noch nicht volle Selbständigkeit erhalten könnte. Herr Zorn von Bu­lach ist noch als Franzose geboren, kennt also die Entwicklung im Reichslande genau. Eine Einver­leibung des Reichslandes in Preußen oder einen an­deren Bundesstaat ist auch im Statthalter-Palais in Straßburg niemals erwogen worden.

» *

Gegen die päp st l i ch e A n w eisn n g, daß. auch von katholischen Professoren, die aus dem Priester stände hervorgegangen sind, die Ablegung des M c> d e r n i ste n eid e s erwartet werde, wendet sich sehr ernsthaft die konservative Kreuzzeitung.Die neueste Entwicklung der katholischen Kirche stellt den Staat vor die Frage, ob seine Beamten wegen ihrer re­ligiösen Stellung von einer kirchlichen Obrigkeit ge- inaßregelt werden können. Einem solchen Konflikt ist der Staat bisher mit Rücksicht auf die Kirche und ihre treuen Glieder, die in Deutschland immer auch treue Staatsbürger waren und sind, ausge­wichen-. Die Folgen des Konflikts werden für Staat und Kirche gleich schmerzhaft sein. Und da ans kirch­licher Seite Gewalt angewendet zu werden scheint, muß die Staatsverwaltung um so ruhigeren Blutes in die Aktion treten und nie verMssen, daß es sich hier um Fragen des religiösen Gewissens ihrer Bür­ger handelt." Angeblich stehen noch weiter? Be­stimmungen bevor, wonach die katholischen Geistlichen fortan ständig den Tatar zu tragen und den Besuch der Gasthäuser und des Theaters zu meiden haben.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 30. Januar.

Auf der Tagesordnung steht zunächst der Ge­setzentwurf betreffend die denn obersten Landes- gericht einzulegende Revision in bürgerlichen Rechts­streitigkeiten. Staatssekretär Dr. v. Lisco: Der Gesetzentwurf entspricht einem Antrag, den Bayern beim Bundesrat gestellt hat. Er soll den bisherigen Mißstand beseitigen, daß das bayerische Recht irre- visabel ist. Für das bayerische Recht ist das Reichs gericht nicht zuständig. Durch die Schaffung einer schärferen Abgrenzung der Zuständigkeit des Ober­sten Landesgerichts und des Reichsgerichts soll die sem Nebel abgeholfen werden. Nach kurzer Debatte, in deren Verlauf der bayerische Jnstizminister Ritte r v. Miltner um Annahme der Vorlage bittet, schließt die erste Lesung. Da Kommissivnsberatung nicht beantragt ist, folgt sofort die zweite Lesung. In die ­ser wird der Gesetzentwurf ohne Debatte angenom inen. Es folgen Petitionen und zwar zunächst die Petition der badischen Landwirte betreffend die Fest­stellung von Flurschäden bei Truppenübungen. Diese überweist das Haus bezüglich der allgemeinen Ge­sichtspunkte dem Reichskanzler zur Erwägung. Be­züglich der Spezialforderung auf Entschädigung wird zur Tagesordnung übergegangen. Es folgt die Pe­tition des Wirkt. Geh. Kriegsrats Uhlenbrock in Friedenau betreffend die Dienstverhältnisse der Mi litärintendanten usw. Der Petent wünscht die Ein­setzung einer Kommission zur Prüfung der Verhält­nisse in der Militärverwaltung. Diese Kommission soll gesetzwidrige Einwirkungen nnverantwortlicher Offiziere unmöglich machen. Der Reichstag möge

darauf hinwirken, daß, aus dem Paragraphen 25 des Reichsbeamtengesetzes die Miliiärintendanten ausgej chattet werden, und daß dem Petenten, der in gesetzwidriger Weise seines Amtes ent­setz! worden sei, Gerechtigkeit zuteil werde. Die Petitionskommission beantragt, die Petition, so­weit sie die Einsetzung der gewünschten Kommission und die Streichung der Militärintendanten in Para graph 25 des Reichsbeamtenges-etzes betrifft, dem Reichstag zur Erwägung zu überweisen, im übrigen zur Tagesordnung überzngehen. Abg. Sommer (Fortschrittt. Vpt. i begründet einen Antrag seiner Partei, die Petition dem Reichskanzler zur Berück­sichtigung zu überweisen. Nach unwesentlicher De­batte zieht Sommer (f. Bp., den Antrag seiner Partei zurück und der Kommissionsanlrag wird an genommen. 26 Petilione n vetr. Maßnahmen zur Beendigung de r Fleis ch teuernng werden dem Reichskanzler als Material überwiesen. Es folgt eine Petition betreffend die Verunreinigung des Wassers durch Fabrikabwässer nsw. Die Kommission schlägt Ueberweisung als Material vor. Nach längerer Debatte beschließt das Hans ne im Sinne der Kommission. Es folgt die Beratung der Petition betr. Aenderung des Impfge­stehe s. Die Kommission beantragt Uebergang zur Tagesordnung. Es liegt eine Reihe von Anträgen vor, darunter ein Antrag F a ßb e n d e r - Psf e i f sei stZtr.:. die Petition als Material zu überweisen und uw einen Gesetzentwurf betr. Aenderung des Jmpfgesetzes zu ersuchen, dein ein? Gewissensklau sel beizusügen wäre, wonach Befreiung vom Imps zwang eintritt, wenn die betreffenden Eltern er­klären, daß ihr Gewissen gegen die Impfung ibrer Kinder spricht. Pfeiffer iZtr. begründet den An trag. Kommissar des Bundesrats, Geh. Rat Dr. Kirchner: Es ist niemals von einein Regierungs­kommissar gesagt worden, daß Ettern, die ihre Kin­der nicht impfen lassen, in Ketten gelegt werden sollten. Arning -null. - An Stelle der einzelnen Landesimpfgesktze sollte inan ein einheitliches Reichs­gesetz zur Anfrechsterhaltnng der Zwangsimpfnng er­lassen. Ich bin für die Kommissivnsbeschlüsse. Dar aus wird Vertagung beschlossen. Nächste Sitzung Dienstag t Uhr: Dritte Lesung der Reichswertzu mcichsstener. Schluß ceinviertel Uhr.

v ^md^nachrichLen.

N.kk,itt6«to 31. Januar.

* Sitzung vcs Gemeinderats vom 23. Jannao. Als Sachverständiger zur Beratung der Stadt bei Erweiterung des Elektrizitätswerkes >Leitungsnctz rc.) wird Ingenieur Weizsäcker in Stuttgart be stimm!. Es stehen weitere Elettrizitätswertfra- gen zur Beratung. Erwähnenswert ist, daß die Stadt, die bekanntlich die Installation sreigibt, die Lieferung der Elektromotoren selbst zu übernehmen beabsichtigt und zwar zum Selbstkostenpreis. Die durch den gemeinsamen Bezug dabei erzielten Vor­teile sollen den Motvrbeziehern zugute kommen. Die definitive Erledigung dieses Gegenstandes wird zu rückgestellt. Ebenso wird der nachgesuchte Anstel lnngsvertrag mit Monteur Faißt zunächst zurück gestellt. Der Vorsitzende teilt das Ergebnis der ain 13. Januar stattgefnndenen Verpachtung städt. Grundstücke mit, die insgesamt eine Pacbtsninme von 1 445 Mark ergeben hat. Beschlossen wurde, eine zweite Verpachtung anzuberanmen und wenn die Kunstmühle nicht für landwirtsch. Zwecke verpachtet wird, die Scheune bei der Kunstmühle gesondert zu verpachten. Beschlossen wurde ferner, bei der Berpachtung der Grundstücke einen uninittelbar oberhatb der Kunstmühle gelegenen genügend großen Platz für einen Sportsplatz vorznbehalten. Borge sehen ist die Anlage eines Schlittschnhsees, wozu dieser Platz als vorzüglich geeignet bezeichnet wurde, und eines Ball und Tennisplatzes w. Bezüg lich der Bruderhausgebäude schweben, wie der Vor sitzende mitteilte, Verhandlungen mir Liebhabern^ Beschlossen wurde die Erneuerung von Pachtver­trägen über städt. Grundstücke auf weitere 10 Jahre-,

Ein Grundstück ans Altensteig-Dörfer Markung, das seither an den verst. Bäcker Kirn verpachtet war, soll zur Wiederverpachtnng bezw. zum Verkauf aus- . geschrieben werden. Einen breiten Raum der Verhandlungen nahm die Erneuerung der Mobi- tiarversichernng des städt. Mobiliars in Anspruch. Die Stadtverwaltung wurde zum Abschluß derselben ermächtig!. Ob diese mit der Württ. oder mit der Aachener und Münchener Fenervers.-Ges. erfolgt, hängt von den weiteren Ermittlungen ab.

st Neuenbürg, 30. Jan. Gestern bald nach dem Abendessen entstand im Haus des Hvlzfnhrmanns Seyfried in Nonnen miß Feuer, dem Wohn- nnd Oekonvmiegebäude und viel Fahrnis zum Opfer fielen. Der Brandausbruch wird in einem Kamin­defekt vermutet.

st Reutlingen, 30. Jan. Der dem Branntwein­genuß ergebene 57 Jahre alte Taglöhner Johann Georg Hensel trank aus einem Gläschen Montanin, einer zum Ausbrennen schimmeliger Fässer verwen­deten Flüssigkeit, für Schnaps einen kräftigen Schluck, der ihm nach zweitägigen heftigen Leib­schmerzen gestern das Leben kostete. Auf der Gönninger Bahn kam es gestern abend zwischlen Gomaringen und Betzingen unter zwei hiesigen Fabrikarbeitern zu Raufereien, in deren Verlauf der l 9jährige Karl Kalbfell dem verheirateten Gottlieb Schmidt von Betzingen mit einem Stiletmesser einen lebensgefährlichen Stich in die Brust beibrachte.

st Schwenningen, 3«4 Jan. Bor etwa >5 Jah­ren wurde hier ein zweites Lokalblatt gegründet, das aber nicht prosperierte. In der Zwischenzeit Hai es fünfmal seinen Besitzer, viermal seinen Titel und dreimal seine Farbe gewechselt und dabei etwa lo Redakteure verbraucht. Jetzt hat das un­glückliche Organ stitlichweigend sein Erscheinen ein­gestellt. Das allerdings nicht bedeutende Abonne- uientsgeld war vorher nvcy einkassiert worden. Auf ihre Reklamation erhielten Abonnenten die Ant­wort, die Maschinen müßten repariert werden, was mehrere Monate dauern könne.

st Leonberg, 30. Jan. Das unbeleuchtete Fuhr­werk eines Metzgers ans Fenerbach fnyr zwischen Weil i»i Dorf und Feuerbach mit solcher Wucht in das des Oetonomen Hörnte von Weil im Dorf, daß die Wagendeichsel des ersteren dreimal abbrach und ein sechzig Zentimeter langes Stück in die Brust des Sattelpferdes völlig eindrang und in der Wunde stecken blieb, so daß das Pferd, das einen Wert von ca. 1400 Mart darstellt, kurze Zeit darauf tot war. Wie die angestellten gerichtlichen Erhebungen erga­ben, war das Fuhrwerk Hörnles vorschriftsmäßig beleuchtet und dem entgegenkommenden Fuhrwerk des Metzgers ordnungsmäßig ansgewichen.

a Stuttgart, 30. Jan. Eine Krau, die am 24. ds. Mts. in der Ludwigsburgerstraße von einem Auto angefahr e n und zu Boden geworfen wurde, ist am Samstag vormittag im Kaiharinenhospital ihren Verletzungen erlegen.

st Stuttgart, 30. Jan. Es sind in letzter Zeit wieder mehrfach gefälschte Geldstücke in Ver­kehr gebracht und angehalten worden. Darunter befinden sich gut nachgemachte Fünfmarkstücke aus einer Legierung von Blei und Zinn, die auch im Klang von den echten schwer zu unterscheiden sind. Sie tragen das Bild König Ludwigs II. von Bayern und die Jahreszahl !375, außerdem das Münz­zeichen D.

st Stuttgart, 30. Jan. Das Stadtpolizeiamt erläßt folgende Warnung : In großer Anzahl und prahlerischer Form werden allenthalben Mittel an-- gepriescn und in den Handel gebracht, die den Frauen in kürzester Zeit und mit Sicherheit zu vollen Körperformen, insbesondere zu üppigen idealen Bü­sten verhelfen sollen. Vom Bezug und Anwendung dieser Mittel, die als Bnsenkraftpnlver, Büstenwas­ser und unter Bezeichnung wie Orientalische Pillen, Busenformer, Büstel, Bellaforma, Herkulesdesserts, Juno Henriette. Cleopatra, Covarolpillen, Thilos- sia. Grazinol, Peralspera-Essenz u. a. vertrieben wer--

1