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1877.

Li: TaLeSauSgabe vierteljährlich im Bezirk Nagold und Nachbarortsverkehr Mk. 1.LS

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Zerussrecher

Nr. 11.

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t-i einmaliger Sin» rAchunz 10 Pia. orr -iistpalttge Zeilen l-ei Wtederholungeo enrixrecheuo^ Na»>akr.

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den GberamLsbezirken Nagold, Freudsnstadt, Calw u. Neuenbürg.

Rr. S4

Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Lauk), Altensteig.

Moutag, 3 V. Januar.

Amtsblatt fSr Pfal»srase»«eller.

1SH.

Lagespolitik.

Bei der Feier anläßlich des Geburtstages des deutschen Kaisers in der deutschen Kolonie in Peters­burg brachte der kaiserliche Botschafter Graf Pour- tales ein Hoch auf den Kaiser Nikolaus ans und sagte über die deutsch-russischen Beziehungen u. a.: Es erfüllte uns Deutsche mit besonderer Freude, daß Kaiser Nikolaus im Jahre llllO längere Zeit in Deutschland weilte und in unseren heimatlichen Gefilden Ruhe und Erholung suchte- und fand. Eine besondere Bedeutung erlangte der Aufenthalt des Kaisers auf deutschem Boden durch die Begegnungen mit unserem Kaiser, bei denen das zwischen den beiden Herrschern bestehende Freundschafts- und Ver­trauensverhältnis von neuem besiegelt und befestigt wurde. Es ist noch in frischer Erinnerung, welch günstigen Eindruck die Potsdamer Mvnarchenzusam menkunft nud die erfreulichen Aussichten, die sich für die weitere Entwicklung girier deutschrussischer Beziehungen eröffneten, überall bei allen Freunden des Friedens hervorriefen. Kann doch nirgends ein Zweifel über den Wert bestehen, welcher einem freundschaftlichen Verhältnis zwischen den beiden

> mächtigen Nachbarreichen für die Sache des allge meinen Friedens innewohnt. In Deutschland wie in Rußland kam die freudige Genugtuung über das hochbefriedigende Ergebnis des zwischen den beiden Monarchen und ihren Beralern stattgehabten ver­trauensvollen Gedankenaustausches in dem bei wei­tem größten Teile der öffentlichen Meinung in einer Weise zum Ausdruck, die keinen Zweifel darüber läßt, daß ein gutes nachbarliches Verhältnis den Wünschen beider Völker entspricht. Wenn aber die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf einer solchen Grundlage ruhen, berechtigen i ie zu der Hoff nnng, daß sie von Dauer sein werden. Sie sind zu fest gewurzelt, als daß Versuche, sie zu erschüt­tern, wie sie d er Widerstreit der Meinungen in dem politischen Tageskampf zeitigt, Aussicht auf Erfolg haben konnten. Möge die Erkenntnis, daß diese Freundschaft dein Wohle beider Länder entspricht und dem Frieden der Völker dient, in immer weitere Kreise dringen, möge sie auch diejenigen bekehren, die sich in dieser Beziehung noch nicht überzeugen lassen wollen. Unseren beiden erlauchten Herr- ichern aber gebührt unauslöschlicher Dank für ihre fortgesetzten Bemühungen, das vertrauensvolle Ver­hältnis zwischen den beiden Reichen zu Pflegen und vor Trübung zu schützen.

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Ein ernstes Wort hat anläßlich der Kaiser­geburtstagsfeier der preußische Gesandte beim Va

> iikan von Mühlberg zu den deutschen Prälaten in Nom gesprochen. Der Gesandte riet eindringlich znm konfessionellen Frieden und warnte noch eindring licher vor einer Verkennung deutscher Verhältnisse, d. h. vor Eingriffen in Machtsphären der kaiser­lichen Gewalt. Die Rede hat tiefen Eindruck geinacht'.

Gesandter von Mühlberg führte aus: Nur eine genaue Kennlnis deutscher Verhältnisse kann bei Ab sigssung päpstlicher Dekrete von Segen sein. Die

' Beuroner Kaiserrede spricht eindringlich zu jedem Patrioten, das in den Vordergrund zu stellen, was uns eint. Die Kirche darf nie vergjesseu. daß die Kirche sich nirgends in der Welt eines so parken Schutzes erfreut wie unter dem Zepter des deutschen Kaisers. Alle Faktoren müssen sich unter dem gro­ßen Gesichtspunkte vollster Eintracht zniammenfin den, beide Konfessionen müssen kulturell zusammen arbeiten.

Der Reichskanzler von Bethmann Hvllweg ver­anstaltet für die Führer der bürgerlichen Reichstags­parteien an« heutigen Montag einen parlamcnta - ris chen Abend, schon den zweiten im neuen Jahre. Man ersieht daraus, wie sehr auch dem gegenwär­tigen Kanzler daran gelegen ist, in privater Unter­redung die Ansichten der verschiedenen Parteien ken­nen zu lernen und mit deren Vertretern an gedeck-

Kestrlluugen

auf unsere ZeitungAns den Tannen" für die Monate Februar und März werden fortwährend entgegengenommen.

ter Tafel zu besprechen. Es ist nun einmal so, daß ein gutes Diner eine besänftigende Wirkung ans das Gemüt des Menschen ausübt, d. h. in unserem Spezialfall auch den Oppositionsmann zugänglicher macht für die Gründe der Regierung.

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Das Problem der Kreditversicherung sucht eine Schrift des Direktors des deutschen Kre­ditversicherungsverbandes Dr. Henrich zu lösen. Dem Geschäftsmann, der heute am.Jahresschluß vielleicht einen ansehnlichen Teil seiner Ausstände abfchreiben muß, wäre eine Versicherung gegen Kreditausfälle zweifellos willkommen. Etwas anderes ist es, ob eine solche Versicherung auch im allgemeinen volks­wirtschaftlichen Interesse lüge. Diese Frage- wird man mit einem runden Nein beantworten müssen, da die Kreditversicherung der Borgwirtfchaft Tür und Tor öffnen und damit leichtsinnigen Känst'rn verderblich werden würde. Die Henrichfche Schrift deutet lautVoss. Ztg." an, daß die Versi­cherung auf Kredilversorgung gerichtet sein soll: man will sogar denKleinkredit" pflegen und ihn zu einerBolksverfirberu.:g" entwickeln. Für absehbare Zeit will inan aber den Anspruch ans Zahlung der Differenz, Reugelder und Vertragsstrafen von der Versicherung a n s s chl i en.

Vorletzten Sonntag war in Berlin das jährl. Krv- nungs- und Ordensfest. Es wurde in der üblichen Weise gefeiert und in der üblichen Weise ergoß sich aus diesem Anlaß ein gewaltiger Ordenssegen oder Ordensregel«) über das Land. So drei bis viertausend Stück werden es gewesen sein: wer hat die Zeit genau zu zähle«« ? Wenn inan bedenkt, daß das jahrein, jahraus so geht, und daß zwischenhinein noch so mancher Ordenserguß erntritt, so sollte man «««einen, nüchstcns müßten sämtliche Knopflöcher ge­sättigt sein. Aber es ist nicht sw Selbst wenn jeder erwachsene Staatsbürger seinen Sonntagsrock mit einem Orden schmücken könnte, wäre es doch nicht genug. Uebrigens sind auch Heuer die Parla«n>en- tarier reich bedacht worden. Auf der Rechten und i«t der Mitte am stärksten, wie es den Zeitläuften entspricht «und überhaupt^. Aber auch in die Volks­partei haben sich etliche Adler in entsprechender Verdünnung verirrt. Als der Reichstagspräsident Graf Stvlberg-Wernigerode er ist im vorigen Jahre gestorben . einnrak gefragt wurde, warum er zu seinen Abendgesellschaften den Frack vor schreibe, erwiderte er etwas malitiös:Damit die Herren von der Linken ihre Orden zeigen können!"

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In London hofft man, daß der amerila n is ch-kanadische Handelsvertrag, in dem inan einen schweren Schlag für die Idee des briti scher« Reichszollvereins erblickt, nicht Zustandekom­men werde, da ihn Jnteresfentengruppen Kanadas wie der Union bekämpfen. Möglich genug ist es, daß England für dieses Mal noch mit dein bloßen Schrecken davonkommt. Die Regierung Witt den Hafen von London für die Ausnahme größter Schiffe einrichten und daher ganz erheblich erweitern, mit Trockendocks und umfangreichem Anschlnßnetz an die großen Eisenbahnlinien ansstatten lassen. Die Ko sten des auf 20 Jahre berechneten Umbaus werden gegen 000 Millionen Mark betragen.

j Württemdergisther Landtag.

Stuttgart, 2.K Januar,

Die zweite Kammer fetzte heute die Geir.ralde- -atte zürn Etat fort. Der Abg. Häffner (D P.) sah in der Erklärung der Regierung teure Anerken­nung des Inhalts der Reichsfinanzrefvrm, son­dern nur die Konstatierung der Tatsache, daß sie dem Reich die nötigen Mittel verschafft habe. Der Redner forderte Einschränkung der Kanzteikostjen,. Hilfe für die notleidenden Weingärtner, «vettere Ver- einheirlichnng des Eisenbahnwesens und erklärte die Zustimmung seiner Partei zu der Gehaltsvorlage. Die Zollgesetzgebung sei nicht die einzige Ursache der Verteuerung der Lebensmittel: hoffentlich finde der Ausschuß eine gerechte Verteilung der Steuer­lasten, Der Abg, Keil >Soz.i), twr über zwei Stun­den lang sprach, verlangte zunächst ein anderes Wahl­recht für Preußen und Anpassung des Wahlrechts Elsaß-Lothringens an das Reichstagswahlrecht, Er warf der Regierung eine Verminderung des sozialen Verständnisses bcr Lohnkäriipfen vor, verwies dabei ans Pforzheim, Schwenningen und Neckarsulm und beschttldigle Behörden und Richter der Voreingenom­menheit gegenüber den Arbeitern, Der Prozeß des Oberleutnants Gramm habe bewiesen, daß in Würt­temberg Klassenjustiz herrsche. Der Redner berührte dann einzelne Etatsfragen und erklärte schließlich, daß ferne Partei die Gehaltsoorlage gewissenhaft prüfen werde: sie «nüsse den unteren Beamten und den staatlichen Arbeitern viel mehr zugute kommen. Wünschenswerc «ei die Schaffung einer Erbschafts­steuer für Deszcndenien und Aszendenten, venoerf- lich der Vorschlag einer Siaatslotterie. Ministerpräsi­dent v, Weizsäcker wandte sich gegen die An­griffe Keils an« die preußische Verfassung, Keil habe gesagt, die politischen Sitten in Preußen seien nicht die feinsten. Solche Bemerkungen habe er natürlich nicht in« Auge gehabt, als -er vor einigen Tagen seiner Befriedigung über die Verhandlungen des Landtags Ausdruck gegeben habe. Welche Verstim­mung würde entstehen, «venu derartige Bemerkungen über Württemberg in« preußischen Parlament fie­len! Der Abg, Kraut BK, polemisierte zunächst gegen Keil und wies dessen Angriffe auf die preu­ßische Verfassung, ans die württembergischen Richter und ans die Agrarier zurück. Der Regierung sei die Erkenntnis von den günstigen Wirkungen der Reichsfinanzresorm sehr spät gekommen. Der Red­ner besprach dann ebenfalls einzelne Eiaksfragen und verlangte dabei Aufklärung über das Resultat der Untersuchung bei der Stuttgarter Polizei, Bei dieser Untersuchung seien ganz merkwürdige, sogar schauderhafte Verhältnisse anfgedeckt worden. Beson­dere Anerkennung zollte Krank der Sparsamkeit bei den Eisenbahnen, Schließlich erklärte er auch die Zustimmung seiner Partei zur Gehaltsvorlage, vor­behaltlich der Stellung in« einzelnen. Möge es ge­lingen, die berechtigten Wünsche der Beamten mit der Leistungsfähigkeit des Landes in Einklang zu bringen! Nach kurzen Bernerknngen des Minister­präsidenten und des Justizministers wnrde sodann die Weilerberatung ans Dienstag nachmittag vertagt.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 28. Januar.

Die Samstagssitznng brachte das Eingreifen des Reichskanzlers in die Beratung des elsaß-lothrin­gischen Verfassnngsenlwnrfes. Zunächst sprach noch der Abg. Winckler (konf. , der die Verhältnisse: im Reichslande nicht für so gedeihlich erachtet, um dieses «veitgehende Entgegenkommen verantworten zu können. Besonders konnte der Redner dem vor geschlagenen Wahlrecht nicht znstimmen. Reichskanz­ler v. Bethma » n H o llweg: Die vor einem Jahre überwiegend günstige Stimmung hat einer skepti­schen, vielfach ablehnenden Auffassung in dieser Frage Platz gemacht. Ans dem Verlaufe der De­batte, namentlich vorgestern, habe ich wieder einen frenndlicheren Eindruck bekommen. Die nnerfreu--