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1877.

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Fernjpr»cher Nr. 1j.

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Unparteiische Tageszeitung und AnZeigeblaü, verbreitet in den Gbsramtsbezirken Nagold, KreudsnstadL, Lalw u. Neuenbürg.

Nr 80

Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Laut), Altensteig.

Mittwoch, dem 35. Jarmar.

Amtsblatt fLr Dfalzgrujeiriveiler.

9!1.

Umtliches.

Folgenden Angehörigen des K. Landjägerkoips sind für vorzügliche T-enftleiftmigen und langjährige lreue Pslayler- füllung Anszeichnungen zuerkannl ivorden: I. Geldbe, lohnungen erhalten : Der Slalionskonunandanl Sanier in Calw, der ObeUaudjäzec Vissing er inPfnlz- g r a f e n w e r l e r , der Landjäger K ! rchher r in W ild- berg, der Overlandjäger 9t aichle in Wildbad. Oeffentlich Velubl werden der Siauonstomruandanr sik i e ß und der Landjäger Klopfer, beide in Neuenbürg.

Tagespolitik.

Durch eine Novelle zum Sporteltarifgesetz sind im vorigen Jahre die Sporteln für die Ver­leih nng eines Bergwerks wesentlich erhöht worden, und zwar die Sporteln für Ausfertigung der Berleihungsurkunde von 25 bis 300 Mark auf 300 bis 3000 Mark, und die jährlichen Spor­teln bei Nichtbetrieb des Bergwerks von 2,50 bis 30 Mark ans 150 Mark im dritten Jahr des .Nicht- bekriebs, steigend für jedes weitere Jahr um 50 Mari. Damit sollte derunbefriedigende, dem öf­fentlichen Interesse nicht entsprechende Rechtszu-, stand, der ungerechtfertigte langfristige Spekulano neu und mißbräuchliche Erwerbungen von Berg- Werkseigentum zu anderweiten Zwecken begünstigt, verbessert werden." Es wurde nämlich in Württem berg in früheren Jahren über ausgedehnte Gebiete das Bergwerkseigentum erworben, ohne daß. ein Bergwerksbetrieb überhaupt in Aussicht genommen wurde. Die Wirkungen der Erhöhung zeigen sich jetzt darin, daß. ans die vor Verkündigung des Ge­setzes verliehenen Bergrechte, ans die es gleichfalls ausgedehnt wurde, verzichtet wird.

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DieFreien Studentenschaften" der Universität und der Technischen Hochschule in München veranstal­teten eine Feier zur Erinnerung an die Gründang des Deutschen Reiches. Der Professor der Ge­schichte, Dr. Siegmnnd Hellmann, erörterte in sei ner Festansprache die Frage, was die Rcichs- gründnng dem deutschen Volke gebracht habe, in einer so ernsten Weise, wie es bei der­artigen Gelegenheiten nicht immer zu geschehen pflegt. Der Redner wies auf das Gefühl des Un­behagens und der Unzufriedenheit hin, das die Nation trotz allen äußeren Glanzes beherrsche. Man suche nicht zu Unrecht den Grund hierfür in ge­wissen Mißerfolgen im Innern und nach Außen, in dem Mangel an Stetigkeit und Sachlichkeit, mit der das Reich, dessen teilende Männer ständig wechseln, geführt würde. Die Freiheit, die der alte Arndt besungen, könnte man nicht mehr nennen, ohne zu erröten. Wir Deutschen, fuhr der Redner fort, sind unfrei, weil uns die innere Freiheit und die freie Achtung vor der menschlichen Persönlichkeit fehlt. Diese Erscheinung bestätigt sich uns in der "Eng­herzigkeit und Härte, mit der wir das Privatleben abzuurteilen gewöhnt sind, wir finden sie wieder in den Urteilssprüchen unserer Gerichte, die oft das elementarste Verständnis für das Menschliche ver .missen lassen (Beifall), in der Ueberhebung des Be­amten, der sich nicht als 'ein Diener, sondern als den Herrn des Staates fühlt und den als Unter gebenen betrachtet, der seine Dienste in Anspruch nimmt, wir finden sie wieder in der Gewalttätig­keit und Unduldsamkeit unseres politischen Lebens, das jeden ungewohnten Gedanken und jede Kritik äks ein Verbrechen empfindet, das es am liebsten mit Kanonen und mit Staatsanwalt und Gefängnis be kämpfen möchte. (Beifall. Und wie die Achtung vor der fremden, so fehlt die Empfindung gegen die eigene Persönlichkeit. Der Rücksichtslosigkeit nach unten entspricht der Mangel an Würde nacb oben. Die Klagen über Servilitäk sind alt; aber galten sie einst nur dem eigenen Fürsten, allenfalls dem reisenden Fremden, so hat sich in den letzten Jahr­zehnten ibr Bereich gewaltig erweitert. Wo sind

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die Zeiten, wo der Deutsche stolz war, Ueberzen- gnng gegen Ueberzeugnng zu setzen. Wir sind im­mer mehr in eine Verehrung und Vergötterung alles Autoritativen hineingedrängt worden, die schlimmer ist als die Anarchie. Der Kultus der Autorität wirkt so gefährlich, weil er im Grunde unsittlich ist. Und auch er entspringt dem deutschen Grundfehler, dem Mangel stolzer, aufrechter Gesin­nung. Im Erwachen der Achtung vor der fremden und vor der eigenen Persönlichkeit liegt die Grund tage zu wahrer Sittlichkeit und Freiheit, zur in neren, sowie zur äußeren.

Tsi protestantische Epistopaltirche, die etwa 3 einhalb Millionen Anhänger zählt, hat die Initia­tive zu einer Einigung aller christlichen Kirchen der Vereinigten Staaten ergrif­fen und in diesem Sinne ein Schreiben an alle christlichen Kirchen gerichtet. Kardinal Gibbons, Erz bischof von Baltimore, der auch ein solches Schreiben erhielt, hat darauf in einer Predigt in seiner Kathe­drale geantwortet. Er führte darin ans, auch ihm sei der Gedanke an eine Einigung teuer und er sehne sich von ganzem Herzen nach dem Tage, wo es nur' eine Kirche, einen Hirten und eine Herde geben werde. Aber diese Einigung könne nur da dnccb verwirklicht werden, daß alle Christen ein einziges Haupt anerkennen. Die amerikanische Union könnte nicht existieren, wenn sie mehrere Präsidenten statt eines einzigen hätte: so sei es auch mit der Kirche, die nicht mehrere Oberhäupter haben könne. Christus habe auch nichc mehrere Kirchen, sondern nur eine einzige gestiftet, die als sichtbare Gemeiu- sckast auch ein sichtbares Oberhaupt haben müsse. Das sei die katholische Kirche und ihr Oberhanpl, der Papst. Ilm die Einigung herbeizuführen, müsse inan einfach dieser Kirche sich anschließen. Das wer­den die Protestantischen Kirchen, die eine ganz an dere Grundlage haben wie die katholische, schwer Uch tun wollen und darum wird die religiöse Eini­gung, wenn es überhaupt dazu kommt, sich ohne die Katholiken vollziehen müssen.

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Der brasilianische Gelehrte Candida Jnea hat kürzlich im Correiv da Manha unter der lieber schriftA Tnrasao Germanica" (Die germa­nische Invasion; einen Aufsatz veröffentlicht) Der Aufsatz beweist den vollkommenen Umschwung der Stimmung in Brasilien: denn er ist ein wahrer Lobgesang ans das Germanentum. Herr Jnea be weist, warum die letzte und gegenwärtige Stufe! der abendländischen Kultur germanisch fei. Germa irischer Abstammung fei vor allem der große und viel hundertjährige Kampf um die religiöse und die po litischc Freiheit, denn der französischen Revolution seien die Freiheitskämpfe dreier germanischer Län­der voranfgegangen, nämlich Holland, England und der Vereinigten Staaten. Große volkstümliche Ein richknngen, wie die Geschworenengerichte und das Verfasfimgsrecht seien ebenfalls germanischer Her­kunft. Auch in den fruchtbringenden Regungen des Friedens, welche die ganze Menschlichkeit mit Wohl

taten erfüllten, leuchte der germanische Genius her­vor. Ein Deutscher habe der Wett das unschätzbare Gescheut der Bnchdrnckerknnft gebracht, germanische Philosophen wie Bacon und vor allem Kant hät­ten den höchsten Gipfel menschlicher Intelligenz er­klommen. Der Verfasser schließt:Warum über die deutsche Literatur sprechen? Von Luther bis Klopf- stock, von Lessing bis Schiller, von Goethe bis zur Gegenwart ist ein Lichtkranz, ist ein ununterbroche­nes geistiges Wetterleuchten. Wozu ans die deutsche Wissenschaft anspieten? Unzweifelhaft ist die wis­senschaftliche Universaltultur heute teutonisch. Ihre Meister und ihre Professoren durchziehen die Welt, ebenso wie ihre friedlichen Arbeiter und ihre Kriegs- lcute. Ans der anderen Teile liberschwemmen und beherrschen germanischer Handel und Industrie, wie sie in Deutschland, England und den Vereinigten Staaten betrieben werden, beinahe alle Länder der Erde in wachsendem unaufhörlichem Fortschritt. Je­dermann kennt die witzige, erbauliche Geschichte des Made in Germany". Was ist das alles, so schließt nach den Mitteilungen des Vereins für das Deutsch­tum im Ausland der Verfasser, wenn nicht die ger­manische Flutwelle, die germanische Ueberschwem- mung, germanisches Eindringen, ich möchte sagen: germanische Invasion?"

Deuljch er R eich siag

Berlin, 2k. Januar.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Fort­setzung der zweiten Lesung des Wertzuwachsstener- gesetzes. Morgen 1 Uhr Fortsetzung, Reichsbesteue­rungsgesetz, Fernsprechgebührenordnung. Eventuell findet morgen euch eine Abendsitzung statt. Schluß gegen Oeinvierlel Uhr.

TandesnachrrchLerr

Alterrflotg, 25. Januar.

* Eine Warnung. Nach einer Mitteilung sucht die M. A. Winter Company in Washington zahlreiche Agenten in Deutschland, um für das von ihr ver­triebene HeilmittelNatürlicher Gesnndheitsher- steller" den Absatz im Reichsgebiet zu erweitern. Dieses Mittel in gleicher Zusammensetzung sucht sie neuerdings auch unter dein NamenNalther Tab letten" in Verkehr zn bringen. Der Vertrieb des als Umversalheilmittel angepriesenen Geheimmittels erfolg: unter ausdrücklich angegebener Umgehung der Apoiheken ausschließlich durch Agenten, obwohl es nach der kaiserlichen Verordnung, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln, vom 22. Oktober >90l, eine den Apotheken vorbehaltene Zubereitung dar stellt, die als Heilmittel außerhalb der Apotheken nicht feilgehalren oder verkauft werden darf. Dia genannte Firma weist auf ihr Mittel in markt­schreierischer Weise hin und sucht auch Württem­berg als Absatzgebiet zn gewinnen. Es handelt sich bei dieser Arznei um ein gewöhnliches Abführmittels das für hohen Preis verkauft wird, aber keineswegs das leisten kann, was die Firma Winter u. Co«, verspricht. Das ganze Unternehmen läuft offen­bar auf eine Ausbeutung des Publikums hinaus. Vor dem Bezug des Mittels wird nachdrücklich ge­warnt. Agenten machen sich durch den Vertrieb des Mittels strafbar.

* Das Jahr 1KI I, also vor hundert Fahren, war das beste Wein und Erntejahr des ganzen l 9. Jahrhunderts. Der beste Wein gedieh in solcher Menge, daß man das halbe Liter zn I 2 Kreuzer erhielt. O gute, alte Zeit!) Die Witte­rung war ganz außergewöhnlich, zn Weihnachten Gewitter, im März blühten Kirsch- und Apfel­bäume, Anfang April wurde Klee geschnitten und Ende April das Wiesenheu emgebracht. Das gute Wetter hielt den ganzen Sommer an, sodaß die Ernte schon Anfangs Juni im vollen Gange war und am Johannistag > 24. Juni : gab es schon neues Brot.

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