Tchwarz Wälder Lonntagsblatt.
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Nachdruck verboten.
(2z.) In eurem bemerkenswerten Zirkular wendet sich der Verein der Großhändler der W.auusak- turwaren und verwandten Branchen in Hamburg gegen eine neue Art geschäftlicher Schiebungen, die darin besteht, Last ein Lieferant bei Lieferung von Waren sich Vicht nur an seinen eigenen Waren! das Eigentumsrecht vorbehält, sondern sich in dem Vertrag weiter schriftlich ausbedingt, daß, die neu anzuschaffenüen Waren in sein Eigentum übergehen sollen. Da diese Schiebung in der Regel geheim bleibt, so geben manche Lieferanten auf das bereits vorhandene Warenlager hin dem Schuldner Kredit und gehen dann im Falle der Zahlungseinstellung oder der sonstigen Vermögenslosigkeit des Schuldners ihrer Rechte verlustig. Es fragt sich nun, ob die Vorschriften des BGB. gegen diesen in üppiger Blüte stehenden Kreditschwindel, durch den die weitesten Kreise der .Kaufmannschaft in Mitleidenschaft gezogen werden, hinreichenden Schutz gewähren. Die Beantwortung der Frage läuft aus die schon unter dein Einfluß des früheren Rechts lebhaft erörterte Streitfrage hinaus, welchen Einfluß bei Kreditgeschäften einem Irrtum des Kreditgebers über die Zahlungsfähigkeit des Kreditsuchenden einzuräumen ist. Das BGB. hat in Paragraph l l9 bestimmt, wann ein Rechtsgeschäft wegen Irrtums angefochten werden kann und hat auch den Irrtum über Eigenschaften der Personen als beachtlichen anerkannt, sofern sie im Verkehr als wesentliche angesehen werden. Nun kann eine Eigenschaft, die für bestimmte Arten von Geschäften wesentlich ist, für andere Arten von Geschäften unwesentlich fein und es läßt sich nicht schlechthin eine für alle Fälle zutreffende Antwort geben.
Was insbesondere die hier zu erörternde Frage hinsichtlich Bermögensverhältnisse einer Person betrifft, so gehen die Ansichten auseinander. Es läßt sich nicht sagen, daß die Bermögensverhältnisse des Schuldners in der Regel als ein beachtlicher Irrtum anzuerkennen sind. Sv hat z. B. beim Mietverträge das Landgericht Dresden entschieden, daß die Vermögenslosigkeit eines Mieters nicht zur Anfechtung des Mietvertrages berechtigt. Ja im Falle der Eheschließung bestimmt sogar das Gesetz in Paragraph 1334, Absatz 2 ausdrücklich, daß der Irrtum oder die Täuschung über die Vermögensverhalt- nisfe des einen Gatten dem anderen keinen Grund LUr.Aisiechtnug.deu Ehe gibt. Indes ist dieser für die Ehe geltende Satz für das Gebiet der vermögjens- rechtlichen Verhältnisse nicht als absoluter aufzustellen. Es gibt Fälle, für welche eine Person durch den Besitz von Mitteln als eine Person eben derart gekennzeichnet wird, mit der ausschließlich ein Vertrag cingegangen werden soll. Insbesondere qualifiziert sich die Kreditwürdigkeit des Käufers im kaufmännischen Leben als eine Eigenschaft, die bei Kreditgeschäften als wesentlich anzusehen ist. Diese Ansicht ist allmählich durchgedrungen und hat auch die Billigung des R.G. gefunden, das in seinen neueren Entscheidungen anerkennt, daß nach dem Rechte des BGB. beim .Kreditkauf im Handelsverkehr der Irrtum über die Zahlungsfähigkeit des Käufers beim Vertragsschlusse als Irrtum über eine Eigenschaft der Person ini Sinne des Paragraph 119, Abs. 2 aufgefaßt werde und die Anfechtbarkeit des Kreditkaufs wegen Irrtums rechtfertige. Nur ist in der Praxis streng darauf zu achten, ob die Kreditgewährung durch den Irrtum über die Vermögenslage veranlaßt ist. Indes wird die Billigung eines Kredits für erhebliche Vermögenswerte sehr wohl durch den Irrtum über den Stand des Geschäfts und die Vermögensverhältnisse des Mitkontrahenten beeinflußt, wenn auch im gewöhnlichen Verkehr der angebliche Irrtum des,Verkäufers über Solvenz oder Insolvenz meist nicht glaublich ist.
Wenn somit das BGB. in Paragraph 119 immerhin einen Schutz gegen schwindelhafte Kredit- nahme.gewährt, so ist dock der Weg für den Kreditgeber, zu seinem Rechte zu kommen, meist ein umständlicher und der Anspruch in der Regel ohne Prozeß nicht durchzusetzen.
Diesem Uebelftande will der eingangs genannte Verein zum Teil dadurch abhelfen, daß er den Erlaß einer gesetzlichen Bestimmung fordert, nach welcher die errichteten Akten über Eigentumsvorbehalt und -Uebergang in eine beim Amtsgericht ausliegende, jedem zugängliche Liste einzutragen sind. Diese Anregung ist nicht etwas ungewöhnliches, auch in änderen Ländern bestehen schon derartige Bestimmungen. So besitzt Frankreich das Gesetz vom 1. März 1898 über den ,,nantissement de fonds de commerce"; auch in England besteht für Sicher- heitsübereignungen seit langen Jahren ein öffentliches Register, in welches die Uebrreignungserklä- rung niederzulegen ist, indes muß diese Eintragung
alle fünf Jahre erneuert werden, sonst tritt sie außer Kraft. Es ist daher zu wünschen, daß auch das deutsche Reich dem Beispiel der Gesetzgebung in den erwähnten Ländern folgt und der Aufforderung des Vereins der Großhändler der Manufakturwaren und der verwandten Branchen Folge leistet.
Allerlei.
8 Ueber die Krau. In der „Neuen Freien» Presse" veröffentlicht Max Viola folgende Aphorismen über die Frau:
Nimm die Tochter nur dann zur Frau, wenn bei Tische nicht die Mutter, sondern der Vater den Vorsitz führt.
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Wenn die Töchter achtzehn Jahren alt werden, haben die Mütter gewöhnlich mit fünfzehn Jahren geheiratet.
Die Frau, die behütet werden muß, kann man nicht behüten.
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Einen je kleineren Fuß eine Frau besitzt, auf einem üm so größeren möchte iie leben.
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Eine Frau bereut nie, denn immer war ein anderer die Ursache. l
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Je mehr ein Mann ein Mann ist, um so eirsi heitlicher ist er. Je mehr eine Frau eine Frau ist, umso vielfältiger ist sie.
-st
Eine Frau ist immer zu überzeugen, doch nur von dem Geliebten.
F-v Lev//
MM
§ „Wanderern ist keine Ruhe gegeben..."
Die „Neue Freie Presse" bringt folgendes Gedicht von Stephan Zweig:
Lied des Fahrenden.
Wanderern ist keine Ruhe gegeben,
Unrast wandert die Wege mit. >
.Fast schon Hab' ich »erwandert mein Leben Und kam doch weiter um keinen Schritt.
Ich wollt', daß ich irgendwo Wurzel wäre, Wiese, Wald, ein Stein oder Blatt,
Nur etwas, das ruht, das ohne Begehren Seine Heimstatt unter dem Himmel hat.
Ich möchte nur Ding sein, eines von jenen', Die Blüte sind von der Erde Blut.
Denen nicht ewiges Sinnen und Sehnen Müdigkeit macht oder wehe tut,
Die brünstig sich in die Scholle vergraben,
In die einst ihr Samenkorn Schicksal fiel,
Nicht Unrast und Wunsch in die Ferne haben, Wolken und wehender Winde Gespiel,
Die blühen und welken, die knospen und reisen, Wie Gott es will, und die selber kaum Ihr leises Leben anders begreifen Als einen sinnlosen sonnigen Traum.
Urgroßvatergedanken.
Der soll die Jugend nicht lehren wollen, der nicht noch von ihr lernen kann.
Kinder machen einen alt, Enkel wieder jung.
Wie schön war die Zeit, da man noch Zeit hatte!
Daß die Jungen nicht daran denken, daß auch sie einmal die Alten sein werden, ist verzeihlicher, als wenn die Alten gar nicht mehr daran denken können, daß auch sie einmal die Jungen-waren.
Humoristisches.
Familiäres. Vater: „Was fällt dir ein, zu behaupten, daß wir an deiner unseligen Heirat mit Anton schuld seien?" — Tochter: „Das seid ihr auch — habt ihr mir nicht seiner Zeit so schrecklich davon abgeraten?!"
Der kleine Sporismaun. Enkel (zu seinem Großvater, dem die Brille von der Nase rutscht): „Großpapa, deine Brille rodelt die Nase herunter!"
Der Geizhals. — „Warum haben Sie denn auf Ihre alten Tage noch Ihre Haushälterin geheiratet?" — „Sie hatte sich bei mir ein kleines Vermögen erworben, und das mußte ich ihr doch wieder abnehmen!"
St. Bnreankratins.
Einst langgefnelte Gänsekiele.
Einen schäumenden Maßkrug zur Seit',
Im Pult einen saftigen Schinkenknochen —
Was war das eine schöne Zeit!
Nun Telephon und Schreibmaschine, Butterbemmchen und Himbeersaft —
Doch eins blieb, Gott sei Dank, noch beim alten:
Mehr wird heute auch nicht geschafft.
Fr. Pühringer.
ZU unseren Bildern.
Zum Aufstand auf den Karolinen.
Auf der Karolineninsel Ponape, die seit dem Jahre 1899 mit anderen Inseln von Spanien an Deutschland abgetreten worden ist, haben eingeborene Aufrührer die Waffen gegen die Regierung der Kolonie ergriffen. Fünf Dschokadsch- leute ermordeten vier deutsche Beamte, an ihrer Spitze den Bezirks Hauptmann, Regierungsrat Boeder. Der in Tsingtau stationierte kleine Kreuzer „Emden" ist nach Ponape in See gegangen, um dort die Ruhe wieder herzustellen.
Franz Graf v. Ballestrem ß.
Der frühere Präsident des Deutschen Reichstags, Franz Graf v. Ballestrem, eine der markantesten Persönlichkeiten unserer parlamentarischen Geschichte, ist im 77. Lebensjahre gestorben. Er begleitete das Amt des ersten Vizepräsidenten von 1890 bis 1893 und von 1898 bis zur Auflösung im Dezember 1906 die Präsidentenwürde, durch deren gerechte und ruhige, oft von einem glücklichen Humor unterstützte Handhabung er sich allgemeine Anerkennung erwarb. Graf Ballestrem war seit Juni 1858 mit Gräfin Hedwig von Saurma-Jeltsch vermählt; der Ehe sind sechs Söhne und drei Töchter entsprossen. -
Der verschollene Flieger Graee.
Der englische Aviatiker Cecile Graee ist von einem Flug über den Kanal nicht zurückgekehrt. Er hatte den Kanal hereits einmal überquert; als er zurückfliegen wollte, gelangte er bis in die Nähe von Ramsgate, dann dürfte er im Nebel den Weg verloren haben, und auf die Nordsee hinaüsgetrieben worden sein. Der Flieger, der in so tragischer Weise geendet hat, hatte sich als einer der ersten Engländer dem Flugsport zugewendet. Er führte zuerst verschiedene fremde Systeme, dann erbaute er eine neue Flugmaschine, um sich mit ihr um den de-Foreft-Preis zu bewerben. Mit diesem fast ganz aus Stahl erbauten Aeroplan führte er in Folke- stone eine Reihe ausgezeichneter Flüge aus.
llnsere heutige Nmi»» ist die letzte des Melauim» Smrtuls!
Mir der nächsten Ansgabe beginnt bas neue Bezugsvierteljahr
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Im neuen Jahr beginnen wir mit einer prächtigen Erzählung, die bei allen Lesern Beifall finden wird. Auch erhalten unsere Leser im neuen Jahr den beliebten Wandkalender gratis beigelegt.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk, Alteustrig.