ligt sind. lieber die Frage, ob Schiffahrtsabgaben erhoben werden dürfen oder nicht, kann kaum et was Neues gesagt werden. Meine Freunde müssen sie bejahen. Sie entsprechen der Billigkeit und ans gleichenden Gerechtigkeit* Es ist nicht einzusehen, weshalb der Staat, der neben seinen Eisenbahnen noch brauchbare Wasserstraßen baut, für ihre Beirut zung nicht Abgaben erheben soll. Wir stimmen grundsätzlich dem Paragraph I des Vertrages zu, behalten uns aber für die Kommission mehrere Ver besserungsanträge vor. Abg. Kreth chons. : Die einstimmige Annahme des Entwurfs im Bundesrat erübrigt auf die Vorgeschichte, namentlich auf Artikel ö4 einzugehen. Wir Konservative sind mit dem Grundgedanken der Vorlage einverstanden. Abg., Franck-Mannheim (Soz.' Der Entwurf ist nicht verkehrsfreundlich: wir lehnen ihn ab. Die jetzige Ein mütigkeit der Bundesstaaten will nicht viel heißen, wer weiß, wie sie zustande gekommen ist. Die Vorlage soll nur der Wucherpolitik dienen. Völzl inatl.-: Ein Teil meiner Freunde steht der Einfüh rung von Schiffahrtsabgaben freundlich gegenüber. Kämpff -Fortsebr. Vp. : Die Vorlage verstößt gegen die Verfassung und wirft ein grelles Licht auf die innerpolilischen Verhältnisse der Einzelstaaten. Der Mittellandkanal wird durch die Vorlage aussichtslos: sie schädigt also unsere Ströme und damit die Machtstellung des Reiches. Frhr. v. Gamp -Reichsp. : Eine Schädigung unserer Industrie ist nicht zu erwarten. Preußen kann man keine Borwürfe machend Der Mittellandkanal hat damit nichts ,zu tun. Die überwiegende Mehrzahl meiner Freunde wird für die Vorlage stimmen. Minister von Breitenbach: Ich kann im Einverständnis mit der sächsischen Re gierung feststellen, daß zwischen der sächsischen und preußischen Regierung besondere Verhandlungen nicht stattgefunden haben. Der bisherige Verlauf der Debatte zeigt, daß eine große Mehrheit dieses Hauses den Grnndzügen des Entwurfes zustimmen wird, wenn auch gegen die Vorlage bedeutungsvolle Einwendungen gemacht worden sind. Der Vorwurf, mit dem kritischen Paragraph 10 sei ein Bruch der Reichsverfasfung inszeniert, richtet sich auch gegen die preußische Legislatur. Einer derartigen Unterstellung muß ich entschieden widersprechen. Auch abgesagte Gegner der Schiffahrtsabgaben haben wiederholt ausgesprochen, daß die Auslegung des ß 54 der Verfassung in höchstem Maße zweifelhaft ist. Vogt-Hall - Wirtschaft!. Bgg.-: Der größte Teil meiner Freunde mit Ausnahme der sächsischen Abgeordneten steht dem Entwürfe sympathisch gegenüber. Ricklin Elsässer bemängelt, daß Elsaß-Lothringen im Beirat die gleiche Stimmenzahl wie das weniger interessierte Württemberg haben soll. Mannheim und Straßburg müssen niedrige Tarife erhalten. Wir behalten uns Abänderungsanträge vor. Gregoire iwildnational. : Wie war es möglich, eines der größten für die ganze Welt wirtschaftlich bedeutsamsten Gebiete in die Vorlage nicht einzuschließen, indem man die Kanalisierung der Mosel und Lahr nicht aufnahm ? Wir sehen darin eine Folge der schlechten staatsrechtlichen Stellung Elsaß-Lothringens, das im Bundesrat keinen Vertreter seiner Interessen hat. Minister Breitenbach: Die preußische Staatsrsgie- rung hat sich von praktischen Gesichtspunkten und nicht von fiskalischen Rücksichten leiten lassen. Ober- fchlesien ha» sich gegen die Kanalisierung der Mosel ausgesprochen. Die wirtfcliastlichen Verhältnisse sind derart im Fluß, daß keine endgiltige Stellung ge !
nvmmen werden kann. Noch vor 10 Jahren war das ganze Saargebiet einstimmig gegen die Kanalisierung. Heute ist das umgekehrt. Daher innWen wir abwarten. Morgen Weiterberatung, außerdem Gesetz gegen Mißstände im Heilgswerbe. Schluß drei viertel sieben Nhr.
Landesnachrichtrn.
29 . November.
«Korr.) lieber Erwarten rasch wurde der hiesige junge Schneeschuhverein am gestrigen Montag bei schmelzendem Schnee noch auf die Bretter gestellt. Herr und Frau Dinkelacker aus Stuttgart kamen am Sonntag abend von Freudenstadt hier an, um in liebenswürdiger Weise einer früheren Bitte des hiesigen Vereins betreffs Einleitung Rechnung zu tragen. Das vornehme Künstlerpaar hat uns in sicherer Weise die Schönheiten dieses herrlichen Sportes vorgeführt, und es verstanden, mit ihrer praktischen Anleitung einigen hiesigen Mitgliedern in wenigen Srunden jo merkliche Fortschritte in den verschiedenen Schwingen beiznbringen, daß es kein Wunder war, wenn alle Anwesenden mit größter Begeisterung diesem Sport zugetan wurden. Herrn und Frau Dinkelacker, die beide in der Schneezeit so sehr in Anspruch genommen sind, können wir für ihr Erscheinen nur Dank wissen durch energische Aufnahme des Schneeschuhsports auf dem oberen Wald. (Sehr All bedauern ist, daß es die Leitung des neuen Vereins versäumt hat, sämtliche hiesige Mitglieder des Vereins von diesem Besuch in Kenntnis zu setzen. Man hätte dies bei dem Interesse, das man dem Schneeschnhverein durch Beitritt ent- gcgengebracht hat, doch erwarteil dürfen. D. R.)
* Die Veteranen aus den Feldzügen 1866 und 1870 r l -Kombattanten und Nichtkombattanten, die zum Beteranenappell am 4. Dezember nach Stuttgart reisen, werden in der 4. Wagenklasss und auf solchen Strecken, wo diese nicht geführt wird, in der 3. Wagenklajse zum einfachen Militärpreis - l Pfg. für den Kilometer und in der 2. Wagenklasse unter Ausschluß der Schnellzüge , je zum doppelten Militärpreis befördert.
* Vorkehrungen zur Bewältigung des Wcih-
nachtsvcrkehrs. Mit Rücksicht auf den vor Weih nachten besonders stark einsetzenden Verkehr an Eil und Expreßgütern ist die Versendung von Betriebs- dienstgütern aller Art vom 16. bis einschließlich 24. Dezember tunlichst einzuschränken. Mit Personenzügen und Eilgüterzügen dürfen während der angegebenen Zeit nur wirklich dringende Sendungen befördert werden. Die Beschaffung der für die Weihnachtszeit notwendigen Gegenstände ist daher möglichst frühzeitig zu bewirken. !
* Calw, 28. Nov. Gestern flog eine Schar Schneegänje über unser Tal. - In Hirsau ereigneten sich an: Sonntag zwei Unglücksfälle. Ein Fräulein erlitt beim Modeln einen komplizierten Beinbruch und mußte ins Spital verbracht werden. Fast zu gleicher Zeit kam eine ältere Dame auf dem gegenwärtigen Glatteis zu Fall und brach sich die linke Hand.
* Althengstett, 26. Nov. Gestern hat durch das K. Bauamt für das öffentl. Wasserversorgungswesen die Uebernahme der hiesigen Hochdruckwasser- leitung stattgefunden.
jj. Herreuberg, 28 . Nov. In Oberjett'in- , gen haben Diebe einem Bauern die Fruchtkammer ausgeräumt und für etwa hundert Mark Korn verschleppt. Es ist dies der zweite Diebstahl innerhalb kurzer Zeit.
st Oberndorf, 28. Nov. Gestern wurde das t3- jährige Töchterchen des Hechtwirts Völker hier am Eingang der Stadt durch einen mit jungen Leuten besetzten Rodelschlitten angefahren. Das Mädchen stürzte zu Boden und trug erhebliche Verletzungen am Kopfe davon.
jj Tübingen, 28. Nov. Eine große Veteran en feie r fand gestern zur vierzigsten Wiederkehr der ruhmreichen Tage von Villiers und Cham- pigny hier statt. Vormittags versammelten sich die Veteranen im unteren Rathaussaal, wo Oberbürgermeister Haußer das Ehrengeschenk der Stadt in Höhe von lO Mark für jeden Veteranen überreichte. Dann zog man, sämtliche Krieger- und Militärvereine, die Bürgerlichen Kollegien w, der Veteranenverein mit der Regimentskapelle an der Spitze nach dem Platz vor dem Bahnhof, wo sin Fe ich gottesdienst stattfand, der besonders durch die Teilnahme des Königs eine besondere Bedeutung erhielt. Um 12 Uhr traf der König mit Gefolgt ein. Er schritt die Front des Bataillons ab, begrüßte die Veteranen, von denen er verschiedene ins Gespräch zog, dann begann der Gottesdienst mit einen, Choral. Die Predigt hielt Stadtpfarrer Meyer, das Gebet jpracb Dekan Staudenmaier. Mit Gesang schloß die erhebende Feier. Der König, der reckt gut nussah, wohnte dem Gottesdienst auf einer unbedeckten Tribüne bei und fuhr nach Schluß, vom Publikum lebhaft begrüßt, und nach herzlicher Verabsckiedung von den Veteranen, nachdem er noch dem Veteran Privatier Kübler sein Bild mit den besten Glückwünschen zum 80. Geburtstag, den Kübler in voller geistiger und körperlicher Rüstigkeit am Samstag begehen konnte, überreicht hatte, nach Bebenhansen zurück. Für die Veteranen und geladenen Gäste fand dann im Hirsch ein Festessen statt. Für die ganze Bevölkerung wurde um fünf Uhr nachmittags im großen Museumssaal ein Bankett gegeben, das sehr gut besucht war.
H Gönningcn, OA. Tübingen, 28. Nov. Gegen die Amtsführung des Schultheißen unt> Landtagsabgeordneten Feiger sind mehrere Beschwerden anhängig gemacht worden, z. B. von Bürgerausschußmitgliedern. An de^ Agitation gegen den Ortsvorstand beteiligte sich auch Hauptlehrer Koch. Gegen diesen ist jetzt eine Disziplinaruntersuchung ein- ge.leitet worden: es soll sich dabei, wie die TübZ' inger Chronik meldet, auch um sittliche Verfehlungen Kocks handeln.
s! Reutlingen, 28. Nov. Verschiedene raffinierte E i n b r u ch d i e b st ä h l e der letzten Zeit konnten ausgeführt werden, ohne daß man den Spuren des Täters hätte folgen können. Einige Zeit blieb es ruhig, da der letzte Einbruch eine Beute von 800 Mark Bargeld abwarf. Jetzt scheint dem Einbrecher das Geld wieder ausgegangen zu sein, denn in der Nackt zum Sonntag versuchte er sein Glück abermals in einem Laden der mittleren Wilhelmsstraß?, in den er mittels eines Stemmeisens sich Eingang verschaffte und außer 30 Mark Bargeld einige Tafeln Chokolade und Briefmarken erbeutete. Kaum hundert Schritte vom Tatort entfernt befindet sich die Polizeiwache.
Konnte aber nickt etwa der rote Adolf eine Lüge gesagt haben, konnte nicht er der Einbrecher gewesen sein, den Landen überrascht hatte? Mir dem Tode vor Augen pfleg: man freilick nicht die Unwahrheit zu sagen, aber wer mochte wissen, was im Herzen eines so harigesottenen Sünders vorgegangen war? Wenn nun die Beamten kamen und Aufklärung über die Tat suchten, was sollte sie dann antworten: „Ich weiß es nicht." Würde man ihr glauben? Von der Dienerschaft kannten die meisten den Baron Landen dem Ansehen nach, die Leute konnten also seinen Namen nennen und mußtz ten ausjagen, der Wahrheit gemäß, daß er f chnell und geheimnisvoll das Haus wieder verlassen habe. Das war nicht viel, aber ein scharfsinniger Polizeimann konnte daraus schon seine Schlüsse ziehen. Und wenn dann wirklich ein Steckbrief erlassen, wenn der Baron verhaftet wurde, wenn er dann Aussagen über die Vergangenheit machte ? Eleonore verspürte, wie auf ihre Stirn kalter Schweiß trat. Aber dann warf sie den Kopf wieder trotzig in den Nacken: sie wollck sckon den Kampf mit allen Möglichkeiten der Zukunft aufnehmen.
Sie warf sich auf eine Ottomane, nachdem sie das Lick» in ihrem Zimmer gelöscht hatte und starrte regungslos in die Nacht hinaus. An Speise und Trank dachte sie in dieser Stunde überhaupt nicht, und als ein Diener kam und fragte, wann, das Abendessen aufgetragen werden sollte, antwortete sie kurz, daß sie keinen Hunger habe. Es dauerte lange, bis die Amtspersonen aus Friedingen erschienen: sie hätten bei der geringen Entfernung längst anwesend sein können. Was hatte das wieder zu bedeuten, war ein neuer Zwischenfall eingetreten?
Endlich erschallte Wagenrollen, und bald hielt das Gefährt vor der Tür. Der Amtsrichter, der Doktor und ein Mitglied der Polizei begrüßten die Frau des Hauses mit einer Erklärung der Verspätung. Unterwegs waren sie auf einen verunglückten Wagen gestoßen, dessen Unfall auch einem Menscher: das Leben gekostet, einen zweiten schwer verletzt hatte. Der Kutscher sagt, er sei mit einem fremden Herrn in Mariengrund gewesen, der nach dem Verlassen des Schlosses für die Heimfahrt die äußerste Eile vorgeschrieben hacke. Der Rosselenker hatte sein Möglichstes getan, aber es war dem Fremden noch immer nicht schnell genug gegangen: er hatte darum selbst die Peitsche und die Leine genommen, und bei dem tollen Dahinjagen war der Wagen dem abschüssigen Wegrand zu nahe gekommen und umgeschteu- dert, er war tot: dem Kutscher war es zum Heile gewesen, daß er jenem die Zügel anvertraut hatte, er war doch mit dem Leben, wenngleich mit einem komplizierten Beinbruch davongekommen.
Regungslos hatte Frau Eleonore alles vernommen. Also der Baron Landen war tot; nach ganz kurzer Frist war er seinem Opfer in die Ewigkeit nachgefolgt. Und mit seinein jähen Hinscheiden kam das große Schweigen über alles, was heute und in der Vergangenheit geschehen war. Kein Zeuge war mehr vorhanden über die Bluttat im Zimmer, kein Zeuge, der noch etwas von der Vergangenheit der Schloßherrin wußte. Nur das. das allein beschäftigte Frau Eleonore's Gedanken, auf alles andere, was die Herren noch sagten, hörte sie kaum. Endlich rüttelte sie mit Gewalt sich wieder auf, die Herren nahmen das Mordzimmer in Augenschein,
und Eleonore teilte dann die tatsächlichen Verhältnisse mit.
Man zuckte die Achseln: hier war der tote Wilderer, draußen der fremde Mann, ein Ausländer. Der rote Adolf erfreute sich des schlimmsten Leumundes, über den Baron Landen hatte Frau Eleonore ausgejagt, nach den letzten Worten des sterbenden roten Adolf wollte dieser von dem Baron erstochen sein. Die Vertreter der Behörde zuck- len die Achseln. Ein Zusammenstoß, ein Handgemenge, Notwehr . . . Da lag das Gewehr des Wildschützen, der Fall war klar und bedurfte kaum weiterer Erörterung. Eleonore hörte diese Auseinandersetzungen mit versteinertem Gesicht an. Sie halte die. tatsächliche Wahrheit ausgesagt, und nur ihre subjektive Ueberzeugung verschwiegen. Wer wollte sie zwingen, dieselbe auszusprechen, wer wußte davon? Die Herren vermieden es auch, die von allen diesen Vorfällen erschütterte Dame noch lange mit Fragen zu bestürmen, und so kehrten sie nach Friedingen für heute zurück. '
Eleonore war allein; ihr Gatte war noch immer nickt zurück. Als er um elf Uhr abends noch nicht da war, wußte sie, daß er heute nicht mehr kommen werde, daß er nach der großen Stadt, dem Sitz seines Heimathauses, gefahren sei. Vielleicht sah sie ihn überhaupt nicht wieder; jedenfalls war er dock nicht so schwach ihr gegenüber, wie sie gedacht hatte, er war im Begriff, sich von ihr zu trennen. Jetzt, nach den Ereignissen dieses Mends. flog dock ein Zrrcken über ihr Gesicht; sollte sie fick zum Weichen zwingen lassen? Nein, da ging sie doch » lieber selber. (Fortsetzung folgt.)