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1877.

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Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Laut), Altensteig.

Dienstag, den 89. November.

Amtsblatt fSr Vlalzgrsfeawetter.

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Tagespolitik.

Die Abgeordneten Betz mrd Gen. (Volkspartei) haben imLandtag einen Antrag eingebracht, mn die Not im W e i n g ä r t n e r st a n d e zu lindern. Der Antrag verlangt u. a. Grundsteuernachlaß, Steuerstundungen, nnentgettliche Lieferung der zur Bekämpfung der Pervnospvra nötigen Mittel, Un terstützung für die Beschaffung der Betämpfungs mittel des Heu und Sauerwurms, der zu diesem Zweck gebildeten Weingärtnervereinigungen, sowie die Bewilligung von 40 000 Mark für ein Ber suchsfeld von etwa 70 Morgen junger Weinberge, um die Ersetzung der Holzpfähle durch Eisen und Drahtonlagen zu erproben.

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In einer Ausschuß,sitzung des Bundes der Landwirte, die in der vergangenen Woche abge halten wurde, verurteilten die Ausschnßmitglieder einmütig das Vorgehen des Ministeriums des In­nern bezüglich der Zulassung der Einfuhr aus­ländischen Viehs. Die Erklärung der Oehrin- ger Landwirte soll in alten Versammlungen behan­delt werden. Nachdrücklich wurde der Mangel einer Berufsvertretung unserer Landwirtschaft in einer Landwirts chaftstammer betont und verlangt, daß für die endliche Errichtung einer solchen entschie den eingetreten werde. Es wurde gegen das Vor­gehen Pischets Stellung genommen. Ueber die Reichstagswahlen wurde beschlossen, mit der ton servativen Partei wegen der Aufstellung von Kan didaturen zu verhandeln und in recht vielen Wahl kreisen den Kampf nacb links energisch anfznnehmen.

In allen Parteibetrachtungen über die letzte R e i ch s t a g s s i tz u n g kehrt die Auffassung wie­der, daß diesmal die Debatte nicht mit einem svt chen Eifer durchgeführt worden ist, wie vor 2 Jah­ren und daß auch der letzten Rede des Monarchen keine polit. Bedeutung zngeschrieben werden könne. Trotzdem, so ist der liberale Standpunkt, sei eine Beschränkung solcher Aussprüche erwünscht; die kon­servativen und Zentrums-Organe halten es für recht, daß das Reicbsoberhnupt seinen tiefen religiösen Anschauungen Ausdruck gegeben habe und fordern zur Nacheiferung auf. Die Anregungen zu einen!

So mancher klagt und jagt,

Daß ihn die Welt verkennt,

Doch kann er sagen wohl,

Daß er sich selber kennt?

Kennst du dich nicht, woran Erkennst du inein Verkennen?

Wer nicht verkannt sein will,

Muß erst sich selber kennen.

Rückert.

Der Franzose.

Erzählung aus der neuesten Zeit von M. Reinhold.

»Fortsetzung.) Nachdruck verboten.

Vorwärts, komm mit", sagte die Schloßherrin dann nach einigem Zögern.Und dann soll sofort ein Wagen angespannt werden, um zur Polizei und zu einem Arzt in die Stadt zu fahren, damit die Sache schnell untersucht werden kann. Zuerst will ich aber noch selbst nach dem Verwundeten sehen. Geh' voran, zünde Licht an, ich bin sofort da."

Der Diener lief schnell voran, die Treppe hi nab, Eleonore folgte. Sie war, wie wir wissen, eine starknervige Frau, und als sie die erschreckte Dienerschaft vom Korridor ans mit scheuer Miene in das Mordzimmer Hineinblicken sah, winkte sie, alle hinwegweisend, mit der Hand. Die Männer und Mädchen gingen aber nur um die nächste Wand­ecke und blieben dann stehen, diesmal waren Neu­

neuen Sozialistengesetz, die im Laufe der Sitzung fielen, werden je nach der persönlichen Auffassung ernster oder nebensächlicher aufgesaßt. Sehr viel bemerkt wird, daß während der Rede des natio- tiatliberalen Parteiführers Bassermann fast alle Kon­servativen und Zentrnmsleute den Saal verließen.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 28. Novbr.

Präsident Graf. Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 2.20 Uhr. Ohne wesentliche Debatte wird der Gesetzentwurf betr. den Schutz des zur An­fertigung von Reichsbanknvten verwendeten Papiers gegen unbefugte Nachahmung in zweiter Lesung un verändert angenommen. Es folgt die erste Bera­tung des Gesetzentwurfes betr. den

Ausbau der deutschen Wasserstraße» und die Er­hebung von Schifsahrtsabgaben.

Rei chskanzler v. Bethmann Hvllweg: Der Entwurf bezweckt, an den Kosten für den Aus­bau der Wasserstraßen auch die Interessenten teil- nehmen zu lassen. Die Steuerzahler sollen sie nicht allein tragen. Diese Ansicht hat sich allmählich mit dem Wachsen des Schiffahrtsvertehrs und der gro ßen Wasserbauten herausgebildet. Diese Strömung hat sich nicht bloß in Preußen gezeigt. So werden seit 1860 Schifsahrtsabgaben ans der Weser er­hoben. Das würde auf die Elbe und soll auch auf andere Ströme ausgedehnt werden. Staatsrecht­lich wurde Paragraph -74 der Reichsverfassung und wirtschaftlich gewisse Interessen den, entgegenge hatten. Preußen ist sehr vorsichtig an die Frage herangetreten. Man benutzte den genossenschaftlichen Gedanken der Bildung von zwischenstaatlichen Zweck verbänden. Das große gemeinsame Interesse der Entwicklung der Schiffahrt soll auf einer gesicherten und geregelten finanziellen Basis ans die Beteilig reu verteilt werden. Der Ihnen vorliegende Ge­setzentwurf ist vvm Bundesrat einmütig beschlossen worden. Diese Einmütigkeit hat erzielt werden kön­nen durch alljeitige Betätigung desjenigen Geistes bundesfreundlicher Gesinnungen, der das wechselsei­tige Verhältnis zwischen den Regierungen beseelt und der bereit gewesen ist, durch Opfer von ur sprünglicben Meinungen und Zielen dem Interesse

gier, Angst und Aufregung größer, als die Furchl vor der strengen Herrin.

Eleonore trat allein in das Arbeitszimmer ihres Gatten, in dem der vorangeeilte Diener das elek­trische Licht wieder angezündet hatte und jetzt ver­suchte, den Kopf des am Boden liegenden Mannes emporzuheben. Es bedurfte aber nur eines einzigen Blickes ans das schon vom Finger des Todes leise berührte Gesicht, um zu erkennen, daß. hier keine menschliche Macht mehr Helsen konnte.

Als der Sterbende die hohe Frauengestalt sich über ihn neigen sah, winkte er heftig den ihn stüt zenden Diener nach der Tür. Der Mann wußte nicht, was er tun sollte. Da holte Leonore selbst einige Kissen von der Chaiselongue ihres Gatten:Lege die unter seinen Kopß und dann geh'. Es soll sofort jemand nach der Stadt fahren."

Adolf flüsterte einNicht nötig!" Und kaum hatte der Diener den Raum verlassen, als der Ver mundete mit äußerster Mühe stammelte:Ich wollte dem feinen Herrn, mit dein Sie damals sprachen, das Stehlen verwehren. Ich denke, nun sind wir wegen henke quitt." Er sank zurück und war tot.: Schaudernd wandte sich die stolze Frau von ihm und ging zur Tür: doch dann kam sie wieder mit einem raschen Entschlüsse zurück, kniete, obwohl to tenbleich im Gesicht, neben dem armen, verkomme neu Menschen nieder und drückte ihm die Augen zu.

Dann ging sie gefaßter zur Tür.Bringt die Leiche, in eine Kammer, die Polizei und der Dok­tor aus Friedingen sollen geholt werden, um den Tatbestand auszmiehmen." Langsam schritt sie dar­auf, während ihrem Befehl entsprochen wurde, wie­

der Allgemeinheit zu dienen. Ich hoffe, daß nun. auch der Reichstag den Grundlagen zustimmen, wird, ;aus denen sich der weitere Aufbau des deutschen Wasserstraßennetzes vollziehen soll. Erst nach Ver­abschiedung des Gesetzes wird der Zeitpunkt ge­kommen sein, um mit den auswärtigen Staaten in Verbindung zu treten, wenn sie an den öffent­lichen deutschen Wasserstraßen beteiligt sind. Ich habe dieses Ziel in den freundlichen Beziehungen verfochten, die uns mit den Nachbarstaaten ver­binden. Wir werden diese davon zu überzeugen ju­cken, daß die von uns verfolgten vertehrspolitijchen. Ziele und die dazu angewandten Mittel ihnen allen zugute kommen werden und hoffen, daß wir auf diesem Wege gegenseitiger Verständigung den bei­derseitigen und altseitigen Interessen am besten die­nen werden. Bravo.)

Minister der öffentlichen Arbeiten, Breitenbach: Der vorliegende Entwurf ist nach den Vorverhand­lungen der Zustimmung der verbündeten Regierun­gen in weiterer Umfrage sicher, namentlich, nach­dem wir den Gesichtspunkt vorangestellt haben, daß nicht anderweitige Zwecke damit verfolgt werden, sondern daß die entkommenden Mjttel lediglich zu Schiffahrtsverbessernngen verwendet werden sollen. Ueberhaupt sollen diese Abgaben nicht eine neue Einnahmequelle werden. Die Schifsahrtsabgaben sind nach oben festgelegt. Dabei ist den vom Meere weitentsernten Gebieten besondere Fürsorge zuteil geworden dadurcb, daß die normalen Sätze in der Erwägung, daß die Brauchbarkeit der Ströme zur Quelle hin abnimmt, abgestnft sind. Eine bedeut­same Neubildung sind die Strombeiräte, die Mitwir­ken sollen an dem Ausbau der deutschen Ströme. Derartige Einrichtungen haben wir bereits in Preu ßen, wo diese Körperschaften beratend Mitwirken. Es ist daran festzuhalten, daß schon jetzt mit Art. 74 der Reichsverfafsung auf denjenigen Strömen Äbga den erhoben werden können, bei den§n die Methode der Kanalisierung angewandt worden ist. Darin sind die Bundesregierungen einig. Wir wünschen und hoffen, daß der Ausbau des preußischen Wasser­straßennetzes ans der vorgesehenen Grundlage dem deutschen Verkehr und damit auch dein Reiche nützen wird. Am Zehnhoff -Ztr.H Eine Kommission von 28 Mitgliedern erscheint wünschenswert, damit an den Beratungen möglichst viel Landesteile betei-

der die Treppe hinaus, in ihre Gemächer zurück, um bis zur Ankunft der Amts-Personen weiter zu überlegen, was geschehen sollte und was geschehen mußte.

Baron Landen war jetzt sicher auf der Flucht, in wenigen Stunden tonnte er über die Grenze sein. Daß er nie zurückkehren würde, war sicher, er wußte, was seiner harrte, wenn er Friedingen und Mariengrund wieder aussuchte. Dieser Bampyr, der ihr das Leben zum großen Teil vergiftet, der in ihr den Haß gegen Klaus Bertram unaufhörlich geschürt hatte! Er kam nicht wieder, und dieser alte Wild­schütz war tot. Wie war der Mensch nach Ma riengrund gekommen, was hatte er hier gewollt? Viel Gutes wohl kaum, denn e.r hatte sein Ge­wehr bei sich geführt. Und da hatte es der Zufall gewollt, daß dieser gewöhnliche Spitzbube dein vor nehmen Einbrecher ans dir Spur kam und dein das Handwerk legen wollte. Uw einen Diebstahl in dem fremden Hanse ansführen zu können, hatte der Baron also die Zei! benützt, während (Eleonore ans dem Balkon des Wohnzimmers verweilte. Sie schätzte die Menschen doch immer noch zu hoch ein, an eine svlcbe Möglichkeit hatte sie bei Landen doch nicht gedacht. Und sie hatte gemeint, an der Seite dieses Mannes sollte Margot einmal glücklich wer­den? Wie unerbittlich war doch das Geschick, das ihr so grausam hart zeigte, wie sehr ein Mensch sich iw Menschen irren kann. Mit diesem Einbrnchs- Versuch war übrigens auch der Beweis dafür ge­führt, daß des Barons ganze Geschichte von einer baldigen Verlobung mit einer reichen und vorneh­men Dame ans Nordamerika eine. Lüge war.