Gegründet 1877.

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Vberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Calw u. Neuenbürg.

Skr. 262

Verlag u. Druck der W. Rieker'schen ! Buchdruckerei (L. Lauk), Altensteig.!

DierrStag, Y»« 8. Rav mber.

»«tSvlatt für Pfalzgraferkweiler.

SSt9.

Tagespolitik.

Die badische Regierung in Karlsruhe läßt das Gerücht dementieren, die Großherzogin Luise habe besondere Einflüsse attf die Entschließung Ba­dens wegen des Schisfahrts-Abgabengesetzes ausge­übt. Die badische Regierung hat diesem preußischen Gejetzesvorschlage im Bundesrat zngestimmt, weil seine Annahme so wie so zweifellos war. Weiter erklärt sie, sie habe der Reichs-Finanz-Resorm trotz schwerer Bedenken zugestimmt, weil sie keinen an deren Ausweg sah.

Die deutsche R e i ch sr e g i e r u n g über den Zarenbesuch in Potsdam. Die Nvrdd. Mg. Ztg. schreibt an der Spitze ihrer -Lvnntags- Nummer:Die Zusammenkunft der beiden Kaiser hat einen sehr herzlichen und freundschaft­lichen Charakter in allen Einzelheiten getragen. Sie hat Gelegenheit geboten zu wiederholten Be­sprechungen zwischen den Souveränen und ihren Ministern und zu einem beide Teile befriedigenden Gedankenaustausch über politische Dinge. Zwischen zwei jo großen Reichen wie Deutschland und Ruß­land mit so weit verzweigten Interessen kann es naturgemäß zu Zeiten in einzelnen Punkten Mei­nungs-Verschiedenheiten geben. Solche abwei­chenden Auffassungen haben aber keine beherrschende Bedeutung in den deutsch- russischen Beziehungen; das Wesentliche in dem Verhältnis der beiden großen Nachbarreiche ist vielmehr darin zu er­blicken, daß Schwierigkeiten und Miß­verständnisse, die etwa anftauchen, durch unmittelbare persönliche Fühlung und durch Anssprache zwischen den beiden Herrschern und ih ren Ministern sich aus- gleichen lassen. Unter diesem Gesichtspunkte wird auch die diesmalige Begegnung der beiden Kaiser zu würdigen sein, ohne daß sie in das po litische System Europas Neuerungen einführte, die von keiner Seite beabsichtigt waren. Wohl aber dürste sich die Nachwirkung der jüngsten Monar ' chen Begegnung im Sinne einer Förderung der all- ! gemeinen Friedens-Politik geltend machen." Die. i Meinungsverschiedenheit, von der hier die Rede war,

^ war augenscheinlich die über den österreichisch- ser­bischen Orientstreit. Dieser Punkt ist also nun er- i ledig t. In Petersburg hat man wohl eingesehen,

> Deutschland konnte nur handeln, wie geschehen.

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Der B u n d e s r a t s-A u s s ch u ß für die ^ auswärtige Politik tritt demnächst zusammen.

Es war behauptet, in diesem Ausschuß werde auch , beschlossen, wie sich der Reichskanzler vor dein Reichstage über die Auswärtige Politik zu äußern . habe. Dem ist, wie die Köln. Ztg. betont, nicht so. Der Ausschuß nimmt nur Mitteilungen des Kauz lers über die auswärtige Lage und die zu verfol­gende Politik entgegen und faßt sein Urteil über diese Mitteilungen zusammen in einer Erklärung, dw vom Ausschuß-Vorsitzenden abgegeben wird.

Die neu e t ürkisch - d e u t s ch e Anleih e ist jetzt in der Hauptsache perfekt. Diese soll l 1 Milt. Pfund, also über 200 Millionen Mark, betragen, von welchen 6 Millionen Pfund dies Jahr, der Rest 191 l gezahlt werden soll. Der Kurs soll >94 sein, die Verzinsung zu vier Prozent erfolgen.

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In der Türkei ist man heute deutschsrennd licher gesinnt denn je. Es hatte sich schon bei Ab­dul Hamid und seinen Gehilfen im Laufe der Jahre eine Vorliebe für Deutschland gebildet, die sich ans dielen Gebieten betätigte, wieBagdadbahn", deutsche Erzieher für die Armee, Geschützlieferungen,

Anlagen mit drahtloser Telegraphie usw. Dann kam die Revolution, die alles, was mit dem alten Regime zusammenhing, mit ihrem Bann verfolgte, nicht zum wenigsten die Zuneigung zu Deutschland. Es kamen Wochen, wo sahnen geschmückte Dampfer den Bosporus hinanffnhren, um vor der englischen, französischen und russischen Botschaft Sympathiekundgebungen zu veranstalten, während man vor den Botschaften Deutschlands und Oesterreichs stumm, wenn nicht gar mit feind­seligen Rusen vorüberfuhr. Die Erbitterung gegen Oesterreich anläßlich der Annexion Bosniens und der Herzegowina übertrug sich auch ans Deutschland und vergrößerte die Abneigung, die ihren Höhe­punkt erreichte, als sich Deutschland in der An­nexionskrise so entschlossen an die Seite seines Bun­desgenossen stellte. Aber gerade diese Bundestreue brachte einen offensichtlichen Wandel in der Wert­schätzung Deutschlands hervor. Zunächst war es das siegreiche Machtbewußtsein, welches den Türken ge­waltig imponierte: dann kamen weitere Umstände, welche bezeugten, daß Deutschland nicht nur der Freund Abdul Hamids und seines Regimes gewesen war, sondern daß sein Wohlwollen der Türkei als Staatswesen gegolten hatte. Die Kretakrise war auf ihrern Höhepunkt. Der Krieg mit Griechenland schien unvermeidlich. Zu Lande fühlte sich die Türkei den Griechen und wenn nöUg auch den Bulgaren gewach­sen. Anders lag die Frage der Seeherrschast im Aegäischen Meer. Sowohl die Türkei als Griechen land besitzen dorr sehr wertvolle Jnieln, die ohne weiteres in die Hände derjenigen Macht fallen wür­den, welche über die bessere Flotte verfügt. Beide Flotten waren sich ungefähr gleich: doch hatte sich Griechenland feit längerer Zeit einen großen Pan­zer in Italien bestellt, der das Kräfteverhältnis entschieden zn seinen Gunsten verschieben mußte. In ihrer Bewrgnis wandten sich die türkischen Staats­männer an England und Frankreich mit dem Ersu­chen um Neberlassung einiger fertiger Panzer. Sie wurden abgewiesen und kamen dann- zu Deutsch­land, welches ihnen hals. Denen, die es mit an­gesehen haben, wird der Jubel unvergeßlich sein, mit dein die beiden stattlichen Kriegsschiffe am Gol­denen Horn begrüßt wurden. Alle Sorgen um die Jnieln und die bedrohten .Küsten sind gewichen. Beim Ansfahren nach den Inseln und dem Bos vorus machten die vollbesetzten Passagierdampfer die Runde um jedes Schiff, und des Händeklatschens und Hnrrarnsens war kein Ende. Allerdings war auch hier die Regel nicht ohne Ausnahme, denn von einigen der zahlreich am Bosporus wohnen­den Mitreisenden Engländer hörte man auch Aus­sprüche wiealtes Eisen", womit wohl zum Aus­druck kommen sollte, daß England so verbrauchte Schisse gar nicht hätte. Inzwischen hat aber eine ans englischen und türkischen Seeoffizieren zusam­mengesetzte Kommission sestgestellt, daß beide Schiffe in vorzüglichem Zustande und vollkommen kriegs- brancbbar sind.

In Portugal wurde am Freitag das neue Ehescheidungsgesetz verkündet. Einen Tag später war schon die erste Klage eingereicht.

Die Vereinigten Staaten von Ame rita haben ihre Fangarme nach China ansge streckt. Die große Münz und Finanzreform im chi nesischen Reiche wird sich unter Führung der Ver einigten Staaten von Nordamerika vollziehen. Wie aus Shanghai gekabelt wurde, sind die Verhandln!! gen in derÄngetegenheit von dem amerikanischen Ge sandten in Peking und dem Finanzminister Tsaitse abgeschlossen und unterzeichnet worden. Die Rie- senanieihe Chinas bei Amerika, die zu 9Z v. H. ans 45 Jahre bei äprozenliger Verzinsung zur Aus­schreibung gelangt, hat bereits die Unterschrift des Regenten von China gefunden, und wenn die be­deutenden europäischen Börsenplätze auch zur Zeich­

nung herangezogen werden, so hat doch Nordame- rita die Hauptschlüssel zn den wirtschaftlichen To­ren deshimmlischen Reiches" in die Hände be­kommen. Der Handstreich, den die Japaner und Russen mit ihrem Bündnis gegen die geforderte Neutralisierung der mandschurischen Bahnen aus­übten, wird durch die wirtschaftliche Umklamme­rung Chinas seitens Nordamerikas wett gemacht.

Landesnachrichtrn.

Alkenst-ig, 8. November.

^ Pfleget die Bäume. Jur Interesse der hei­mischen Obstbaunipslege kann nicht genug darauf hingewiesen werden, wie nützlich im Spätjahr der Kalkanstrich der Aepsel- und Birnbäume ist. Durch den Anstrich mit Kalkmilch werden die Schädlinge getötet und Moose und Flechten vernichtet. Auch bietec die Kalkmilch Schutz gegen Erfrieren, beson­ders gegen zu rasches Auftanen und schädliche Frostplatten. Am besten ist Kalkmilch, welche aus frisch abgelöschteni Kalk hergestellt wird. Zusatz von Lehm ober Ruß ist nicht unbedingt nötig. Praktiker raten seit neuerer Zeit zur Verwendung von Pu rer Kalkmilch. Vor ihrem Aufträgen sind die Bäume mir der Baumscharre abzukratzen, um alte abgestor bene Rinde und damit die Schlupfwinkel der Schäd linge, namentlich die Puppen des Frostnachtspinners, zu vernichten.

* Calw, 9. Nvv. Das Unternehmen des Ge­meindeverbandes Elektrizitätswerk für den Bezirk Calw und Umgebung ist um einen Schritt weiter gekommen. Zwar hofften die Landwirte in den Bezirksorten darauf, daß sie die diesjährige Getreideernte mittels elektrischer Kraft dreschen kön­nen, sie müssen aber ivohl oder übet nochmals- nach dem Dreschflegel greifen, aber: der Rohbau der Zentrale bei der Station Teinach ist nun fertig. Am Samstag abend wurde dieses Ereignis in der Bahnhofrestanration der Station Teinach gebührend gefeiert und die Bauhandwerker bewirtet. Unter­nehmer der Maurer- und Steinhanerarbeit sind die Gebr. Kiefer in Calmbach, Unternehmer der Zim­merarbeit ist Zimmermeister Schechingcr in Teinach. Bei der genannten Feier waren außer der Bau­leitung auch einzelne Vertreter des Verbandes an­wesend, worunter Stadtschnltheiß Mütter von Neubulach. Dieser brachte für den guten Fortschritt der Banarbeiten und das Zusammenwirken der Ban leitung, Unternehmer und Arbeiter, den Dank des Verbandes zum Ausdruck in der Hoffnung, daß es noch möglich sein werde, den ganzen Bau so zeitig zn vollenden, daß recht bald mit Aufstellung der Maschinen begonnen werden könne. Seitens der Unternehmer wurde für das Richtfest gleichfalls der Dank ausgesprochen. Die großen Dimensionen des Baues lassen den Umfang erkennen, wie er zum Betrieb einer modernen Maschinenzentrale erfor derlich ist: das ganze Anwesen ist dem landschaft­lichen Charakter angepaßt und dürfte eine Zierde des Nagoldtales werden. Die weiteren Arbeiten in den einzelnen Verbandsgemeinden schreiten rasch vorwärts, insbesondere sind die meisten Transsor- inatorenstationen zum Einbau der maschinellen Ein­richtung fertig, auch die Masten für die Fernleitung sind namentlich ans der Waldseite gestellt, teilweise auch schon der Kuvferdraht gezogen: die Installa­tionen in den Ortschaften haben durch die Streikbe wegnngcn einige Verspätung erlitten, doch dürften diese bis zur Fertigstellung der Zentrale auf dem Laufendei! sein. 'Eine vorübergehend? Versorgung der Tuchfabrik Nohrdorf durch Strombezng von der Elektrischen Kraftübertragung Herrenberg wird in den nächsten Tagen zur Ausführung kommen, wo durch es möglich werden wird, recht bald auch einige Gemeinden zn versorgen. Die Interessen des Ge­meindeverbandes haben durch zahlreiche Neuan- meldiingen, ea. 70 Prozent, einen guten Fortgang erfahren und geben die Hoffnung zu einem prospe­rierenden U n te rn eh men.