si Nagold, 30. Okt. In einer vom Wohn- und Scheunengebäude getrennt stehenden Scheuer des Bauern Friedrich Weidle brach aus unbekannter Ursache Feuer aus, das alsbald ans das gesamte Anwesen übersprang und die Gebäude in Asche legte. Allein der Gebaudeschaden wird ans 9000 Mark geschätzt. Auch viel Fahrnis ist mitverbrannt. Die Gefahr für die Nachbarhäuser war groß. Einer der Feuerwehrleute, die mit großer Hingabe am Werke waren, hat bei den schwierigen Löscharbeiten einen Fuß gebrochen.
si Herrenberg, 30. Okt. Eine kürzlich aus dem hiesigen Amtsgcrichtsgefängnis entsprungene Kellnerin Marie Hahn hat sich der goldenen Freiheit nicht lange erfreut. Sie wurde in Poltringen ans der Wohnung ihrer Mutter, wo sie Unterschlupf gesucht hatte, wieder abgeholt.
/ Kuppingen, OA. Herrenberg, 29. Okt. Bei der Schultheißenwahl haben von 190 Wählern 172 ab gestimmt, stimmen erhielten Berwaltungskandidat Haarer 55, Gemeinderat Maier 55, Verwaltungs- Kandidat Kaiser 33, Staatssch.-Kassenbuchh. Schließer 2l, die übrigen Stimmen zersplitterten sich. Es ist somit ein zweiter Wahlgang nötig.
ss Rottweil, 30. Okt. In Schlüchte.rn ist der Fleischbeschauer Müller, der eine an Milzbrand gestorbene Kuh untersucht hatte, durch In fektion an Blutvergiftung gestorben. Auch ein Schmied, der die Kuh abhäutete, schwebt in Lebensgefahr. Beide haben mit Schrunden an den Händen den Kadaver angefaßt.
!s Reutlingen, 29. Okt. Gestern fand die feierliche Eröffnung der neuen Wasserversorgung Reutlingen-Betzingen statt.
ß Vaihingen a. F., 30. Okt. Die bürgerlichen Kollegien haben dem Kommerzienrat Vollmöller in Anerkennung seiner dreißigjährigen Arbeit für das Aufblühen der einheimischen Industrie und für den Aufschwung der Gemeinde Vaihingen das Ehrenbürgerrecht verliehen.
st Stuttgart, 29. Okt. Der Landesvorstand des württ. Zentrums hat die Berufung einer Lande s ve rs a m m l u n g auf Montag 14. Nov. nach Ulm beschlossen. Auf der Tagesordnung stehen: l. Durchführung der Organisation auf Grund der neuen Satzung: 2. L-tellungnahme zu dem Blatt: „Der schwäbische Bauer" und den damit verbundenen Bestrebungen: 3. Agitation auf die kommenden Wahlen in Verbindung mit Anträgen auf Aufstellung eines Parteisekretärs.
st Stuttgart, 29. Okt. Zum Stadtbaumeister, an Stelle des verstorbenen Stadtbaumeisters Geils- dörfer, wurde Architekt Haug, zur Zeit in Budapest, gewählt. Er ist ein geborener Freudenstädter.
st Stuttgart, 29. Okt. Am 1. November h. I. werden in Oehringen, Laupheim, Waldsee, Ravensburg, Friedrichshafen, Dornahof (zugleich Arbeiterkolonie im Oberamtsbezirk Saulgau, Leut- kirch, Wangen und Jsny neue Wanderarbeitsstätten in Betrieb gesetzt werden. Durch die Errichtung einer Wanderarbeitsstätte in Oehringen wird die Lücke geschloffen, die bisher noch auf der Wanderlinie Heilbronn-Crailsheim gegen Norden hin vorhanden war. Durch die Gründung der neun andern Wanderarbeitsstätten wird der südliche Teil des Landes, Oberschwaben, an das Wanderarbeitsstättennetz angeschlosfen.
jj Stuttgart, 29. Okt. (Strafkammer.: Unterschlagungen in beträchtlicher Höhe führten den ledigen, 28 Jahre alten Kaufmann Georg Röschlaub von Erlangen vor die Strafkammer. Der Angeklagte war in einer hiesigen Fabrik angestellt und hatte an die Arbeiter von zwei Filialen den Lohn aüszuzahlen. Er bekam jedesmal eine größere Summe mit, den Ueberschuß nach der Lohnzahlung behielt er jeweils für sich. Auf diese Weife eignete er sich innerhalb zweier Jahre über 3000 Mark an. Zur Verdeckung der Unterschlagungen/ setzte er höhere Beträge in die Lohnlisten ein, oder verrechnete den Lohn für bereits ausgetretene Arbeiter. Der Angeklagte genoß bei seinem Prinzipal großes Vertrauen, die Unterschlagungen kamen erst nach seinem Austritt ans Tageslicht. Er war leidenschaftlicher Spieler und hoffte, durch Gewinne in der Lotterie die Unterschlagungen decken zu können. Er hatte zuletzt ein Monatsgehalt von 170 Mark. Bis jetzt hat er noch keinen Ersatz geleistet. Die Strafkammer verurteilte ihn zu 10 Monaten Gefängnis.
st Stuttgart, 29. Okt. (Drei Glücksvögel. Das große Los der Nürnberger Lotterie für das Germanische Museum im Betrage von 100 000 Mark fiel in die hiesige Kollekte der Generalagentur C. Breit- meher. Gewinner des Loses sind drei Buchhändler in der „Union Deutsche Verlagsgesellschaft."
st Eßlingen, 29. Okt. (Arbeiterbewegung.) Gestern haben sämtliche bei der Firma Dupper und Bernhold beschäftigten Schleifer die Kündigung eingereicht, nachdem auf die Eingabe, in der die Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse verlangt wurde, keinerlei Antwort erfolgt war. l
st Backnang, 30. Okt. (Großseuer.) In Hinter- wesiermurr, Gemeinde Fornsbach, sind 2 stattliche, mit Erntevorräten gefüllte Scheuern der Bauern Ludwig und Georg Hirzel wahrscheinlich infolge von Selbstentzündung in Brand geraten und vollständig abgebrannt.
/ Gaildorf, 29. Okt. Ein bedauerliches Unglück ereignete sich gestern früh in Mittelrvt, Gemeinde Fichtenberg. Als die Ortsfeuerwehr mit der Spritze gestern früh zur Hebung nach Fichtenberg ausrücken wollte, brach beim Verlassen des Ortes die Are des Spritzenwagens. Zwei Feuerwehrleute stürzten vom Wagen und wurden im Rücken und am Kopf ganz erheblich verletzt.
st Heilbronn, 30. Okt. Die Wanderversammlung der Württembergisch-Hohenzollerifchen Vereinigung für Fremdenverkehr fand heute im großen Ratssaal des altehrwürdigen Rathauses statt. Gem.-Rat Stübler erstattete den Tätigkeitsbericht und machte zunächst Mitteilungen über den erfolgten Zusammenschluß der Fremdenverkehrsvereine. Dankbar sei anzuerkennen, daß die Kgl. Generaldirektion der Staatseisenbahnen der Vereinigung einen Jahresbeitrag von 10 000 Mk. gewährt habe. Zur Zeit seien dem Verband 82 Mitglieder beigetreten nnd zwar 21 Amtskörperichaften, 31 Stadtgemeinden, 28 Verkehrsvereine und 2 Hotels. Die Stuttgarter Auskunftsstelle habe sich als eine wirksame Einrichtung bewährt. Ferner sei der Anschluß an den Bund Deutscher Verkehrsvereine beschlossen worden. Der Vorsitzende berichtete dann weiter über die Beteiligung an der Internationalen Ausstellung für Reise- und Fremdenverkehr in Berlin 1911. Eine Beteili
gung werde jedenfalls erfolgen. Vereinssekretär Zillhardt erstattete das Referat über „Die Reklame in Württemberg nnd Hohenzol- lern." Die nächste Wanderversammlung wird auf einstimmigen Beschluß nach Hechingen einberufen werden. Nach einem Lichtbildervortrag des Kanzleirats Ströhnrfeld „Wanderungen durch unjer schönes Schwabenland" und dem gemeinschaftlichen Mittagessen in der Harmonie, fanden Besichtigungen sowie eine Fahrt auf den Wartberg statt.
st Schorndorf, 29. Okt. Der hiesige Gemeinderat faßte den Beschluß, um den Weingärtnern angesichts des diesjährigen Fehlherbstes die Möglichkeit eines Verdienstes zu geben, zwei neue Straßen die Berg- und die Würderstraße, in städtischer Regst auszuführen. Auch sollen event. die städtischen Steuern bis auf weiteres gestundet werden.
st Lentkirch, OA. Tettnang, 29. Okt. Der seit l-l Tagen vermißte Maurer Vincenz Kienzle von -Hvjob gZi.r;vK aeAnv avuw m str chvjtZaoqaoK ten zum Teil mit Wasser gefüllten Lehmgrube des Ziegeleibesitzers Riedesser hier tot ausgefunden worden. Vermutlich ist K. bei Nacht und Nebel in die nicht eingefriedigte Lehmgrube gefallen und im Schlamme erstickt. ^
st Schlier, OA. Ravensburg, 29. Okt. In Ap- penberg ist über die Mittagszeit Wohn- und Oekonomiegebäude des Bauern Joses Hämmerle mit darin verwahrten reichen Frucht- und Futtervorräten bis auf den Grund niedergebrannt.
st Waldsee, 29. Ort. In dem Anwesen des Xaver Gronmaier in Steinach entstand auf bis jetzt unaufgeklärte Weise Feuer. Das Anwesen ist vollständig abgebrannt.
jl Schussenried, 29. Okt. Dem ca. 60 Jahre alten Bauern Schaufler von Gaisbenren wurde in Kleinwinaden eine Hand von der Dreschmaschine total zerrissen. Sie mußte samt dem Unterarm amputiert werden.
st Pforzheim, 30. Okt. Die Bewegung unter den hiesigen Kettenmachsrn läßt noch nicht erkennen, wie es in acht Tagen, wenn die Kündigungen in Kraft getreten sind, werden wird. In der großen Fabrik von Friedr. Speidel wurde ein Arbeiter, der vor acht Tagen gekündigt hat, wegen Agitie- rens sofort entlassen. Darauf verlangten gestern früh alle 60 dort beschäftigten Kettenmacher die Zurücknahme dieser Maßregelung und verließen, als das abgeschlagen wurde, aus der Stelle die Fabrik. In der noch bedeutenderen Fabrik von Kollmar und Jourdan haben die Kettenmacher, die vor acht Tagen gekündigt, dann aber die Kündigung wieder zurückgenommen hatten, die Zurücknahme widerrufen. Somit steht das Barometer wieder eher auf Sturm. Die hiesigen Bijouteriefabriken waren irt letzten Zeit im allgemeinen gut beschäftigt. Manche haben sogar Ueberstunden gemacht.
* Pforzheim, 29. Okt. Die 24jährige Frau des Malergehilfen Georg Bender versuchte sich und ihr zweijähriges Kind durch Einatmen von Gas zu vergiften. Das Kind ist tot, die Frau schwer krank. Unerquickliche häusliche Verhältnisse sollen die Frau zu der Tat veranlaßt haben.
* Berlin, 29. Okt. Am 4. und 5. Novbr. finden auf Veranlassung des Reichsamts des Innern im Reichstagsgebäude informatorische Beratungen
üb
sic
tei
ne
As
he
W
K
Z
st
t
§
n
l
n
§
c
t
r
l
l>
k
<7
L
h
i
k
c
l
l
1
!
l
l
s
i
I
l
l
i
I
I
Bedenk nur: Ehrlich sein ist doch das Beste;
Ist ikuch kein Glanz dabei, stehst du doch feste.
R e i n i ck.
Der Franzose.
Erzählung aus der neuesten Zeit von M. Reinhold.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
Der Bescheid, den Klaus erhielt, war abermals von Frau Leonore eigenmächtig im Namen von Gatten und Tochter abgefaßt, bedauerte, daß ihre guten Wünsche und Ratschläge sich so wenig erfüllen sollten, hielt im klebrigen aber daran fest, daß es bei den schon eingeleiteten Schritten sein unumstößliches Bewenden haben müsse. Sollte Klaus auch jetzt noch hartnäckig bleiben, so würden zum Bedauern der Briefschreiberin ihm nicht nur keinerlei finanzielle Zuwendungen mehr gemacht, es müßte auch darauf bestanden werden, daß er das vor seiner Abreise mitgenommene Geld sofort wieder herausgebe. Damit wurde im Falle der unveränderten Hartnäckigkeit zugleich jeder weitere persönliche Briefwechsel für überflüssig und erledigt erklärt. Frau Eleonore bemerkte ausdrücklich und doppelt unterstrichen, daß ihre Tochter 'ich diesen ihren Ausführungen bestimmtest und nachdrücklich anschließe.
Klaus Bertram hatte einen furchtbaren Wutanfall. Es war ihm, als ob er Blut vor seinen Augen sehe und einen Menschen kaltlächelnd ermorden könne. Dann kam ihn ein Ekel vor der ganzen Menschheit an, er reiste aus London ab, wo er für kurze Zeit so namenlos glücklich gewesen war. Er ging nach Paris. Dorthin war ihm ein amtliches Schreiben nachgesandl, er wollte von alledem nun
überhaupt nichts mehr hören, er reiste blindlings in die Welt hinein, um seine Spur vollständig zu verwischen.
Eines Tages sah er sich in Port Said am Suez-Kanal. Hier an der Grenze zwischen Afrika und Asien, wo zahlreiche Abenteuerer aus aller Herren Ländern zusammenströmen, verschmitzte Orientalen und lebensgierige Seeleute aufeinander warten, wo im Nu in langer Mühe errungeneus Geldsummen am Spieltische und in wüsten Orgien vergeudet werden, empfand er eine gewiße Beruhigung seiner fieberhaft erregten Nerven. Er sah, daß es denn doch Menschen gab, denen es noch weit elender ging, als ihm selber. Er kam in's Spielen: oft gewann er, und in seiner Stimmung passierte es ihm, daß er den Gewinn von mehreren Stunden einer lockeren Chantant-Sängerin in den Schoß warf. „Glück im Spiel, Unglück in'der Liebe/ rief man ihm zu. Er lachte darüber.
Bald bekam er seinen in der Heimat früher erhaltenen Spitznamen auch hier. Er hieß der „tolle" Deutsche und trieb es in der Tat so arg, daß der Ausdruck „toll" für sein ganzes Verhalten keineswegs übertrieben war.
Aber sein Spielglück änderte sich mit einem Male. Als man ihm nunmehr zurief: „Unglück im Spiel, Glück in der Liebe/ überkam ihn wieder die alte Reizbarkeit. Nun wollte er es erst recht zwingen. Wie er das Geld auf Karten oder Roulette setzte, das war nicht mehr toll, das war schon mehr wahnsinnig. Einzelne glückliche Augenblicke traten wohl wieder ein, aber in der Regel folgte Verlust auf Verlust. Und als diese ganz beutegierige Gesellschaft merkte, wie es um Klaus Bertram bestellt war, drängte man ihn immer mehr dazu, die Bank beim Spiel zu Hallen. Dann ward er, wo es nur geschehen konnte, auch noch in der schamlosesten Weise betrogen: die Beträge wurden erhöht oder vermindert, je nach der Seite, wohin der Gewinnst fiel. Und Klaus Bertram dünkte sich immer noch viel zu
großartig, als daß er sich mit diesem Gesindel noch lange herumgestritten und gezankt hätte.
So kam die Katastrophe überraschend schnell. Eines Abends, oder vielmehr in einer wilden Nacht, merkte er plötzlich, daß sein Barvorrat erschöpft sei. Er ließ sich aus seine wertvolle goldene Uhr und übrigen Pretiosen Geld geben: alles ging ebenso schnell, wie er es erhalten batte, wieder verloren. Zuletzt halte e: nur noch seinen Trauring, der ihn an Margot, die er über alles liebte, erinnerte. Auch den Ring zu Geld zu machen, konnte er nicht über sich gewinnen. So bat er seine Bekannten um ein Darlehen, damit er das Spiel fortsetzen könne. Diese Leute, die nur an das Geld in ihrer eigenen Tasche dachten, wußten recht gut, daß der „tolle Deutsche" ausgepreßt war wie eine Zitrone. Da hatte seine Person, für die sie nie Teilnahme gehabt hatten, auch alles Interesse für diese Abenteuer verloren, sie lachten ihn aus und verhöhnten ihn.
Klaus fühlte, wie ihm das/Zornes-Blut in furchtbarem Andrange zu Kopfe stieg, seine Finger umkrallten den Griff des Revolvers, den er schon lange in seiner Tasche bei sich trug. Aber er bezwang sich noch einmal: ruhig bat er einen Spanier, der von ihm am meisten gewonnen hatte, !
der lehnte es ab. Dann erniedrigte sich Klaus so weit, ,
die Tingeltangel-Sängerin, der er so manches Mal seinen r
Gewinn zugeworfen hatte, um ein Darlehen zu bitten. Sie -
retirierte schleunigst, nur darauf bedacht, das Geld zu retten, s
das jener verrückte Mensch so leichtsinnig vergeudet hatte.
Da merkte der Unglückliche, wie seine Besonnenheit zu Ende ging.
Er eilte ins Freie hinaus, schaute zähneknirschend zu den Wundern des südlichen Himmels auf und dachte dann wieder an die nordische Heimat, in der sein junges Weib weilte, das ihn nun auch, wie er nach Frau Eleonores Brief schließen mußte, verraten hatte. In seinem unge-