Gchwarzwälder T o » « t a g s b l a t t.
»Herr Sandor," stellt sie diesen dem Baron mit leichter Handbewegung vor, dann stockl sie einen Moment, dunkle Röte ergießt sich über ihre soeben noch farblosen Züge und mit leiser, bebender Stimme haucht sie:
»Baron Turnau, mein Verlobter!"
Sandor zuckt hefttig zusammen, er wird leichenblaß, preßt die Lippen fest aufeinander und sieht Ilse einen Moment wie versteinert an.
Er will etwas sagen, aber die Kehle ist ihm wie zugeschnürt; allmählich findet er seine Selbstbeherrschung wieder, mit erzwungenem Lächeln tritt er einen Schritt näher zu Ilse.
„Da will ich nicht stören," ist alles was er über die vor Zorn, Wut und Enttäuschung zitternden Lippen bringt. Eine Sekunde ruht Ilses Hand in der seinen, in der nächsten Minute hat sich die Tür hinter ihm geschlossen.
In derselben Sekunde aber eilt Turnau mir ausge- gestreckten Händen auf Ilse zu.
„Höre ich recht?" ruft er glückstrahlend, „ist's kein Traum? Meine Werbung ist angenommen? Du geliebtes Mädchen willst mir fürs Leben angehören?"
Er zieht sie an sich, lehnt zärtlich ihren Kopf an seine Brust, streicht ihr mit weicher Hand das leicht gewellte Haar aus der Stirn und sucht ihr mit innig leidenschaftlichem Blick tief in die Augen zu sehen, dann finden ihre Lippen sich in einem ersten langen Kuß.
Endlich sucht sich Ilse aus seinen Armen zu befreien.
»Ich habe Dir erst noch zu beichten/ haucht sie, »wenn Du mich dann, wenn Du alles gehört, noch haben willst, dann bin ich Dein fürs Leben!"
Und sie beichtet und er hört ihr lächelnd zu, ohne sie zu unterbrechen.
„Bis gestern wähnte ich immer noch ein kleines, kleines Fünkchen von Liebe für ihn zu hegen," schließt sie. „Als ich ihn gestern aber wiedersah, da fühlte ich, daß es vorbei, gänzlich vorbei war mit dieser törichten Liebe, mit dieser törichten und schwachen Liebe, die Sandor so mißhandelt und durch seinen egoistischen Leichtsinn vernichtet hatte. Aber ich wußte, ich fühlte auch, daß mein Herz —"
Sie stockt.
»Nun ?" fragte er zärtlich.
»Daß mein Herz Dir, Dir allein gehört!" haucht sie und birgt ihr errötendes Antlitz an seiner Brust.
ZU unseren Bildern.
Die Denkmünze zur Jubelfeier der Berliner Universität.
Die Königliche Münze hat anläßlich des Berliner Universitätsjubiläums 600,000 Exemplare eines Dreimarkstückes geprägt, das der Bildhauer Arnberg, ein Schüler des Professors Tuaillon, modelliert hat. Die Vorderseite der Denkmünze zeigt die reliefartig gestalteten Porträte des Kaisers Wilhelm l!. und des Königs Friedrich Wilhelm ill., der die Universität im Jahre l810 gegründet hat. Die Rückseite zeigt den Reichsadler in modernerer Form, als er biher auf den Münzen ausgestaltet wurde. Auch die Schrift zeigt eine modernere Fassung.
Die ersten Bilder von der portugiesischen Revolution.
Unsere Bilder illustrieren in überaus anschaulicher Weise die revolutionären Vorgänge in Lissabon. Ein Teil der einander widersprechenden Nachrichten, die nach dem Ausstand aus Lissabon einliesen, besagte, daß sich nur die Truppen, nicht aber auch die übrige Bevölkerung an der Erhebung beteiligt halten. Aas einem unserer Bilder ist aber zu ersehen, daß die Marschkolonnen der Republikaner zu gleichen Teilen aus Soldaten und bewaffneten Bürgern zusammengesetzt waren. Die wichtigste Rolle im Kampfe spielte die Artillerie, die sich gleich anfangs gegen den König erklärt halte. Begeistert begrüßte die Menge die grün-rote Fahne der Revolution, die im Triumph durch die Straßen getragen wurde, und als vom Balkon des Rathauses die portugiesische Republik proklamiert wurde, herrschte unbeschreiblicher Enthusiasmus.
Portugal und seine Kolonien.
Portugal, das bekanntlich vollkommen unter englischem Einfluß steht, wird vor allem sein Augenmerk darauf richten müssen, daß sich seine Kolonien dem neuen Regime ebenfalls anpassen. Die Nachrichten aus den portugiesischen Kolonien melden allerdings, daß die Proklamierung der Republik dort mit F: ende begrüßt wurde. Die Erhaltung des portugiesischen Kolomalbesitzes ist für die neue Republik von der größten Wichtigkeit. Denn Portugal samt den Azoren und Madeira mißt nur 91,948 qkw mit 5,423,132 Einwohnern, während allein die afrikanischen Kolonien Portugals (die Kapverdischen Inseln, Porlugiesisch-Guinea, St. ThonE, Principe, Angola und Mozambique) 2,070,000 qkm groß sind und 6,460,000 Einwohner haben, wozu noch die von 796,000 Einwohnern bewohnten, 22,806 qkm großen Besitzungen in Asien (Goa, Damno, Diu, Macao und Trinor kommen. Diese ansehnlichen Reste des alten portugiesischen Kolonialreiches sind der wertvollste Besitz des Landes; und die Frage, ob sie ihm auch unter dem neuen Regime erhalten bleiben, ist von großer Bedeutung für die Weltpolitik,
Allerlei.
8 Ausgangs September ist in New - Bork das größte Warenhaus in Amerika eröffnet worden. Natürlich bleibt es nur das größte, bis jemand das allergrößte baut, was vielleicht übers Jahr schon geschehen mag. Ein immenser Geschäftspalast ist es, der sich am Broadway und der 32. Straße erhebt, ein riesiges dreftehnstöckiges Gebilde aus Eisen und Stein mit zwölf Hektar Bodenfläche (alle Stockwerke gerechnet^, und, um gleich die andern Statistiken zu geben, mit 36 Passagier-Lin's und >tt Güter-Aufzügen, 1020 Telephon-Stationen, 25 Kilometer Rohipost-Per-
K
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1. Der Zivilgouverneur von Lissabon Eusebio Leao verkündet vom Ratbaus aus dem Volke die
Einführung der Republik. 2. Soldaten und bewaffnete Bürger. 8. KönigZtreue Truppen -mit Maschinengewehr. 4. Reiter mit der republikanischen Fahne.
Bilder von der Einführung der Republik in Portugal.
Karte der portugiesischen Besitzungen.
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erhalten. Sie haben eine Bibliothek nebst Lesezimmer und einen Saal, in dem Vorlesungen gehalten werden. Es sind reichlich Bäder ftir sie eingerichtet; auch für die Heize: die tief unten in der Erde arbeiten, und ein paar Schritte von ihrer Arbeitsstelle erfrischende Brausebäder finden. Auch für das Publikum in Badegelegenheit vorhanden, ferner finde: man Barbier- und Frisiersalons, Postamt, Telegraphen- Stationen und überhaupt alles, was zu einer „Stadt in sich ''elbst", wie sich das neue Warenhaus gern bezeichnet gehört.
Gimbci Brothers haben den Geschäftspalast gebaut, Adam Gimbel, der Vater, war 1840 in Bayern
geboren und kam in jungen Jahren nach Amerika. Er siedelte sich in Vincennes in Indiana an, und betrieb dort einen Allerlei-Laden, wie damals alle solche Geschäfte geführt wurden. Adam Gimbel hatte nun eines Tages eine Idee. Bis dahin war in allen Läden Amerikas, wie überhaupt in der ganzen Geschäftswelt, das Handeln und Feilschen an der Tagesordnung. Was feste Preise waren, wußte kein Mensch. Der kleine Kaufmann aus Bayern erließ nun eines Tages eine Ankündigung, daß in seinem Laden von jetzt ab jede Ware nur einen Preis habe.
Dieser kühne Bruch mit der Tradition hob Adam Gimbel aus dem Milieu heraus, in dem er sich, gleich Tausenden seiner Genossen, bis dahin bewegt Hane. Er wurde ein Pionier im amerikanischen Warenvertrieb. Ein Erfolg wie er ihn kaum ahnte, blühte ihm. Den Gipfel haben jetzt die sieben Söhne des bayerischen Einwanderers erklommen, indem sie das größte Kaufhaus in New-A)ork gründeten, ein Etablissement, das mit Inhalt, alles in allem, heute siebzehn Millionen. Dollars tostet!
Gedankensplitter.
Wer zuviel Sprünge macht, wird bald auch Sprünge haben.
Wenn L-ebe sehend wird, sieht sie meist zu scharf.
Mancher sehr schlecht beschlagene Gaul läuft bei der Karriere als erster durchs Ziel.
Wer viele gewinnen und sich selbst verlieren will, der gehe unter die Schmeichler.
Es gibt nicht nur Torheiten, sondern auch gescheite Streiche, deren man sich zu schämen hat.
Das trübste Scheiden ist das, das nicht mehr weh lut.
Nicht nur der Körper, auch unsere Seele braucht von Zeit zu Zeit ein rechtes Vollbad.
Es gibt Lastendes Lebens, die es uns leichter machen.
Man hat nicht immer zu wenig Geld, wenn man wenig hat, aber meist nicht genug, wenn man zu viel hat.
bindungen, 2406 Stahl-Säulen, 24 000 elektrischen Lampen, 100,000 Quadratsuß Außensenstern mit den größten Spiegelglas-Flächen Amerikas u. s. iv.
In diesem Laden findet man ganz neuartige Einrichtungen. Wer wird nicht mit Wonne den „Raum des Schweigens" begrüßen, wo der abgehetzte .sbopper" nach der Jagd auf Gelegenheitskäufe seine müden Glieder auf einem Polstersessel ausstrecken kann und sicher ist, daß kein Laut ihn stört! Der große Saal hat nämlich schallsichere Wände und Türen und jede Konversation in ihm ist untersagt. Wer erkrankt, hat nicht zu fürchten, daß ihn der Krankenwagen der Polizei holt, es ist nämlich ein vollständig eingerichtetes Hospital vorhanden, in dem jederzeit ein Arzt und zwei Wärterinnen anwesend sind Natürlich gibt es besondere, luxuriös eingerichtete Warte- und Lesezimmer, darunter solche, die nur für Frauen bestimmt sind, Teezi-amer und Restaurants. Auch findet man einen Konzerts aal mit Bühne und Konversalions- zimmer für das künstlerische Personal.
In weitgehendem Maße ist für die 6000 Angestellten des Geschäftes gesorgt. Für sie ist ein besonderes Restaurant I eingerichtet, worin sie alle Speisen zum Selbstkostenpreise >
Ach so ! Gnädige (zur neuen Köchin, mit der sie nicht zufrieden ist): „Sie sagten, daß Sie in dem letzten Hause einen Monat lang waren, das ist ja gar nicht wahr?" — Köchin: „ O, bitte, eine Woche war ich bei der Gnädigen im dritten Stock, eine Woche bei der im zweiten Stock, eine Woche bei der im ersten Stock und über eine Woche bei der im Parterre!"
Ei» Seßhafter. Richter: »Nach ihrem Strafregister zu urteilen, scheinen Sie ein sehr bewegtes Leben hinter sich zu haben." — Angeklagter: „Im Gegenteil, Herr Richter, ich habe fast immer gesessen!"
Lösung des Ergäuzungsratsels.
Keil, Nest, Rom, Lee, Ohr, Neid, Dorf, MerrnM
Keine Rose ohne Dornen.
Voraussichtliches Weiter
am Sonntag, den 16. Oktober: Heiter, trocken, nachmittags
mild.
Verantwortlicher Redakteur: L. L au k, Altensteig.