angesannnelt hat, ist zu einem explosiven Ausbruch gekommen. Die republikanische Regierung hat selbst einen Anstoß dazu gegeben, denn eine ihrer ersten Regierungshandlungen war die Auflösung aller geistlichen Orden und die Ausweisung aller Mönche und Nonnen ausländischer Nationalität, Hie und da haben die Klosterinsassen Widerstand geleistet und auf die Revolutionäre gefeuert; wenigstens wird das behauptet. Eine Rechtfertigung des Sturms auf eine Anzahl Klöster und der Demolierung von Ein­richtungsgegenständen ist das aber ebensowenig, wie für die Art und Weise, wie den Mönchen und Non­nen bei ihrer Austreibung mitgespielt wurde, na­mentlich den vor allem verhaßten Jesuiten. So etwas ist eben nur möglich, wenn sich alle Bande frommer Scheu gelöst haben, wenn die Weiber zu Hyänen werden. Daß die republikanische Regierung die Orden auflöst, ist an und für sich von ihrem! Standpunkte aus freilich folgerichtig. Denn Repu blik und Ordensherrschaft verträgt sich nicht mit­einander, Die portugiesische Republik wird antikle­rikal sein, oder sie wird nicht sein. Es ist über­haupt eine bedeutsame Erscheinung, daß gerade die lateinischen Völker die römische Kirche als ein Joch empfinden. Da ist es in den germanischen Län­dern, namentlich auch in Deutschland, für die ka­tholische Kirche schon besser. Freilich wird diese das nicht zugestehen. Schließlich noch ein Wort über die Stellung des Auslandes zu der Republik Por­tugal, Diese wird, sobald die Umwälzung durch eine formgerechte Willensmeinung des Volkes, also durch Wahlen, gebilligt wird, ohne weiteres und ohne Ausnahme anerkannt werden. Alle Mächte stel­len sich auf den Standpunkt, daß es im Grunde gleichgültig ist, welche Regierungssorm Portugal hat, daß das eine Angelegenheit ist, die die Portugiesen selbst mit sich ausmachen müssen. Das Nachbarland Spanien möchte wohl gern, daß die Monarchie in Portugal wieder hergestellt würde, weil die Umwand­lung Portugals zur Republik für die spanischen Repu­blikaner ein starker Anreiz zur Nachahmung ist ; aber Spanien kann nicht anders, als sich in seinem Ver­halten gegen die portugiesische Republik dem Beispiel der anderen Mächte anzuvassen. Bon die­sen kommt es namentlich auf England an. Dort hat man nicht nur Portugal, sondern auch das portugiesische Königshaus und den jungen König Manuel immer ungemein begönnert, und der ver­storbene König Eduard ging sogar mit dem Plane um, auch dem jungen Manuel eine englische Prin­zessin zur Frau zu geben, wie dem König von Spa­nien, Aber König Eduard starb, und unterdessen wurden die Verhältnisse in Portugal immer miß­licher, auch fing der Jüngling auf dem Throne in Lissabon einen gewissermaßen liederlichen Le­benswandel an der Apfel fällt nicht weit vom Stamm), indem er sich unter anderen eine fran­zösische Varieteekünstlerin als Herzensfreundin, als eine Art ungekrönte Königin beigesellte, was sogar in Lissabon einen artigen Skandal gab, als die junge Schöne dort auftauchte und im königlichen Palast ein- und ausging, beinahe sogar dort stän­digen Wohnsitz nahm. Sie mimt augenblicklich in einem Wiener Varietee und trauert um die verlo­rene Herrlichkeit. Doch das nur nebenbei. Politisch bemerkenswert ist die Rolle, die die englische Re­gierung bei der portugiesischen Revolution gesvielt hat. In dieser Beziehung wird behauptet, daß man in London durch Vertrauensmänner der portugiesi­schen Republikaner schon vor einiger Zeit davon unterrichtet wurde, daß der gewaltsame Sturz des Königtums geplant sei. Offiziell nahm das eng­lische Auswärtige Amt diese Ankündigung aller­dings nicht entgegen; allein es gibt Mittelmän­ner. Jedenfalls hat die englische Regierung keinen Finger gerührt, um das Verhängnis von dem Kö­nig Manuel abzuwenden. Man war auch so diskret, ihm nicht einmal einen Wink zu geben. So hat auch König Manuel erfahren, daß das Work vom perfiden Älbion nicht immer ganz falsch ist. In diews Bild gehört noch ein anderes Moment, näm­lich das, daß ein gewisser Teil der englischen Pres'e es auch hier wieder nicht unterlassen kann, Deutsch­land -u verdächtigen. Man tut so, als habe Deutsch­land ein besonderes Interesse an der Errichtung der Republik, weil es danach trachte, sich einen Teil der vortugiesi'chen Kolonien anzueignen. Das ist natürlich Unsinn, und vielleicht darf man auch hier sagen, daß keiner einen anderen hinter dem Busche sucht, er hätte denn selbst schon dahintergesessen,

Zarenbesuch in Potsdam.

Die Rätselsrage: treffen sie sich, oder treffen sie sich nickst, nämlich der Zar und Kaiser Wilhelm, ist nun glücklich gelöst, ebenso wie die Frage nach dem Orte der Begegnung, Der Kaiser von Rußland wird nämlich nach Potsdam kommen, um dem Kaiser Hofe dort einen Besuch abzustatten. Es war nach­gerade an der Zeit, daß der Zar sich dazu auf- !

Echwarzwälder Gonutagsbla

schwang, denn seit langen Jahren ist er nicht dort gewesen, sondern hat sich damit begnügt, den deut­schen Kaiser irgend wo anders zu treffen. Vielleicht ist der Entschluß zu der Reise nach Potsdam mit darauf zurückzuführen, daß in der Leitung der Auswärtigen Angelegenheiten Rußlands eine Aende- rung eingetreten ist. Herr v. Jswolski, der als Minister des Auswärtigen den Kurs stark nach der englisch französischen Seite hin gerichtet hat, und aus seiner persönlichen Verstimmung in die andere fiel, ist als Botschafter nach Paris gegangen, und wenn sein Nachfolger Sasonoff, der bisherige Ge­hilfe des Ministers, auch die Richtung im allge­meinen nicht ändern dürfte, so scheint doch in die Beziehungen zu Deutschland und Oesterreich-Ungarn eine etwas freundlichere Note kommen zu sollen.

Aus der Metallindustrie.

Der Riesenkampf' in der Metallindustrie, der ein Heer von etwa 400 000 Arbeitern beschäfti­gungslos zu machen drohte, ist im letzten Augen­blick durch eine Verständigung zwischen den Ver­tretern der beiderseitigen Organisationen abgewen­det worden. Allein die Wiederaufnahme der Ar­beit in der Werftindustrie, die infolge dieses Frie­densschlusses am Montag erfolgen sollte, ist nock auf Schwierigkeiten gestoßen, da zwischen den Arbeit­gebern und den Arbeitern Meinungsverschiedenhei­ten über einzelne Punkte hervortraten. Es ist in­dessen nicht zu befürchten, daß daraus noch Weite­rungen entstehen werden.

Amtliches.

Es wird vom Kgl. Oberamt bekanntgegeben, daß die Schonzeit für Fluß- und Bachforellen, sowie für Bach- und Kreuzungssaiblinge am 10. Oktober ds. Js. beginnt und für die Nagold und ihre sämtlichen Seilen- bäche bis 1. Februar 1911 dauern

Die Schonzeit hat die Wirkung, daß während derselben ausschließlich der ersten drei Tage die geschützten Fische weder gefangen noch seilgeboten noch verkauft oder in Wirt­schaften verabreicht werden dürfen.

Während der Schonzeit und während weiterer sechs Wochen nach beendigter Laichzeit, somit bis zum 15. März 1911 dürfen ferner keine Enten in solche Fischwasser zuge­lassen werden, in welchen die betreffenden Fische sich vor­herrschend aushalten, sofern diese Fischwasser nicht Gemeinden zur Benützung stehen und von der Gemeindebehörde hiezu Erlaubnis erteilt worden ist.

Landrsnachrichtrn.

Lengenloch, 14, Okt. Koro, Etwas äußerst Interessantes tonnte man gestern mittag hier beo­bachten, Um 2 Uhr flog ein Prachtexemplar von einem Auerhahn durch unsere Gärten und setzte sich auf einen Birnbaum, Auch als ein hiesiger Bürger nach ihm s choß, ließ er sich nicht ans sei­ner Ruhe bringen. Er flog, um sich den Zuschauern besser zu präsentieren, auf eins Scheune und machte dort vor den erstaunten Zuschauern über den ganzen First des Daches den schönsten ^Parade­marsch", offenbar sich wohl bewußt, daß seine Ver­folger keine Patronen mehr hatten. Nach einem höflichen Abschiedskompliment flog der Hahn, ver­folgt von der hiesigen Jugend, seinem heimatlichen Reviere, dem nahen Walde, zu,

* Enzklösterle, l 2, Okt, Während eines unbe­wachten Augenblicks fiel das eineinhalbjährige Mäd­chen des Karl Re ule, Taglöhners in Lapp ach in den Sägkanal und ertrank,

* Wildbad, l 2, Okt. In einer außerordentlichen Generalversammlung der hiesigen Vereinsbank wurde die Erbauung eines eigenen Bankgebüudes in der König Karlstraße beschlossen. Der Bauplatz (von Priv. Fischer) kostet 32 000 Mark, der Bau­aufwand soll 45 000 bis 50 000 Mark betragen. Es soll ein der Badestadr würdiges Bankgebäude ge­ben, Das Hochparterre ist für die Kassen- und Bu­reau-Räumlichkeiten vorgesehen. In der Mitte der­selben soll ein feuer- und einbruchsicherer Tresor eingebaut werden mit vermietbaren Fächern. Im ersten Stock soll sich der Sitzungssaal und die Wohnung des Kassiers und im Dachstock die Woh­nung des Bereinsdieners befinden,

jj Edingen, 14. Okt. Ans dem gestrigen Bieh- markt übten Taschendiebe ihr Handwerk aus. Unter anderem wurde einem Bauern eine Brief­tasche mit 200 Mark aus der Tasche gezogen. Der Bauer wurde jedoch aufmerksam, machte auf den Langfinger Jagd, und veranlaßte so dessen Verhaf tung, nicht ohne daß diesem vorher eine tüchtige Tracht Prügel von den erregten Bauern verab­reicht worden war. Ein anderer Besucher des Viehmarktes aus Hohenzollern hat seine Brief­tasche miß zwei Hundertmarkscheinen verloren.

tt.

jj Pfullingen, OA- Reutlingen, ltTÖkb Der^8 Jahre alte Braubursche Albert Fischer verunglückte gestern abend in der Klosterbrauerei von Adolf Si­gels Erben tödlich. Er hatte an einem größeren Bierfasse zu tun, als durch die Erschütterung ein darüber geschichtetes ca, 40 Zentner schweres Sattel­faß herunterrollte und dem Brauburschen den Brust­kasten eindrückte. Eine halbe Stunde nach dem Un­fall trat der Tod ein.

js Backnang, 14. Okt. (Schwindler.) Bei der Postagentur in Althütte erschien gestern nach­mittag ein ziemlich gut gekleideter Herr, der sich als Postinspettor zur Visitation der Kasse sei­tens der K. Generatdirektion der Posten und Tele­graphen gesandt, vorstellte. Postagent Schindler trug sofort Bedenken und wies den Herrn Kassenvisi- tator vorerst ab. Nachdem sich Schindler von dem Betrngsversuch des Schwindlers hier die weitere Ueberzeugung verschafft hatte, schritt er zu dessen Verhaftung durch Einholung auf seiner Weiterreise. Der Herausgabe seiner Papiere widersetzte sich der Hochstapler energisch. Seine Verbringung in den Ortsarrest ging dann glatt vor sich. Heute früh erfolgte die Einlieferung ins hiesige Amtsgerichts- Gefängnis, ' f

sj Ochspuburg, OA. Brackenheim, 14. Okt, Der srühere Schultheiß Bauer ist gestern nachmit­tag, laut Neckar-Echo, auf eine Anzeige des Ge­meinderats plötzlich verhaftet worden. Die Ur­sache bildet eine im Frühjahr d, I. vvrgenommene Fälschung des Gemeinderatsprotokolls betr. Jagd­verpachtung. Das Kollegium hatte seiner Zeit be­schlossen, außer dem Pächter keinen weiteren Teil­nehmer zuzulassen, während Bauer zu Gunsten des Jagdpüchters einen solchen ins Protokoll hineinqe- Mscht hat.

^ jj Mimsingen, !4. Okt. Der Schlosser Georg Schutzmann, der am Zementsverk in Lauffen a. N. beschäftigt war, mußte eine Uebung auf dem Trup­penübungsplätze mitmachsn. Auf dem Heimweg vom Urlaub in Münsingen stürzte er infolge der Dun­kelheit in einen Steinoruch, wo er dann tot auf­gefunden wurde.

jj Berlin, 14, Okt. In einem Hause der neuen Friedrichsstraße gegenüber der Markthalle entstand helOe vormittag infolge einer Gasexplosion in einem Waschgeschäft Großfeuer. Durch das rasche Umsichgreifen des Brandes wurde einer bei der Firma angestellten Person der Weg abgeschniMn, Sie ist durch Brand oder Ersticken verunglückt. Ein Zuschneider wurde schwer verletzt. Eine weibliche Angestellte sprang neben das Sprungtuch, hat aber nur leichteren Schaden genommen,

jj Berlin, 14. Okt. Bei dem Brande in der neuen Friedrichstraße im Wäsche- und Schürzenge­schäft von Arndt sind zwei verkohlte Leichen, anscheinend ein Mann und eine Frau, gefunden worden. l

Ausländisches.

4 Paris, ! 4. Olt. Das Komitee der vereinig­ten B a u a r b e i te r s y n d i k at e hat sich heute vor­mittag für einen allgemeinen Ans st and entschie­den. Eine Versammlung der Arbeiter der elek­trischen Industrie stimmte für die Fortset­zung des Ausstandes.

!> Petersburg, 14. Okt. An der baltischen Küste hat in der vergangenen Nacht und. heute vormittag ein heftiger Sturm gewütet, der zeit­weise zum Orkan ausartete und große Verwüstun­gen anrichtete. In der Nähe von Riga wurden Z Segelschiffe ans Ufer geworfen. Ein Teil der Mann­schaften ist umgekommen. Nachts waren auf dem Meer Notsignale sichtbar. Die Zahl der havarier­ten Schiffe ist anscheinend groß. In Mitau, Libau und Troki herrschte ebenfalls ein heftiger Sturm; der Dächer abdeckte, Bäume entwurzelte, Gerüste im Bau befindlicher Häuser niederlegte und Tele­phonleitungen zerstörte.

jj Lissabon, 14. Okt. Dem Vertreter des eng­lischen Gesandten ist das persönliche Eigentum des Königs Manuel ausgehändigt worden. Die nächsten Wahlen werden nach dem allgemeinen Stimmrecht erfolgen:

jj Havanna, l.4 Okt. Ein Orkan hat die Städte Kasilda und Santa Clara zerstört. Biele Menschen sollen dabei umgekommsn sein.

jj St. Nazaire, 14. Okt. Der Dampfer Ville des Rochefort ist bei der Insel Noirmontier ge­sunken. Von der 26 Mann starken Besatzung des Dampfers konnten durch den spanischen Dampfer Perveril nur drei Mann gerettet werden. Der Un­tergang ist durch Zusammenstoß mit dem spanischen Dampfer verursacht worden.