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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, jreudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.

Rr SSS.

Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Laut), Altensteig.

Mittwoch, de« IS. Oktober.

Amtsblatt für VfalzgrafeuweUer.

Tagespolitik.

Mit der Berichterstattung über den Kasseler yationalliberalen Parteitag haben sich während der letzten Tage in ganz Baden na­tionalliberale Versammlungen beschäf­tigt, die, wie von nationalliberaler Leite berichtet wird, ohne Ausnahme das volle Einverständ- niszurbadischenGrvßblockpolitik erbrach­ten. Bei einer vorgestern stattgesundenen Mitglie­derversammlung des .nationalliberalen Vereines Mannheim ergab sich die volle Einmütigkeit mit den Beschlüssen, die in Kassel gefaßt worden sind, vor allem mit den Ausführungen Bassermanns. Zugleich wurde aber auch mit Entschiedenheit fest- gestellt, daß man gewillt ist, die Großblock­politikin Baden sortznsetzen. Abg. König führte demGeneralanzeiger" zufolge u. a. aus: Ich würde es für einen großen Fortschritt halten, wenn einmal die Verhältnisse sich so entwickeln, daß ein Groß block der Linken möglich wäre gegen einen Block der Rechten. Dann würde erst das Bür­gertum zu einem wahren Machtfattor werden. Die Schuld, daß das nicht möglich ist, liegt heute nicht an der nationallib. Partei, auch nicht an der nord­deutschen. Die Nationalliberalen können heute nicht anders, weil die Sozialdemokratie auf einem scharf negierenden Standpunkt steht. Im Reichs­tag sind eine Reihe Fragen zu erledigen, die int badischen Landtag nicht Vorkommen. Deshalb kön­nen wir es verstehen, daß die nationalliberale Par­tei, die eine monarchische Partei ist, nicht in der Lage ist, sich mit der Sozialdemokratie dort zu einem Großblock zusammenzuschließen. Die .Frage anfwerfen heißt sie verneinen. Bezüglich der ba­dischen Landtagsangelegenheiten ist unser Wille und unsere Meinung, auf dem Boden des Großblocks zu bleiben. Die badischen Sozialdemokraten, die ihre praktische Arbeitswilligkeit bewiesen, haben durch ihr Auftreten in Magdeburg diesem ehrlichen Wil­len den Stempel aufgedrückt. Das war eine große Kulturarbeit. Aber auch aus nüchternen Erwägun­gen heraus muß der Großblock beibehalten werden. In Baden haben wir eine Zentrumsmajorität in dem Moment, in dem die Liberalen und die So­zialdemokraten nicht Zusammengehen. Da ist es doch Wohl das Gescheiteste, man findet sich zusammen. Allerdings die Linie, auf der ein Zusammenschluß möglich ist, kann nur sein die Linie des ganz ent­schiedenen Liberalismus.

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Die Revolution und die Proklamierung der Republik in Portugal hat in ganz Europa allgemein einen tiefen Eindruck gemacht, dagegen sehr verschiedenartige Gefühle ausgelöst, hier Freude und Genugtuung, dort Trauer und Aerger. Es ist nirgends der Gedanke an eine Einmischung des Aus­landes zu Gunsten der entthronten Dynastie hervor­getreten. Noch vor achtzig Jahren haben es die Großmächte der sogenanntenHeiligen Allianz" nicht dulden wollen, daß in Italien, Spanien und Portugal freie Verfassungen eingeführt wurden, jetzt ! aber ist es ein allgemeiner Grundsatz des interna- ! tionalen Rechts geworden, was Kaiser Wilhelm in j der Thronrede zur Eröffnung des ersten deutschen ! Reichstags gesagt hat: Die Achtung, die das neue Reich für seine eigene Selbständigkeit in Anspruch nehme, zolle es bereitwillig auch der Unabhängig­keit aller andern Völker; der Reichstag hat in sei­ner Antwortadresse diese Versicherung durch die Er­klärung ergänzt: Die Zeiten der Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder seien mr immer vorbei. Die Portugiesen können also ganz ruhig sein: das republikanische Wert der Wie­dergeburt ihres Vaterlandes wird von außen nicht gestört werden. >

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König Manuel erklärte, er lehne es ab, finem Verzicht auf die portugiesische Krone auszu- jprechen; er behalte sich alle königlichen Rechte

über Portugal für seine Person und für sein Haus jetzt und immer vor. Die Königsfamilie schuldet dem Staate über 60 Millionen, davon der junge König Manuel allein 10 Millionen. Der König hat in Erwartung seines Sturzes bereits vor Vier- Wochen die Zivilliste für das ganze laufende Jahr von der Staatskasse abheben lassen. Verwunderlich ist es nicht, daß die Königsfamilie so große Schul­den ausgehäuft hat. Der portugiesische Hof war einer der glänzendsten Europas, viel glänzender, als der politischen Bedeutung und den Geldmitteln des Lan­des entsprach. Mit dem Gold- und Silbergerät des Königsschlosses zu Lissabon konnte sich nicht einmal das der Wiener Hofburg und des St. Petersburger Winterpalastes an Schönheit und Kostbarkeit ver­gleichen. Der Hofstaat setzte sich aus einer ganzen Armee von Beamten aller Grade zusammen. Da der Hof sich seit Menschengedenten in fortwährender Geldnot befand, wurde mit Titeln und Aemtern ein fast öffentlicher Schacher getrieben. Wer nickt einmal von der Republik San Marino ein Ordens­band oder ein Adelsdiplom erlangen konnte, durfte in Lissabon aus eine freundliche Berücksichtigung sei ner Wünsche rechnen, vorausgesetzt, daß er sich dasnr erkenntlich zu erweisen versprach. Am äußeren Zu­schnitt der Hofhaltung hatte der König Dom Ma­nuel in der kurzen Zeit seiner Regierung nichts ge­ändert. Sie war ganz nach französischem Vorbild? eingerichtet und in ihrer letzten Gestalt Hauptfach lieh das Werk der Königin-Mutter Amelle. Der portugiesische Hof war vielleicht der letzte Europas, an dem die Jagd mit Falten noch ausgeübt wurde. Der königliche Marstall verdiente die Bewunderung aller Besucher. Die Wagen, von denen es in al len Größen nnd Ausführungen gab, stammten aus London und Paris, die Pferde aus allen Teilen der Welt, aus dein Lande selbst nur die berühmten weißen Manlefel. All diese Pracht und Herrlichkeit wird nun wohl zur Vergangenheit gerechnet wer­den müssen.

lande snachrichten.

Att«na-ig. 12. Oktober.

* Für Obstbaumbesitzer. Zur Vertilgung des so schädlichen Frvstnachtspanners ist es dringend angezeigt, daß die Obstbaumbesitzer unverweilt ihre Kernobstbäume wiederum mit den bekannten und bewährten Klebringen ca. 1 Meter vom Erdboden entfernt versehen. Der Schmetterling pflegt gegen Mitte Oktober zu erscheinen und treibt sein We sen bis gegen Dezember. Auf älteren Bäumen mit rauher Rinde sollte der Raupenleim unmittelbar auf die Rinde aufgestrichen werden. Die Obstbaum besitzer werden vom Königlichen Oberamt drin gend aufgesordert, ihre Obstbäume von Moos und abgestorbener (aber nicht der lebenden Rinde durch Abscharren zu reinigen das Abscharren geschieht am besten bei feuchter Witterung nnd die Stämme und Aeste mit Kalkmilch anznstreichen. Außerdem sollen die Baumscheiben umgegraben nnd die Bäume genügend gedüngt werden. Alles von den Bäumen abipescharrte ist zu verbrennen.

* Baiersbronn, >1. Ott. Landtagsabg. Gaiser hat, wie bereits gemeldet, die auf ihn gefallene Wahl angenommen. In einer Mitteilung und Dank­sagung an die hies. Bürgerschaft sagt er:Ich habe heute aus eine an mich ergangene amtliche Anfrage erklärt, daß ich die Wahl zum Ortssteher in Baiers- bronn annehme. In einer früheren öffentlichen und privaten Erklärung stellte ich die Nichtannahme der Wahl in Aussicht, nicht ans prinzipiellen, Gründen, sondern auf Grund eines an mich ge­stellten Wunsches der Zweckmäßigkeit. Die gänzlich veränderte Lage der Dinge dürfte meine jetzige Stellung rechtfertigen und will ich hiezu folgende Gesichtspunkte ansühren: l. Den nicht vorauszu­sehenden, oder nach meiner seitherigen Stellung­nahme nicht glaubhaften Wahlausfall. 2. Das de monstrative Verlangen einer großen Anzahl Bür­ger, die Annahme der Wahl zuznsagen. 3. Eine

zweite Wahl, welche mit all ihren unangenehmen und den Frieden in der Gemeinde bloß störenden Begleiterscheinungen wohl nicht erwünscht sein wird, zu verhindern, und 4. das Vertrauen einer großen Anzahl Bürger und Wähler zu meiner Person, so­wohl in lokaler als auch politischer Beziehung nicht mutwillig abzuweisen." Eine beachtenswerte, wohl die nächste Landtagswahl betreffende Er­klärung gab Landtagsabg. Gaiser imGrenzer". In einem Wahlaufruf zur Schultheißenwahl wurde gesagt, Gaiser habe bei der letzten Landtagsersatz­wahl, in Bezug auf den gegnerischen Kandidaten Schultheiß Walther-Aach den Ausdruck gebraucht: Der O r ts v o r st e h e r gehört aufs Rat­haus und nicht nach Stuttgart". Gaiser stellt nun fest, daß er eine solche Aeußerung nicht getan habe und daß sie sich auch niemals! mit seiner persönlichen Auffassung ge­deckt hätte. Demnach wird sich Gaiser auch als Ortsvorsteher bei der nächsten Landtagswahl wieder in den Landtag wählen lassen.

* Stuttgart, 10. Ott. Eine Kommission, be­stehend ans Beamten des Finanzdepartements und Professoren der Baugewerkschule, besichtigte die tier­ärztliche Hochschule, um festzustellen, ob'sich der durch Aufhebung der Hochschule frei werdende Platz und die vorhandenen Gebäude für Zwecke der Bauge- wertschule, insbesondere für Unterbringung der dringlich geforderten Maschinenversuchsabteilung eignen. Darnach scheint man die Aufhebung der tierärztlichen Hochschule doch rascher vornehmen zu wollen, als nach den Aenßerungen des Kultministers jangunehmen war.

!! Stuttgart, l 1. Ott. Gestern nachmittag hat sich in seiner Wohnung in der Olgastraße ein 29 Jahre aller Kaufmann erschossen.

!> Cannstatt, l l. Ott. Am Sonntag wurde hier ein verheirateter Kutscher von der Polizei wegen versuchten Mords festgenommen und an das Kgl. Amtsgericht eingeliefert. Der Verhaftete wird be­schuldigt, seiner Frau in den Kaffee Lysol gegossen zu haben.

Z Eßlingen, 11. Ott. In der der Maschinen­fabrik Eßlingen gehörenden Maschinenfabrik in Mei­ringen waren drei Arbeiter entlassen worden. In der Annahme, daß die Entlassung mit der Kün­digung anläßlich der event. Aussperrung Zusammen­hänge, haben heute früh die Arbeiter in der Met- tinger Fabrik mit der Arbeit aufgehört. Auf Grund der zwischen der Fabrikleitung und dem Metall­arbeiterverband gepflogenen Unterhandlung wurden die Arbeiter wieder eingestellt und die Arbeit nach kurzer Zeit wieder ausgenommen. Einer von ihnen wurde um 2,50 Mark bestraft, weil er während der Arbeitszeit Schriften verteilt hatte.

Z Gaildorf, 1l. Ottbr. In Oberfischach brannte gestern nacht das Oekonomiegebäude und Wohnhaus der Witwe des früheren Ortsrechners Sceger nieder.

ss Hcidenheim, 1 l. Ott. Der Brauereiarbeiter streit ist, nachdem die Brauereien eine Lohnerhöh­ung von leinhalb Mark pro Woche und eine Ar- beitsverkürzung von einer halben Stunde pro Tag zugestanden haben, beendet.

Hermaringeu, OA. Heidenheim, 11. Okt. In der Sckeunr des Oekonomen Greiner brach gestern Feuer aus. Das ganze Anwesen brannte nieder.

!s Buchau, 1 1. Okt. Die Mvtorschiffahrt auf dem Feuersee ist nunmehr eröffnet. Die Teefläche, die zur Pfahlbanzeit noch eine Ausdehnung von 13 Kilometer Länge und 6 Kilometer Breite hatte, ist allmählich ans 1095 Hektar zurnckgegangen und wurde durch die Fällungen in den Jahren 1737 und 1733 und 1303/09 ans eine Meereshöhe von 573 Meter gebracht, so daß die Seefläche jetzt nur nock 243 Hektar beträgt. Durch diese beiden Fäl­lungen wurden ca. 300 Hektar Land gewonnen.

ß Friedrichshafen, 1 l. Okt. In Anwesenheit des Königspaares, des Grafen Zeppelin, der Ge- meiiidekollegien, der Stndienkommission, der Geist­lichen, der Lehrer, des Oberamtmanns Bockhan»»