Tie LsgeSasSgade 'sfte: vierteljährlich isidezickNagow und Hachbarortsverkehr Mk. INS
außerhalb Mk. 1.35.
Tie Wochenausgabe (Schwarzwälder SomNugsblatt) vierteljährlich LÜ Pfg.
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Uivarteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Mberamtsbezirken Nagold, jreudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.
«r. 235.
Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Laut), Altensteig.
Portugal.
Europa zählt seit vorgestern eine Monarchie und einen Monarchen weniger: Dom Manuel II. hat seine Königskrone verloren und das Haus Bra- ganza hat zu regieren aufgehört. Die Revolution ist siegreich gewesen, die Königsfamilie ist geflohen und es ist eine provisorische Regierung eingesetzt worden, an deren Spitze die Führer der republikanischen Partei stehen. Die Republik ist bereits proklamiert und ihre formelle Einsetzung wird wohl nicht lange auf sich warten lassen. Dann zählt Europa einen Freistaat mehr.
Das Haus Braganza hat Portugal genau zweihundertsiebzig Jahre lang regiert. Wie nicht leicht ein anderes Land, so zeigt Portugal recht klar die geschichtliche Wahrheit, daß die Monarchie nur dann sür die Völker von Wert ist, wenn die Monarchen» tüchtig, ihrer hohen Stellung und großen, aber auch schweren Aufgabe vollauf gewachsen sind. In den ersten Zeiten des Königreichs, vom zwölften bis zum sechzehnten Jahrhundert, haben mehrere vortreffliche Herrscher das Land groß und mächtig, das Volk reich, zufrieden und glücklich gemacht; kam ein schlechter oder unfähiger Monarch an die Regierung, so ging es mit Macht und Glück sofort riesig bergab. Der größte Feind des Königreichs war von Anfang an das Papsttum, das die Selbstständigkeit Portugals unterdrücken und seine eigenen absolutistischen Grundsätze dem Lande nicht nur in der Religion, sondern auch in der Politik auf- znzwingen versuchte. Feinde des Königreichs waren auch die'Herrscher Spaniens. Nach dein Aussterben der burgundischen Linie im Jahre 1580 machte Philipp II. Anspruch auf Portugal und es gelang ihm auch, seine Ansprüche durchzusetzen. 60 Jahre lang stand Portugal unter spanischer Herrschaft und natürlich wurde es auch dem Regierungssystem Philipps unterworfen, das in der Geschichte zur Genüge bekannt und berüchtigt ist. In einem langen Befreiungskriege gelang es dem portugiesischen Volke, die Spanier ,zn vertreiben; auf den Thron wurde im Jahr 1640 der Herzog Io Hann von Braganza berufen, ein Abkömmling des Herzogs Alfons, der ein natürlicher Sohn des Königs Johann I. war. Es war kein glücklicher Griff, denn die Linie Braganza rechtfertigte die Hoffnungen nicht, die das Volk bei ihrer Berufung gehegt hatte. Es waren meist unfähige und bigotte Herrscher, die sich von den Jesuiten leiten ließen und das große Erbe der Vergangenheit bald vertan hatten. Nur unter Joseph I. Emanuel, der seinen genialen Minister Pombal regieren ließ, gab es wieder bessere Zeiten, mit denen aber die nachfolgende Reaktion wieder gründlich aufräumte. Am 15. Nov. 1807 erließ Napoleon den Befehl, daß das Haus Braganza zu regieren aufgehört habe; sein Sturz gab dem Hanse Thron und Reich zurück. Zm Jahre 1889 fiel die Krone an eine Frau, Dona Maria da Gloria, die den Herzog Ferdinand von Kobnrg heiratete; seither wurde Portugal vom Hause Bra- ganza-Koburg regiert. Es wurde unter den Ko bürgern nicht glücklicher als es unter den Bra- ganzas gewesen war; die Herrscher, von der Geistlichkeit unterstützt, wollten den alten Absolutismus aufrecht erhalten, und diesen wollte das Volk, das allmählich mit den freiheitlichen Ideen der französischen Revolution bekannt wurde, sich nicht mehr gefallen lassen, ebensowenig wie es auf die Dauer die Oberherrschaft der Kirche über den Staat ertrug. Dazu kamen noch Thronstreitigkeiten, der Verlust Brasiliens, die wirtschaftliche Vormacht Englands, schließlich die Korruption der monarchischen Regie- nmgskreise, die auf das Parlament Übergriff und sogar vor dem Throne nicht Halt machte, kurz, mit wenigen Ausnahmen ist die ganze 'Zeit seit dem Beginn des vorigen Jahrhunderts mit Unruhe und Kämpfen, mit Reaktion, Rebellion und Skandalen ausgefüllt gewesen. Carlos I. und sein Sohn fielen von Mörderhand und der junge Manuel II. war nicht fähig, die steigende Flut des Volksunwillens zu bannen, die schließlich über ihm zu-
Freitag, de« 7. Oktober.
sammenschlug und ihn samt seinem Hause in den Abgrund riß. Das Haus Braganza ist übrigens gegenwärtig klein beisammen; außer dem König besteht es nur noch aus seiner Mutter Amalie, einer Prinzessin aus dem Hause Bourbon-Orleans, seiner Großmutter Maria Pia, einer Tochter Victor Emanuels I. und Tante des jetzigen Königs von Italien, .und seinem unverehelichten Oheim, dem Jnfanten Alfonso, Herzog von Oporto.
Tagespolitik.
Der dritte deutsche K o l o n i a l k o n g r e ß wurde gestern im 'Plenarsitzungssaal des! Reichstages unter sehr starker Beteiligung eröffnet. Un ter den Teilnehmern des Kongresses selbst befanden sich sehr viele Abgeordnete des Reichstages. Eröffnet wurde der Kongreß durch eine kurze Ansprache des Regenten von Braunschweig, Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg. Er erinnerte daran, daß während der Tagung des letzten Kongresses im Jahre 1905 schwere Schatten über den Verhandlungen gelegen hätten, denn drei Schutzgebiete seien damals in Hellem AnJuhr gewesen. Heute sei alles anders. Damals hätten die Gegner verlangt, man möge die Kolonien als untauglich und schädlich sür das Mutterland abstoßen, und heute sehe man mit stolzer Zuversicht auf unsere Ko lonien, die eine glänzende Entwicklung genommen hätten. Er schlug im Anschluß hieran ein Hut- dignngstelegramii! an den Kaiser vor, worin der Kongreß gelobt, unter Führung des Kaisers an der deutschen überseeischen Kulturarbeit treu mitznwir ken. Nack den Eröffnungsansprachen trat der Kongreß in die Behandlung seiner geschäftlichen Auf gaben ein. Als erster hielt der Präses der Ham burger Handelskammer Mar Schinckel einen sehr interessanten Vortrag über die Koliuialwirtschaft als Ergänzung der heimischen Volkswirtschaft. Er ging davon ans. daß mit Ausnahme der Sozialdemokratie und ihrer Anhänger es wohl niemanden mehr in Deutschland gebe, der den Wert unserer Kolonien für das Mutterland verkeime. Die Freude an den Kolonien sei im Gegenteil bereits so groß geworden, daß man es bedauern müsse, nicht schon früher den Spuren des Großen Kurfürsten gefolgt zu sein. Ganz abgesehen von den Diamantenfnnden hätten unsere Kolonien eine ungeahnte Entwicklung genominen. Als letzter sprach in der gestrigen Ple nar'itzung der frühere Gouverneur von Ostafrika, dm jetzige Gesandte in Hamburg, Graf v. Götzem über die Besiedelung der Kolonien. Er sieht die Besiedelungsfrage noch nicht als gelöst an und glaubt, daß man sich noch viele Jahre mit ihr beschäftigen müsse. Zwar seien schon heute Erfahrungen gesammelt, aber sie reichten noch nicht aus, um endgültige Schlüsse zu ziehen. Für eine Besiedelung der Kolonien durch Weiße sei es nötig, daß Verkehrswege geschaffen, Wasserstellen erschloß wn, die Arbeiterfrage gelöst und die Bekämpfung der Tierseuchen in Angriff genommen würden. Das Kreditwesen müsse geregelt! werden und dann müsse man den Ansiedlern auch das Selbstbestiin- mnngsrecht geben. Durch direkte Geldnnterstnt zun gen Weiß-* nach den Kolonien zu ziehen, hält Redner für falsch. Dadurch würden nur untaugliche Elemente angelockt, während doch der schwere Kamvf draußen widerstandsfähige und selbständige Naturen erfordere.
Der neue russische Minister des Aus wärtigen, der an Stelle Jswolskis tritt, heißt Sasanow. Es ist ein Günstling des Ministerpräsiden ten Stolypin und war seither Vertreter Rußlands am Vatikan. Von da aus wurde er zunächst als Gehilfe Jswolskis berufen und steigt nun vom Gehilfen znm Nachfolger auf. In jenen höheren Beamtenkreisen, die nicht dem Stolypinschen Lager angehören, zuckt man über diesen Ministerwechsel
ziemlich wegwerfend die Achsel. In anderen Kreisen will man in Sasanow einen neuen Salomo sehen, dessen Ruf sich sehr bald über die ganze Welt verbreiten werde, nachdem er sein Licht bisher unter den Scheffel gestellt hat. Rußland könnte einen solchen brauchen.
Die bulgarischen Tagesblätter besprechen den Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung in ziemlich übler Stimmung. Die nationalistische „Wetscherna Pofchta" schreibt: „Bevor das heutige Datum ein Frendentag für uns sein kann, hat es der Vorsehung gefallen, ihn zu einem solchen zu gestalten, an dem wir an die erlittenen Verluste und Erniedrigungen denken müssen". Der ebenfalls nationalistische „Dnewnik" meint: „Demoralisiert im Innern und ohne Ansehen vor dem Anslande, steht sich Bulgarien heute schlimmer als während der größten dynastischen und nationalen Krisen." Der russische „Den" schreibt: „Der zweijährige Bestand des Königsreichs hat uns absolut nicht jene konsolidierte internationale Lage verschafft, welche die Urheber des historischen Aktes erwarteten, weil das Land dank der herausfordernden Politik des Königs und seiner Regierung gegenüber unseren Nachbarn die Zahl seiner nahen und entfernten Feinde nur vergrößert hat." Das Blatt verlangt von der Regierung die baldigste Einberufung der großen Nationalversammlung.
Die Vvrbereitungsarbeiten für die von 1912 auf das Jahr 1917 verschobene, große japanische Ausstellung, die den Charakter einer Weltausstellung tragen soll, haben sich zwar infolge der Vertagung entsprechend verlangsamt, jedoch hält, wie der Ständischen Ausstellungskommission sür die deutsche Industrie von zuverlässiger Seite berichtet wird, die japanische Regierung an dem Ausstellungsplan nach wie vor fest. Nach der derzeitigen Lage der Dinge ist anzunehmen, daß die Ausstellung im Jahre 1917 bestimmt stattfinden wird. Auch sind bereits der Generalkommissar Wada Hi- kojiro und die Kommissare Okamoto Eitaro, Aama- ivaki Haruki und Beppu Ushitaro, wie der japanische Staatsattzeiger gemeldet hat, im amtlichen Auftroge nach Deutschland, Italien und Belgien entsandt.
Landesnachrichtrn.
* Der Württ. Volksschulverei» hält am nach sten Dienstag hier seine Jahresversammlung ab. Auf derselben wird der Reichstagsabgeordnete Prof. Wetzet Eßlingen eine Referat erstatten über: „Was soll und kann die Volksschule und die Fortbildungsschule sür die Bildung und Erziehung des angehenden Staatsbürgers tun ?"
* Wichtig für Rekruten. Der Vorstand der Versicherungsanstalt Württemberg läßt an die Orts behänden folgenden Erlaß ergehen: Die Zeit der Rekruteneinstellung rückt heran. Schon wiederholt ist es vorgekommen, daß Quittnngskarten der zum Militärdienst einbernfenen Versicherten während der zwei oder dreijährigen Dienstzeit in Verlust geraten sind. Zur Verhütung eines solchen Verlustes
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