des Dreimasters Jean gegangen waren, um deser­tierte Franzosen zu ersetzen, haben gemeutert und den Kapitän und seinen Stab bedroht. Aus Falmouth, wo er weitere Befehle empfing, hat Ka­pitän Lacroi der Gendarmerie Meldung erstattet, daß diese sich gleich Uach der Ankunft des Schiffes in Dünkirchen an Bord gegeben wird, um die Meu­terer zu verhaften. Der Dreimaster wird heute nacht in Dünkirchen erwartet.

Tie Cholera.

* Berlin, 29. August. In Spandau sind 2 Fälle von Cholera konstatiert worden. Eine Frau ist bereits gestorben. Ihr Mann dürfte kaum mit dem Leben davonkommen. Es steht noch nicht fest, auf welche Weise die Seuche eingeschleppt wor­den ist. Der Mann war in den Munitionsfab­riken beschäftigt. Seine Frau erkrankte in einer: Kaffeegesellschaft. Man nahm zuerst an, daß es sich nm eine Fleischvergiftung handle, die Untersuchung ergab jedoch Cholera asiatice. Die Kinder des Ehe­paars, sowie alle Personen, die mit ihm in Be-; rührung kamen, sind sofort isoliert worden. Eine besondere Kommission prüfte alle Maßnahmen zum Schutze gegen die Gefahr nach. Alle Maßnahmen find sofort mit größter Schnelligkeit getroffen wor­den, um ein Umsichgreifen der Seuche zu verhüten. Weitere Erkrankungsfälle sind auch noch nicht zu verzeichnen.

jl Rom, 29. August. In den letzten 24 Stun­den sind in Barletta sechs Erkrankungen und sechs Todesfälle vorgekommen, in Trani ein choleraver­dächtiger Fall und zwei Todesfälle, in Molfetta drei Erkrankungen, in Andria ein choleraverdäch­tiger Fall, in Spinazzola zwei Erkrankungen und zwei Todesfälle, in Canea eine Erkrankung und ein Todesfall, in San Ferdinands eine Erkrankung und zwei Todesfälle, in Trinitapoli sieben Erkrankun­gen und ein Todesfall, in Marghierite di Savoja drei Erkrankungen und zwei Todesfälle.

AnEndifckkS.

js Prag, 29. August. In Lertulitz ist ein Zie­geleischuppen eingestürzt und hat zwölf Arbeiterin­nen unter sich begraben. Bon diesen wurde eine getötet und eine tödlich verletzt. Bier andere er­litten schwere, die übrigen leichte Verletzungen.

* Haag, 28. August. Der holländische Flieger van Maasdyk, der erst vor einigen Tagen einen Ueberlandflug ausgeführt hatte, stürzte in Arnheim bei einem Fluge aus hundert Meter Höhe ab. Er geriet unter den Motor seines Apparates und er­litt s o schwere Verletzungen, daß er auf der Stelle tot war.

js Belgrad, 29. August. Während der gestrigen Aufführung der von dem Fürsten Nikolaus von Mon­tenegro verfaßten dramatischen DichtungDie Balkanzarin" im serbischen Nationaltheater er­eigneten sich stürmische Demonstrationen gegen den Fürsten. Als der Vorhang aufging, wur­den auf den Gallerten Pfuirufe laut. Gleichzeitig be­gann ein Schreien und Pfeifen. Trotz des Ein­greifens der Polizei dauerte der Lärm während der

Schwalben flogen hin und her mit der Schnelligkeit des Pfeiles und zwitscherten um die Balken einer neuen Scheune, die man kürzlich erbaut, und die auf ihrem Granitfundament stolz da> stand. An dem Abhang erblickte man schon das Gebälk eines neuen Wohnhauses, das sich in dem warmen, heiteren Licht« badete es war der neue Pachthof von Lukne. Lärmende und fröhliche Stimmen erschallten von allen Seiten, die Axt saust« auf die Balken nieder, und Holzspäne bedeckten den Boden Hoch auf der Spitze des Daches reckte sich eine lange Stange in die Höhe, als hätte sie bis an den blauen Himmel ragen mögen. Ihr zu Füßen schienen drei Männer eifrig mit einer wichtigen Arbeit beschäftigt zu sein. Und gewiß, sie mußten etwas Wichtiges Vorhaben, denn alle Anwesenden richteten di« Augen mit ungeduldiger Neugier nach oben.

Mitten unter dieser Menge, doch ein wenig zur Seite, stand Tor mit seiner Frau. Er strotzte von Kraft und Gesundheit, nud der Blick, mit dem er die Arbeiten verfolgte, ließ erkennen, daß er das größte Interesse an ihnen nahm.

Augott war ein wenig bleich, doch ebenso schön wie einst. Auf dem Arme trug sie ein blondlockiges Kind, das seinen Kopf an der Mutter Brust verbarg. Neben ihr stand ein keiner Junge von drei Jahren, der sich an die Schürze der jungen Frau hängte und mit großen Augen und offenem Munde zu dem Dach emporsah. I" 71- -,

Plötzlich hing ein grüner Blätterkranz oben an der Stange, »nd ein Hurra hallte über die Ebene hin zu den Bergen . . .

Volle Gläser gingen in der Runde, und es wurde auf die Gesundheit der jungen Bewohner und auf das Wohlergehen des neuen Hauses getrunken.

»Dem Himmel sei Dank für dieses Glück!" murmelte Augott, dem geliebten Tor zulächelnd, während sie ihre Kinder an sich drückte und einen Blick «uf den alten Pachthof warf, der Zeuge so vielen Unglücks und so häßlicher Kämpfe gewesen . . .

Doch als das fröhliche Hurra sie plötzlich wieder zu sich selbst brachte, wendete Augott ihre Gedanken zu der Gegenwart -- sie hatte für das alte Gebäude einen Seufzer, eine Träne, und grüßte das neue Haus mit einem sanften, stillen Lächeln.

(End e.)

ganzen Vorstellung an. Nach Schluß des Theaters setzten sich die Skandalszenen auf der Straße fort.

js Tokio» 29. August. Der Vertrag betr. die Einverleibung von Korea ist heute, wie be­absichtigt, veröffentlicht worden. Gleichzeitig wurde ein kaiserliches Dekret in Angelegenheit einer Am­nestie und einer Steuerermäßigung zur allgemeinen Kenntnis gebracht. Nach dem Dekret sollen solchen Verbrechern in Korea, bei denen besondere Milde­rungsgründe vorliegen, die Strafen nachgesehen bezw. ermäßigt werden. Steuern, die seit längeren Jahren unentrichtet geblieben sind, sollen ebenfalls ermäßigt werden und auch bei den Steuern des laufenden Jahres sollen möglichst Ermäßigungen' stattfinden.

st Newyork, 29. August. Bürgermeister Gay- nor hat sich von den Folgen des Anschlags so­weit erholt, daß er heute das Hospital verlasst konnte.

Die Königsfeier in Montenegro.

* Cetinje, 29. August. Mit großen Feierlich­keiten, einer festlichen Sitzung der Skuptschina und einem Gottesdienst fand gestern die Ausrufung des Fürsten Nikolaus zum König von Montenegro statt. Der König und die Königin von Italien, der Kronprinz von Serbien, sowie die anderen Fürstlichkeiten nahmen alle in großer Uni­form an der Feier teil. Bor der Krönungsfeier hielt Fürst Nikolaus in französischer Sprache fol­gende Ansprache an mehrere deutsche Journalisten: Ich danke Ihnen, meine Herren, daß Sie zu den Festlichkeiten hierhergekommen sind. Ich betrachte es als ein neues Zeichen der Sympathie, die die deutsche Presse mir stets entgegengebracht hat. Ich schätze und bewundere Deutschland seit langem, be­sonders seinen erhabenen Herrscher, mit dessen Haus mich eine alte Freundschaft verbindet. Ich kannte den alten Kaiser schon, als er noch König war, ich kannte Kaiser Friedrich und hatte vor, seinen Nach­folger zu besuchen, dessen Genialität ich bewundere. Sie werden in meiner kleinen Residenz nicht die gewohnten Bequemlichkeiten finden, umsomehr Hanke ich Ihnen, daß Sie gekommen sind. Meine Politik wird sich nicht ändern. Ich werde die Ziele einer friedlichen Politik weiter verfolgen. Die kulturelle Hebung des Landes ist mein Streben. Ich freue mich, in bestem Einklang mit meinen Nachbarn, be­sonders mit meinem mächtiaen Freunde Kaiser Franz Joseph zu stehen." Gestern bereitete die montene­grinische Armee dem Fürsten eine Huldigung, bei der diesem goldene Ehrenwaffen überreicht wurden. Der Fürst küßte die Waffen und auch die drei Sol­daten, die sie überbrachten. Darauf fand die Ein­weihung des neuen Regierungsgebäudes statt, in dem der feierliche Aft der Königsausrufung stattfand. Daran schloß sich die 'Grundsteinlegung für einst Anzahl gemeinnütziger Gebäude und Anstalten, die von der Königin Helene von Italien und den Großl- fürstinnen gestiftet wurden.

Allerlei.

* In Schleswig fand der Propst Stalten- berg in alten Urkunden eine solche über einen ge­wissen Jacobsen Drakenberg, der am 18. Novem­ber 1626 geboren wurde und am 9. Oktober 1772 starb. Der Mann ist also fast 146 Jahre alt geworden. Drakenberg war Schiffer. Im Alter von 111 Jahren hielt er Hochzeit!

* Neuerdings sind an der holländischen Küste wiederholt Walfische gesehen worden. Nach­dem erst vor einigen Tagen ein toter Walfisch bei Imuiden antrieb, meldet der Hamburger Dampfer Apollo", der in Umuiden eingelaufen ist, daß er einige Meilen von der Küste entfernt zwei mäch­tigen Walen begegnet sei, die den Kurs des Damp­fers in einem Abstand von 100 Metern kreuzten.

8 Das schlechte Wernjahr 191V. Die trüben Aussichten, die die diesjährige Weinerte allen Freun­den eines guten Tropfens eröffnen, bespricht der Herausgeber einer englischen Fachzeitschrift. Am schlimmsten steht es wohl in Frankreich, wo viel­fach behauptet wird, diese Saison werde die schlech­teste in den letzten 12 Jahren sein. Die Ernte -für Bordeaux wird wohl auf die Hälfte der früherech Erträge reduziert werden; Chablis rechnet mit nicht mehr als 6000 Galonen Wein; die Cote d'Or und die Grandes Crus werden etwa ein Achtel der ge­wöhnlichen Weinmenge ernten. Aus anderen Ge­genden wird sogar ein völliger Ruin der Ernte pro­phezeit, so besonders aus der Champagne, so daß die Aussichten des Champagnertrinkers recht un­günstig sind. Die Berichte, die aus dem Rheinland und von der Mosel kommen, sind nur ein wenig besser als die aus Frankreich. Die Menge des Weins wird sehr gering sein, aber man hofft, daß die Qualität wenigstens gut wird, wenn die letzten Wo­chen noch Sonne bringen. Zuviel Regen, zu we­nig Sonnenschein, und der ganze Segen wird zer­ronnen sein, wie Joh. Trojan singt, in Frankreich, Deutschland und Italien. Der Regen hat allerlei Krankheiten hervorgerufen und hat zugleich die Heil­

mittel weggewaschen, die von den Weinbauern an­gewandt wurden. In Spanien und Portugal sind die Witterungsverhältnisse nicht so schlecht gewe­sen, so daß man auch hier auf eine bessere Ernte hoffen darf. Je weiter man nach Süden kommt, desto günstiger werden auch die zu erwartenden Resultate. Natürlich ist ebenfalls eine große Preis­steigerung zu gewärtigen, denn bei den durchweg' schlechten Ernteaussichten, die besonders in Frank­reich vorhanden sind, ist es auch nicht möglich, daß in einem Teil des Landes durch eine gute Ernte wieder wettgemacht wird, was im anderen verlo­ren geht. Viel Erfreuliches wird also das Jahr 1910 dem Weintrinker auf keinen Fall bieten, auch wenn sich die bösen Prophezeiungen, wie zu hoffen ist, nicht überall bewahrheiten werden.

8 Eine Broschüre Napoleons I». über de« Krieg 1870 71.

Sie ist geschrieben während seiner unfreiwilligen Muße auf Wilhelmshöhe nach den Tagen von Sedan und im allgemeinen wenig bekannt, obgleich sie nach ihrem Erscheinen, namentlich in Deutschland und England, einiges Aufsehen erregt hat. Mit großer Aufrichtigkeit und tiefem Kummer bespricht Na­poleon die Ursachen der französischen Niederlagen, die er schon bei dem törichten Geschrei der MengeL. Berlin! d Berlin!" vorahnend befürchtete. Noch heute aber stimmt nachdenklich den Sieger wie den ganz Unbeteiligten und den Besiegten der Schluß, zu dem scharfes Durchdenken und die Sorge um die Zukunft Frankreichs Napoleon III. kommen läßt. Er liest sich wie ein feierliches Memento, ein politisches und militärisches Testament: .Eine so furchtbare Katastrophe darf uns nicht bloß Tränen auspressen; sie muß auch fruchtbar an Lehren sein, die nicht der Vergessen­heit anheimfallen dürfen. Preußen verdankt seine Erfolge der Ueberlegenheit an Zahl, der strengen Mannszucht seines Heeres, der Macht, welche in ganz Deutschland das Auto­ritätsprinzip darstellt. Mögen unsere gefangenen unglücklichen Landsleute während ihres Aufenthalts in Preußen wenigstens schätzen lernen, welche Kräfte einem Staate erstehen aus der Achtung und dem Gehorsam gegenüber dem Gesetz, aus dem militärischen und patriotischen Geist, der über allen Sonder­interessen und Meinungen steht. Gewiß, der Kampf war ungleich ; aber er hätte weniger schnell entschieden und weniger unglücklich für unsere Waffen sein können, wenn die militäri­schen Operationen nicht fortgesetzt von politischen Gesichts­punkten abhängig gemacht worden wären. Wir wären auch besser vorbereiter gewesen, wenn die Abgeordnetenkammer nicht immer darauf aus gewesen wäre, das Heeresbudget zu reduzieren, und wenn sie nicht fortwährend Opposition ge­macht hätte, wo es sich um Verstärkung der nationalen Kräfte handelte ... Zu diesen Hauptursachen unserer Nieder­lagen kamen noch die bedauerlichen, durch den afrikanischen Krieg in die Armee hereingetragenen Gepflogenheiten: Mangel an Disziplin, Mangel an Zusammenwirken, Mangel an Ordnung, zu schweres Gepäck bei den Mannschaften, zu viel Gepäck bei den Offizieren . . . Das Sichgehenlassen in der Haltung beeinflußt den militärischen Geist und spiegelt sich bald überall wider: Man dient nicht mehr mit der Selbst­verständlichkeit, dem Pflichtgefühl, der Selbstverleugnung, die den Befehlenden wie den Gehorchenden als erste Eigen­schaften auszeichnen sollten. Alles in allem: die Armee ist immer das Spiegelbild der sozialen Verhältnisse, aus denen sie hervorgegangen ist. So lange die Staatsgewalt in Frankreich stark war und sich in Respekt zu setzen wußte, hat die Armee den Anblick äußerster Solidität gewährt; so­bald aber Tribüne und Presse gewalttätig die Autorität schwächten und überall den Geist der Kritik und der Jndis- ziplin verbreiten, hat sich das in der Armee sehr schnell und tief fühlbar gemacht." Napoleon schließt mit den Worten: .Gebe Gott, daß das nun vorübergezogene Drama für die Zukunft als Lehre diene!" . . .

Wenige Jahre vorher hatte der kluge französische Militärbevollmächtigte in Berlin, Oberst Baron Stoffel, auf Grund seiner sehr genauen Kenntnis der preußischen Armee nach ihren Erfolgen 1866 warnende Berichte nach Paris gesandt und alles das, was Napoleon III. in seiner Bro­schüre nach der Katastrophe niedergelegt hat, zur Beachtung für die Reorganisation des französischen Heeres, insbesondere die Einführung und strenge Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht, empfohlen. Jene Berichte wurden einfach bei­seite geschoben, weil man den Gegner unterschätzte. Um­somehr wurden seither die Worte des Generals Chareton in der französischen Kammer 1874/75 beachtet, der sich bei der Beratung des Militäretats dahin aussprach:Man wird solche Ausgaben nicht bedauern, wen man bedenkt, daß das Kriegsbudged nur eine Versicherungsprämie ist gegen die Invasion und die Beleidigung der Nationalehre und daß jene, so hoch sie auch sein mag, zu hoch niemals sein wird."

Handel «nd Berkehr.

Eßliuge«, 29. August. Beim letzten Obstverkauf durch die Stadtpflege wurden aus 619 Simri 900 Mk. erlöst. Der Verkauf war durch den Hagelschlag auf der Rüderner Heide ungünstig beeinflußt.

Konknrze.

Robert Wetzel, Eisenhändler in Uhingen. Michael Lang, Schuhmacher und Schuhwarenhändler in Ulm.

Voraussichtliches Wetter

am Mittwoch, den 31. .August: Meist heiter, einzelne Gewitter und Gewitterregen, warm.

Verantwortlicher Redakteur: L. Laak, Mtenstetß.