Gegründet
1877.
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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, FreudsnstaLt, Calw u. Neuenbürg.
«r. sos.
Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Laut), Altensteig.
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Dis Kaissrrsds im Lichts ds- Ausland-.
Die ausländischen Blätter beschäftigen sich auch heute noch weiter ausführlich und zum Teil in sehr scharfen Aeußerungen mit der Königsberger KHtserrede.
So schreibt z. B. die Wiener „Neue Freie Presse": Das Deutsche Reich kann in unseren Tagen nur ein Rechtsstaat sein. Wer duldsam ist, wird sich an dem Gottesgnadentnm wenig stoßen und dieses Denkmal der Vergangenheit historisch begreifen. Allein selbst die Frommen und Gläubigen können das Gottesgnadentnm nicht mehr ans die Monarchen allein beschränken und werden zugeben, daß auch die Völker ihre Bestimmung haben, daß dem Willen des Einzelnen feste Schranken im Reich gezogen sind. Der deutsche Kaiser muß besonders vorsichtig sein. Von lauernden Feinden umgeben, bloß der Erste unter den Bundesfürsten, kann nur eine ruhige und stetige Politik über die ihn bedrohenden Gefahren hinweghelfen. Das nutzlose Herumwühlen in den zartesten Beziehungen, die Mystik auf dem neuen Kaiserthron und im vollen Sonnenschein der Gegenwart, dieses Frömmeln in der Stadt, wo Kant seine in die Jahrhunderte hinausleuchtende Fackel entzündet hat, wirken absonderlich. Kaiser Wilhelm ist scharf in den Vordergrund der Tagespolitik getreten. Das ist nicht gut für Deutschland.
Das „Wiener Neue Tagblatt" bemerkt: Wenn Kaiser Wilhelm erklärt, er betrachte sich als In strument des Herrn und gehe unbekümmert um Ta gcsmeinungen seinen Weg, so verhält sich dieses Wort zu einem faktischen, die Verfassnngspolitik beeinflussendem Programm, wie eine private Regung, die außerhalb der historischen Verantwortlichkeit steht, zu der wirklichen Regierungsmaschinerie. Was Kaiser Wilhelm bisher als Kaiser und König tat, gibt niemand das Recht, anzunehmen, er wolle jemals die Volksrechte negieren.
Das „Nene Wiener Journal" schreibt unter dem Titel „Also sprach Kaiser Wilhelm!": Das „Instrument des Herrn" hat einen falschen Ton von sich gegeben.
Die „Arbeiterzeitung" variiert Wilhelm Busch: „Nun spricht er wieder, Gott sei Dank!" und sagt, die ganze mystische Hohenzollernlegende der Bolks- schnl und Gymnasialbücher scheine merkwürdiger weise nur einer zu glauben, der Kaiser selbst. Man solle es ihm gönnen und sich still vergnügt daran ergötzen.
Die Pariser Zeitung e n widmen der Kö mgsberger Rede des deutschen Kaisers und dem Eindruck, den sie in Berlin herborgebracht hat, einen sehr großen Raum. Jedoch enthalten sich die meisten republikanischen Zeitungen noch einer eigenen Kritik. Nur die „Lanterne" spottet darüber, daß man einem modernen Volk den Glauben an den göttlichen Ursprung des Königtums znmnten könne. In Frankreich, so sagt das Blatt, gibt es noch wütende Royalisten, aber keiner von ihnen würde es wagen, zu behaupten, daß die Vorfahren des Herzogs von Orleans ihre Krone von Gott erhalten hät ten. Allerdings würde man in Frankreich nicht ver fehlen, i hnen zu bemerken: „Wenn Gott ihnen die Krone gegeben hat, hat er sie ihnen auch wieder genommen, der Name Gottes sei gesegnet!" Die konservativen Blätter, wie der „Figaro" und der „Gaulois", erblicken in der Rede des Kaisers eine ernste Lehre für Frankreich, seine militärische Kraft zu erhalten und sich nicht von gefährlichen Abrüstungsideen bestricken zu lassen.
DisnStag, de« SO. A«g«V.
Die englische Presse läßt der Königsderger Kaiserrede in mancher Beziehung mehr Gerechtigkeit widerfahren als manche deutsche Blätter. Die „Times" sagte: Von allen heutigen Herrschern strebt vielleicht allein Kaiser Wilhelm das von Carlyle für einen wahren König vorgezeichnete Ideal an. In Königsberg wie bei früheren Gelegenheiten tritt er in dieser hohen Rolle vor sein Volk, und wenn auch seine Auffassung des Königtums gegenüber dem sich ansdehnenden Grundsatz der Volksvertretung nicht jedem znsagt, sollte man um deswillen sein ernstes Sittlichkeitsgefühl und seine streitbare Ueberzeu gnng, mit der er die Pflichten der Männer und Frauen gegenüber dem durch den König verkörperten Staat entwickelt, nicht weniger hochachten." „Daily Mail" legt besonderen Wert aus die Worte, die der Kaiser an die Frauen richtete, Deutschlands Größe und Anwartschaft auf weiteres Wachstum sei namentlich auch der Zucht zuznschreiben, in der seine Kinder aufwachsen. „Daily Graphie" bezeichnet einige Ausdrücke in der Rede als unklug. Indessen müsse man die durch die Gelegenheit hervorgerufene Begeisterung gebührend in Betracht ziehen. In Bezug aus die Vaterlandsliebe sei die Rede unantastbar und betreffs der Sittenlehre geradezu bewunderns wert. Ein treues Festhalten an der Verfassung sei nicht unvereinbar mit der Verehrung des Hohen zollernideals. In mancher Richtung könnte das deutsche Volt Nutzen aus der Nachahmung seines unermüdlichen und sich hingebendm Kaisers ziehen. Um des Kaisers Rede richtig zu verstehen, sagt die „Westmimster Gazette", sei es nötig, an die Tat sache zu erinnern, daß er als Prenßenkönig zu Preußen sprach. Die Abmachung mit Bülow komme daher nicht in Betracht. Die volle Würdigung dieses Umstandes vermindere sowohl die internationale wie die deutsche Bedeutung der Rede. Freilich sei der Prenßenkönig auch deutscher Kaiser. Das Blatt fährt fort: „Um dem Kaiser Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß inan sagen, daß eine gewisse Erhabenheit in der Art liegt, wie er seine Stellung und seine Tätigkeit auffaßt, die seinen Anspruch nicht als banale Anmaßung erscheinen läßt. Eine mächtige Stimme, die das Volt anhaltend zum Kampf für die gemeinsame Sache antreibt, ist von großem Wert trotz gelegentlicher Uebertreibungen." „Daily Telegraph" äußert sich folgendermaßen: „Wir tön nen nicht denjenigen beistimmen, die den deutschen Kaiser antlagen, den Versuch zu machen, einen abgebrauchten Despotismus wieder herzustellen. Wir ziehen vor, ihn als eine große begeisternde Persönlichkeit zu betrachten. Bei der Auslegung deren Worte müssen die weitsichtigen Bestrebungen und der glühende Idealismus des Charakters berücksichtigt werden."
Die Newyorker „Sun" und „World" ziehen eine Parallele zwischen dem Kaiser und Roofe- vett, welch letzterer ebenso wie der Kaiser fast in jedem Satz das Wort „Ich" im Munde führe.
Landesnachrichten.
NH,nst«ig. 30. August.
Korr.) Am letzten Sonntag fand im Gasthos zur Traube die 2. Mitgliederversammlung der Ortssteuerbea inten des Bezirks statt. Leider war nur eine kleine Anzahl von Kollegen anwesend, dagegen wurde die Versammlung durch die Anwesenheit der Herren Kameralverwalter Fromlet, Finanzamtmann Clauß und Oberkontrvllenr Atz beehrt. Nach der Begrüßung durch den Vorstand aus Gültlingen wurde von solchem über die Verhandlungen des letzten Verbandstages in Stuttgart referiert, wobei festgestellt weiden konnte, daß einige auf die Verbesserung der ökonomischen Verhältnisse der Ortssteuerbeamten abzielende Wünsche bereits in Erfüllung gegangen sind, und daß demnächst weitere Regelungen zur Zufriedenheit der Akziier in Aussicht genommen seien. Ans den Aussprachen der Anwesenden wurde neues Material für die nächste Landes-Berbandssitzung gewonnen. Mit dem
1810 .
Erfolg und dem Ergebnis der Mitgliederversammlung waren die Anwesenden zufrieden.
* lieber die diesjährige Heidelbeer ernte - den Zeitraum vom 20. Juli bis 20. August umfassend - kamen aus dem hiesigen Bahnhof 6761 Körbe Heidelbeeren mit einsin Gesamtgewicht von 205 580 Kilogramm zum Versand. Bon diesem Quantum verblieb der größte Teil 4776 Körbe mit l 48520 Kilogramm im eigenen Lande. Am stärksten beschickt wurden die Wochenmärtte in Stuttgart 2547 Körbe mit 93 870 Kilogramm: dann folgen in großem Abstand Göppingen, Reutlingen, Tübingen, Tuttlingen, Kirchheim u. T-, Ludwigsburg, Gmünd. Nach unserem Nachbarlande Baden kamen 119 Körbe mit 28 370 Kilogramm. Selbst in die Schweiz fanden 197 Körbe mit 4590 Kilogramm ihren Weg.
* Die Handwerkskammer Reutlingen macht im Inseratenteil unserer heutigen Nummer aus die Veranstaltung von Meisterprüfungen in den Monaten November und Dezember 1910 und Januar 1911 aufmerksam. Wir machen auf diese Veröffentlichung noch besonders aufmerksam.
js Schopfloch, OA. Freudenstadt, 29. August. Der verheiratete 44 Jahre alte Schuhmacher Gottlieb Hoffmann war in seiner Scheuer mit Garbenabladen beschäftigt. Plötzlich verlor er das Bewußtsein und fiel so unglücklich vom Wagen, daß ihm das Rückgrat gebrochen wurde. Ohne das Be- . wußtsein wieder zu erlangen, ist er gestorben.
* Baiersbronn, 29. August. Die Gemeindekollegien haben in der Sitzung vom 26. August die infolge des Rücktritts des Schultheißen Gaiser notwendige Wahl des Ortsvvrstehers und Standesbeamten auf Samstag den 8. Oktober 1910 festgesetzt.
st Oberndorf, 29. August. Als vorgestern abend 9 Uhr das auf dein Heimweg begriffene Bierfnhrwerk der Schwanenbraucrei hier den Bahnübergang beim Lchcerschmidt'schen Anwesen zwischen hier und Altoberndorf passierte, brauste der Persvnenzug heran. Die Lokomotive erfaßte den Hinteren Teil des Wagens und zertrümmerte ihn. Der Fuhrmann wurde leicht verwundet, die Pferde blieben unverletzt. Der Zug hielt sofort an. Der den Uebergang bedienende Bahnwärter, der das Schließen der Barrieren versäumt hatte, wurde schlafend in seinem Häuschen aufgefnnden.
st Unterlengenhardt, OA. Neuenbürg, 29. Ang. Am samstag morgen erhängte sich die Frau des Lehrers Sch. auf dem Speicher an einem Turnring, den der Lehrer tags zuvor aus ihre Bitte angebracht hatte. Die 32jährige Frau, die erst seit dem 20. ds. verheiratet ist, war um halb sieben Uhr morgens aufgestanden. Als der Mann gegen 7 Uhr anfstand und nach ihr suchte, fand er sie be-, reits tot. Der Beweggrund, der die Unglückliche zu der Tat veranlaßt hat, ist vollständig unbekannt. Man vermutet Schwermut.
js Tübingen, 29. August. Heute ereignete sich auf dein hiesigen Bahnhof wieder ein schwerer Un- glückssall. Der 34jährig^ Hilfswagenwärter Friedrich Schilling von Derendingen geriet beim Ankup- peln zwischen die Puffer. Er erlitt außer inneren: schweren Verletzungen auch solche am Kopfe. Es wurde ihm der Arm zweimal abgedrückt. An seinem Aufkommen wird gezweisett.
js Tübingen, 29. August. Bei Streitigkeiten, die gestern in der Langengasse entstanden, versetzte ein Italiener^ einem Fuhrmann einen Stich in den Hals. Der Täter wurde verhaftet, und der Verletzte in die Klinik übergeführt.
st Möhringen a. F., 29. August. Gestern nacht ! 2 Uhr wurde vom Persvnenzug Hohenheim Möhringen am sogenannten Heidfeld der Mechaniker Klnmpp ans Stuttgart vom Zuge ersaßt und zu Boden geworfen, wobei ihm der rechte Fuß und der Rücken gequetscht wurden, sodaß sich seine Uebier- führnng ins Marien-Hospital nötig machte. Der Verletzte, !d er angeblich betrunken war, wollte kurz vor Passieren des Zuges das Gleis überschreiten.