Fernsprecher Nr. 11

Gegründet 1877

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.

Rr.

177.

Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Lauk), Altensteig.

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August und September

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Tagespolitik.

Zu den Metzer Luftschiffmanövern traf Generalleutnant von Lynker ein. Unter seiner Lei­tung soll namentlich die Befestigung von Luftschif­fen bei Landungen ausgeprobt und dabei die Erfah­rungen der Weltbürger Katastrophe verwertet wer­den. Bei der Verankerung des bei Weilburg hava­rierten Reichsluftschiffes sollen bekanntlich schwere Fehler gemacht worden sein.

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Der österreichisch-ungarische Minister des Aus­wärtigen Graf Aehrenthal richtete durch den Staatssekretär von Jiderlen-Wächter an den Reichskanzler v. Bethmann Hollweg ein Schrei­ben, in dem er feiner großen Befriedigung über' den Besuch des Staatssekretärs Ausdruck gibt und mitteilt, daß er von den Besprechungen mit Herrn v. Kiderlen den besten Erfolg für eine weitere Be­festigung der guten Beziehungen zwischen Oester­reich-Ungarn und Deutschland erwarte. - Herr v. Kiderlen wird sich an die auswärtige Politik Bis­marcks halten. Russische Blätter sagen: v. Ki­derlen-Wächter erinnert in seiner psychologischen Veranlagung an Bismarck. Er wird die Interessen Deutschlands voranstellen und sich nicht, wie die österreichische Presse versichern will, vor dem Grasen Aehrenthal bücken. Diese Aeußerungen bezwecken jedoch nur Argwohn und Mißtrauen zwischen Ber­lin und Wien zu säen und die Einigkeit beider Regierungen in der Orient-Politik zu erschüttern. Das wird den Russen indessen nicht glücken«.

König Karl von Rumänien lud unseren Kaiser zum Besuche der rumänischen Herbstmanöver ein. Sämtliche Bukarester Blätter geben der Hoff­nung Ausdruck, daß der Kaiser der Einladung fol­gen werde.

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Griechenland, das der Mächte Huld mehr als genug erfahren, mußte jetzt aus dem Munde seines früheren Ministerpräsidenten Theotokis die bittere Wahrheit hören, daß alles seine Grenze hat, auch die Nachsicht der Großmächte gegen einen klei­nen Krakehler. Theotokis hat aus seiner Aussand­reise sich nach der Meinung der fremden Regie­rungen über Griechenland erkundigt und überall bestätigt erhalten, was ihm der französische Mini­sterpräsident Briand gesagt hatte, der scharfe Kritik übte und erklärte, es sei unerträglich, daß Griechen­land fortwährend die Aufmerksamkeit Europas be­schäftige, besonders infolge der Kretafrage, an de­ren gewaltsame öder überstürzte Lösung nicht zu denken sei.

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Der demokratische spanische Ministerpräsident Canalejas findet zu seiner Politik gegen den Vatikan die volle Zustimmung des Königs Alfons, dem augenblicklich vor karlistischen Putsch-Versuchen anläßlich des Streites nicht bange ist. Der König tritt in diesen Tagen seine England-Reise an. - Die Abberufung des spanischen Gesandten Ojeda ist, wie Canalejas betont, noch nicht der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Vatikan, doch !würde es zu solchem Bruche kommen, wenn die Kurie aus ihrer Unabhängigkeit beharren sollte. Der Papst legt jedoch genau die gleiche Festigkeit an den Tag wie Canalejas, und Rom kann warten«. In den kirchlichen Kreisen Frankreichs hält man es denn auch für ausgeschlossen, daß sich gegenüber der katholischen Kirche und ihrer Leitung in Spa

Montag, ds« 1. August.

Amtsblatt fSr Pfalz-rasemveiler.

1S1V.

nien ein ähnlicher Prozeß vollziehen werde wie in) der Republik Frankreich. Der konservative Figaro betont, man brauche die Sache durchaus nicht tragisch aufzufassen. Schon 1835 ereignete sich genau das­selbe, und die Folge war, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen Madrid und dem Vatikan l 4 Jahre lang ausgehoben waren. So lange wird es diesmal nicht dauern. - Spanien hat gegenwärtig auch sonst Sorgen genug. In Barcelona droht der Generalstreik auszubrechen. In Marokko gab es neue Kämpfe, in denen die Spanier 30 Tote ver­loren. Die Finanzlage ist so ungünstig, daß sich die Ausgabe von 31 Millionen Schatzbons uner­läßlich erwies. Endlich ist eine karlistische Erhebung im Rahmen der bestehenden Verhältnisse doch kein Ding der Unmöglichkeit.

Landesnachrichten.

* Breitenberg, 29. Juli. Am letzten Sonnhag wurde in der hies. Kirche eine Gedenktafel für die Teilnehmer an den Kriegen von 1866 und 1870/71 feierlich eingeweiht. Auf der Gedenktafel sind l 1 Ausmarschierte verzeichnet, von denen noch 7 am Leben sind. An der Feier beteiligte sich auch der Kriegerverein von Martins moos und verschie­dene Veteranen der Umgebung.

si Tübingen, 3l. Juli. Bei der Staatsanwalt­schaft in Ulm ist gegenwärtig eine große Diebstahls- sache anhängig, bei der es sich um etwa fünfzig Angeklagte und um mehr als hundert einzelne Dieb­stähle handelt. Zwei Mitglieder der Diebesbande, Eugen Kortner von Sillenbuch und Friedrich Lutz von Bon landen, wurden von der hiesigen Strafkam­mer wegen eines in Reutlingen verübten Diebstahls abgeurteilt und zunächst einmal mit drei und zwei­einviertel Jahren bedacht.

st Meßstetten, OA. Balingen, 30. Juli. Johann Roth zum Ochsen siel beim Kleeladeu rücklings vom Wagen und war sofort tot.

st Trossingen, 3l. Juli. Im 85. und 80. Le­bensjahr begingen gestern der Bauer Michael Ben- zig und seine Frau Katharine geb. Obergesell das seltene Fest der diamantenen Hochzeit.

st. Reutlingen, 30. Juli. Der Mechaniker Peter Kehrer hat eine Flu gm aschine mit zwei Flä- chenradpropellern erfunden. Die Stadtverwaltung hat dem Erfinder die Erlaubnis gegeben, die Ma­schine in der neuen Turnhalle von Sonntag ab und bis über das Schützenfest cmszustellen. Die Ein­nahmen werden zum Kauf eines Motors verwendet.

st Merklingen, OA. Leonberg, 30. Juli. Die Batterseheleute Friedrich und Magdalene Zipperer von hier fuhren mit einem vollen Güllenfaß aus ihren Acker. Unterwegs saßen sie ranmmangels hal­ber ans dem Faß, als plötzlich das Fuhrwerk gegen einen Stein aufstieß, so daß beide Personen mih voller Wucht über den Wagen hernntergeschleudert und überfahren wurden. Während der Ehemann mit einem Beinbruch und dem Schrecken davonge­kommen ist, erhielt die Frau Zipperers schwere Ver­letzungen des ganzen Körpers, insbesondere der Wir­belsäule, so daß Gefahr für ihr Leben besteht.

st Feuerbach, 31. Juli. Gestern nachmittag, in der Zeit zwischen l und 4 Uhr, hat sich hier eine schwere Mordtat zugetragen. Der am 18. Juli dieses Jahres von Baden-Baden angezogene, in der Wilhelmsstraße 21 hier wohnhafte, verheiratete, 60 Jahre alte Topograph a. D. Karl Mensch aus Stutt­gart hat seine 36 Jahre alte Ehefrau Luise Mensch in seiner Wohnung mit einem Taschenmesser da­durch getötet, daß er ihr den Hals abschnitt. Einem! Mitbewohner des Hauses war vor der Tat das niedergeschlage Verhalten der Ermordeten, die hef­tig weinte, ausgefallen. Auch der Mann, der nach der Tat, etwa um vier Uhr, das Haus verließ, zeigte ein so ungewöhnliches und auffallendes Benehmen, daß die Mitbewohner sich veranlaßt sahen, der Po­lizei Anzeige zu erstatten. Diese öffnete die Woh­nung und fand die Frau mit durchschnittenem Halse

aus dem Boden vor. Sie war bereits tot. Dev Mörder wurde noch gestern nacht auf dem Bahn­hof festgenommen. Er hat die Tat gleich bei sei­ner Verhaftung eingestanden. Er hatte hier nur vorübergehend, auf die Dauer von zwei Monaten, ein Zimmer gemietet und weilte angeblich zur Er­holung hier. Das Ehepaar war erst seit Januar verheiratet. Als Beweggründe gab Mensch lediglich Mangel an Uebereinstimmung an. Das Gericht tras noch in der Nacht zum Sonntag hier ein. Heute vor­mittag wurde der Mörder seinem Opfer gegenüber- gestellt. Auch die gerichtliche Leichenöffnung wurde noch am Sonntag vorgenommen. Die Aufregung in Feuerbach ist groß.

st Stuttgart, 30. Juli. (Strafkammer. Voriges Jahr berichteten hiesige Zeitungen, daß ein Mäd- chenhändler ein hiesiges 20 Jahre altes Mädchen nach Brasilien verschleppt habe. Der angebliche Mäd­chenhändler, ein von hier gebürtiger Gärtner, hatte sich nun heute vor der Strafkammer zu verantwor­ten. Die Anklage lautete aber nicht auf Mädchen­handel, sondern nur auf Entführung. Wie die Ver­handlung ergab, hatte der Angeklagte das Mädchen, das sich auf ein von ihm erlassenes Inserat ge­meldet hatte, mit Einwilligung ihrer Eltern mit­genommen. Er war durch eigenartige Umstände da­zugekommen. Er war voriges Jahr von Brasilien, wo er eine Gärtnerei betrieb, nach Stuttgart zurück­gekehrt, um seine Familie zu holen. Von einer Aus­wanderungsagentur hatte er für sich und für seine Familie freie Ueberfahrt zugesichert erhalten. Da sich aber seine Frau weigerte, mit nach Brasilien zu gehen, so erließ er das Inserat. Den Eltern des Mädchens kamen nach der Abreise Bedenken, sie be­nachrichtigten die Polizei und diese veranlaßte die Festnahme des Angeklagten bei der Ankunft in Bra­silien. Der Angeklagte wurde nach einigen Tagen wieder frei gelassen. Es war ihm bei der ganzen Sache nur um freie Ueberfahrt zu tun, er gab des­halb das Mädchen als seine Frau aus. Das Mäd­chen wollte in Brasilien in Stellung treten. Der Angeklagte kehrte freiwillig nach Stuttgart zurück, um sich zu rechtfertigen. Er gab an, er habe nicht gewußt, daß das Mädchen noch minderjährig sei. Die Verhandlung endigte mit Freisprechung.

st Riedlingen, 31. Juli. In Daugendorf ist seit vierzehn Tagen der Milzbrand ansgebrochen. Mehrere wertvolle Kühe sind der Seuche bereits zum Opfer gefallen.

st Essingen, OA. Aalen, 29. Juli. Auf dem nahen Dauerwang brachte der 27jährige Sohn des Hofbauern Kumpf die rechte Hand ins Getriebe der Futterschneidmaschine, wobei ihm sämtliche 5 Finger glatt ab geschnitten wurden.

st Hall, 3l. Juli. Der höchste Bewohner un­serer alten Reichsstadt, der Wächter aus dem Turm der Katharinenkirche wird künftig in seiner Sphäre fehlen. Die Turmwohnung wird nicht mehr vermie­tet, weil die Feuerwehr den Wächterposten durch die Einführung der Weckerlinie für erübrigt erklärt hat.

st Gaildorf, 29. Juli. Am l l. September findet hier die 20. Kreisversammlung des Vereins Württ. Baumwarte statt. Dazu ist ein Vortrag des Kreis­vorstandes, Oberamtsbanmwart Brngger, vorge­sehen.

st' Fronhofen, OA. Ravensburg, 29. Juli. In Obereichen ist das einjährige Kind des Landwirts Fischer im Bade ertrunken. Die Schuld trifft eine Dienstmagd, die das Kind badete, und es sitzen ließ, während sie weglief und mit einer Nachbarssrau, die ins Haus kam, sprach. Als sie nach etwa fünf Minuten wieder nach dem Kinde schaute, war es ertrunken.

st Urach, 31. Juli. In Gruorn hat gestern der 14 Jahre alte Dienstbub Lange das Anwesen seines Dienstherrn Joh. Georg Bleher aus Aerger über seine Dienstherrschaft angezündet. Hans nebst Stal­lung und Scheuer ist üiedergebrannt. Bleher ist nur ungenügend versichert. Der Bub wurde in Haft genommen. Als ein vierzehn Jahre alter