deutschen Auswanderern wurden im Juni aus deut schen Häfen 21327 Angehörige fremder Staaten ins Ausland befördert.

js Lüdwigsburg, 19. Juli. Ein Vorfall, der sehr schwere Folgen hätte haben können, ereignete sich auf dem Schießplatz Poppenweiler. Dort wurde ein Mann von der 3. Kompagnie des Jns.-Regts. Nr. l2l durch eine Kugel, die sich offenbar von einer benachbarten Bahn verirrt hatte, getrof­fen und ziemlich schwer, aber nicht lebensgefährlich, verletzt. Untersuchung ist im Gange.

js Nürtingen, 19. Juli. Bei einem Bauanwesen einer hiesigen Firma in Neuffen ist ein Arbeiter verunglückt. Er ist gestern abend seinen Verletzun­gen erlegen. Das Gericht untersucht den Fall, da Fahrlässigkeit vorliegen soll.

ff Vaihingen a. E., 19. Juli. Gestern erschlug hier der Blitz den auf dem Felde arbeitenden 49 Jahre alten Bauer Karl Bräuninger, Vater von 10 unmündigen Kindern. Die neben ihm stehende Toch ter blieb unverletzt. Bräuninger war hinter dem Friedhofe mit Mähen beschäftigt und man vermu­tet, daß die Sense den Blitzschlag ungezogen Hali An der Leiche war nur eine kleine Verletzung des Kopfes bemerkbar. Der Hut war in Fetzen zerrrssen.

ff) Heilbronn, 19. Juli. Heute vormittag halb acht Uhr schlugen Flammen aus den: Schuppen der Holz- und Kohlenhandlung von Georg Maier am Bahnübergang bei der Gaswerksstraße. Das Feuer war schon ziemlich weit vorgeschritten, sodaß außer der Feuerwehr auch noch 100 Mann Soldaten zu­gezogen werden mußten. Wie das Feuer entstand, ist noch nicht aufgeklärt; als die Rettungsmannschaft eintraf, konnte sie gerade noch das Pferd und den Hund befreien, der Inhaber Maier lag tot mit einer mächtigen Kopfwunde, die anscheinend von der Säge herrührt, brennned neben der Kreissäge. Der Gasmotor lief weiter, bis durch die Flammen um ihn her die Verpackungen schmolzen. Die Gefahr für die angrenzenden Grundstücke konnte beseitigt werden, das Maier'sche Lager dagegen ist samt der Einrichtung bis auf wenige Reste vernichtet.

st Geislingen a. St., 19. Juli. An: Sonntag abend wollte der Wirt Straub in Weiler-Neuhaus einen vor der Wirtschaft randalierenden Italiener zur Ruhe rufen. Der Italiener griff jedoch zum Messer und brachte dem Wirt mehrere schwere Ver­hetzungen bei. Auch der Eisenbahnassistent Frey, der dem Wirt half, wurde durch mehrere Stiche, wenn auch leichter, verletzt. Der Täter wurde am andern Morgen vom Landjäger festgenommen und ins Hiesige Amtsgericht eingeliefert.

st Ellwangen, l9. Juli. Die Strafkammer hat die 35 Jahre alte verheiratete Barbara Stahl aus Schloßberg bei Neresheim zu drei Monaten Gefängnis, abzüglich 15 Tage Untersuchungshaft verurteilt, weil sie von einem der Stadt Bopfin- gen gehörenden Wellenhaufen einige Wellen im Wert von 510 Pfennigen entwendet hatte. Die hohe in gar keinem Verhältnis zu dem Wert der ent-» wendeten Holzstücke stehende Strafe wurde selbst vom Vertreter der Anklage bedauert.

st Gmünd, 19. Juli. Ein gestern niedergegange­nes schweres Gewitter war mit starkem Hagel- schlag verbunden. Die Hagelkörner hatten teils die Größe von Taubeneiern. Bei Langenberg und Vorderhundsberg soll nicht unbedeutender Schaden angerichtet worden sein.

js Vom Zabergäu, l9. Juli. Die Aussichten auf einen ordentlichen Herbst werden von Tag zu Tag schlechter. Auch die Fruchternte liegt sehr am Boden, reift sehr rasch und wird infolgedessen leicht. Roggen und Gerste sind da und dort schon schnittreif. Die Kartoffeln sind vielerorts kaput, fau­len im Boden, oder haben wenig gute Knollen. Was den Mut hebt, ist allein noch der Apfelbaum, der reichlich Früchte hat.

st Ulm, 19. Juli. Das Hochwasser hat im Stadtbezirk Neu-Ulm bei 134 Beschädigten einen Gesamtschaden von 120500 Mark verursacht, wovon 61 000 Mark auf die Stadtgemeinde ent­fallen.

st Mm, 19. Juli. In Unterweiler ist das Ar­menhaus infolge Blitzschlages abgebrannt. Gehirnentzündungen bei Kindern, die stark an Ge­nickstarre erinnern, treten mehrfach in Söflingen auf. Die Kranken wurden isoliert. In Lauingen sind schon vier Kinder im Alter von 9 bis 15 Jah­ren .gestorben.

st Friedrichshafeu, >9. Juli, 'lieber die bereits gemeldete Explosion in der Carboniu m fab - rik G. m. b. H. erfahren wir noch folgendes: Heute vormittag halb 11 Uhr erfolgte ein furcht­barer Knall, sodaß die Fenster klirrten. Alles stürzte erschreckt ans Fenster. Die Gegend der Carbonium- fabrik war in ein? dichte Rauch und Rußwolke gehüllt, eine Explosion hatte die ganze Fabrik zer­stört. Sofort wurde Sturm geläutet und die Feuer­wehr rückte heran. Zunächst galt es, die Verschüt­teten und Verwundeten zu bergen, dabei leisteten in der Nähe befindliche Bauarbeiter und Arbeiter von der Luftschiffbaugesellschaft rasche Hilfe. In­zwischen waren auch verschiedene Aerzte herbeige- eilt. Neun Arbeiter waren verletzt, darun­ter einer tödlich und zwei sehr schwer, alle waren von Ruß bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt. Nachdem ihnen in: Portierhäuschen Notverbände an­gelegt worden waren, wurden sie ins Krankenhaus geschafft. Um 12 Uhr traf eine gerichtliche Kom­mission an der Unglücksstätte ein. Da weitere Ex­plosionen zu befürchten waren, mußte bei den Ar­beiten sehr vorsichtig zu Werke gegangen werden. Wie die Explosion entstanden ist, konnte noch nicht aufgeklärt Werder:. Der schwerverletzte Arbeiter Hildenbrand ist um halb zwei Uhr seinen Verlet­zungen im Krankenhaus erlegen. Er Unterläßt eine Witwe und sechs unmündige Kinder.

Bon der Fachausstellung für das Hotel- und Wirt­schaftswesen.

* Stuttgart, 13. Juli. Für die nächsten 14 Tage wird Stuttgart in der in der Gewerbehalle und Umgebung untergebrachten Deutschen Fach- Ausstellung für das Hotel- und Wirt­schaftswesen, Kochkunst und verwandte Gewerbe einen neuen Anziehungspunkt haben. Es ist keine Ausstellung, die besonders viel Neues bietet, aber dafür eine Menge von Delikatessen, die Herz, Gaumen und Magen erfreuen. Den Mittelpunkt der Ausstellung bilden »die Darbietungen unserer Ho­tels und Restaurants, Kochkunst in raffinierter Auf­machung. In glänzenden Glaskästen reiht sich Schüs­sel an Schüssel mit Prachtstücken einer sorgfältig geführten Küche. Durch Eismaschinen ist für die richtige Temperatur gesorgt, um die Sachen mög­lichst'lange frisch zu halten. Ein eigenartiges Un­

ternehmen ist die in vollem Betrieb stehende Muster­küche mit Weinrestaurant und Kosthalle, in der je­den Tag mit den Speisen abgewechselt wird. 8 Küchenchefs mit ungezähltem Hilfspersonal walten in der Musterküche ihres Amtes. Unter den üb­rigen Ausstellern haben besonders die Leitfirmen sich die Sache etwas kosten lassen. Sie haben an verschiedenen Stellen Gartenhäuschen und Kiosks errichtet, in denen sie ihre prickelnden Erzeugnisse zum Ausschank bringen. Auch die Ausstellungen der verschiedenen Mineralbrunnen zeigen z. T. eine ori­ginelle Ausmachung; darunter gehört namentlich ein .Schwarzwälder Bauernhaus. Der Alkohol kommt aber nicht zu kurz; es ist alles da, vom Wein! bis zum Liqueur und Schnaps. Bier wird abwech­selnd von 15 der größten Brauereien des Landes ausgeschenkt, die einträchtig einen gemeinsamen Kiosk haben Herstellen lassen. Ferner winken hübsche Kaf­fee-, Chokoladen- und Teebuden. Mit dem Wirts­gewerbe lassen sich viele Dinge in Zusammenhang bringen und so zeigt die Ausstellung eine Menge der verschiedenartigsten Objekte. Eine große Rolle spielen die mechanischen Musikinstrumente vom Or- chestrion durch alle Rubriken bis zum Grammophon und dem noch mehr verwünschten Phonographen. Zum Schluß sei nur noch auf die sauberen, prak­tischen und vielfach luxuriös ausgestatteten Küchen und Badezimmer, sowie auf die glanzvolle Beleuch^- tuug hingewiesen.

!j Bon der oberen Donau, 19. Juli. Eine Folge des andauernd feuchten Wetters macht sich in der SchnakenPlage außerordentlich unangenehm be­merkbar. Durch das ständige Hochwasser sind an­scheinend alle in den Tümpeln vorhanden gewesenen Eier zur Entwicklung gelangt, sodaß es kaum möglich, ist, abends im Freien zu weilen. Der Genuß am Walde wird einem durch die haufenweise über einen herfallenden Blutsauger vergällt. Wo die Schna­ken vorher an Aas gesessen haben, gibt es dicke Beulen. Die Warnung an alle Menschen ist am Platze, kein Tier und sei es die geringste Feld­maus tot im Freien liegen zu lassen, sondsrnl es gut mit der Erde zu überdecken.

ff Bom badischen Schwarzwald, 19. Juli. Das erste feuersichere Strohdach nach dem Sy­stem Gernentz wurde in Hiutergarten ausgefühxt. Das Dach übt eine besonders malerische Wirkung im Landschaftsbild aus. Es ist vor allem geeignet, das charakteristische Schwarzwaldhaus vor der Um­formung durch Ziegeldeckung zu retten und dadurch der Schwarzwaldlandschaft den Eigenbau zu erhal­ten. Die Anfertigung der feuerfesten Gernentz'sGen Strohplatten wird im badischen Schwarzwald der bäuerlichen Bevölkerung eigens gezeigt und findet bei ihr Anklang.

ff Aus Radolfszell wird gemeldet: Die 19jährige Köchin Böhler aus Friedingen (Württemberg) hat sich mit ihrem halbjährigen Kinde aus Verzweif­lung am See ertränkt.

st Metz, 19. Juli. Wie aus Metz berichtet wird, hat sich der Bezirkspräsident von Lothrin­gen Graf Zeppelin-Aschhaufen am Sonn­tag abend in großer Lebensgefahr befunden. Das Automobil mit dem Grafen kam von Ballerysthal und wollte, da die Barriere vermutlich zum Hin­durchlassen eines aus der anderen Richtung kom­menden Automobils geöffnet worden war, über den

Fleiß brauch: nichts zu wünschen, und wer von der Hoffnung lebt, wird Hungers sterben.

Aus Mitleid.

Novelle von I. Heimfelsen.

(Schluß.)

Der junge Mann zog einigemale an den Spitzen seines langen, buschigen, schwarzbraunen Schnurrbartes. Dann fuhr er fort:Als Knabe von 16 Jahren kam ich zum ersten male nach Castell' Gondoliero, dem Landsitze meines Oheims Cavaliere Raphaelo. Mutter und Vater waren gerade einige Wochen früher zu Grabe getragen worden; die Cholera hatte sie beide rasch nacheinander dahingerafft. Vom Schmerze um die teuren Eltern ärger mitgenommen, als man dies Empfinden bei einem kaum den Kinder-Jveen entwachsenen Sprudelkopfe voraussetzen konnte, fühlte ich mich in den ersten Wochen dort sehr vereinsamt. Allmählig aber gewann ich Interesse am Volksleben, an jenen Szenerien des Alltags­jammers, die für Poeten und Maler mitunter wahrere, da­her trefflichere Motive wären, anstatt der üblichen: bunt­farbige Kleider, ewig blauer Himmel, goldenes Sonnenlicht.

In jenen Tagen meines knospenden Jünglingsalters wurde ich ein heißblütiger Freund der Armen, ein Für­sprecher des Volkes.

Ich lernte Wohl und Wehe des sogenannten dritten Standes, der Bauern, kennen und begriff es schon damals, wenn die Zeitungen zum Beispiel schrieben:Italien wird bald nicht mehr das einige glückliche Italien kein, zu dem es seine größten Männer in neuester Zeit: Caoour, Gari­baldi, Vittorio Emanuele machen wollten, weil unser Vaterland in Wirklichkeit keinen Bauernstand mehr besitzt/

Ich begriff auch den alten Giacomo, des Onkels treuestes Factotum, wenn mich derselbe an seine Seile nahm, au: das Meer hinauszeigte und sagte:Nur da draußen finden Gott und die Natur noch ihr Recht, während hier bei uns alles einem verderblichen, entffttigenderr Umschwünge ent­gegensetzt/

Nach mehreren Jahren, wovon ich dis Wintsrmonate in Palermo, den Sommer auf dem Lande zubrachte, wurde ich Soldat. Nun begann meine poesievollÜL, schönste Lebensperiode.

Jung, leidlich angenehm im Auftreten und äußerer Erscheinung, aufrichtig bis oft geradezu zum Wahnwitze, gewann ich bald scheinbar alle Herzen. Allein ich vergaß auch jetzt nie jenes Menschentums, dem ich in manchen Stunden so viel des Schönen, Herrlichen, abgelauscht hatte, des Volkes. Ich trug die Liebe für dasselbe mit mir hinein in die Kasernstuben und fand es dort wieder; hundertfach wieder in meinen braven, mutigen, selbstlosen Soldaten! So» rückte allmählig die Zeit heran, in der die Tragödie meines Schicksals ihren Anfang nahm. Es werden jetzt ungefähr drei Jahre her sein; ich befand mich gerade wieder auf Er­holungsurlaub bei meinem Onkel. Als ich da eines Tages so von ungefähr durch die Aecker und Weinberge bummelte, fiel mir bei den dort arbeitenden Leuten eine eigentümliche Gereiztheit auf. Als dieser Zustand stets mehr überhand­nahm, da unterließ ich es nicht, Cavaliere Raphaelo von meinen Beobachtungen zu verständigen. Allein dieser gab mir nur barsch zur Antwort:Ach was, das Gesindel ist mit seiner Lage unzufrieden, ich weiß es"; dann lachte er und sagte:als ob derartige Menschen überhaupt auf Zu­friedenheit einen Anspruch haben dürften/ Da ich mit dieser hartherzigen Ansicht selbstverständlich nicht einverstanden war, so erwiderte ich:Mir scheint es, daß Ihr Grund­besitzer Eure Pächter und Arbeiter durch halbwegs milderes Vorgehen leicht zufrieden stellen könntet. Aber so sind die

meisten der Signori rücksichtslos, hartherzig, lassen dem armen Teuisl von einem Bauern nicht einmal die nötige Polenta, um sich den Hunger zu stillen, vertreiben manch' jungen Haushalt vom kaum erworbenen Hüttchen wegen einer Bagatellschuld, überliefern die Notleidenden lieber mit­leidslosen Wuchererhänden, als daß sie mit einigen tausend Lire helfend beispringen möchten, vergessen . . / Die Szene, welche jetzt folgte, gehört nicht vor das Forum der Oeffent- lichkeit. Genug an dem, zwei Stunden später befand ich mich auf der Rückreise zu meinem Regiments, das gerade nach Catania abmarschiert war.

Ich hätte nun die ganze Sache auf sich beruhen lassen können. Allein ras wollte ich nicht. Mir lag das Elend jenes Volkes, das irrtümlich mit dem freien Titel Bauern benannt wird, während alle zusammen eigentlich nichts anderes sind als Leibeigene, armselig geknechtete Leibeigene im Zeitalter der Volksgesetzgebung, zu sehr am Herzen. Um nur einigermaßen den Leuten beispringen zu können, verfiel ich auf jenen Einfall, der mich zuerst meiner ehren­vollen Stellung als königlicher Offizier beraubte, weil das Ehrengericht jenen Beweggründen, welche mich dazu brachten, so hohe Schulden zu kontrahieren, kalt gegenüberstand.

Gegen diesesschuldig ausgeskoßer/, gibt es aber keine, keine Berufung; nicht einmal an des Königs Gnade/

Tel Vai schwieg, schwieg einige Sekunden, dann setzte er fort:Im Gedanken also, daß mein Onkel den Ehren­namen del Vai nicht beschmutzen lasse und so wohl lieber, wenn auch nur indirekt, zu Gunsten der Armen einige tausend Lire zahle, begann ich meine Hilfsaktionen. Ich nahm da und dort Geld auf. Da ich aber wußte, daß man mir ein­fach ins Gesicht gelacht, mich als Narr verschrien hätte, wenn der eigentliche Zweck meines Borgens bekannt gewor­den wäre, so griff ich zu allen möglichen Ausflüchten/ .