Schwarzwälder Original bester Art, der im Jahre 1903 das 50jährige Dienstjubiläum als Schultheiß hatte feiern dürfen und seit einigen Jahren im wohlverdienten Ruhestand lebte, beerdigt. Gr.

js Horb a. N., 30. Mai. Eine kleine Schar Radfahrer aus Schönaich wollte gestern eine Rad­tour nach Freudenstadt unternehmen. Als die Rad­fahrer hier am Fuße der sehr steilen Bildechinger Steige ankamen, wurde eine Schafherde aus dem Stall gelassen. Einer der Radfahrer wollte den Schafen ausweichen und stürzte dabei mit seinem Rad derart kopfüber an einen Randstein, daß er schwer verletzt ins Spital übergeführt werden mußte. Ob er mit dem Leben davon kommt, ist zweifelhaft.

ss Walddorf, OA. Tübingen, 30. Mai. Gestern fand hier die Fahnenweihe des Militärvereins statt, die einen blutigen Ausgang nahm. Bei einem Streite im Gasthaus zum Lamm wurden der 56 Jahre alte Georg Wetzel und sein l Ojähriger Sohn Georg von Heslacher Burschen durch Messerstiche so schwer verletzt, daß sie beide bald darauf star­ben. Untersuchung ist eingeleitet.

st Tübingen, 30. Mai. Zu der doppelten Blut tat .in Walddorf wird noch weiter genieldet: Die ledigen Leute von Heslach gingen am Sonn­tag nach Walddorf, um die jungen Walddorfer, mit denen sie seit der Musterung nicht gut stehen, zu treffen. Im Lamm kam es zu einer Schlägerei, die der Wirt und andere Gäste verhindern wollten, indem sie die Heslacher hinausznschaffen versuchten. Hierbei wurde der junge Georg Wetzel von einem Heslacher tvtgestochen und seinen Vater, der chm Hilfe bringen wollte, ereilte das gleiche Schicksal. In wenigen Minuten lagen zwei Männer am Boden, die der Rauflust der Messerhelden zum Opfer ge­fallen sind. Als mutmaßlicher Täter wurde ein Bursche namens Welsch von Heslach festgehalten.

Von anderer Seite wird noch berichtet: Die bei­den Getöteten, Maurer Wetzel, Vater und Sohn, er­hielten Messerstiche in die Schläfe und den Unter­leib. Wie es zuging, ist natürlich schwer zu sagen. Heslacher Burschen sollen sich imLamm" gegen halb 11 Uhr ungebührlich benommen haben, der Polizeidiener verwies sie aus dem Lokal, aber sie leisteten seinem Befehl nicht Folge. Darauf ent­stand jedenfalls eine Rauferei, an der die beiden Wetzel aber nicht beteiligt gewesen sein sollen. We­nige Minuten, nachdem sie die Stiche erhalten hat­ten, starben sie. Sie galten als ordentliche, fried­liche Menschen. Der Täter Welsch bestreitet noch, die Tat begangen zu haben. Die Aufregung im Orte ist natürlich groß. Gendarmerie und Staatsanwalt von Tübingen sind zur Untersuchung des traurigen Falles eingetroffen.

st Stuttgart, 30. Mai. Wie das Neue Tagblatt hört, beabsichtigt die Deutsche Partei im zweiten württ. R ei ch s t a g s w ah l k r e i s den Rechtsan­walt D r. List-Reutlingen als Kandidaten auf- zustellen. Eine definitive Entscheidung des Dr. List soll noch nicht vorliegen. Gleichzeitig gibt die Schwäbische Tagwacht unter der UeberschriftDer Kuhhandel" eine Partei-Korresv. wieder, wonach die Verhandlungen noch fortdauern, weil die Volkspartei zwar geneigt sei, einen nationalliveralen Kandida­ten prinzipiell zu unterstützen, hiefür jedoch auch eine Gegenleistung verlange. Diese Verhandlungen sollen sich namentlich auch auf die verschiedenen Landtagswahlbezirke erstrecken.

nick: einmal leiden, wie ich es lebenslang gemußt. Tas ist nur ansgleichende Gerechtigkeit. Was starrst Du mich an mit Teuren Nardeckangen? Geh' ich hasse sie."

Marion kam dem erregten Befehl nach, aber sie verließ das Zimmer nicht ohne eine Empfindung des Mitleids für die verbitterte alle Frau, in der sie sich sagte:

»Tennoch mag sie das herbste Weh nun erst erfahren, wenn sie völlig vereinsamen wird. Die kalte eifersüchtige Bella kann ihr nimmer unseren ehrlichen, gutherzigen Evertmrb er­setzen. Und was er in fröhlicher llnbekünrmernis vor. ihr hinuahm, wird jene sich mir kluger Berechnung erschleichen."

Dann freilich drängte die Trostlosigkeit der eigenen Lage alles andere zurück.

Was fange ich mit meiner Liebe an?" dachte sie. während ihr die heißen Tränen über die Wangen rannten. Günter wird sie verwerfen, da sie nichts mehr pr dielen hat, als die Bereitwilligkeit chm zu dienert, und dev. Dine, selbst här­testen Zerren zu ertragen, könnte es nur mit ihm, für ihn sein.

lind dann saß sie die halb« Nacht am Schreibtisch. Immer wieder zerriß sie das Geschriebene in ihrem augsrbchen Bemühen, die rechten Worte zu finden für di« Versicherung ihrer mutvollen Treue, ohne jedoch in der Furcht den Ge- I liebten zu verlieren die Erfüllung seines Eheverspruchs z« fordern.

So hatte sie denn schließlich mit der liebevollen Umstand- kchkeit eines ehrlichen Herzens, eine ganze Epistel zustande gebracht.

Ihre jugendliche Unerfahrenheit wußte nicht, daß solche mit dem Herzblut geschriebenen Auseinandersetzungen dem praktisch denkenden Weltmann völlig wertlos sind.

Sie hätte sich den Kamps und die Tränen, das ängstliche Suchen nach der möglichst schonendsten Mitteilung sparen und in sachgemäßer Knappheit einfach schreiben sollen:Tante zieht ihr Versprechen zurück und jo bringe ich Dir keinen Groschen Mitgift ziz. Hast Tu nun den Mut, eine unver­mögende Frau zu heiraten und würdest Du ihr im Falle der Not das willige Miterwerben gestatten? Entscheide, wie Du mußt. Ich liebe Dich, binde Dich aber unter keinen Um­ständen an Dein Wort."

st Heilbronn, 30. Mai. Ei» hiesiger Hotelier sollte am Samstag wegen Kuppelet verhaftet wer­den. Als ihm ein Fahnder dies mitteilte, bat der Hotelier um einige Augenblicke Geduld, damit er sich noch rasch umziehen könne. Der Fahnder kam ihm entgegen, mußte aber nachher die Erfahrung machen, daß der Hotelier inzwischen, wahrscheinlich in einem Automobil, das Weite gesucht hatte.

st Möhringen, OA. Heilbronn, 30. Mai. In der Bahnhosstraße überfuhr am Samstag ein Bierfuhrwerk ein zweieinhalbjähriges Kind, das aus der Straße spielte. Das Kind kam dabei ums Le­ben.

st Tuttlingen, 30. Mai. Gestern wurde in Meß kirch von einem Automobil der ca. 60 Jahre alle Bauer Frei aus Buchheim überfahren und der­art schwer verletzt, daß der Tod alsbald eintrat. Statt sich um den Unfall zu bekümmern, nahm das Automobil Reißaus in der Richtung Tutklin- gen-Donaneschingen. Die hiesige Polizei wurde von Meßkirch aus über den Unfall benachrichtigt, wor­auf sie die Donaneschinger Polizei in Kenntnis setzte, der das Anhalten des Automobils gelang. Die In­sassen sind vom Eisenbahn Regiment in München und beabsichtigten nach Freiburg zu fahren. Un- tel-suchung ist eingeleitet.

Vergebung staatlicher Arbeiten und Lieferungen.

st Stuttgart, 30. Mai. Die volkswirt­schaftliche Korn Mission der Kammer der Abgeordneten hielt heute in Anwesenheit der Minister von Pischek und von Geßler eine Sitzung ab, ans deren Tagesordnung die Eingaben des Ver bandes Württ. Gewerbevereine und Handwerker­vereinigungen betr. die Vergebung staatlicher Arbeiten und Lieferungen stand. Die Ein gäbe der Gewerbevereine verlangt in Ziffer l, ent­gegen den Beschlüssen der Zentralstelle für Gewerbe und .Handel zu Eingaben verschiedener Handwerks­kammern hinsichtlich der Zuziehung von Sachverstäu digen des organisierten Handwerks bei Aufstellung von Voranschlägen und Preisberechnungen für all­gemein vortommende Arbeiwn und Lieferungen eine für die staatlichen Behörden verbindliche Vorschrift. Hier wurde nach längerer Diskussion Zurückstellung der Beratung beschlossen. Die ln den Reichsbe stimmungen ausnahmsweise ermöglichte Zuschlags erteilung bei Angeboten, die in offenbarem Miß Verhältnis zur Leistung oder Lieferung stehen, wenn der Bewerber als zuverlässig oder leistungsfähig bekannt ist. soll nach einem einstimmig angeuom menen Antrag Rembold-Gmünd von der Regierung für handwerksmäßige Leistungen nicht in Betracht gezogen werden. Der Wunsch der Gewerbevereine, daß Nachbestellungen -nur bis zum Betrag von 20 Prozent der Hauptlieferung freihändig vergeben werden sollen, wenn kein höherer Preis als für' die Hauptlieferung vereinbart wird, wurde der Re­gierung zur Berücksichtigung überwiesen. Gegen über dem Verlangen, daß Bewerber vom Zuschlag ausgeschlossen sein sollen, die ihren Beitragspflich ten gegenüber der Arbeiterversicherung oder ihren Verpflichtungen den Lieferanten gegenüber nicht nachzukommen pflegen, oder sich in Konkurs be­finden, wurde folgender Antrag Liesching einstim mig angenommen: Bei d-w Vergebung soll auch das Verhalten der Bewerber ihren Gläubigern gegen­über berücksichtigt werden.' Die weiter gewünschte Verzinsung bargestellter Sicherheitsleistungen wurde

entsprechend einem Antrag Körner mit 11 gegen 2 Stimmen bei einer Stimmenthaltung angenom­men. Eine Verkürzung der in den seitherigen Be­stimmungen als Regel vorgesehenen Zuschlagsfrist im Falle der Einholung der Genehmigung der höhe­ren Behörde von vier Wochen aus vierzehn Tage wurde mit Rücksicht aus eine Erklärung der Regie­rung für erledigt erklärt. Ein auf Ueberuahme einer Streikklausel in die Vergebungsbedingungen abzielender Wunsch der Gewerbevereine wurde zu­nächst zurückgestellt. Die grundsätzliche Einführung des Angebotsverfahrens in selbständigen und Ein­heitspreisen als Regel wurde trotz des Widerspruchs der Regierungsvertreter der Regierung zur Berück­sichtigung überwiesen. Die von den Gewerbever­einen vertretenen Wünsche bezüglich der Abnahme gelieferter Arbeiten, der Erstellung der Baugerüste und einer allgemeinen Revision der staatlichen Sub­missionsbedingungen wurden der Regierung in dem sinne zur Berücksichtigung überwiesen, daß a) bei Abnahme der Arbeiten auch bei starken Abgeboten nnnachsichtlich die Vertrags- oder meistermäßige Eigenschaft der gelieferten Arbeiten geprüft und auf Abstellung etwaiger Mängel gedrungen wird; bl das jederzeit in gutem Zustand zu erhaltende Gerüst sämtlichen im Ban beschäftigten Handwer­kern bis zur vertragsmäßigen Beendigung des Bau­wesens zur Verfügung gestellt wird; c) vor Erlaß der neuen Submissionsbedingungen nicht nur Han­del, Industrie und Handwerk, sondern auch die Ar­beiterschaft gehört werden soll. Der Tag der näch­sten Sitzung ist noch unbestimmt.

j! Pforzheim, 30. Mai. Hier wurde am Frei­tag abend ein frecher Raub ausgeführt. Dicht bei dem Ausflugspnnkt Seehaus, eine stunde von hier im Walde gelegen, wurde der von dort heim­kehrende, gegenwärtig zu Besuch hier weilende Kon­ditor und Kochgchilfe Friedrich Wilhelm Fink von Gernsbach im Walde von einem Unbekannten an­gehalten. Dieser forderte von ihm unter Drohung mir dein Revolver sein Geld. Ms Fink mit seinem Stock auf den Räuber einschlug, schoß ihn dieser zweimal in den Kopf und nahm ihm dann sein Geld mit 30 Mark und seine silberne Uhr samt; Kette weg, woraus er floh. Der Uebersallene hat sein Leben nur dem Umstand zu verdanken, daß der Revolver eine schlechte Waffe war. Die Kugeln wurden im Krankenhaus entfernt. Nach dem unbe­kannten Täter, der etwa 32 Jahr alt sein dürfte und den Eindruck eines Metzgergehilfen machte, wird gefahndet.

Villingen, 29 Mai. Die Hauptversammlung des Badischen S ch w « rz w a l d-Ve r ei n s er­ledigte heute in dem prächtigen alten Villingen ihre Jahresgeschäfte. Der Verein hat abermals ein Wachstum zu verzeichnen: er hat im verflossenen Jahr um mehr als dreihundert Mitglieder zugenom­men und zählt jetzt 7! Sektionen mit 11560 Mit­gliedern. Ausgaben und Einnahmen des Vereins betragen rund 32 000 Mark.

-s Baden-Baden, 30. Mai. Heute nachmittag vier Uhr fand die Feuerbestattung des Prof. Robe rt Koch im kleinen Kreise statt. Geh. Rat Gofsky hielt eins Ansprache, in der er die gro­ßen Verdienste des Verstorbenen um die Menschheit hervorhob und ans sein unerledigtes Werk hinwies. Gofsky bemerkte, daß er nicht nur als Vertreter der Wissenschaft, sondern auch als Freund gespro-

Denn dies war der nackte Leitgedanke ihres Schreidens, dem die jung« eifernde Liebe dann ihren warmen verbrämen­den Mantel rimgehängt. Aber nur der, warmherziger Be­geisterung fähige Mann, sieht in ihm eine königliche Purpur­standarle, das hochflatternde Banner seiner lebenslangen Treue, während der egoistische Weitling, der ehrsüchtige Streber, ihn als Bettlerfetzen mißachtet.

Als Marion sich endlich, erschöpft wie eine Fieberkranke, niederlegte, dämmerte bereits das Frührot des neuen Tages heraus.

Am zweitnächsten Morgen fand sie neben ihrer Früh- stückstasse Westerots Antwortschreiben. Der geringe Umfang des Briefes bereitete sie schon aus seine Kürze vor. Zitternd überflog sie die wenigen Worte:Laß meinem Beschluß noch Zeit, teure Marion. Sei überzeugt, daß ich lediglich Dein Bestes im Auge haben werde, denn nicht allein der Liebhaber, auch der ehrlich ratende Freund hat hier zu entscheiden. Doch erst die genauere Kenntnis der hiesigen Verhältnisse kann mich beurteilen lassen, ob unsere Verbindung trotz der veränderten Bedingungen möglich sein wird. Unveränderlich Dein Günter."

Eine Henkersfrist," dachte Marion schmerzlich. Die brüst? Trennung widerspräche seinem gesellschaftlichen Takt. Der verlangt auch hier eine gewisse Form des Handelns. Daß die anständige Bedenkzeit meine Qual nur verlängert, ist ihm nebensächlich, denn sein Herz hat in dieser traurigen Sache ja überhaupt nichts zu sagen." Mit einer müden Be­wegung faltete sie das Papier zusammen.

Bella, die sie schon eine Weile lauernd beobachtet hatte, , fragte hier ein wenig spöttisch:Jst's doch kein zärtlicher Liebesbrief?"

Ueberhaupt keiner. Geschäftssache," entgegnete Marion kurz.

Das ist heutzutage die Liebe fast immer," lachte die andere.So klug wird Dein Bürgermeister auch sein."

Marion schwieg. Hastig stürzte sie eine Tasse Kaffee hinunter, ohne die ihr von Bella jetzt gefällig dargereichten Schusseln zu berühren, und dann ging sie geradeswegs zur Expedition der Kreuzzeitung, sie wählte diese lediglich, weil ihr Vater sie früher gehalten um ein Stellungsgesuch zu er­lassen. An irgend welche kostspielige und zeitraubende Fach«

ansbildung durfte sie einstweilen ja nicht denken. Melleicht ließ sich die später mal ermöglichen. Für den Posten einer Gesellschafterin und Hausstütze glaubte sie sich mit gutem Ge­wissen empfehlen zu können.

Mit der vollkommenen Ungnade der Tante war ihr in­zwischen auch völlige Freiheit des Tuns gesichert. Fräulein v. Mollentin kümmerte sich fortan so wenig um sie, daß sie selbst während der offiziellen Mahlzeiten kaum das Wort an die verstoßene Nichte richtete.

So konnte Marion auch ungehindert der wenige Wochen später stattfindenden Hochzeit ihres Bruders beiwohnen, von der jene auch sonst keinerlei Notiz nahm.

Es war eine den Umständen angemessene stille Feier im engsten Familienkreise.

Das Brautpaar, so jung und lebensvoll es war, ließ sein Glück nicht laut werven, aber seine gefestigte Ruhe, welche eine tief innerliche Gehobenheit beseelte, durchleuchtete, schloß jeden Zweifel an ein Wagnis dieser Verbindung bei den Eltern aus. Wie gut die beiden dran sind, dachte auch Marion.Hart ist's, Familie und Heimat zu verlassen, aoer wenn man dann Seite an Seite im Kampfe stehen kann, um gemeinsam die Palme des Lebens zu erringen, so ist das wieder etwas Großes und Schönes. Gott gebe ihnen Sieg."

In heimlicher Wehmut blickte sie aus ihren Verlobungs­ring nieder. Das Symbol der Liebe ohne Ende. Aber das Ringlein sprang entzwei, - und da hatte es ein Ende. Indes sie' hielt ihn krampfhaft fest am Finger unter taüsend heimlichen Schmerzen während dieser Stunden, damit dem Bruder kein Wermutstropsen in den Freudenbecher falle.

Einer jener empfindlichen Scherze, mit denen das Schick­sal den Menschen heimzusuchen liebt, hatte ihr just am heutigen Tage Westerots endgültigen Absagebrief beschert.

Fortsetzung folgt.

Absichten.Du, Nachbar, Lenk Dir nur, gestern haben s' bei mir an Brandbrief g'legt."Paß auf, Wasrl, könnt'st 'n net mir aa a bißl leihen?"