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1877.

Nr TigerauSgabc koste: olertcksährlich t» Bezirk Nagold und Krchbarorwverkhr Mk. 1L8

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Neuenbürg.

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DieuStag, v»« S1. Mai.

Amtsblatt fir PsalzgrasenweUer.

1810

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Tagespolitik.

In der Reichstags-Kommission für die Versicherungs-Ordnung wurden verschiedene Bedenken gegen die Ausgestaltung der Versiche- rungs-Aemter sowie der Wunsch geäußert, den An­schluß dieser Aemter an bestehende Staats- oder Kommunal-Behörden gesetzlich sestzulegeu und die Versicherungsträger nicht mit Kosten für die Ver­sicherungsämter zu belasten.

Die Erklärung derNordd. Allg. Zrg.", daß Wahlresormen nicht aus den ersten Anhieb ge­löst zu werden pflegen, und daß die sachliche Halt­barkeit der Lösung für die Regierung und das Land wichtiger ist als ihre Schnelligkeit, wird von den liberalen Blättern als Ankündigung einer baldigen neu en W ah l r e ch ts v o l a g e begrüßt.

Der Witwe des Professors Robert Koch, den der amtliche Nachruf der Regierung einen Heros der Wissenschaft nennt, dessen Scheiden eine nn- ausfüllbare Lücke hinterläßt, übersandte unser Kai­ser ein herzliches Beileidstelegramm. Ich beklage auf das tiefste, so heißt es darin, den Verlust des größten deutschen Arztes unsrer Zeit nnd blicke mit dem deutschen Volke dankbar auf sein segensreiches Lebenswerk.

* s

Der Kaiser, der an der kleinen Wunde kei­nerlei Schmerzen erleidet, empfing am vergangenen Sonntag den italienischen Minister des Auswär­tigen di San Giuliano in längerer Audienz, und zog den Minister im Anschluß daran zur Friih-

stückstafel. An dieser nahmen außerdem noch teil der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg, der Staats­sekretär des Auswärtigen Amts v. Schön und der italienische Botschafter Pansa. Schon am Tage vor­her hatte Marquis di San Giuliano eingehende Unterredungen mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär v. Schön.

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«

Der Dalai Lama von Tibet wird, chinesi­schen Blättern zufolge, demnächst nach Tibet zurück­kehren. In letzter Zeit hat eine Unterredung zwi­schen dem Bevollmächtigten des Dalai Lama und der chinesischen Regierung stattgefnnden, die damit endete, daß die chinesische Regierung in die Rück­kehr des Dalai Lama nach Tibet einwilligt, jedoch unter der Bedingung, daß der- Dalai Lama sich je­der Einmischung in Politische Angelegenheiten ent­hält und ausschließlich als Oberhaupt der tibeta­nischen Geistlichkeit auftritt.

Landesnachrichten.

-n. Ebhausen, 30. Mai. In feierlicher Weise wurde gestern unser neuer Geistlicher Pfarrer Wall durch Dekan Pferd er er von Nagold in sein Amt eingesührt. Die Kirche war dichtbesetzt von Besuchern bei der Festlichkeit. Als Zeugen bei der Amtsein­setzung nahmen teil: Stadtpfarrer Hang von Alten­steig als geistliches und Schultheiß Dengler von hier als weltliches Mitglied.

Calw, 20. Mai. Nach dem städtischen Ge­meindehaushalt für das Rechnungsjahr 1910 be­tragen die Einnahmen 152 676 Mark, die Ausgaben 236 7,33 Mark, somit der Abmangel 34 107 Mark. Letzterer wird gedeckt durch Erhebung einer De meirrde-Einkommensteuer von 50 Prozent mit rund 30 000 Mark und durch eine 7,5prozentige Kataster Umlage mit 53 342 Mark. Die Katasternmlage von 7,5 Prozent ist seit einigen Jahren stätig, eine Er­höhung ist aber in den nächsten Jahren wahrschein­lich da die Erbauung eines neuen Schulgebäudes und eines Elektrizitätswerkes größere Aufwendun­gen nötig machen werden. Eine ergiebige Quelle für die städtischen Finanzen ist das Gaswerk: das­selbe kann einen Zuschuß an die Stadtpflege von 5000 Mart abgeben und außerdem behält es noch

5000 Mark Reingewinn für sich. Auch das Wasser­werk prosperiert in vorzüglicher Weise und wirft einen steigenden Gewinn ab. Der letztere betrug im abgetaufcnen Rechnungsjahr 10 207 Mark. Die Stadt verfügt noch über ein Restmittelvermögen von 36 370 Mark. Die Haupteinnahme bildet das Er­trägnis des Waldes; den größten Aufwand erfor­derten die Schuten und Straßen. Das Gemeinde­vermögen der Stadt ist geschätzt zu 1 Million Mark, Schulden sind wenig vorhanden und rühren aus einem Schulhaus- und Straßenbau her. Dank der frischen, fortschrittlichen Verwaltung und des gu­ten Einvernehmens zwischen Stadtvorstand und bür­gerlichen 'Kollegien ist eine gute und gedeihliche Entwicklung der Stadt gesichert. Interessant ist nach den gemachten Erhebungen, daß die städtische Steuer nicht zugenommen hat, daß vielmehr die Zunahme der Steuer nur von der Zunahme des Amtsschadens nnd der Staatssteuer herrührt. Die Staatssteuer ist von 73 000 Mark auf 88 000 Mk., der Amtsschaden von 58 000 aus 76 700 Mark angewachsen. Der Amtsschaden hat für die Stadt um 4000 Mark zugenommen. Die ganze Steige­rung rührt also nur von der Staatssteuer und der Amtskörperschaft her, für die städtischen Verhält­nisse allein ist ein Minus von l 000 Mk. eingetreten. Von 4l Städten über 5000 Einwohner nimmt die Stadt Calw in den Steuerverhältnissen die 38. Stelle ein: 37 Städte sind höher besteuert.

* Freudeirstadt, 30. Mai. Der Nationale Volks verein des Bezirks hielt gestern nachmit­tag im Saale des HotelsHerzog Friedrich" seine jährliche Hauptversammlung ab. Da der Vorstand des Vereins, Oberamtspfleger Wünsch, gesund­heitshalber eine Wahl nicht mehr annahm, wurde Rektor Hang zum Vorstand und als Stellvertreter Buchdruckereibesitzer Kaupert gewählt. An die Wahlen schloß sich ein Vortrag des Parteisekretärs Keinath über das preuß. Wahlrecht und die ver­eitelte Reform desselben.

* Baiersbronn, 29. Mai. Gestern abend brach in dem von L. Gaiser, Holzhauer und I. Hasst, Maurer bewohnten Haus Feuer aus und äscherte in kurzer Zeit das ganze Gebäude ein. Die Be­sitzer sind nur ungenügend versichert.

* Wittendorf, 30. Mai. Letzte Woche wurde der 88jährige Schultheiß Friedrich Beilharz, ein

Wenn der schwer Gedrückte klagt:

Hilfe, Hoffnung sei versagt,

Bleibet heilsam fort und fort Immer noch ein freundlich Wort.

Goethe.

Dornenwege."

Roman von C. Dressel.

(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.

Fridas Rückkehr lenkte darauf das Gespräch ln andere Bahnen. Man redete über das Nächstliegende, die bevor­stehende Vermählung, die Reisevorkehrnngen und dies Planen brachte wieder Leben und Wärme in Eberhards verdüstertes Gesicht, und damit atmete auch Marion froher auf. So un­bemerkt, wie ste die Villa verlassen, sollte sie nicht wieder heim» gelangcn.

Schon im Vestibül fing Tante Dina fie ab mit dem kalte» Befehl, ihr unverzüglich in das Schreibzimmer zu folgen.

Hier schauerte alsbald ein Hagel eifernder Vorwürfe aus den Flüchtling nieder, den Marion wie eine unabwendbare Naturgewalt iu stummer Ergebung über sich ergehen ließ.

.Nach dieser pietätlosen Nichtachtung meines aus guten Gründen erlassenen Verbots kannst Du auch von mir kein« Rücksichten ferner erwarten," schloß die entrüstete Dame jetzt mit kalter Härte.

Marion zuckte zusammen. In dem mitleidlosen, rachsüchti­gen alten Gesicht laS ste, daß auch sie nicht mehr auf die Erfüllung einer ehemaligen Zusage zu hoffen habe. Das Herz schien ihr still zu stehen. Ihr Blick wurde leer. Wesenlos starrte sie an der Unbarmherzigen vorüber in das Maiengrün des Tiergartens, dessen Fruhlingsprangen ste doch ebensowenig

sah, wie 4>ie lm roten Abendschein langsam dahinschlendernde« Spaziergänger.

So stand sie ein paar Atemzüge lang wie entgeistert. Dann kam das Leben zurück in ihr schneebleickes Gesicht. Aber um den wie im Schmerz versteinerten Mund zuckte jetzt die stolze Verachtung, welche sich dem Triumphe des grau­samen Gegners nicht beugt.

Den abgekehrten Blick auch jetzt nicht zurückwcndend, sagte Marion mit eisiger Ruhe: »Das heißt. Du willst mich von Günter trennen?"

»Wenigstens bieie ich nicht mehr die Hand, einer Undank­baren das Leben zu ebnen. Ob Westerol nun Lust haben ivird, sein knappes Brot mit Dir zu teilen, lasse ich dahin­gestellt sein. Ich möcht's allerdings bezweifeln. Er ist ein zu vernünftiger Mann, um das sogenannte Herzgefühl im wirt­schaftlichen Budget stark mitrechnen zu lassen. Nur Tein Bruder gefällt sich als reiner Tor, just er, den man bis dahin als luxuriösen Weitling kannte. Da siehst Du, wie die Männer uns immer von neuem überraschen. Ob aber Dein teurer Eberhard auch die dünne Brotsuppe, die er sich eingebrockt hat, artig auslöffeln wird? Es bleibt abzuwarten." Sie lachte herausfordernd.

»Tante, ich bin froh, daß Papa diese Stunde nicht erlebte", entgegnete Marion mit Hoheit.

.Nein, schade ist's", rief jene in brutalem Hohn, »denn auch er war ein unkluger Gefühlsmensch. Schade daher, daß »'s nickt Lebt, wie seine morsche Brücke jetzt unter seme» Nachkommen zusammenbricht, nicht sieht, wie sie versinken im hochwallenden Ueberfluß von Gefühlen, deren Quellen ste auf ihn zurückleiten können."

»Ich glaubte. Du hättest Papa wie Eberhard lieb gehabt", sagte Marion leise.

»Jawohl, gehabt", spottete die andere. Eine verrückte unbegründete Liebe, der man sich eines Tages bitter schämt wie einer unsinnigen Vergeudung, und dann endlich sein Herz fest hält und den Geldbeutel auch. Ich will mit Euch Undankbaren nichts mehr gemein haben, hörst Du, gar nichts mehr. Jetzt sorge ich lediglich für meine Namensvetterschaft. Das Hemd ist einem wahrlich näher als der Rock."

»Hatte das doch, wie Du willst, Tante, und wie es recht ist. Eberhard geht nun überhaupt weit fort, nach Amerika. Er möchte Dir gern Lebewohl sagen"

»Glaub's. Braucht wohl einen Zehrgroschen auf die lange Reise."

Tante!" ries Marion empört, »er hat Dir wahrlich gezeigt, wie gering er Dein Geld schätzt."

»Nun, und wenn der Tor mein Geld und nieinen Willen nicht achtet, braucht ihm auch an einem Abschiedswort nichts gelegen sein, denn einen Segen auf den Weg hat er nichr zu erwarten. Nein, ich will ihn nicht sehen. Nichts mehr von Euch."

Ich werde Dir nicht länger zur Last fallen, sondern mich nach irgend einer Stellung umsehen."

»Ach so. Du-Das alte Fräulein sah sie so ge-

dcmkenabwesend an, als erwache sie aus tiefem Traum. Viel­leicht dem Traum ihrer verfehlten Liebe, die mit ihr alt ge­worden und immer gleich unfruchtbar geblieben war und sich schliesgich in tyrannische Herrschsucht gewandelt, die niemals Dani ernten kann.

. Tu glaubst dennoch, daß Deine Verlobung sich nun lösen wird?" fügte ste gleichgültig hinzu.

»Es wird so kommen, Tante. Ich muß dann arbeiten, gleich vielen alleinstehenden Mädchen, und tue es gern. "

»Schmeckt das Gnadenbrot nicht?" höhnte jene wieder.

»Ich bin auch eine Rardeck!" antwortete Marion stolz.

»Ein dummes Gör bist Du. Da ist Bella, die Landeinsatt, ungleich klüger als Du Weitstädterin. Von der könntest Du lernen, wie man das Leben im allgemeinen und eine gütige Tante im besonderen zu nehmen hat."

Bella wird mir nie ein Vorbild sein," entgegnete Marion gleich hochfcchrend, dann stock der stolze Kopf um eine Linie und üb« die kerben Lippen ging dir zögernde Bitte: »Nur so lange erlaube mir zu bleibe«, bis Eberhard gegangen ist. Er soll die Sorge um mich nicht auch noch ans seine» müh« selige» Weg nehmen. '

,,Red' keinen Unsinn, Aus dem Hause jage ich Dich nicht gleich wenn schon >m übrigen Dritte offene Auflehnung eum rm; ndliche Strafe verdient hatte. Und weshalb solltest D»