schen Strafgesetzbuches.! Bor dem Kgl. Schöfsenge richt wurde heute gegen den Schreinermeister Aug. Jäger aus Gaisburg wegen des obigen Vergehens verhandelt, das er nach der Anklage dadurch be- gangen hat, daß er trotz gebotener Gelegenheit und Zeit, sich von der Notwendigkeit einer Verbesserung an seiner kombinierten Abrichthobelmaschine zu überzeugen und sie auszuführen, dies unterließ und durch diese Versäumnis zu der am 26. Januar 1910 erfolgten schweren Handverstümmelung seines Maschinenarbeiters Abele von Mundelsheim wesentlich und schuldhafterweise beitrug. Der beschuldigte Schreinermeister wandte ein, die Südwestdeutsche Holzberufsgenossenschaft, bei der er inkorporiert ist, habe ihm die bei dem Unfallereignis fehlende Sicherheitsvorkehrung nur empfehlungsweise zur Anschaffung angegeben, weshalb er dieser Anregung eine Beachtung zunächst nicht schenkte, um die für die „4 Kantwelle" erst angeschafften Hobelmesser (Wert 40 Mark) vollständig aufzubranckien. Die Verhandlung, zu der der Kgl. Gewerbeinspektor De cker und der Werkführer und Gemeinderat Groken- berger als Sachverständige, sowie der techn. Auf sichtsbeamte Hofmann der Südwestdeutschen Holz- Berufsgenossenschaft und zwei Schreinermeister als Zeugen beigezogen waren, ergab als Grundlage für die Schuld des Beklagten folgendes: Als Besitzer einer Abrichthobelmaschine mit Bierkantwelle war ihm die große Unfallgefährlichkeit dieser Maschine bekannt u. wußte er auch, daß es ein Mttel - die runde Sicherheitswelle zur Verhütung oder erheblichen Abschwächung des eingetretenen Unfalles gibt, das in den meisten gleickxartigen Betrieben' seines Gewerbes eingeführt ist und sich, abgesehen von unbedeutenden Unbequemlichkeiten, in der Uebergangszeit gut bewährt hat. Indem der Schreinermeister es unterließ, geringfügiger Kosten halber dieses Unsallverhütungsmittel rechtzeitig anzuschas fen, stellte er sein eigenes materielles Interesse über die ihm gesetzlich obliegende Pflicht, diejenige Vorrichtung herzustellen, die zum Schutze seiner Arbeiter gegen gefährliche Berührung mit Maschinen er forderlich war. Hierin erblickte das Gericht das fahrlässige Verhalten des Beklagten und zwar in Uebereinstimmung mit der Auffassung des Reichsgerichts, die dahin geht, daß sich die Betriebsunter nehmer um den Stand der Unfallverhütungstechnik von selbst bekümmern u. schon durch eigenes Denken u. Handeln die gebotene Sorgfalt gegenüber den be stehenden Betriebsgefahren anwenden müssen. Urteil: 50 Mark und Kostenersatz.
js Ludwigsburg, 26. Mai. Das endgiltige Programm für den 2 0. Bundestag des Württ. Kriegerbundes, der hier stattfindet, steht nunmehr fest. Es entspricht dem früher schon darüber Mitgeteilten. Den Glanzpunkt des ersten Tages, 4. Juni, wird das Bankett im großen Exerzierhaus an der Stuttgarterstraße bilden. Der Sonntag, 5. Juni, wird durch Tagwache und die Sitzung des Bundestags, die um halb neun Uhr in der Turnhalle beginnt, eingeleitet. Der Festzug, dessen Aufstellung in den Alleen südlich vom Schlosse erfolgt, setzt sich um 12 Uhr in Bewegung und marschiert im Schloßgarten an dem König, der auf einer Tri büne Ausstellung nimmt, vorüber. Der Zug ist nach Kreisen und Oberämtern eingeteilt. Die Teilnehmer marschieren in Gliedern zu zwölf Mann. Nach dem offiziellen Festessen im Bahnhotel und der Spei sung der Vereine in den Wirtschaften finden auf
dem Festplatz, dem kleinen Exerzierplatz, Konzert-, Gesangs- und turnerische Aufführungen statt. Für den 6. Juni sind verschiedene Ausflüge in Aussicht genommen. Der Abend vereinigt auf dem Festplatz Gäste und Einwohnerschaft bei einem italienischen Nachtsest. Auf dem Festplatz, den schattige Alleen umgeben, sorgen vier Bierzelte, ein Weinzelt und eine Kaffeewirtschaft für leibliche Erquik- kung. Auch ein Postanit mit Fernsprecher fehlt nicht. Zu dem Feste sind 7 30 Berechne mit e twa 1 «OOOTeilnehmern bisjetz tan gemeldet. Nachtquartiere wurden verhältnismäßig wenig belegt.
st Heilbronn, 26. Mai. Ein schweres Unwetter ist gestern nachmittag über Heibronn und seine nähere Umgebung niedergegangen. Nach kurzem Gewitterregen setzte plötzlich ein Hagelwetter ein, das fast eine halbe Stunde lang anhielt und die Fluren in eine Winterlandschaft verwandelte. An Bäumen und Sträuchern und mehr noch an den Gartengewächsen ist großer Schaden verursacht worden. Dagegen wurden die Weinberge von dem Unwetter nicht betroffen, da dieses strichweise auftrat und nur die Stadt traf.
j j Heilbronn, 26. Mai. Das F estprogra m m des vom 5. bis 9. August hier stattfindenden In biläumskongresses der Allgem. Radfahrer-Union liegt nunmehr vor. Die Fülle des Gebotenen gibt einen Begriff von der Bedeutung dieser Veranstaltung. Wie in Heilbronn nicht anders zu erwarten, spielt auch auf diesem Programm der berühmte ,,Herbst" eine Rolle. Ihm voran geht, schon mit Freitag den 5. August beginnend, ein großer Lampionskorso mit anschließendem Begrüßungsabend. Diesem folgt Samstag vormittags eine Distanz-Wettfahrt von Friedrichshafen nach Heilbronn, über die noch besonderes zu berichten sein wird, dann Verbandssitzungen, die übliche Bannerübergabe und endlich ein festlicher Empfangs- und Kommersabend in der Kilianshalle. Das Hnnptfestlvkal des Sonntags ist die Harmonie, wo mittags ein Festessen, abends im Garten ein Gartenkonzert mit italien. Nacht und im anschließenden Theaterfaal sportliche. Ausführungen mit Tanz abgehalten werden. Gleichzeitig findet in den Harmoniefestsülen das Ausfahren mehrerer Reigen und Kunstfahrmeisterschaften, die feierliche allgemeine Preisvertei- lnng und Festball statt. Der Sonntag nachm. Heil bronn durchziehende Preis- und Prunk-Korso dürfte eines der großartigsten derart bisher in Württemberg gebotenen Schauspiele werden, da viele Dutzende von Radler-Vereinen zu erwarten sind. Der Kongreßmontag bringt einen offiziellen Frühschoppen auf dem Wartberg, und nachmittags wie abends einen Heilbronner Herbst mit Feuerwerk. Für Dienstag vormittag ist eine Ballonfahrt einer Gruppe Radfahrer vorgesehen. Daran schließt sich mittags ein Radelausflug nach Neckarsulm zur Besichtigung der dortigen Fahrradwerke und näch dem reizenden Weibertreu. Den Schluß des umfangreichen Programms, das am Sonntag früh außer einem Mannschaftswettfahren auch den eigentlichen Kongreßberatungen die entsprechende Zeit einräumt, bildet am Mittwoch der Antritt einer Gesellschaftsreise nach Paris (Preis 110 Mark, wofür Bahnfahrt ab Dtraßburg und zurück, Stägiger Aufenthalt mit gan- l zer Verpflegung und kostenfreie Besichtigung alles
Sehenswerten geboten ist), sowie Radwanderfahrten nach Heidelberg, Stuttgart usw.
I > Eßlingen, 26. Mai. In der Maschinenfabrik sind in letzter Zeit besonders konstruierte Heißluft- lokoniotiven gebaut worden, deren Leistungsfähigkeit 75 Kilometer in der Stunde beträgt. Die neuen Maschinen werden vorzugsweise auf der Schwarzwaldstrecke Eutingen-Freudenstadt-Hausach Verwendung finden, bei der besonders lang ausgedehnte und starke Steigungen zu überwinden sind. Die Maschinen haben keinen Tender und sind nach den neuesten Konstruktionen ausgeführt. Außerdem.sind in der Maschinenfabrik 6 Maschinen des Atlantic- Typus im Bau, die ebenfalls in Bälde fertiggestellt sein werden.
st Geislingen, OA. Balingen, 26. Mai. Während eines heftigen Gewitters schlug der Blitz in das Haus des Gebhard Eith und entzündete es. Das Haus brannte vollständig nieder. Nur das Vieh konnte gerettet werden.
st Böhmenkirch, OA. Geislingen, 26. Mai. Die bei dem großen Brandunglück beteiligten Mobiliar- Feuerversicherungs-Gesellschaften haben an die Abgebrannten zusammen 174 000 Mark für Fahrnisschaden zu bezahlen.
st .Heidenheim, 26. Mai. In Fleinheim ist das Haus des Söldners Maier abgebrannt. In der Scheune fand man die verkohlte Leiche der 2 8jährigen Tochter des pensionierten Schultheißen Häuf. Wie verlautet, ist der Sohn eines angesehenen Bürgers unter dem Verdachte verhaftet worden, daß er das Mädchen getötet, in das Haus geschleppt und dieses angezündet habe. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen.
st Crailsheim, 26. Mai. Auf der .Heimfahrt von Nürnberg hatte der Gastwirt Hartnagel das Aussteigen auf der hiesigen Station verschlafen. Als er aufwachte, sprang er beim dritten Bahnwärterhäuschen in der Richtung nach Maulach aus dem bereits wieder in voller Fahrt befindlichen Zug, brach dabei das rechte Achselbein und erlitt sonstige schwere Verletzungen. Nachdem er längere Zeit bewußtlos am Bahndamm gelegen, kam er allmählich wieder zu sich und kehrte morgens ohne fremde Hilfe nach Hause zurück. Hut und Uhr wurden später vom Bahnwärter aufgefunden.
!! Blaubeuren, 26. Mai. Heute vormittag stürzte der 18 Jahre alte Malergehilfe Dick, ein Sohn des Schultheißen von Berghülen, an dem Gebäude der Wirtschaft zum König Karl v o nl Gerüst ab und war sofort tot. Mau nimmt an, daß der Verunglückte auf die Sicherheitsvorrichtung stieg, den Halt verlor und so in die Tiefe stürzte. Eine Sicherheitslatte ist gebrochen. Näheres dürfte die Untersuchung ergeben.
st Aruach, OA. Waldsee, 26. Mai. In dem Wohn- und Oekonomiegebäude des Ziegeleibesitzers Blank brach Feuer aus. Es verbreitete sich mit rasender Schnelligkeit über das ganze Gebäude und legte es in Asche.
st Vom Bodensee, 26. Mai. Der Sparkassenverwalter Hubert in Konstanz ist plötzlich verhaftet worden. Er war seit dreißig Jahren in der Sparkasse tätig und Nachfolger des früheren Kassiers Waldvogel, der wegen Unterschlagungen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Hubert genoß große Achtung. Er hat in einem Falle l 100 Mark, im andern etwa 50>> Mark auf Grund von ihm ge-
Das ist des Menschen bester Gewinn:
Ernste Seele und heitrer Sinn.
Nur wo die beiden sich treu vermählen,
Kann's nie an Frieden und Freude fehlen.
Paul Her,st.
„Dornenwege."
Roman von C. Dressel.
(Fortsetzung.? Nackdruck oerbrren.
Tie fand Frida im Atelier und dabei, die zahllosen Skizzen von den Wänden zu nehmen und in einer bereit stehenden Kiste zu verpacken. Die schönen Tuchbehänge, die antiken Krüge und Kupfergeräte, sowie alle sonstigen Zierstücke lagen und standen regellos am Boden und die Helle Sonne brannte ungehindert auf diesem Chaos der Zerstörung, in dem die bilderlosen Staffeleien wie fleischleere Gerippe umherspukten.
.Bedeutet das Aufbruch? Was hast Du denn vor?" fragte Marion beklommen.
„Nichts Geringeres als eine Ozeanfahrt," war Fridas ernste und doch gelassene Antwort. „Ja, wir wandern aus, Eberhard und ich. Nach vielem Ueberlegen sind wir der Ueberzeugung, am ehesten und wohl auch erfolgreichsten in Amerika fortkommen zu können."
„Großer Gott, Euch soll ich auch hergeben?" stöhnte Marion. Die Tränen stürzten ihr von neuem wie ein Strom auS den Augen.
Frida schob den Blender vor das sonnige Fenster und zog das iveinende Mädchen neben sich auf den Divan.
.Komm', Marion, weine nicht, wir wollen mit ruhiger Verständigkeit darüber reden. Sieh, wir gehen ja nicht aus der Welt. Was bedeutet denn eine Fahrt nach Newyork oder Boston? Die ist heutzutage bald gemacht. Wir hoffen sogar, recht oft ein langes frohes Wiedersehen mit Dir zu
haben. Es war meine Absicht, Dir heute noch schriftlich unseren Entschluß mitzuteileu, nun freut's mich, daß ich alles mündlich erklären kann. Verdanke ich Deinen Besuch einem Einlenken der Tante gegen uns?"
Marion verneinte kleinlaut. „Sie ist dieselbe. Voll bitterer Nnversöhnlichkeit gegen Eberhard und kühler Gleichgültigkeit gegen mich. Ich hielt's nicht mehr aus. Ich mußte eine warme Hand halten, ein gutes Wort hören. Ich lief einfach fort. Es ist mir gleich, was daraus wird."
„Liebste Marion, das ist unbedacht. Du hast ja nicht über Dich allein zu entscheiden. Vergiß nicht, daß auch Westerot in gewissem Sinne von Deiner Tante abhängig ist."
„Du auch, Frida? Du rätst zur Unterwerfung um des elenden Geldes willen? O, Gott, das hätte ich nicht erwartet", sagte Marion völlig außer sich.
Beruhigend legte Frida den Arm um die Erregte, indem sie ungekränkt erwiderte: „Ja, meine Marion, das tue ich, weil ich Dich bis in den Grund Deiner Seele kenne. Was heißt Unterwerfung, wenn man Einsamkeit nicht ertragen kann. Du hast ein warmes, menschenfreundliches und anschlußbedürftiges Herz, das ja gar nicht ohne etwas Liebes, Trautes leben kann. Du brauchst Menschen, Marion, und Liebe ist Dir Lebenslust. Und deshalb rate ich Dir inständig, tue nichts, was Dich von Westerot trennen könnte."
.Liegt denn das bei mir?" rief Marion schmerzlich. „Du verkennst die Lage der Verhältnisse, die mir gar keine Entscheidung mehr erlaubt. Soeben ist Günter abgereist, — ob er aber je zu mir zurückkehrt? — Gott weiß es."
„Soweit ich Westerot kenne, ist er eine feste, entschlossene Natur."
„Das ist er," nickte Marion. „Ein Ziel läßt er so leicht nicht fahren, nur muß es eben ein lohnendes sein. Und darum wird ihn seine überlegene Art nun zu besonderer Vorsicht mahnen. Tantes Vorgehen stellt ihm viele pekuniäre Bedenken in den Weg. Er wird sie genau erwägen. Wer weiß, ob ihm der Preis noch der Mühen wert ist? Wer wollte ihm das scharfe Rechnen verdenken? Ich bin in diesen traurigen Tagen um Jahre älter und erfahrener geworden und habe auch Günter in anderer Weise beurteilen gelernt. Auf Tante Dinas frühere Zusage aber wage ich kaum noch zu bauen. Sie ist wirklich kalt und unfreundlich gegen mich."
„Weil sie eben noch voller Bitterkeit an Eberhard denkt. Das wird sich ändern, sobald wir uns ihr völlig aus dem Wege räumen. Dann wird sie sich an Dich klammer». Mein Gott, sie kann doch nicht ohne Herz sein, da sie so viel von Deinem Vater hielt."
„Umsoweniger von mir, das weißt Du ja. Und dann scheint sie jetzt in Bella einen dankbareren Gegenstand ihrer Zuneigung gefunden zu haben. Von der läßt sie sich auffallend beeinflussen.
Schließlich ist die ja auch eine Mollentin, also ihr um einen Grund näher verwandt, als wir."
„Darauf gab Deine Tante sonst nichts."
Marion zuckte die Achseln. „Laune," sagte sie kurz.
„Und diese Laune wollte Eberhards Lebensglück begründen. Kann man's ihm verargen, daß er sich nicht zu den Experiment hergab? Traurig ist nur, wenn Du unter ihrer Willkür leiden solltest, denn als alleinstehendes Mädchen bist Du eben so viel übler dran, als er. Und gäbe ich selbst Deinem Bruder das Wort zurück, es wäre damit nichts für Dich oder ihn gewonnen, denn diese Bella heiratet er trotzdem nicht. Sie ist chm sehr zuwider."
„Frida, das dürstest Du auch niemals tun. Gerade D« mit Deiner Energie, Deinem Lebensmut bist die rechte Fra» für Eberhard. Er braucht solch einen festen und liebetreue» Halt, unser Durchgänger."
„Mir Hinwider hatks seine feurige Schneidigkeit angetan. Das Ungestüm feines drauflosgehenden Gefühls, das keine Bedenken gellen lassen will, besiegte mich," lächelte Frida. Dennoch trau' ich mir zu, ihn aus unserem gemeinsame» Lebensweg von allzu stürmischem Wagemut zurückzuhalten."
„Das glaub' ich Dir. Und das ist's eben, was er nötiK hat, die feste und doch sanfte Hand. Wie seid Ihr aber <uq die Amerikaidee gekommen? Konnte oder wollte Dei» Vater sich nicht entschließen. Dich einem deutschen Offizier zu geben?"
„Er ist die Güte selbst, und hätte mir auch jetzt neue Opfer gebracht, wenn es chm eben möglich gewesen wäre. Aber die jüngeren Kinder wollen auch versorgt sein, und ich durfte nach allem, was er schon für mich getan, nicht eine noch größere Bevorzugung auf Kosten der Geschwister verlangen."
„Im Grunde hatte ich ja nie an eine Heirat gedacht, nur die Kunst füllte mir die Seele, und Dein Bruder weiß.