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1877.

Dir TageSauSgab« kstzkt vkrtrljShrltch k» Bezirk Ragoüi und NachKarorttverkehr Mk. 1L5

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dk WocheucwSgabe (SchwarzwAder SomitLgSblaü) kvkrl oierteliLhrllch SV Psg.

Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.

Ssirntagr-AtrSgabe:SchrvaDZwäldev Ssnntagrblatt

Sonntags-Anzeiger und FannLien-Zeitmrg für die Bewohner des SchwarzwaLdes.

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FcrnsPrechcr Nr. 11.

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U»Sgabr«rt Llrrnsteig-Ttadt.

LamStag. ds« 14 . Mai.

Amtsblatt sSr Psalzgrafenwetler.

flNgstkN!

Nun grünen alle Bäume wieder,

Im Festkleid prangt die ganze Welt,

Oie Lerche schmettert ihre Lieder Und steigt ins blaue Himmelszelt,

Aus Busch und Baum kelltönend klingt es Und jubelt in den Tag hinein,

In allen jungen Herzeit singt es Bon Lieb' und Glück und ^eligsein.

Ls wirkt in ewig treuer Güte Des Pfingsten Geist zu neuer Lust:

Der Hoffnung wundersüße Blüte Keimt auf in jeder Wenschenbrust,

Adelheid van Ewersberg.

Wochen-Rundschau.

Hieber Direktor des Oberschulraks.

Große Ueberraschung erregt die Ernennung des Reichs- und Landtagsabgeordneten Prof. Dr, Hie­ber zum Direktor des württ, evangelischen Ober­schulrats. Diese Behörde ist durch das neue Vvlks- schulgesetz geschaffen worden, und es untersteht ihr die Leitung des gesamten evangelischen Bolksschnl- wesens. Die Stellung an der Spitze des evang. Oberschnlrats ist umso wichtiger, als das Bolks- schulwesen durch das neue ^Gesetz in wesentlichen Teilen - wir erinnern nur an die Einführung der fachmännischen Schulaufsicht im Hauptamt auf ganz veränderte Grundlage gestellt worden ist. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Berufung Dr. Hiebers eine glückliche Wahl ist, und daß das württ. Volksschulwesen bei ihm in guter Hut ist. Hieber hat sich um das Zustandekommen der Votksschulreform große Verdienste erworben, und wenn er auch vielen Leuten auf der Linken in der Vertretung der liberalen Forderungen nicht weit ge­nug ging, so lag das daran, weil eben nur durch eine weise Beschränkung unter den obwaltenden Um ständen überhaupt etwas zu erreichen war. Hieber ist seinem Berufe nach Schulmann. Er hat Theologie und Philosophie studiert, war später Repetent am Tübinger Stift, dann zwei Jahre Stadtpfarrer in Tuttlingen, und seit 1892 ist er Religionsprofessor ani Karlsgymnasinm in Stuttgart. Wichtiger noch als die Bedeutung der Berufung Hiebers für das Botksschulwesen ist sie für das politische Leben, namentlich in Württemberg. Hieber ist der füh­rende Mann der nationalliberaten Partei Württem­bergs und man kann sagen, daß er hier einen ganz überragenden Einfluß ausübt. Auch bei den ande­

ren Parteien erfreut er sich einer großen Geltung, und so ist er im öffentlichen und politischen Le­ben ein Faktor von bedeutendem Gewicht. Auch in der nationalliberaten Reichstagsfraktion und im Reichstage hat er eine sehr angesehene Stellung, inne. Er ist ferner Vorsitzender des evangelischen Bundes in Württemberg. Diese öffentliche Tätigkeit Hiebers wird natürlich durch seine Ernennung zum Direktor des evangelischen Oberschulrats erheblich beeinträchtigt. Mindestens sein Reichstagsmandat wird Hieber aufgeben müssen. Auch sein Landtags- Mandat will er, wie verlautet, nicht beibehalten. Die nativnalliberale Partei hat begreiflicher Weise den Wunsch, hier ihren bewährten Führer nicht zu vertieren, und auch sonst würde die Arbeitskraft und Erfahrung Hiebers hier sehr vermißt werden. Jedenfalls aber ist, da Hieber zu einem im Range und Gehalt höheren Amt ernannt worden ist, so­wohl für' den Reichstag wie für den Landtag eine Ersatzwahl nötig. Im Landtage vertritt Hieber den Bezirk Welzheim, wo er als Sohn eines Landwirts geboren und ausgewachsen ist. Das Mandat ist mit oder ohne Hieber den Nationalliberalen wohl sicher. Anders steht es um das Reichstagsmandat im zwei­ten württ. Wahlkreise Cannstatt-Ludwigsburg, den Hieber seit 189!-! vertritt. Hier ist die Gefahr eines sozialdemokratischen Sieges nicht gering. Bei der letzten Wahl wurde Hieber als Blvckkandidat mit 1 8 787 Stimmen gegen 15 481 sozialdemokratische Stimmen gewählt. Bei der vorletzten Wahl war das StimmenverhälAns 13 001, Volkspartei 2759, So­zialdemokratie 1 l 533. Bei einem entschiedenen Zu­sammenhallen der bürgerlichen Parteien "wäre wohl auch jetzt die Behauptung des Mandats sicher. Al­lein bei dem Bunde der Landwirte liegt eine erheb­liche Schwierigkeit. Er verfügt in dem Wahlkreise über eine ausgedehnte Organisation, und er hat nicht selten, besonders aber in der letzten Zeit, ge­droht, daß er der nationalliberaten Partei seine Unterstützung entziehen und sie um das Mandat bringen werde. Das war wohl zunächst nur als eine Drohung gemeint, uni die nationalliberale Partei, die auch in Württemberg unter dem Zwang der politischen Entwicklung sich mehr und mehr vom Bunde der Landwirte sreizumachen suchte, einzu schüchtern! aber ausgeschlossen ist es doch nicht, daß die Drohung wahr geinacht werden wird. In jedem Falle wird die Wahl in Cannstatt-Lndwigsburg po­litisch von großem Interesse sein, gewissermaßen, als die Generalprobe in Württemberg für die all­gemeinen Wahlen im nächsten Jahre.

Aus dem Abgeordnetcnhansc.

Die Abgeordnetenkammer hat sich in dieser Woche mit der Novelle zum Beamtengesetz befaßt. Es handelt sich dabei um verschiedene Punkte des Beamtenrechts, namentlich aber um die Anstellungs­verhältnisse. Dabei ist die Kommission über den Regierungsentwurf erheblich hinansgegangen, ein­mal bei der Anstellung der weiblichen Beamten, und sodann auch darin, daß die lebenslängliche An stellung der auf vierteljährliche Kündigung ange- stellten Beamten ganz von selbst nach sieben Jah­ren ein treten soll und nicht erst nach zehn Jah­ren und nach besonderer Einweisung durch die Re­gierung, wie es die Vorlage vvrsieht. Besonders lebhaft umstritten wird die völlige Gleichstellung. 1 der weiblichen Beamten mit den männlichen in den j

Anstellnngsverhältnissen, die von der Kommission, beschlossen worden war. Die Regierung bezeichnet das als unannehmbar, und die Kammer hat schließ­lich allerdings mit geringer Mehrheit einen Be­schluß gefaßt, der eine Art Kompromiß sein soll. Danach soll, wenn die Beamtin heiratet, das Anstel­lungsverhältnis vierteljährlich kündbar sein: hak das Anstellungsverhältnis mehr als sieben Jahre gedauert, sodaß es also lebenslänglich wäre, so soll im Falle der Verehelichung halbjährliche Kündig­ung Platz greifen. Viel gesprochen wurde auch über die geheimen Zeugnisse. Schließlich kam ein Be­schluß dahin zustande, wonach, wenn in dienstlichen Führungszeugnissen zu Ungunsten des Beamten Tat­sachen geltend gemacht werden, dem Beamten vor einer Entscheidung auf Grund dieses Zeugnisses Ge­legenheit zu einer Aeußernng gegeben werden soll. Eine größere Debatte gab es ferner über die vom Ausschuß beantragte Resolution wegen der Auf­nahme der Lehrer in das Beamtengesetz. Die Leh­rer betrachten es gewissermaßen als Ehrensache, ge­setzlich voll als Staatsbeamte angesehen zu werden, nicht zuletzt auch aus dem Grunde, weit sie ent sprechende Gehaltsverhältnisje wünschen. Die Re­gierung hält, wie der Kultusminister ausführte, die Aufnahme der Lehrer in das Beamtengesetz praktisch für nicht so wesentlich, daß der große Apparat der Gesetzgebung in Bewegung gesetzt werden sollte. In der Gehaltsfrage werden den Lehrern die berechtig­ten Wünsche ohnedies erfüllt werden. Die Reso­lution wurde indessen angenommen. Ebenso fand die Beamtennovelle Annahme.

Reichstags-Vertagung.

Der Reichstag hat sich am Dienstag bis znnr Herbst vertagt. Die Regierung wünschte dringend, daß er vorher noch das Gesetz über die Reichswert- zuwachssteuer erledige, und der Reichskanzler be­mühte sich darum persönlich beim Seniorenkonvenk des Reichstags. Allein man hat ihm den Gefal­len nicht getan. Denn einmal sind die sachlichen Schwierigkeiten bei der Wertzuwachssteuer doch grö­ßer, als es anfangs schien, und auch die Inter­essenten haben sich energisch gegen eine überstürzte Erledigung gewehrt: sodann aber auch sind die po­litischen Verhältnisse, namentlich wegen der preu­ßischen Wahlreform viel zu verworren und unklar, als daß die Parteien Lust verspürten, der Regierung des Herrn v. Bethmann Hollweg jetzt besonders ent­gegenzukommen. Man will eben die Hände möglichst frei haben: das gilt namentlich vom Zentrum, aber auch von den Konservativen. Nur das Kaligesetz, auf dessen Erledigung die Regierung ebenfalls drang, hat man zu guter letzt noch verabschiedet. Im ganzen aber ist die Session des Reichstags, die erste der Aera Bethmann Hollwe^, so unfrucht­bar wie selten eine gewesen. Wie es mit der preu ßischen Wahlreform werden wird, ist übrigens noch genau so unklar, wie vor acht Tagen. In der Na­tion ätliberalen Partei, auf die es ankommt, wenn die Wahlreform nach den Herrenhausbeschlüssen ge macht werden soll, gehen die Meinungen darüber,, ob Ja oder Nein gesagt werden soll, stark auseinan­der, und man weiß nicht, wie die Landtagsfraktion sich schließlich verhalten wird. Unter diesen Um­ständen ist die Neigung der Konservativen, sich vom Zentrum zu trennen und die .sie r r e n h au s b es chlüsfe anznnehmen. mehr und mehr im Schwinden begrif­fen.