derl hat und noch verändert, wie nie zuvor. Es ist daher wohl angebracht und passend, hier von diesem Gegenstand zu sprechen.
Roosevelt ging dann ans das eigentliche Thema über. Er sprach im wesentlichen frei, mit ein wenig belegter Stimme in englischer Sprache. Sein Bortrag wurde mehrfach von Beifall und Heiterkeit unterbrocl)en. Seine Sprechweise war langsam, deutlich und pointiert mit lebhaften Gesten. Stürmischer Beifall mit Händeklatschen lohnte ihn. Nunmehr hielt der Dekan der philosophischen Fakultät eine Ansprache an Roosevelt, von Humor getragen. Die Fakultät ehre in Roosevelt den geschichtlichen und naturwissenschaftlichen Sinn. Er sei Demokrat vom reinsten Wasser, doch hätten seine leuchtenden Augen gezeigt, daß er unseren Kaiser liebe und ihn verehre. Bor allem beachte die Fakultät in Roosevelt den Willen zur Wahrheit, den der Doktorhut belohne. In lateinischer Sprache vollzog dann der Dekan die Promotion Roosevelts zum doctor honoris causa. Der Rektor der Universität brachte sodann ein dreifaches Hoch auf die Majestäten aus. Nach Absingung der Nationalhymne trug ein Chor das Star spangled banner vor. Die Ovationen für die Majestäten und Roosevelt setzten sich draußen fort.
Ausländisches.
1s Lemberg, 1 2. Mai. In der Ortschaft Przemys- laru) waren bis Mitternacht 2 0 0 Häuser abgebrannt. 200 Personen sind obdachlos.
ff Newyork, 12. Mai. Der Deutsche Krieger- vervand hat gestern mit dem Dampfer Pennsylvania die Reise nach Deutschland angetreten.
Zum Thronwechsel in England.
Der neue K.önig Georg V. hat sein Bolk aufgefvrdert, das Andenken an den verstorbenen König durch das Tragen von Trauerkleidern auch äußerlich zu ehren. Dieser, immerhin nicht überall gebräuchlichen Aufforderung hätte es in England kaum bedürft, denn auch ohne sie tragen alle besser Situierten Trauerkleidung. Daher der immense Bedarf an schwarzen Kleiderstoffen, die zum großen Teil aus Deutschland bezogen werden, während die Pariser Modeartikel keinen Absatz finden.
Der Deutsche Hansabund widmet dem verstorbenen Könige einen ehrenden Nachruf, in dem er sagt: Das Wirken dieses scharfsinnigen und ziel- bewußten Staatsmannes, dieses Herrschers des größten Handelsvolks der Erde, bedeutet besonders auch für die Wirtschafts-Politik des großbritannischen Reiches und damit der ganzen Welt eine Epoche weitgreifender Entwickelung.
Aus der vorschriftsmäßigen Erklärung des Königs bei der Thronbesteigung soll zur Beschwichtigung der katholischen Staatsangehörigen Englands folgender Passus ausgeschieden werden: „Ich erkläre, daß die Anrufung oder Anbetung der Jungfrau Maria oder irgend eines andern Heiligen und die Zelebrierung der Messe, wie sie jetzt von der römischen Kirche gehalten wird, abergläubisch und götzendienerisch sind." Die letzten Worte sollen durch die Wendung „meinem Glauben entgegengesetzt sind" ersetzt werden. Ein Gesetzentwurf, der zu diesem Zwecke eingebracht wurde, wird zweifellos mit großer Mehrheit zur Annahme gelangen.
Die beiden Worte, die jetzt durch mildere ersetzt werden sollen, waren seit der Thronbesteigung des Königs Wilhelm 1689 im Gebrauch. Außer dem erwähnten Gesetzentwurf wird das Parlament auch die Feststellung der königlicher: Zivilliste zu erledigen haben, die sich auf 7 700 000 Mark stellt, wovon nach Abzug von Gehältern, Pensionen usw. dem Könige jedoch nur etwa 2 Millionen Mark zur freien Verfügung verbleiben.
13« Bergleute verschüttet.
In einer Kohlengrube bei Whitehaven, in England hat gestern abend eine Explosion stattgefunden. 136 Mann befanden sich in der Grube. Die Rettungsmannschaften arbeiteten die ganze Nacht, förderten aber nur vier Mann zu Tage. Man befürchtet, daß viele Leute umgekommen sind. Nach den letzten Meldungen sind fünf Körper aus der Kohlengrube bei Whiteham befördert worden.
Allerlei.
* In der vorletzten Nacht herrschte in West- Preußen S tu rnr w e t t e r. In einem Orte wurde das Dach eines Hauses 500 Meter weit geschleu-, dert. Auch in Mittel-, Süd- und Westdeutschland gingen gestern mehrfach große Gewitter nieder, die den Telephonverkehr stundenlang unterbanden.
* In Pola überfuhr der Frühzug einen Land wagen. Ein Mädchen wurde zermalmt. Seine Mutter und der Kutscher erlitten tödliche Verletzungen. Das Pferd wurde getötet, der Wagen zertrümmert.
* Infolge Lawinensturzes ain Brenner ist ein Güterzug stecken geblieben und entgleist.
* Die Passions spielein Oberammer- gau haben begonnen, während Berg und Tal im tiefen Schnee liegen.
* Während einer Truppenrevue, die Fürst Nikita von Montenegro bei Cettinje abnahm, schlug der Blitz ins Manöverfeld und tötete 3 Mann. Der Fürst war tief erschüttert, er ordnete an, daß für die Hinterbliebenen der Erschlagenen aus Mitteln seiner Privatschatulle gesorgt werde.
* Gift statt Salz. In einem Pußta-Dorf stahlen slawackische Arbeiter, die von ihrem Arbeitgeber zu wenig Salz zum Bereiten ihrer Mahlzeiten erhielten, einen Sack, in dem sie Salz ver muteten; er enthielt jedoch Chlorkalk. Die Arbei ter aßen davon: einer starb sofort, 27 liegen im Sterben.
* In Graz wurden am Mittwoch nachmittag und abends zwei heftige Erdstöße verspürt. Die Herddistanz beträgt 100 Kilometer.
* Das Erdbeben in Ni ed e rö ste r r e i ch an: Mittwoch wurde den Blättern zufolge auf dem ganzen Semmering-Weichselgebiet wahrgenommen. In Gloggnitz wurde sine äußerst heftige Erderschütte rung verspürt, die vier bis fünf Sekunden dauerte und alle bisher hier verspürten Erschütterungen übertraf. Sie war so heftig, daß die Uhren stehen blieben und Gegenstände auf den Boden fielen.
8 Was die Gesundheit eines Königs kostet. Die
Gesundheit König Eduards von England hat, so schreibt man der „Frkstr. Ztg.", riesige Summen verschlungen. Als der Prinz von Wales einmal ernstlich erkrankt war, erhielt Dr. Henner für seine vierwöchige Behandlung 200 000 Mark und ebensoviel wurden im Jahre 1871 Sir William Pull
Günter, kaum aufgeworfen. Sie lieble ihn >,ic das Sonu.u« licht, dem die entfallende Knospe sich naturgemäß zmvenoet, wie eine LebeuSnotwendiglcit, die ungeahnte Kräfte in chr zeigte.
Während sie noch dem Glück dieser instmktiven jungen Liebe nachtränmte, das ihr viel mehr galt als die künftige Lebcnsposition, stürmte der junge Leutnant Eberhard ins Zimmer.
„Pardon, da störe ich ivoht eine Gerichtsverhandlung; Haft Du auch mal was angestistet. Tu weise Törin?" Dem Vater niit triftig zwinkernden Augen zunickend, richtete er Marions Köpfchen am Kinn empor und sah ihr dann betroffen in das verklärte Gesicht. Ja, wie siehst Du denn aus, war etwa das Glück bei Dir? Was Hafts denn gebracht?*
„Papa wirds Dir sagen, und dann bitte ich mir eu» ehrfurchtsvollere Behandlung aus. Du Schlingel."
„Freilich, Deiner Schwester Hochzeit steht vor der Tür und damit wird sie, als Frau Oberbürgermeistern:, Reß-ektS- persou," sagte der Oberst launig.
„Wirklich? Haben sich Eure Aussichten so schnell geklärt. Wer doch auch schon so weit wäre."
Marion lachte. „Sei erst ein Mann, wie Günter."
„Wenigstens Oberleutnant", meinte Oberst Nardeck sich «hebend. Dem schlank aufgeschossenen Sohne die Hand auf die Schultern legend, fügte er hinzu:
„Hast wirklich noch keine Eile, ich selber habe erst als Rittmeister gefreit."
„Weiß ich von Tante Dina, des Beispiels halber erzählte fie's aber nicht, glaub' ich."
Sein Vater lachte dazu mit einer seinen Ironie, die doch nicht ganz ohne Verlegenheit war. Ahnte er doch, daß dies lange Zögern in Cousine Dina dereinst Hoffnungen erregt, deren Erfüllung ihm ganz fern gelegen wenngleich ih» ihre lebenslange treu gesinnte Anhänglichkeit, sie hatte scho» als Backfisch viel von ihm gehalten, gewissermaß«» rührte Aber er hatte sich nun mal als blutjunger Leutnant während des letzten französischen Krieges in eine junge graziös» Französin verliebt. Eine ganz aussichtslose Neigung, die dennoch s» stark gewesen, um ihn Jahre hindurch gegen jeden Frauenrei» Pl feien..
Viel später, als Eberhardine v. Mollentin bereits in mittleren Jahren stand, ivar es einer jungen anmutigen Deutschen Vorbehalten gewesen, ihn ernstlich zu fesseln und zum glücklichsten Gatten zu machen. Dina hatte sich mit seiner ergebenen Freundschaft begnügen müssen und ihn auch nie eine etwaige Enttäuschung empfinden lassen, sondern allezeit in nahem verwandtschaftlichen Verkehre mit ihm und seiner fchönen jungen Frau gestanden. Die schwärmerischen Jugendgefühle aber schien sie auf seinen Sohn, den man rücksichtsvoll nach ihr benannt, übertragen zu haben, denn von Geburt an wurde er geradezu von ihr vergöttert. Bei der spät« geborenen Tochter war man weniger vorsichtig in der Namenswahl gewesen.
Die Kleine wurde Marion getauft. Fräulein v. Mollentm aber hatte wck»er de» hübsche» Namen, noch sein« liebliche
Trägerin je recht leiden können. Oberst Nardeck glaubte diese seltsame Abneigung nicht mit Unrecht auf einen Rest früherer Eifersucht zurückführen zu müssen, denn seine junge FLHn- richsliebe hatte in der Tat Marion geheißen und Dina mochte; Gott weiß wie, hiervon Kunde bekommen haben. Er schüttelt« zwar den Kopf über Dinas Verdrehtheit, mußte aber ein- sehen, daß er mit dieser unschuldigen Namensreminiszenz einen Fehler begangen und konnte nur hoffen, daß der bevorzugte Eberhard dereinst wett machen werde, was die Laune der Tante seinem Töchterchen entzog.
„Sähest Du Günter heute schon?" fragte er jetzt den Sohn.
„Wir trafen uns bei Bauer, « wird gleich kommen. Ich eilte voraus, um Marion zu benachrichtigen, daß ivir uns heut abend, Westerot natürlich auch, bei d« gnädigen Tante einzufinden haben."
„Das konnte sie mich recht gut gestern wissen lassen, NUN Hab' ich was anders vor," versetzte Marion unmutig.
„Gestern? Ja, da hatte sie eben noch nicht die edle Abficht. uns zusammenzutrommeln. Du solltest doch an ihre Neber- raschungen nachgerade gewöhnt sein," lachte Eberhard gemütlich.
„Sie tyrannisiert uns geradezu."
.So schlimm ist's wohl nicht," begütigte der Oberst, dessen Empfindlichkeit sich selten gegen die Cousine richtete. „Schließlich
ausgezahlt, als er den Prinzen vom Typhus kurierte. Die Aerzte, die König Eduard von England gleich nach sein« Thronbesteigung behandelten, erhielten dafür 400 000 Mark.
8 Auf der Rennbahn Weißensee bei Berlin geriet ein Besucher des zweiten Platzes, ein Restaurateur, im Glücksrausch über den ihn: zugesallenen Gewinn in solche Erregung, daß ihn ein Herzschlag traf, der ihn auf der Stelle tötete. Eng gedrängt steht das Publikum des zweiten Platzes an der Barriere und verfolgt mit gespannter Aufmerksamkeit das Rennen der Traber, das erste des Tages. Näher und näher rücken die Pferde in geschlossenem Zuge dem Ziele zu, da plötzlich löst ein Traber mit mächtigem Ruck aus dem Rudel und zieht mit weit ausholenden Schritten davon. „Hanf gewinnt! Hanf gewinnt!" schrillt es plötzlich mit zitternd erregter Stimme durch die Menge — l04 für 10! kündet der Totalisator. Mit wilden Gesten u. hochgerötetem Gesicht drängt und drückt sich ein Mann durch die Schar der über den Sieg des Außenseiters bitterlich Enttäuschten und sagt, ruft, schreit es schier jedem zu: „Ich habe 100 Mark auf dem Gaul! lOO Mark auf dem Gaul!" Plötzlich ein krampfhaftes Zucken der Lippen und der schwere Körper schlägt zu Boden. Rasch wird ein Arzt zur Stelle geholt. Umsonst. Tot. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein Ende.gemacht.
Handel und Verkehr.
' Psalzgrafenweller, 10. Mai. Der heutige Vieh- markt war gut besucht und Folgendes zugeführt: 84 St. Ochsen, 55 St. Stiere, 49 St. Kühe, 13 St. Kalbinnen, 32 St. Jungvieh, 58 St. Läuferschweine, 148 St.Milchschweine; verkauft wurden: 12 Paar Ochsen von Mk. 968 bis 1061, 8 Paar Stiere von Mk. 673 bis 826, 13 St. Kühe von Mk. 250 bis 591, 4 St. Kalbinnen von Mk. 233 bis 357, 16 St. Jungvieh von Mk. 142 bis 291, 42 St. Läuferschweine von Mk. 72 bis 112, 133 St. Milchschweine von Mk. 43 bis 67. Gehandelt wurde gut und schnell abgesetzt.
Is Stuttgart, 12. Mai. (Schlachtviehmarkt.) Zugetrieben 170 Stück Großvieh, 659 Kälber, 728 Schweine.
Erlös aus Hz Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, a) ausgemästete von — bis — Pfg., 3. Qual, b) fleischige, und altere von — dis — Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischige, von 78 bis 81 Pfg., 2. Qualität b) älter, und wenig« fleischige von 74 bis' 77 Pfg.; Stiere unv Jungrinder 1. Qual, a) ausgemäftete von 89 bis 91 Pig, 2. Qualität d) fleischige von 86 bis 88 Pfg., 3. Qualität c) geringere von 82 bis 84 Pfg.; Kühe 1. Qual, u) junge gemästete von — bis — Pfg-, 2. Qualität b) ältere gemästete von 60 bis 70 Pfg., 3. Qualität c) geringere von 40 bis 50 Pfg., Kälber: 1. Qualität s) beste Saugkälber von 111 bis 115 Pfg., 2. Qualität d) gute Saugkälber von 104 bis 110 Pfg., 3. Qualität e) geringere Saugkälber von 95 bis 104 Pfg. Schweine 1. Qualität a) junge fleischige 72 bis 73 Pfg., 3. Qualität b) schwere fette von 71 bis 72 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 64 bis 66 Pfennig.
Konkurse.
Paul Effenberg«, Gipser und Stukkateur in Bückingen. — Karl Reinhard:, Metzgermeist« in Arnegg.
Vora«Lstchtlich<S Weiter
am Samstag, den 14. Mai: Vorwiegend heit« trocken srühlingsmäßig warm.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk Altenfietg.
lich kommt die Einladung wie gerufen. So hat Westerot gleich Gelegenheit, ihr die gute Neuigkeit mitzuleilen, denn seine endgültige Ernennung ist bereits unterwegs.,
Marion sah betreten vor sich nieder. Sie haßte diese unaufhörliche Botmäßigkeit unter den Willen der Tante, gegen den sie sich niemals offen auflehnen durfte, da Vater und Bruder, welche ja überhaupt gut mit der launenhaften alten Dame fertig wurden, nichts beschämendes darin fanden. Nun bemerkte sie in zögerndem Widerspruch: „Ich hatte Frida heut zum Tee gebeten."
„Na, Freundinnen nehmen es doch mit einer Absage nicht so genau," meinte Eberhard, „wenn du willst, gehe ich selber bei Fräulein Urban vor und benachrichtige sie noch zeitig genug von dem Zwischenfall, denn zur Tante mußt Du mit, das geht einmal nicht anders."
Nun so tu' mir den Gefallen, übelnehmerisch ist Frida zum Glück auch nicht."
„Bewahre. Ueberhaupt ein prachtvolles Mädel. Na und einen sehr netten Bruder hast du auch. Kleine Marion, ich glaube Du bist ein bevorzugtes Menschenkind." Mit diesem Scherz machte sich der Leutnant eilig davon. Bereits in der Tür, rief er noch zurück: „Zieh' Dich ein bißchen nett an, Du weißt, Tante beansprucht so was wie Courroben."
Auch der Oberst schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. Zuvor aber küßte er mit seltsamer Weichheit Marion auf die Stirn und sagte voll herzlicher Güte: „Ich werde Günter zunächst bei mir empfangen. Darnach mag er Dir hier sagen, wie ihm meine Nachricht gefällt."
Fortsetzung folgt.