Allerlei.
* Das Explosionsunglück in der Berliner Mädchen- und Gemeindeschule, bei dem ein Lehrer, als er der Klasse die Herstellung des Pulvers im Experiment zeigen wollte, beide Hände verlor, hat eine lebhafte Debatte in der Presse hervorgerufen. Der Fall ist ja lehrreich nicht nur für Berlin, sondern für das ganze Reich. Allgemein meint man, daß der Lehrwert solcher Experimente in gar keinem Verhältnis steht zu ihrer Gefährlichkeit sowohl für Kinder und Lehrer. Wenn die Sache überhaupt in den Schulen demonstriert werden soll, so sollte üur mit sehr geringen Mengen operiert werden.
^ * * Fürst Bülow wird demnächst in Berlin
eintrefsen, um dort dem am 19. ds. Mts. stattsin- denden Familientage derer von Bülow zu präsidieren. — Der Familientag soll u. a. Beschluß fassen über ein dem Generalfeldmarschall Grasen Bülow von Dennewitz in Dennewitz zu errichtenden Denkmals anläßlich der hundertjährigen Wiederkehr des Schlachttages am 6. September 1813.
* Ein „Seiten stück zum Kieler Werft - prvzeß" wird von verschiedenen Blättern der in
, Berlin verhandelte Kriegsgerichtsprozeß gegen sieben Unteroffiziere von der Fußartillerie-Schieß- schule in Jüterbog genannt. Das ist er jedoch keinesfalls. Während die Sensation des ^Kieler Prozesses darin bestand, daß offenbare Schäden eines Verwaltungssystems ausgedeckt wurden, handelt es sich in der Berliner Kriegsgerichtsverhandlüng um
? Unterschlagungen einzelner Missetäter, die mit der Verwaltung garnichts zu tun haben.
* Ein kühnes Projekt. Bon einem wagemutigen deutsch-amerikanischen Journalisten Brücker geht, wie der „B. Ztg. gemeldet wird, der Plan aus, im Luftballon den Ozean zwischen der alten und neuen Welt zu überqueren. Die Gondel wird ein größeres Motorboot bilden, das den Luftschiffern im Notfall zur Rettung dient. Man hofft, unter Benutzung der sommerlichen Passatwinde die Ueber- fahrt in 4—-5 Tagen machen zu können.
* Ein scheußliches Verbrechen verübte in Sejana bei Triest ein Id »jähriges Weib. Es hatte seine beiden unehelichen Kinder bei lebendigem Leibe im Backofen verbrannt.
* England, das Land der Kaufleute! In den Schnellzügen, die zwischen Birmingham und London verkehren, sind neuerdings Schreibmaschi-
l nenbureaus eingerichtet worden. Die englischen .Kaufleute nutzen jetzt sehr intensiv die Zeit der Eisenbahnfahrt zum Diktieren von 'Geschäftsbriefen aus.
K Eine elektrische Riesenkrafirrnlage. Der Findigkeit und Energie moderner Technik ist es gelungen, einen Plan zu verwirklichen, den man bis vor wenigen Jahren noch für unrealisierbar hielt: die mächtigen Wassermengen der Trollhätta-Wasser- fälle find, dank der unermüdlichen Arbeit der schwedischen Ingenieure, „gezähmt" und einer elektrischen Riesenkraftanlage dienstbar gemacht worden. Die elektrische Kraftanlage an den Trollhätta-Wasser- fällen ist fertig und wird anfangs Februar ihren mächtigen Betrieb eröffnen. Von den Wassermengen Trollhättans wird die Hälfte von dem neuen Elektrizitätswerk benütz! werden und zunächst 80 000
s eines Monats zu übcrmntcln, und dieser Monat ist in wenigen Tagen vorüber.
Habe ich alsdann noch keine Mitteilung von Ihnen, so bezahle ich Ihnen uuler keinen Umständen mehr etwas, vielmehr werde ich alsdann aus eigene Faust es versuchen, ob ich den AufenihaUSorl meines Enkels nicht ermitteln kann. Und nun gehen Sie und lassen Sie mir in Zukunft das Fräulein in Ruhe, wenn Sie nicht nochmals mit meinein Stocke Bekanntschaft machen wollen."
Bei dieser letzten Drohung knirschte Thomas vernehmlich mit den Zähnen, und blaß vor Wut betrachtete er Neubert mit einem Blicke, als wolle er ihm tatsächlich beweisen, daß er ihm, dem alten Manne, an Körperkräften doch überlegen
* sei. Aber die sichere, überlegene Haltung des Alten und feine trotz der Jahre noch ungemein kräftige Gestalt imponierten doch Thomas in einer Weise, daß er sein Benehmen plötzlich änderte, und im Tone verbissener Wut erwiderte:
»Verlassen Sie sich darauf, Sie sollen rechtzeitig Alles wissen; was dagegen das Mädchen anbelangt, so. lasse ich mir von Niemanden verbieten, demselben auch weiterhin den Hof zu machen, auch von Ihnen nicht, der Sie nicht mehr Rechte über das Mädchen haben als ich."
„Unsere Unterredung ist zu Ende," sprach Neubert verächtlich. „Nur eines will ich Ihnen noch sagen: Wenn mein Stock Sie nicht von Ihren Absichten auf das Fräulein heilen sollte, so wird die Polizei sich ihrer annehmen und dafür sorgen, daß das anständige Mädchen von Ihnen nicht weiter belästigt wird."
Ohne ein Wort zu erwidetn, dafür aber einen desto listigeren Blick aus Neubert schleudernd, verließ Thomas das Zimmer, und wenige Minuten später begab sich auch Neubert nach unten, uni zu Mittag zu speisen.
„Sie haben sich vorhin über den unerwarteten Anblick des Menschen erschreckt," sagte er zu Irma, „aber Sie können
Pferdekräfte erzeugen. Von der Riejenkraftstation bei Trollhättan aus sollen nicht nur Gothenburg und zahlreiche andere Städte Südschwedens ihren ganzen Bedarf an elektrischer Kraft erhalten, sondern man geht in Fachkreisen auch mit dem Plan um, Kopenhagen, ja vielleicht den größten Teil der Insel Seeland mit Elektrizität zu versehen. Ueber diesen Zukunftsgedanken, der natürlich hier die weitesten Kreise interessiert, hielt dieser Tage auf Einladung der elektrotechnischen Vereinigung Kopenhagens der Oberingenteur Torsten Holmgren (von der elektrischen Kraftanlage des schwedischen Staates am Trollhättan) vor einem zahlreichen Zuhörerkreis einen Vortrag, der so überzeugend wirkte, daß es keineswegs unmöglich scheint, daß die dänische Hauptstadt über kurz oder lang durch ,elektrisches Licht beleuchtet wird, das bei Gothenburg erzeugt ist. Der in Kopenhagen wohnende Direktor der nordischen Kabelfabrik, Herr Prior, und der Betriebsdirektor der elektrischen Kraftanlagen zu Kopenhagen, Herr Hentzen, sprechen sich in der Na- tronaltidende über den sensationellen Plan dahin aus, daß die Wasserfälle bei Trollhättan ganz sicher so große Wassermengen enthalten, daß sie ausreichen werden, um nicht nur Gothenburg und viele andere südschwedische Städte mit ihren großen industriellen Anlagen, sondern auch Kopenhagen mit Elektrizität zu versehen. Das Elektrizitätswerk bei Trollhättan sei ohne allzu große Schwierigkeiten zu erweitern. Kopenhagen könnte, wenn eine oberirdische Leitung von Trollhättan nach Helsingborg und eine ähnliche von Helsingborg nach Kopenhagen angelegt würde, und die beiden Leitungen durch ein Kabel unter dem Oeresund verbunden würden, 40 bis 50 0000 Pferdekräfte zu Elektrizitätszwecken von der Trollhättan-Krastanlage zugeführt erhalten. Gegenwärtig brauchte Kopenhagen etwas über 20 000 Pserdekräfte, die Nachfrage nach Elektrizität werde aber immer größer. In Kopenhagen werde man nichts dagegen einzuwenden haben, von den „schwedischen Brüdern" mit Elektrizität versehen zu werden, vorausgesetzt, daß man dabei billiger wegkomme als bisher, und das Habs ja Oberingenieur Holmgren in seinem Vortrag versprochen. Die Stadt Kopenhagen gebe jetzt enorme Summen für die Kohlen aus, die zur Erzeugung der elektrischen Kraft benützt werden. Man erwartet nach dem Vortrag des schwedischen Oberingeuieurs, daß das Elektrizitätswerk bei Trollhättan >er Stadt Kopenhagen demnächst ein entsprechendeAngebot hinsichtlich der Lieferung von Elektrizität machen wird.
Z Im Bronx Park, dem Zoologischen Garten Neuyorks, ist dieser Tage eine Kobraschlange, die zu den gefährlichsten Giftschlangen gehört, operiert worden. Die Operation dauerte nicht weniger als zwanzig Minuten, und um überhaupt zum Ziel zu gelangen, mußte der Oberwärter des Reptilienhauses sich einer List bedienen. Der größten Königskobraschlange in Bronx Park sollte eine Geschwulst, die sich am Halse gebildet hatte, entfernt werden. Der Wärter nahm eine drei Fuß lange Wasserschlange, ein Bassin mit heißem Wasser und eine antiseptische Lösung mit sich, als er die Tür des Käfigs öffnete. Er hatte die Fütterungstunde der gewaltigen, elf Fuß langen Königskobra gewählt und hielt die zum Köder bestimmte Wasserschlange so in der Hand, daß deren Schwanz der großen Giftschlange zugewandt war. Kaum hatte der Wärter die Käfigtür geöffnet, als die Kobra nach der kleinen Wasserschlange schnappte und diese stückweise verschluckte. Der Wärter, der die vor Schmerzen herumwirbelnde Wafferschlange zunächst hatte fahren lassen, hielt sie jetzt
sich beruhigen, der Mann hat von mir soeben eine Ermahnung gehört, die ihn sicher davon abhalten wird, Ihnen nochmals zu nahe zu treten."
„Sie verpflichten mich jeden Tag zu größerem Dank", erwiderte Irma in innigem Tone, worauf Neubert eine abwehrende Bewegung machte und sie aufforderte, tüchtig zuzugreifen, dann würde auch die letzte Spur des ausgestandenen Schreckens, bald verschwunden sein.
Irma berührte indessen die Speisen kaum, und sah überhaupt so blaß aus, daß Neubert, der sie einige Male mit verstohlener Teilnahme betrachtet hatte, zuletzt zu ihr sagte:
„Ihr Aussehen gefällt mir heute auch ganz und gar nicht, und wie ich bemerkt habe, läßt auch Ihr Appetit sehr viel zu wünschen übrig. Ich rate Ihnen daher, machen Sie Nachmittag einmal einen tüchtigen Spaziergang, denn ich weiß es aus Erfahrung, daß nichts dem Menschen so zuträglich ist, als ein solcher."
„Ihren Rat würde ich, obwohl ich mich keineswegs unwohl fühle, schon recht gerne befolgen," versetzte Irma zögernd. „Nur fürchte ich mich so sehr davor, daß jener Herr Thomas mir begegnen und mich belästigen könnte."
„Darin haben Sie allerdings nicht ganz unrecht. Aber was hielten Sie denn von der Idee, mit mir einen Spaziergang zu machen, oder halt, was noch besser ist, wie dächten Sie über eine Spazierfahrt nach der Stadt, wo ich ohnehin verschiedene Einkäufe machen wollte? Allerdings setzen Sie sich der Gefahr ans, daß die Leute über Sie spotten, weil Sie mit einem so wenig eleganten und so altmodischen Manne wie mir über die Straße ziehen."
„Die Leute werden über mich ebenso wenig wie über Sie spotten, Herr Neubert; sollten sie mich indessen trotzdem verspotten, so wird mir dies auch nicht im Geringsten die dankbare Freude verkümmern, die ich immer und immer
wieder fest, während die Königskobra krampfhaft bemüht war, den Köder ganz zu verschlingen. Erst jetzt war der Augenblick für die Operation gekommen. Jede Bewegung der schluckenden Giftschlange aufmerksam verfolgend, machte der Operateur mit dem Messer den ersten kleinen Einschnitt an der Geschwulst. Die Königskobra schnellte vor Schmerz säst zwei Meter hoch in die Luft, und die wenigen Zuschauer, die sich vor dem Käfig eingefunden hatten, stoben vor Schreck auseinander. Aber der Wärter hielt die Wafferschlange mit eiserner Hand fest, und da die Kobra sich in den Köder festgebissen hatte, konnte der Wärter bald den zweiten und dritten Schnitt vollführen. Nur einmal war es, als ob die Königskobra ihre Beute loslassen wollte, worauf der Schlangenwärter sofort zurücksprang. Aber im nächsten Augenblick sperrte die Königskobra ihren Rachen noch weiter auf, um die kleine Schlange ganz zu verschlucken, so daß der Wärter in seiner Operation fortfahren konnte. Mit ihrem Schweis peischte die große Giftschlange die Kieselsteine hoch, sodaß sie wie ein Hagelschauer gegen die Glaswände prasselten. Nach zwei weiteren Schnitten war die Geschwulst entfernt. Die antiseptische Lösung wurde in die Wunde geträufelt, und der Wärter verließ schleunigst den Käfig. Es war die höchste Zeit, denn die Kobra hatte die kleine Wafferschlange vollständig verschlungen und hätte sich im nächsten Augenblick auf den Wärter gestürzt. Dieser gestand, daß er die Operation nicht noch einmal machen möchte; denn das Gift der Schlange könnte einen Menschen in zehn Minuten toten.
Eingesandt.
Zu dem Bericht (Egs.) über den Bortrag des Herrn Ingenieurs G. Alb recht aus Aachen in Nr. 26 dieser Zeitung habe ich folgendes richtig zu stellen: Ich habe nicht nur gemeint, daß der Elektromotor für den Kleingewerbetreibenden vorteilhafter sei, sondern an Hand einwandfreier zahlenmäßiger Aufstellung nachgewiesen, daß der Elektromotor selbst bei den hiesigen Strompreisen billiger oder mindestens ebenso billig arbeitet wie ein Benzin- oder Gasmotor, sei es Fafnir oder irgend ein anderes bewährtes Fabrikat, ohne aus die vielen Vorteile, welche der Elektromotor voraus hat, näher eingegangen zu sein.
Georg Faißt, Elektrotechniker.
Handel und Verkehr.
-r>. Ebhausen, 3. Febr. Die hiesige Gemeinde erzielte bei dem heutigen Stammholzverkauf durchschnittlich 131,5"/« des Taxpreises. Die Angebote für das in 7 Losen abgegebene und 260 Festm. betragende Quantum bewegten sich zwischen 125,7 bis 133 ' «. Bemerkt sei, daß die Abfuhr des Holzes günstig ist.
* Nagold, 3. Febr. Bei dem städt. Stammholzverkauf am 1. Februar d. I. wurden 130,8 Proz. der Taxpreise durchschmtlich erlöst.
Konkurse.
Karl Durler, Waldhornwirt in Hirsau. Konkursverwalter ist Bezirksnotar Krayl in Calw. Konkursforderungen sind bis 19. Febr. 1910 anzumelden Termin zur Prüfung der angemeldeten Forderungen: Dienstag, 1. März 1910, vorm. 11 Uhr.
Verantwortlicher Redakteur: b. Lank, Altensteig.
wieder bei dem Gedanken empfinden werde, einen so gütigen Herrn und Beschützer wie Sie gefunden zu haben, den begleiten zu dürfen, mir nur zur größten Ehre gereichen kann."
„Sie können wirklich ganz nett reden," meinte Neubert, über dessen ernstes Gesicht eine Art von Lächeln glitt und
der hierauf der Frau Reiz den Auftrag erteilte, bei dem
einzigen Fuhrunternehmer des Dorfes so bald wie möglich einen offenen Wagen für ihn und das Fräulein zu besorgen.
Etwa eine halbe Stunde später rollte eine altertümliche, mit einem hochbetagten Gaule bespannte Droschke vor das
Haus, und sobald die Personen eingestiegen waren, setzte sich
das Pferd langsam und erst ganz allmählich zu einem schwerfälligen Trabe übergehend in Bewegung.
Die Fahrt über die steinige, von der ungewöhnlich heißen Seplembersonne beschienene Chaussee war ebenso langweilig wie ermüdend, und Neubert, der ohnehin kein Freund vom vielen Reden war, fühlte sich in dieser ungemütlichen Situation noch weniger als sonst zum Sprechen geneigt, während Irma eZ nicht wohl wagte, bei der offenbar müden Stimmung ihres Begleiters eine Unterhaltung über gleichgültige Dinge zu beginnen.
(Fortsetzung folgst.
§ Mit dem soeben plötzlich verstorbenen Otto Julius Bierbaum, der nach verhältnismäßig kurzer Zeit seinem Freunde Liliencron in den Tod folgte, ist einer der Hauptvertreter der modernen Literatur dahingegangen. War Liliencron eine verblüffende Frische und Ursprünglichkeit des Schauens und Wiedergebens eigen, so stach Bierbaum mehr als der graziöse Ziseleur seiner lyrischer Stimmungen hervor, freilich auch als stark humoristisches Talent.